Was ist denn nun mit den anderen Förderprogrammen? Was nützt mir ein gutes ILE-Programm, wenn andere gute Förderprogramme aus ideologischen Gründen beseitigt werden? Ich denke zum Beispiel an ein Programm, das wir als SPD in der letzten Koalition eingebracht haben, das Programm Regionales Wachstum. Dies war ein spezielles Förderprogramm für Klein- und Kleinstunternehmen, und zwar bewusst für diejenigen außerhalb der städtischen Zentren.
Damit haben wir rund 3 150 Arbeitsplätze gesichert und mehr als 900 neue geschaffen. In jeder Evaluation wurde genau dieses Programm gelobt. Die Anträge führten dazu, dass das Programm dreifach überzeichnet ist. Was ist jetzt die politische Antwort? Was ist die Antwort des Wirtschaftsministeriums?
Sie wollen das Programm auslaufen lassen. Und das aus rein ideologischen Gründen, weil es die SPD gut gemacht hat.
Aber es geht um die Frage, welche Perspektiven wir dem ländlichen Raum geben wollen. Unsere Alternativstrategie besteht aus zwei grundsätzlichen Säulen. Erstens aus einer Politik, die sich aktiv um Bevölkerungszuzug, sagen wir ruhig auch Einwanderung, und Stärkung der Wirtschaft bemüht. Zweitens wollen wir die bestehenden Lebensbedingungen so anpassen, dass tatsächlich eine qualitative Veränderung mit den Schwerpunkten Innovation und Ressourceneffizienz in den Mittelpunkt gerückt wird. Dabei geht es darum, ein durchgängiges Konzept zu erschließen und sich eben nicht nur hinter Programmen zu verstecken.
Unsere Hauptziele sind dabei unter anderem die Stärkung kleinerer Wachstumskerne und regionaler Wirtschaftskreisläufe. Wir müssen die Wirtschaftsförderung konsequenter auf regionale Wertschöpfungsketten und den Ausbau der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur ausrichten. Wir brauchen – das sagten alle Vorredner – den beschleunigten Ausbau einer flächendeckenden Breitbandversorgung. Dazu muss man deutlich sagen, dass die bestehenden Förderprogramme nicht ausreichen werden, um dieses Ziel zu erreichen. Die Breitbandversorgung muss als Grundversorgung anerkannt werden. Diese Grundversorgung muss dann auch ins Telekommunikationsgesetz, die TUDLV, eingespeist werden, um das allgemein und verbindlich zu klären. Mit den bestehenden Programmen werden wir dieses Ziel nicht erreichen.
Es geht weiter darum, in den ländlichen Räumen eine Energieoffensive durchzuführen, also vor allem um die Förderung von erneuerbaren Energien an dezentralen Standorten. Schauen Sie sich doch gute Beispiele an, beispielsweise energieautarke Gemeinden wie Zschadraß.
Überwinden Sie Ihre ideologischen Grenzen und sagen Sie Ja zu einer anderen Schulpolitik, damit die Schule im Dorf bleiben kann. Unsere Antwort ist die Gemeinschaftsschule. Aber Sie können durchaus auch weitere Antworten finden, wenn Sie zum Beispiel Schulen an mehreren Standorten zulassen.
Sie werden junge Familien nur in die ländlichen Regionen bekommen, wenn Sie ihnen ein attraktives Bildungsangebot für ihre Kinder sichern.
Sie brauchen die Familien in den ländlichen Räumen und müssen diese deshalb in Ihrer Politik stärker in den Mittelpunkt rücken.
Es geht insgesamt darum, die ländlichen Räume aufzuwerten und sie eben nicht nur nebenbei unter dem Stichwort Landwirtschaft zu betrachten.
Es geht uns darum, ländliche Räume nicht abzukoppeln, sondern ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben. Lassen Sie uns deshalb einen Zukunftspakt für den ländlichen Raum schließen. Wir sind dabei!
Für die FDP ist Herr Günther als Sprecher zu dieser Fachregierungserklärung gemeldet. Herr Günther, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Staatsminister Frank Kupfer! Bevor ich auf die Fachregierungserklärung eingehe, muss ich natürlich die Vorwürfe von Martin Dulig und der SPD zurückweisen.
Wenn jemand, obwohl er selbst Hunderte Schulen mit geschlossen hat, das der Staatsregierung vorwirft, die jetzt um jede einzelne Schule gerungen hat, dann ist das eine Unverschämtheit.
Der Unterschied zu meiner Rede vom letzten Jahr besteht darin, dass im letzten Jahr der Staatsminister noch den roten Klotz am Bein hatte und den jetzt nicht mehr hat.
Wie verschieden wir Politik angehen, zeigt, lieber Martin, deine Aussage mit der rosaroten oder blaugelben Brille. Die haben wir natürlich nicht auf.
Im Unterschied zur SPD, die während ihrer Regierungszeit die rote Brille aufhatte, haben wir die Koalitionsbrille auf.
Wir regieren diesen Freistaat gemeinsam. Das ist der große Unterschied zu der Zeit, als ihr versucht habt mitzuregieren.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Sie – zurückkommend auf die Fachregierungserklärung – mitnehmen auf eine Reise durch den ländlichen Raum im Freistaat Sachsen von heute.
Jeder von uns, der in einer ländlichen Gegend lebt, wie ich es tue, oder seine Kindheit dort verbracht hat, weiß, wovon ich spreche. Er kennt den typischen Geruch von saftigen Wiesen, tierischen Mitbewohnern, begleitet von den vielen verschiedenen Rufen der Natur, die feuchte Morgenluft auf dem Weg zum Auto, mit dem der Tag bereits ganz anders beginnt. Gerade die allgegenwärtige Vertrautheit macht den blühenden ländlichen Raum unverwechselbar gegenüber der Stadt.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir fahren in Richtung Dresden auf meist gut ausgebauten Landstraßen, auf hervorragenden Autobahnen oder relativ guten Bahnstrecken. Der Weg führt entlang blühender Wiesen, ertragreicher Felder, durch langsam wieder gesünder werdende Wälder und helle, bunte Dörfer. Jedes Feld ist so einzigartig – gelber Raps, blühender Mohn, duftendes Getreide.
Eine unverwechselbare Farbenpracht. Der Wald ist vielfältig in seiner Art und Erscheinung. Die Dörfer haben liebevoll gepflegte Gärten mit engagierten Bewohnern, die neben ihrem eigenen auch noch das Kultur- und Vereinshaus mit Charme und Charakter sanieren. Das Fachwerk im Ortskern steht sogar unter Denkmalschutz, aber auch nur, weil die Bürger bereit waren und noch immer sind, dafür etwas in ihrer Gemeinde zu tun.
Sehr geehrte Damen und Herren! Darauf können wir stolz sein. Das zeichnet den sächsischen ländlichen Raum aus. Eine Politik für diesen ländlichen Raum muss genau an den Menschen vor Ort ausgerichtet sein. Sie stehen im Mittelpunkt der Betrachtung.
Das Konzept des Integrierten Ländlichen Raumes hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich die Menschen auch über die Grenzen ihrer Gemeinde hinaus für die Attraktivität ihres Umfeldes engagieren. Gemeinsam entwickeln sie Ideen und Projekte, die die Zukunft des ländlichen Raumes aktiv gestalten. Somit entscheiden hier die Bürger eigenständig und nicht – wie an anderer Stelle – eine zentrale Behörde.
Auch die Möglichkeiten der Finanzierung sind eine neue Form der Eigenverantwortung und befördern so die Herausbildung einer besonderen Bürgergesellschaft.
Die Liste an Aufzählungen von verschiedenen Beispielen möchte ich nicht künstlich verlängern. Geben Sie mir dennoch Gelegenheit, die Dinge konkret zu benennen, die
dringend für den ländlichen Raum angepackt werden müssen. Die touristischen Angebote für den ländlichen Raum müssen zum Beispiel besser miteinander vernetzt werden. Hier sollten wir auch umsteuern und von der Gießkanne wegkommen. Bei den touristischen Angeboten sind die Stärken in Sachsen hervorzuheben. Die zu Beginn meiner Rede bereits beschriebene Attraktivität ganz Sachsens müssen wir einfach optimal nutzen. Dazu bedarf es spezieller Angebote, die mit dem Städtetourismus besser verbunden sind. Ich denke, dass wir auch mit der neuen Dachmarke in Sachsen mehr Touristen in unseren Freistaat locken können.
Wir müssen uns eines vergegenwärtigen: Der Weg nach Dresden führt immer durch den ländlichen Raum. Das ist ein noch viel zu selten genutzter Vorteil. Das muss jedem bewusst werden. Wir sehen die Entwicklung der Kulturlandschaft und den Naturschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die gesunden Wälder, die jeder von uns als grüne Lunge direkt vor der Haustür hat, sind nicht nur Erholungsraum für die Bewohner der sächsischen Städte, sondern auch insgesamt interessant für unsere Touristen.
Eines steht fest: Wir wollen und wir müssen den Wald mehren und so die Attraktivität des ländlichen Raumes für Freizeit, Sport oder Erholung bewahren und stärken. Der positive Effekt der Aufforstung ist auch eine Wirkung für den Hochwasserschutz.