stände, die wir im Freistaat Sachsen im Hochschulsystem haben, zementieren. Wir wollen ergebnisoffen diskutieren und zukunftsfähige Strukturen schaffen.
Punkt 3 betrifft eine Garantie der generellen Unentgeltlichkeit des Studiums an sächsischen Hochschulen. Hier darf ich Seite 21 des Koalitionsvertrages von CDU und FDP zitieren: „Sachsen wird keine gesetzlichen Studiengebühren festschreiben. Bei deutlicher Überschreitung der Regelstudienzeit sollen Gebühren erhoben werden. Wir wollen größere finanzielle Handlungs- und Entscheidungsfreiheit für unser Hochschulen.“ Das steht im Koalitionsvertrag, und daran werden sich die Koalitionäre halten.
Zu den letzten beiden Punkten: Wir reden ja gerade darüber, dass wir in diesem Jahr den Hochschulentwicklungsplan und die Hochschulvereinbarung – Kollege Gerstenberg hat das angesprochen – auf den Weg bringen. Insofern ist Ihr Änderungsantrag überflüssig, und die Koalitionsfraktionen werden ihn ablehnen.
Dann lasse ich jetzt über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/2537 abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.
Meine Damen und Herren! – Noch vor der Abstimmung? Wir haben noch über den Gesamtantrag abzustimmen.
Okay. – Aufgerufen ist die Drucksache 5/2340, Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP. Wir beginnen mit Punkt I.1.
Gut. – Dann rufe ich Punkt I auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte? – Die Stimmenthaltungen? – Sehr wenige Stimmenthaltungen und eine Mehrheit, die dafür gestimmt hat. Somit ist Punkt I zugestimmt worden.
Ich rufe Punkt II auf. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Bei Gegenstimmen und Stimmenthaltungen ist Punkt II mit Mehrheit zugestimmt worden.
Punkt III. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen? – Die Stimmenthaltungen? – Bei wenigen Gegenstimmen ist auch Punkt III zugestimmt worden.
Ich stelle nun den Antrag in Gänze zur Abstimmung. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte? – Die Stimmenthaltungen? – Mit Stimmenthaltungen und Gegenstimmen wurde der Antrag dennoch mit Mehrheit angenommen.
Die Aussprache beginnt mit der Fraktion DIE LINKE, danach folgen CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht.
Ich erteile nun dem Abg. Wehner das Wort. – Ich würde Sie bitten, die Gespräche nach draußen zu verlagern, wenn Sie das Bedürfnis haben, sich zu unterhalten.
Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Jemand leidet unter Bewegungseinschränkungen in den Knie- und Hüftgelenken und unter Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule in allen Wirbelsäulenabschnitten und begehrt die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises. Er möchte also die Schwerbehinderteneigenschaft festgestellt haben und die zuständige Behörde
im Landratsamt oder der Verwaltung der kreisfreien Stadt vermochte dem Begehren nicht zu entsprechen.
Oder jemand ist der Ansicht, wegen der genannten gesundheitlichen Beeinträchtigungen aus dem vorgenannten Fall nicht mehr in der Lage zu sein, Arbeitsleistungen von wirtschaftlichem Wert verrichten zu können, also nur noch über ein tägliches Leistungsvermögen von unter drei Stunden, zumindest aber von unter sechs Stunden zu verfügen, sodass ihm deswegen eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zugestanden werden müsse, was ihm der zuständige Rentenversicherungsträger verweigert.
Oder jemand erlitt einen Arbeitsunfall, bei dem es zu einer Verstauchung der Wirbelsäule kam, und fortan
bestehen Bewegungseinschränkungen in der Wirbelsäule, weswegen die entsprechende Anerkennung und Versorgung der Wirbelsäulenbeschwerden als Unfallfolgen begehrt wird. Die zuständige Berufsgenossenschaft versagt dies, weil das Unfallgeschehen nicht kausal für die Wirbelsäulenbeschwerden sei, sondern Verschleißerscheinungen.
Oder einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen werden Grundsicherungsleistungen deshalb versagt, weil in der Bedarfsgemeinschaft ausreichendes Einkommen vorhanden sei, was aber so nicht zutreffend sein soll.
Meine Damen und Herren! All diesen Fällen ist gemeinsam, dass Betroffene im Verwaltungsverfahren scheiterten. Sie hatten also weder im Antrags- noch im Widerspruchsverfahren Erfolg. Was gibt es nun für Möglichkeiten? – Man kann a) resignieren und/oder sich mit den Verwaltungsentscheidungen zufriedengeben oder man kann b), wenn man sich weiterhin in seinen Rechten verletzt sieht, die gerichtliche Überprüfung der Verwaltungsentscheidungen begehren. Zuständig hierfür sind die Sozialgerichte als besondere Verwaltungsgerichte.
Nun wird das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit geprägt von dem Amtsermittlungsgrundsatz. Das Gericht hat den Sachverhalt, jedenfalls soweit er streitig ist, von Amts wegen zu erforschen. In der ersten Instanz schließt sich an die Klageerhebung in aller Regel ein schriftliches Verfahren an, innerhalb dessen die vorbereiteten Ermittlungen stattfinden, Einholung von Gutachten, gelegentlich auch Zeugenvernehmungen. Die Ermittlungen sollen so weit vorangetrieben werden, dass der Rechtsstreit in einer einzigen mündlichen Verhandlung erledigt werden kann. Die mündliche Verhandlung stellt also den Regelfall dar. Daneben kann der Rechtsstreit unter bestimmten Voraussetzungen aber auch durch schriftliche Entscheidungen, Gerichtsbescheide ohne mündliche Verhandlung beendet werden.
Bisher, meine Damen und Herren, ist das Verfahren vor den Sozialgerichten für die Versicherten, Leistungsempfänger oder andere grundsätzlich gerichtskostenfrei. Allerdings können einem Beteiligten Gerichtskosten auferlegt werden, wenn er einen Rechtsstreit trotz eines entsprechenden Hinweises des Gerichts missbräuchlich fortführt. Das nennt man Mutwillenskosten. Diese kommen auch dann in Betracht, wenn die Fortführung eines Rechtsstreits offensichtlich aussichtslos ist.
Außergerichtliche Kosten, vor allem die Gebühren eines Anwalts, muss jeder Verfahrensbeteiligte grundsätzlich erst einmal selbst aufbringen. Das Gericht entscheidet dann nach Beendigung des Verfahrens, ob und in welchem Umfang der Gegner die Kosten zu erstatten hat. Nun ist es aber auch so – das zu erwähnen scheint mir wichtig –, dass grundsätzlich vor den Sozialgerichten kein Anwaltszwang besteht. Es kann sich also jeder selbst vertreten oder durch Experten von Behindertenverbänden oder Sozialverbänden vertreten lassen. So weit, so gut, meine Damen und Herren.
Die Zahl der Klagen vor den Sozialgerichten ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. So gingen im Kalenderjahr 2009 bei den drei sächsischen Sozialgerichten, also in Chemnitz, Leipzig und Dresden, insgesamt 33 061 Streitverfahren ein. Davon betrafen allein 18 410, also mehr als die Hälfte aller Verfahren, Fragen der Grundsicherung nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch, bekannt auch als Hartz-IV-Regelungen.
Obwohl die Richterinnen und Richter der sächsischen Sozialgerichte erneut nahezu 15 % mehr an Verfahren erledigten als im Jahr 2008 – so ist es der Pressemitteilung des Landessozialgerichts zu entnehmen –, konnten doch nicht ebenso viele Gerichtsverfahren beendet werden wie eingehen. Insgesamt erledigten die Sozialgerichte 32 596 Verfahren, sodass am Jahresende in allen drei Gerichten 34 415 unerledigte Verfahren anhängig waren.
Per 30.04.2010 hat sich der Stand auf 35 000 Verfahren erhöht. Es gingen im Durchschnitt monatlich 3 000 Verfahren ein. Das ist sehr viel, meine Damen und Herren, gar keine Frage. Hut ab vor den Richterinnen und Richtern, vor den Justizangestellten der sächsischen Sozialgerichtsbarkeit! Es ist eine hervorragende Arbeit, die hier geleistet wird, und ich erlaube mir, mich dafür sehr herzlich zu bedanken.
Meine Damen und Herren! Um die laufende Klageflut und die Belastung der Gerichte in laufenden Verfahren einzuschränken, gibt es aber aus dem Bereich der Bundesländer wie auch aus Sachsen immer wieder Initiativen, Eingriffe in das Sozialprozessrecht vorzunehmen. So fand am 19. Oktober 2009 die Tagung einer Länderarbeitsgruppe im Rahmen der Justizministerkonferenz statt, die Empfehlungen zur Entlastung der Sozialgerichte ausgesprochen hat. Diese Empfehlungen enthalten erneut die Forderungen nach der Einführung von Gebühren in sozialgerichtlichen Verfahren, der Einführung einer Zulassungsberufung sowie die Forderung nach der Abschaffung des sogenannten 109er-Gutachtens. Die Empfehlungen sind der Arbeits- und Sozialministerkonferenz zur Kenntnis übermittelt worden. Es wurde dazu eine gemeinsame Arbeitsgruppe auf Amtschefebene von Sozial- und Justizministerien eingerichtet. Die Sächsische Staatsregierung bzw. ihre Vertreter sind offenbar an der Erarbeitung dieser Empfehlungen beteiligt gewesen.
Hier, meine Damen und Herren, sind wir der Ansicht, da es halt auch um die Bürgerinnen und Bürger des Freistaates Sachsen geht, dass es erforderlich ist, dass die Staatsregierung den Sächsischen Landtag in seine Entscheidungen einbezieht oder zumindest informiert.
Meine Damen und Herren! Meine Fraktion, DIE LINKE, vermag in der zunehmenden Belastung der Sozialgerichte keine Legitimation dafür zu sehen, Eingriffe in das Sozialprozessrecht zulasten der Betroffenen vorzunehmen. Die Betroffenen – Sie haben es aus den Eingangsbeispielen gehört – sind Verunfallte, chronisch Kranke,
Erwerbsgeminderte, Pflegebedürftige, Arbeitssuchende, Behinderte, Hilfebedürftige, Opfer von Gewalt oder auch Opfer aus Einsätzen in der Bundeswehr, wie man das hat jüngst leider erleben müssen.
Meine Damen und Herren! Hier darf es keine Einschränkungen im Rechtsschutz der Betroffenen geben. Die Fraktion DIE LINKE wendet sich entschieden gegen die Einführung einer allgemeinen Verfahrensgebühr vor den Sozialgerichten. Wir sind fest davon überzeugt, dass die Gebührenfreiheit nicht für die Zunahme der Verfahren vor den Sozialgerichten verantwortlich ist. Vielmehr müssen die Ursachen bei der Einführung der Grundsicherung nach dem SGB II sowie der zunehmend schlechten Verwaltungsarbeit einzelner Träger gesucht werden. Die hohe Erfolgsquote von Klagen über die sogenannten Hartz-IV-Streitigkeiten bestätigt dies nach unserer Ansicht.
Meine Damen und Herren! Es sind doch gerade die Personen betroffen und streiten sich vor den Sozialgerichten, bei denen es um den Erhalt der sozialen Grundsicherung geht. Sie wären bei Gebührenerhebungen in besonderer Weise benachteiligt. Der immer wieder vorgetragene Verweis auf die Prozesskostenhilfe erscheint uns in diesem Zusammenhang unangebracht. Die einzige Konsequenz aus diesem Vorhaben ist doch, dass die Einführung einer allgemeinen Verwaltungsgebühr vor den Sozialgerichten den freien Zugang zu den Sozialgerichten gerade für einkommensschwache Menschen erheblich behindert.
Meine Damen und Herren! Es ist im Übrigen ein Trugschluss zu glauben, dass die Einführung von Gebühren allein von vornherein aussichtslose Klagen verhindern können wird. Die Erfolgsaussicht einer sozialrechtlichen Streitsache lässt sich ja oft erst mit der Stellung von notwendigen Gutachten feststellen. Bei wirklich aussichtslosen Verfahren können die Gerichte bereits jetzt nach § 192 Sozialgerichtsgesetz Kosten auferlegen, wenn der Rechtsstreit fortgeführt wird, obwohl vom entscheidenden Vorsitzenden Richter die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt wurde.
Wir bitten Sie um Zustimmung dazu, dass der Grundsatz der Gebührenfreiheit im sozialgerichtlichen Verfahren für die bereits genannten Personengruppen uneingeschränkt und umfassend beibehalten wird.
Meine Damen und Herren! Die Gebührenfreiheit ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Sozialstaates und notwendig, um den durch das Grundgesetz abgesicherten Justizgewährungsanspruch verwirklichen zu können. Sie ermöglicht es Versicherten, Leistungsempfängern, behinderten Menschen und weiteren Betroffenen, ohne finanzielle Hürden und unabhängig von einem individuellen Kostenrisiko ihre sozialrechtlichen Ansprüche zu klären.
Meine Damen und Herren! Nun komme ich zu dem 109er Gutachten. Wir bitten Sie darum, eine Streichung dieser Regelung mit uns gemeinsam strikt abzulehnen. Diese
Vorschrift besteht seit Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes und gibt dem Betroffenen das Recht zu verlangen, dass das Gericht auf seinen Antrag hin einen bestimmten Arzt seines Vertrauens als Sachverständigen anhört. Es gibt Auffassungen, dass es sich hier um eine systemwidrige Verfahrensvorschrift handelt, die nur zu Verfahrensverzögerungen führe. Diesen Auffassungen vermögen wir uns nicht anzuschließen. Auch ist der Hinweis auf die dann bestehende Möglichkeit der Einholung eines Privatgutachtens nach unserer Ansicht keine Alternative, weil diesem nur ein geringerer Beweiswert zukommt. Denn auch dieses 109er Gutachten ist ein sogenanntes Sozialgerichtsgutachten, weil die Fragen von dem jeweiligen Richter formuliert werden.