Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ergebnisse der Mai-Steuerschätzung – Sie liegen jetzt 14 Tage vor – zeigen, dass wir für den Haushalt 2010 und für den kommenden Doppelhaushalt 2011/ 2012 keinerlei erweiterte Spielräume erwarten können. Ich will es kurz machen: Ich kann keine Entwarnung geben.
Ich möchte zunächst einmal für die Jahre 2011/2012, also für unseren nächsten Doppelhaushalt, eine generelle Analyse geben. Für die beiden kommenden Jahre werden wir gesamtstaatlich – das heißt, auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene – mit Mindereinnahmen in Gesamthöhe von 24 Milliarden Euro gegenüber der MaiSteuerschätzung des Vorjahres rechnen. Das bedeutet, wir werden etwa 2,2 % weniger Geld haben. Dies gilt für den gesamten Staat.
Für die einzelnen Ebenen gibt es allerdings Unterschiede. Für den Bund bedeutet das leicht überdurchschnittliche
Rückgänge, nämlich von rund 2,5 %, und für die Länder bedeutet es einen leicht unterdurchschnittlichen Rückgang von circa 1,9 %. Allerdings entwickeln sich die neuen und die alten Länder unterschiedlich. Die neuen Länder müssen mit einem verstärkten Rückgang von rund 2,6 % rechnen. Damit bewegen sie sich auf dem Niveau des Bundes.
Bei den Gemeinden sieht die Situation noch unterschiedlicher aus. Sie müssen mit einem überdurchschnittlichen Rückgang von rund 4,6 % rechnen. Allerdings ist positiv zu bemerken, dass sich die Gemeindesteuern der neuen Länder erheblich besser entwickeln; denn sie sinken nur um etwa 1,3 %.
Was bedeutet dies nun für den Freistaat Sachsen? Ich möchte zunächst einmal auf den kommenden Doppelhaushalt 2011/2012 eingehen. Wenn wir uns die Zahlen anschauen – ich habe sie in einer Pressekonferenz veröffentlicht –, dann verbessert sich die Situation gegenüber der Mittelfristigen Finanzplanung um etwa 240 Millionen Euro pro Jahr, genau um rund 233 Millionen Euro im Jahr 2011, und im Jahr 2012 um 245 Millionen Euro.
Frau Hermenau, ich darf Sie beruhigen: Wir haben hier wieder eine etwas konservative Annahme unterstellt.
Ich möchte Ihnen kurz die Zahlen für das Jahr 2011 bekannt geben. Ursprünglich ist man von einem Wachstum des BIP von 1,9 % ausgegangen. Die Bundesregierung hat das auf 1,6 % korrigiert, und wir sind nochmals etwas konservativer herangegangen und haben mit 1,3 % gerechnet. Für das Jahr 2012 sind die Zahlen ähnlich. Hier war ursprünglich eine Wachstumsrate von 1,9 % angenommen worden. Diese ist in der jetzigen MaiSteuerschätzung von der Bundesregierung auf 1,7 % abgesenkt worden, und wir sind nochmals um 0,4 Prozentpunkte heruntergegangen. Das heißt, wir haben mit 1,3 % gerechnet. Ich hoffe, damit liegen wir halbwegs vernünftig.
Im Gegensatz zur Landesebene müssen wir allerdings auf der kommunalen Ebene mit Mindereinnahmen rechnen. Auch diese Zahlen habe ich veröffentlicht. Wir gehen davon aus, dass die kommunale Seite in jedem Jahr rund 60 Millionen Euro weniger haben wird. Allerdings kommt hierbei dann der Finanzausgleich zum Tragen. Die Landesebene wird in großem Umfang Geld an die kommunale Ebene abgeben. So ist es im Sächsischen Finanzausgleichsgesetz festgelegt – hier haben wir den Gleichmäßigkeitsgrundsatz –, sodass der Rückgang der Steuereinnahmen auf der kommunalen Ebene vollständig beglichen wird. Die Kommunen bekommen sogar etwas mehr, wobei die Einnahmen des Landes natürlich entsprechend geringer ausfallen werden.
Um es kurz zu machen: Das FAG bewährt sich in der Krise. Es schafft für die Kommunen Stabilität und Planungssicherheit, und wir sind am Montag entsprechend auseinandergegangen.
Kommen wir nun zu den Auswirkungen auf den Haushaltsvollzug des Jahres 2010. Im Vergleich zur November-Steuerschätzung – damals hatten wir damit gerechnet, dass wir Steuermindereinnahmen von 864 Millionen Euro verdauen müssen – hat sich das Ergebnis nun geringfügig verbessert; denn wir rechnen in diesem Jahr mit Steuermindereinnahmen von 830 Millionen Euro. Wenn Sie das an den Gesamtsteuereinnahmen von 9,4 Milliarden Euro spiegeln, so ergibt sich eine Differenz von rund 0,3 %. Ich kann sagen: rein mathematisch nicht signifikant.
Das heißt, wir können keine verlässlichen Aussagen zum Vollzug des Jahres 2010 liefern. Wir müssen noch die Risiken sehen, das haben wir in der vergangenen Debatte gesehen. Wie wird die Konjunktur weitergehen? Wie wird sich die Staaten- und Finanzkrise weiter auswirken? All das werden wir in den nächsten Monaten sehen.
Vielleicht noch einen weiteren Effekt. Frau Hermenau, Sie hatten es angesprochen: Wir müssen auch an den Länderfinanzausgleich denken. Hierbei haben wir im März Rückzahlungen tätigen müssen, und wir müssen einmal sehen, was das restliche Haushaltsjahr noch bringen wird.
Kurz gesagt: Das Fazit für den Haushalt 2010 heißt: Die Mai-Steuerschätzung des Jahres 2010 hat unsere bisherigen Erwartungen bestätigt. Für den Landeshaushalt kann ich für dieses Jahr, aber auch für die kommenden Jahre keine Entspannung anbieten.
Ich komme nun zu den Ergebnissen der geheimen Wahl der Mitglieder des 1. Untersuchungsausschusses. Abgegeben wurden 126 Stimmscheine. Ungültig war ein Stimmschein. Bis auf Frau Abg. Gitta Schüßler sind alle Kandidatinnen und Kandidaten für den Untersuchungsausschuss gewählt worden. Ich frage, ob es sich jemand anders überlegt hat oder ob jeder die Wahl annimmt. – Gut. Ich gehe davon aus, dass Sie alle die Wahl annehmen, und frage Sie, ob Sie möchten, dass ich die Ergebnisse hier verlese, oder ob wir sie dem Protokoll beifügen, damit Sie sich sachkundig machen können. Gibt es Widerspruch, wenn ich die Ergebnisse nicht verlese? – Es sieht nicht so aus. Damit gratuliere ich Ihnen zur Wahl als Mitglied des Untersuchungsausschusses und wünsche Ihnen Erfolg bei der Arbeit.
Entschuldigung, ich habe etwas versäumt. Wir müssten jetzt eigentlich noch eine Wahl durchführen. Mir liegt aber kein weiterer Wahlvorschlag von der NPD-Fraktion vor. Ich kann die Fraktion jetzt auch nicht befragen, weil
sie hier zur Plenartagung nicht anwesend ist. Damit müssen wir jetzt die 2. Wahl verschieben. Sie ist praktisch vertagt.
Frau Präsidentin! Wir würden vorschlagen, dass wir das morgen wieder mit auf die Tagesordnung nehmen.
– Gut. Das hatte ich vergessen. Ich bitte noch einmal um Entschuldigung. Wir kommen jetzt zum 3. Tagesordnungspunkt.
2. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Raumordnung und Landesplanung im Freistaat Sachsen (Landesplanungsgesetz - SächsLPlG)
Es ist eine allgemeine Aussprache vorgesehen. Es beginnt die CDU-Fraktion. Danach folgen DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht. Ich erteile nun der CDU-Fraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte meinen Redebeitrag zum vorliegenden Gesetz zur Raumordnung und Landesplanung des Freistaates Sachsen mit dem Anlass für die beabsichtigte Neufassung des Gesetzes beginnen. Dieser liegt ausschließlich in der veränderten Rechtslage nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neufassung des Raumordnungsgesetzes am 30.06.2009 sowie der daraus folgenden Änderung des Raumordnungsgesetzes mit Wirkung zum 01.03.2010.
Die Novellierung des Raumordnungsgesetzes auf Bundesebene und die damit verbundene Neufassung des Raumordnungsrechts ist ein Ergebnis der Föderalismusreform. Es gilt nunmehr das Prinzip der konkurrierenden Gesetzgebung im Verhältnis zwischen Bundes- und Landesrecht. Bundesrecht setzt den Rahmen und damit quasi automatisch insbesondere abweichendes Recht auf Landesebene außer Kraft. Gemäß Artikel 72 Abs. 4 Grundgesetz können die Länder im Bereich der Raumordnung von den Bundesregelungen abweichen und damit außer Kraft getretene, jedoch bewährte Regelungen durch die Wahrnehmung ihrer Gesetzgebungskompetenz erhalten. Dieses hier angestoßene Gesetzgebungsverfahren dient also im Wesentlichen dazu, durch das Gesetz zur Änderung des Raumordnungsgesetzes entstehendes Regelungsvakuum zu vermeiden und die bisherige bewährte Rechtslage zu erhalten.
Natürlich kann dieser skizzierte Anpassungsanlass genutzt werden, um im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens im Einzelfall Änderungen und Ergänzungen des Landesplanungsgesetzes vorzunehmen, welche sich aus der Anwendungspraxis des geltenden Landesplanungsgesetzes ergeben haben. An dieser Stelle möchte ich feststellen, dass sich gravierende Anwendungsmängel des seit 2001 bestehenden Landesplanungsgesetzes – auch nach Rücksprache mit Planungsverantwortlichen in den regionalen Planungsverbänden, bei den regionalen Planungsstellen – in der Praxis nicht ergeben haben. Dennoch – und dies ist ein richtiger, wichtiger und auch notwendiger Schritt – wurde zum besseren Verständnis dieser komplexen Materie am 15. April 2010 eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Dabei wurden verschiedene Themenkreise aufgegriffen, welche im Verlauf der Aussprache und Beschlussempfehlung im Innenausschuss am 6. Mai 2010
umfänglich debattiert und abgewogen wurden. Auf einige dieser Themen werden wir im Verlauf der heutigen Debatte auf Grundlage bereits vorliegender Änderungsanträge noch einmal eingehen. Beispielhaft sei hier bereits auf die Forderung der GRÜNEN nach konkreten materiellen Zielen hingewiesen, auf die Frage der Beteiligung des Landtags sowie die Frage nach Entschädigungsregelungen aufgrund der Anpassungspflicht nach Baugesetzbuch § 1 Abs. 4.
In der Gesamtschau der Anhörung ergibt sich ein insgesamt positives Bild des vorliegenden Gesetzentwurfs. Selbstverständlich wurden einige Anregungen – wie bereits angesprochen – im Innenausschuss debattiert und per demokratischer Mehrheit dem Gesetzentwurf hinzugefügt bzw. entsprechende Änderungen vorgenommen. Das positive Bild der Experten zum vorliegenden Gesetzentwurf lässt sich mit folgenden Zitaten eindruckvoll belegen. So beispielsweise Prof. Berkner: „… würde ich die Gesetzesnovellierung, wie sie in der Drucksache dargelegt ist, ausdrücklich und nachdrücklich begrüßen, weil sie anwenderbezogene Rechtssicherheit schafft“. Und weiter: „Aus meiner Sicht ist es nicht erforderlich, bei einer gesetzlichen Neuregelung die Systemfrage zu stellen, sondern ich vertrete die Position, dass ich das Gesetz in der Tat auf eine reine Rechtsanpassung konkretisieren kann.“ Prof. Birk äußerte sich: „Ich halte den Gesetzentwurf vom Inhalt und von der Form her für gelungen.“
Insgesamt können wir also festhalten, dass uns hier ein schlanker und den Erfordernissen des Gesetzes zur Neufassung der Raumordnung Rechnung tragender Gesetzentwurf vorliegt, welche die Rechtssicherheit unserer Landesplanung gewährleistet. Zu den bereits erwähnten und – wie gesagt – im Innenausschuss schon umfänglich debattierten kritischen Punkten werde ich mich im Rahmen der Einbringung Ihrer Änderungsanträge äußern. Insgesamt ist dem vorliegenden Gesetzentwurf so zuzustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die parlamentarische Behandlung des vorliegenden Gesetzentwurfs der Staatsregierung in der Fassung der Beschlussempfehlung
des Innenausschusses zeigt einmal mehr, mit welch bräsiger Ignoranz und vor allem mit welcher Arroganz die Koalition an solch wichtige Gesetze geht, wie es das Landesplanungsgesetz ist. Schließlich verbirgt sich hier der Schlüssel für die Landesentwicklungsplanung, also dafür, welche Grundsätze bewusst eingeführt, welche bewusst unterlassen werden, in welche Richtung man den Freistaat entwickeln will.
Statt endlich die aktive Gestaltung landesplanerischer Grundsatzvorgaben, wie es zum Beispiel – auch das ist in der Anhörung der Fall gewesen – Dr. Gerold Janssen vom Leibniz-Institut während dieser Anhörung plastisch erläutert und ausführlich angeregt hatte, gesetzliche Wirklichkeit werden zu lassen und diese Kompetenz in die Hände der gewählten Volksvertretung, eben nicht in die Hände der Verwaltung, zu legen, entledigen sich die Damen und Herren der Koalition ohne weiteres Nachdenken solch offenbar komplizierter Ärgernisse durch Nichtbeachtung. Dabei wären wichtige Grundsätze verankerungswürdig, zum Beispiel Begrenzung der Flächeninanspruchnahme, Fragen des Lärmschutzes, der Energiepolitik, Bezugnahme auch auf die Grenzraumsituation, Fragen der Kulturlandschaften und vieles andere mehr. Auch das ist in der Anhörung klar und deutlich gemacht worden.
Als gar Prof. Maslaton, ausgewiesener Verwaltungsjurist, uns einprägsam aufgefordert hat, als Abgeordnete genau dieser Verantwortung bewusst zu werden und nicht berauben zu lassen, zuckten die Vertreter der regionalen Planungsverbände, also dieser regionalplanerischen Blackboxes, fast hörbar zusammen und mit ihnen auch die Vertreter der Koalition.
Was hatte Maslaton eigentlich gesagt? Ich zitiere: „Warum ich Ihnen das hier und im Rahmen des Landesplanungsgesetzes sage, ist ganz einfach. Es geht um eine parlamentarische Kernfrage. Es geht um eine demokratische Kernfrage. Es geht um eine Kernfrage, die die Bevölkerung betrifft. Sie sind der Gesetzgeber. Sie sind das Volk. Sie sind unsere Vertreter. Lassen Sie sich von der Exekutive – und zwar ist es gleich, ob es die Exekutive auf regionalplanerischer Ebene oder auf Landesebene ist – das Heftchen nicht aus der Hand nehmen.
Darum geht es nämlich, wenn man Ihnen versucht vorzugaukeln, dass das juristisch nicht geht. Das ist ein ganz schlechter Jurist, der sagt: Das geht nicht. Das geht deshalb nicht, weil man ganz bewusst eine Exekutivkompetenz behalten will. Das ist der tiefere Hintergrund… Man will eine Exekutivkompetenz haben, um aus der parlamentarischen Diskussion herauszukommen.“