Protokoll der Sitzung vom 16.06.2010

Herr Lichdi, wenn Sie einen Redebeitrag wünschen, melden Sie es beim Präsidenten an.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Das war ein Zwischenruf, der ist zulässig nach der Geschäftsordnung!)

Die Frage nach der gezielten Einwanderung von Fachkräften, die hier engagiert arbeiten, wird von uns unterstützt; da gibt es überhaupt keine Probleme. Es gibt auch Bedingungen, die wir nach wie vor anregen zu verbessern; das haben wir immer wieder diskutiert. Aber die Ausweitung der Tatbestände, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf vornehmen – dazu haben Sie in Ihrer Rede zur Einbringung überhaupt nicht Stellung genommen –, ist aus unserer Sicht abzulehnen.

Was die Effektivität der Arbeit der Kommission angeht, so hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Arbeitsfähigkeit gegeben ist und die Arbeit verantwortungsvoll durchgeführt wird. Die Entscheidungshoheit soll beim Staatsministerium des Innern bzw. Staatsminister Ulbig bleiben. Ich habe keinen Zweifel daran, dass das Verfahren sachgerecht und der Würde des Menschen entsprechend durchgeführt wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der NPD)

Herr Abg. Bartl?

Ich würde gern die Möglichkeit der Kurzintervention nutzen.

Bitte.

Herr Abg. Bandmann hat soeben behauptet, der Gesetzentwurf sehe vor, dass die Frage begangener Straftaten keine Rolle spielen solle. Dem ist nicht so. § 7 Abs. 5 besagt:

„Die Ablehnung eines Härtefalls wegen Straffälligkeit der oder des Betroffenen kommt in der Regel nur in Betracht, wenn der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung auf Ausweisung ein Ausweisungsgrund nach § 53 des Gesetzes über den Aufenthalt … von Ausländern im Bundesgebiet … zugrunde liegt.“

In dem angesprochenen § 53 ist der Straftatenkatalog, der zur Ausweisung berechtigt, klar formuliert. Alle schweren Straftaten, die mit Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren

bedroht sind, Betäubungsmitteldelikte etc. pp. sind immer Ausweisungsgründe. Insofern ist in dem Gesetz durchaus vorgesehen, dass bei Straftaten von einigem Gewicht Anträge nicht als Härtefälle anerkannt werden.

Ich danke Ihnen, Herr Bartl. – Nun folgt der Redebeitrag für die Fraktion DIE LINKE, gehalten von Frau Abg. Klinger. Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Zunächst einmal danke ich meinem Kollegen Klaus Bartl für die Klarstellung. Herr Bandmann hat mit seinem Redebeitrag bewiesen, dass er sich mit dem vorliegenden Gesetzentwurf – wie auch wahrscheinlich mit dem Aufenthaltsrecht in Deutschland insgesamt – nur unzureichend beschäftigt hat.

In § 23a des Aufenthaltsgesetzes heißt es, dass in dringenden humanitären und persönlichen Fällen Ausländerinnen und Ausländern eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen ist. Dazu muss aber auf Landesebene eine entsprechende Härtefallkommission eingerichtet werden. In Sachsen geschah das im Jahr 2006 auf der Grundlage einer Verordnung. Seitdem wurden 111 Anträge behandelt.

Die Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag befürwortet grundsätzlich die Entscheidung für eine Gesetzesinitiative. Herr Bandmann, ich darf Sie darauf hinweisen, dass zum Beispiel die Bundesländer Hessen und Hamburg ebenfalls Härtefallkommissioenn mittels einer gesetzlichen Regelung eingeführt haben. Das heißt, Ihr Argument, das könne oder dürfe hier nicht sein, zieht nicht.

Im Gegensatz zu einer Verordnung verbessert ein Gesetz natürlich die demokratische Legitimation; die Transparenz wird erhöht. Eine systematische Trennung von Aufgabe und Verfahren der Härtefallkommission wird vorgenommen. Das ist auf jeden Fall begrüßenswert.

Außerdem wurden in den Entwurf Regelungen aufgenommen, die bisher zum Beispiel nur in der Geschäftsordnung der Härtefallkommission, aber eben nicht in der Verordnung aufgeführt sind.

Wir begrüßen die Verringerung der Ausschlussgründe gegenüber § 3 der Sächsischen Härtefallkommissionsverordnung; Kollegin Herrmann ist ausführlich darauf eingegangen.

Wir teilen ebenfalls die Auffassung, dass – wie in § 5 festgeschrieben – die Befassung mit Härtefällen einkommens- und vermögensunabhängig vonstattengehen soll. Es gibt die Aussage des Innenministeriums, dass bisher in Sachsen in keinem Fall die Behandlung eines Härtefallersuchens abgelehnt worden sei, weil keine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts gewährleistet war. Diese Praxis ist lobenswert. Allerdings liegt auch keine entsprechende Datengrundlage vor, ob das ein Grund war, sich von vornherein nicht an die Härtefallkommission zu wenden. Wie gesagt, deshalb vertreten auch wir die

Auffassung, dass die Festschreibung wie im Entwurf sinnvoll ist.

Wir sprechen uns auch dafür aus, die Zurückstellung aufenthaltsbeendender Maßnahmen in das Gesetz aufzunehmen. In der derzeit gültigen Verordnung finden sich dazu keine Angaben. Das ist lediglich in § 6 Abs. 4 der Geschäftsordnung der Härtefallkommission geregelt.

Nun noch zu einigen Punkten, in denen wir – leider! – eine etwas andere Auffassung vertreten. In § 3 – Besetzung der Härtefallkommission – geht es um die Involviertheit des Sächsischen Staatsministeriums des Innern. Unter Abs. 1 Ziffer 1 schlagen Sie, verehrte Kolleg(inn)en von den GRÜNEN, vor, einen Vertreter oder eine Vertreterin des Sächsischen Staatsministeriums des Innern als stimmberechtigtes Mitglied in die Kommission zu wählen. Wir fragen, warum nicht nur ein beratendes Mitglied gewählt werden soll, wie das zum Beispiel in Thüringen für die dortige Härtefallkommission geregelt ist. Einen entsprechenden Vorschlag haben wir in der Drucksache 5/43 aufgeführt. Für DIE LINKE soll die Härtefallkommission ein behördenunabhängiges Gremium sein, welches sich insbesondere aus Vertreterinnen und Vertretern von Flüchtlings- und Migrantenorganisationen, der Kirchen, der Wohlfahrtsverbände, der Kommunen sowie dem bzw. der Sächsischen Ausländerbeauftragten zusammensetzt.

Letztlich obliegt dem Innenministerium die endgültige Entscheidung, auch wenn sie natürlich aufgrund der Empfehlung der Härtefallkommission getroffen wird. Deshalb plädieren wir für die Einbeziehung des Innenministeriums von vornherein; Frau Herrmann, Sie haben es ausgeführt. Wir halten es aber für ausreichend, dass das Innenministerium als mitberatendes Mitglied vertreten ist. Es gibt im Übrigen auch Härtefallkommissionen, in denen das Innenministerium gar nicht vertreten ist. Das ist zum Beispiel in Berlin und in Nordrhein-Westfalen der Fall.

In § 3 Abs. 1 Ziffer 7 geht es um den Vertreter oder die Vertreterin der Organisation KobraNet e. V. Wir begrüßen die Erweiterung des Gremiums um die geschlechterspezifische bzw. geschlechtersensible Perspektive oder Kompetenz. Wir finden die Intention gut. Allerdings hapert es etwas an der Umsetzung. KobraNet ist eine Beratungsstelle für Opfer von Zwangsheirat und Menschenhandel. Das ist ein relativ kleines Feld. In der Anhörung zu dem Gesetzentwurf wurde von den ExpertInnen ausgeführt, dass das bisher in der Härtefallkommission noch keine Rolle gespielt habe. Wenn dies allerdings der Fall sein sollte, müsste man die Menschen befähigen, sich an die Härtefallkommission zu wenden. Ich wiederhole: Wir sind definitiv dafür, dass die geschlechtersensible Kompetenz der Härtefallkommission erhöht wird. Es gibt derzeit auch nur ein weibliches Kommissionsmitglied. Das ist eindeutig zu wenig. Insoweit sollte man die Hemmschwelle für Frauen niedriger setzen. Die konkrete Aufnahme der Organisation KobraNet findet aber nicht unsere Zustimmung.

Zudem wurde in der Anhörung ausgeführt, dass oft gesundheitliche Aspekte eine wesentliche Rolle bei den Härtefallersuchen spielen. Deshalb stellen wir die Frage: Warum wird nicht ein Vertreter des medizinischen Bereichs hinzugezogen? – Laut Gesetzentwurf können jedoch weitere fachkundige Personen beratend hinzugezogen werden. Das nehmen wir durchaus lobend zur Kenntnis.

Ich komme zu § 4 – Vorsitz, Einberufung von Sitzungen, Geschäftsgang. Wir begrüßen entschieden, dass Sie hierzu einen Änderungsantrag vorgelegt haben; das ist bereits im Innenausschuss geschehen. Der ursprüngliche Entwurf stieß bei uns auf Unverständnis. Die Geschäftsstelle sollte, wie es dem Status quo entspräche, beim Sächsischen Ausländerbeauftragten angesiedelt werden. Das hat sich bewährt, wie uns mehrfach bestätigt wurde. Wir sprechen uns insoweit für die Beibehaltung des Status quo aus und werden dem Änderungsantrag zustimmen. Die Einrichtung der Geschäftsstelle beim Ausländerbeauftragten ermöglicht den MigrantInnen einen niedrigschwelligeren Zugang, als das bei einer Zuordnung zum Innenministerium der Fall wäre.

Zu § 6 – Vorprüfungsausschuss der Härtefallkommission. Die Mitglieder der Sächsischen Härtefallkommission haben mehrheitlich zum Ausdruck gebracht, dass das nicht sinnvoll sei, auch angesichts der Zahl der zu bearbeitenden Anträge. Ich habe es eingangs erwähnt: 111 Anträge in vier Jahren. In Ländern wie BadenWürttemberg oder Nordrhein-Westfalen, wo teilweise die zehnfache Anzahl von Ersuchen eingeht, ist das sicherlich sinnvoll. Hier wurde aber betont, dass in der Härtefallkommission vor allem ehrenamtliche Arbeit geleistet werde. Ein zusätzliches Gremium hätte zusätzlichen Arbeitsaufwand zur Folge. Außerdem existiert die Möglichkeit des Einspruchs für die Kommissionsmitglieder, falls der Vorsitzende ein Härtefallersuchen zurückweist. Angesichts der Fallzahlen in Sachsen halten wir hier einen Vorprüfungsausschuss nicht für gerechtfertigt.

Zu § 7 – Beschlussfähigkeit, Beschlussfassung. Im Gesetzentwurf schlagen Sie folgende Neuerung vor: „Die Härtefallkommission ist beschlussfähig, wenn mindestens drei stimmberechtigte Mitglieder anwesend sind“.

Entscheidungen über Härtefallersuchen sollen mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder getroffen werden. Laut Gesetzentwurf sind insgesamt zehn stimmberechtigte Mitglieder vorgesehen. Das heißt, mindestens sieben müssten zustimmen, wenn alle anwesend sind. Um allerdings Handlungsunfähigkeit oder Vertagung zu vermeiden, setzen Sie die Mindestanzahl der für die Beschlussfähigkeit notwendigen anwesenden Mitglieder herab.

Eine Entscheidung kann wirklich nicht durch zwei von drei anwesenden Mitgliedern getroffen werden. Das ist uns eindeutig zu wenig. Im Sinne einer Kommission als behördenunabhängiges Gremium, wie ich es eingangs schon angeführt habe, das mit entsprechend vielen ehrenamtlich tätigen Menschen besetzt ist, möchten wir uns

gegen eine Beschlussfähigkeit von drei anwesenden Mitgliedern aussprechen. Gerade bei Kommissionsmitgliedern, die von Nichtregierungsorganisationen entsandt sind, ist die Gefahr viel größer, dass sie hier überstimmt werden könnten, weil sie eben aufgrund dessen, dass sie das Amt ehrenamtlich ausüben, nicht anwesend sein können. Dem Vorschlag, dass im Ernstfall über eine besondere Härte mit nur zwei von drei Menschen entschieden werden kann, die dann laut Ihrem Vorschlag auch noch die beiden Regierungsvertreter sein könnten, können wir so nicht folgen.

Es gibt auch ein paar Punkte, die aus Sicht der Linken fehlen, zum Beispiel eine Regelung, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt vor und durch wen der betroffene Migrant oder die betroffene Migrantin über den Ausgang des Härtefallverfahrens informiert wird. Ich weiß, dass das aufgrund der Verschwiegenheitspflicht schwierig ist. Sie ist eine wichtige Sache. Aber hier sollte eine entsprechende Regelung gefunden werden, die dem Mitglied, das den Antrag vertritt und auch eingebracht hat, entsprechende Rechte einräumt, um über die Entscheidung der Härtefallkommission zu informieren, natürlich immer mit dem entsprechenden Verweis darauf, dass die Entscheidung des Innenministeriums noch aussteht und diese auch negativ ausfallen könnte.

Zum Zweiten möchte ich hier noch einmal den Datenschutz ansprechen, ebenfalls geregelt im Punkt Verschwiegenheitspflicht. Hier sollte man im Sinne des Betroffenen sicherstellen – das ist in der Anhörung explizit erwähnt worden –, dass die Daten, die im Rahmen des Härtefallersuchens zusammengestellt und auf die dortigen Erfordernisse zugeschnitten werden, nicht in anderen Verwaltungsverfahren und Verwaltungsakten auftauchen dürfen und gar gegen die Betroffenen verwendet werden.

Ein dritter Punkt: Das Sächsische Staatsministerium des Innern sollte auch verpflichtet sein, sowohl die Härtefallkommission als auch die betroffenen Migrantinnen und Migranten über die Anordnung bzw. Verweigerung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis umgehend schriftlich zu informieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In zwei Wochen, am 30. Juni, läuft die alte Verordnung aus. Herr Staatsminister Ulbig, Sie haben in der letzten Plenarsitzung auf die Nachfrage, wie das weitere Vorgehen zur Härtefallkommission ist, geantwortet, dass es sich um ein laufendes Verfahren handelt und dies Ihnen vor einem Monat also nicht erlaubte, im Einzelnen detaillierte Äußerungen zu machen, und dass die Anhörung des Ausländerbeauftragten sowie der kommunalen Landesverbände erforderlich wäre. Jetzt noch einmal konkret die Frage, und ich hoffe, Sie werden in Ihrem Redebeitrag darauf eingehen können: Kann inzwischen eine Aussage getroffen werden? Sind diese Anhörungen abgeschlossen? Und vor allem: Welche Ergebnisse haben sie gebracht?

Im Namen der Linksfraktion möchte auch ich mich für die bisher geleistete Arbeit in der Härtefallkommission bedanken.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Vielen Dank, Frau Klinger. – Meine Damen und Herren! Die Fraktion der SPD ist an der Reihe. Es spricht Frau Abg. Friedel. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verordnung oder Gesetz, das war hier schon mehrfach die Frage. Ich bin dankbar, dass die GRÜNEN den Gesetzentwurf eingebracht haben, auch wenn ich denke, dass man so eine Härtefallkommission auch über eine Verordnung regeln kann. Das hat auch nichts mit Misstrauen zu tun, das man dem Ministerium entgegenbringt. Ein Gesetzentwurf bietet die Gelegenheit, eine öffentliche Debatte über die Frage zu führen: Wie viel Humanität können wir ausüben und wo sind die Grenzen unserer Humanität? Das ist mein Beweggrund zu sagen: Es ist gut, dass wir einen Gesetzentwurf haben, um diese Debatte zu führen – also kein Misstrauen gegenüber dem Ministerium.

Herr Bandmann, mein Vertrauen geht nicht so perfekt in Ihre Richtung, wenn ich an die öffentliche Anhörung erinnern darf. Dort hatten wir sieben oder acht Experten aus Sachsen und aus anderen Bundesländern eingeladen. Nachdem die Sachverständigen ihre Auffassung vorgetragen hatten, meldete sich die CDU-Fraktion gleich als Erste und sagte: „Die CDU-Fraktion dankt den Sachverständigen für die ausführliche Würdigung des Gesetzentwurfes. Ich denke, es ist alles ausreichend gesagt worden. Wir haben keine Fragen.“ Damit verabschiedete sich die Fraktion der CDU aus der weiteren Diskussion zu diesem Verfahren. Da ist mein Vertrauen nicht so groß, wenn es um eine sachliche Debatte und Abwägung im humanitären Interesse geht.

Ich will mich deswegen vor allem auf das Thema „Ausschlussgründe“ konzentrieren. Kollegin Herrmann hat schon einen Sachverständigen zitiert, von dem ich persönlich sehr beeindruckt war. Deswegen werde ich ihn ein bisschen mehr zitieren. Es handelte sich um den Vorsitzenden der Härtefallkommission in Baden-Württemberg, Dr. Edgar Wais, ehemaliger Präsident des Landkreistages. Es war am Ende auch so, dass Herr Dr. Wais einen großen Teil der Anhörung bestritten hat, einfach weil es sehr informativ war, von ihm die praktische Arbeit in BadenWürttemberg vorgeführt zu bekommen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen der derzeitigen Härtefallkommissionsverordnung in Sachsen und der Härtefallkommissionsverordnung in Baden-Württemberg ist eben jener, dass Sachsen einen ganz langen Katalog an Ausschlussgründen hat und der baden-württembergische Katalog extrem kurz ist. Da kommt es wirklich nur auf formale Fragen an, aber weder das Thema „Lebensunterhalt“ noch das Thema „Straftaten“ führen in Baden-Württemberg von vornher

ein zu einem Ausschluss des Härtefallersuchens. Das hat auch seine Berechtigung. Ich fand sehr überzeugend, was Herr Dr. Wais vorgetragen hat. Er sagte: „Diese absoluten Ausschlussgründe“, so wie wir sie in Sachsen haben, „verhindern eine Abwägung aller positiven und negativen Aspekte eines Falles. Wenn man wirklich eine objektive, richtig gute Härtefallentscheidung treffen will, dann muss man alle objektiv positiven und alle objektiv negativen Aspekte auf die Waage legen können. Es kann nicht sein, dass von vornherein ein Ersuchen abgelehnt wird.“ Das ist ein Punkt, der mich sehr überzeugt hat.

Natürlich muss man der Vollständigkeit halber anmerken, was auch Herr Dr. Wais sagte: Das kann eine Kommission nur dann leisten, wenn die Zusammensetzung so ist, dass sich die Kommission auch einmal für die Ablehnung eines Ersuchens entscheiden kann. Der Vorschlag im Gesetzentwurf entspricht nicht so ganz der Zusammensetzung im Rahmen der Härtefallkommission.

Herr Bandmann hat das Thema „Straftaten“ angesprochen. Das ist wirklich der heikelste Punkt, denn das öffentliche Verständnis, das Verständnis der Bevölkerung, wird nicht besonders groß sein, wenn man Härtefallersuchen von Menschen, die eine Straftat begangen haben, stattgibt. Aber deswegen ist es wichtig, hier im Parlament darüber zu sprechen. Es gibt – das werden die Kollegen in den Fraktionen der CDU und der FDP nicht bestreiten – immer Situationen, in denen Menschen Fehler machen können, die sie hinterher bitter bereuen. Ein 17-Jähriger, der sich in einer Disco total betrinkt, hinterher in Wut gerät, jemanden zusammenschlägt, seine Strafe dafür bekommen muss, ist doch nicht für den Rest des Lebens ein schlechter Mensch. Wir müssen uns im Gegenteil bemühen, aus ihm einen guten Menschen zu machen und ihn in die Gesellschaft wieder zu integrieren.

Das gilt auch für die Beurteilung von Straftaten durch die Härtefallkommission. Ich kann nicht von vornherein sagen, bei einer Straftat schaue ich mir gar nicht erst das Ersuchen an. Darauf wies auch Herr Dr. Wais hin. Er sagte: „Selbstverständlich müssen Straftaten von der Kommission mit gewichtet werden. Sie sind nicht zwingend ein Ausschlussgrund, aber im Rahmen einer Gesamtabwägung sollten sie mit gewichtet werden.“ Das ist eine Möglichkeit, die unsere Härtefallkommission auf jeden Fall haben sollte.

Wenn man sich die Zahlen in der Härtefallkommission Baden-Württemberg ansieht, dann stellt man eben auch fest, von den ungefähr 1 600 Ersuchen seit 2005 sind nur 50 % positiv beschieden worden. Aber jeder hatte eben eine Chance auf eine faire Abwägung zwischen den humanitären Gründen, die für einen Aufenthalt sprechen, und den in der Person oder Sache liegenden, die gegen einen Aufenthalt sprechen. Ich denke – dabei muss ich nicht erst das „C“ in Ihrem Parteinamen bemühen –, jeder hat diese humanitäre Chance verdient.

Frau Friedel, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Sehr gern.