Ich gehe davon aus, dass die beiden vorliegenden Änderungsanträge schon eingebracht sind. Gibt es dazu noch Wortmeldungen? – Wenn das nicht der Fall ist, würde ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Entschließungsantrag der NPD-Fraktion zur Abstimmung stellen. Ich habe das so verstanden, dass wir die Punkte I und II getrennt zur Abstimmung stellen.
Wer I 1 seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Vielen Dank. Die Mehrheit war gegen diesen ersten Teil.
Dann I 2. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Vielen Dank. Es war die Mehrheit dagegen.
Wir kommen zu II 1. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Das war wieder die Mehrheit.
Punkt II 5. Wer ist dafür? – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke schön. Alle Punkte wurden abgelehnt.
Wir kommen zum zweiten Entschließungsantrag, dem der Fraktion DIE LINKE. Da war keine Einzelabstimmung gewünscht. Ich stelle damit den Entschließungsantrag zur Abstimmung. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen ist dieser Entschließungsantrag mehrheitlich abgelehnt. Damit ist auch die Behandlung der Großen Anfrage beendet.
Zu diesem Antrag können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, FDP, DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD, Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile den einreichenden Fraktionen das Wort. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Prof. Schneider.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Im Freistaat Sachsen zeichnen sich punktuell seit einiger Zeit erste Engpässe im Bereich der ärztlichen Versorgung ab. Das ist eine Entwicklung, die noch nicht dramatisch verläuft, aber im Gange ist.
Ich erinnere daran, dass wir vor ziemlich genau 18 Jahren eine ganz andere Sachlage hatten. Damals sprach man von einer Ärzteschwemme. Wir müssen uns Gedanken machen, woran das liegt. Ich komme darauf zurück.
Nach Berechnungen der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen fehlen derzeit im Freistaat 407 niedergelassene Ärzte. Davon sind es allein 326 Hausärzte. Hinzu kommen 277 weitere offene Stellen in sächsischen Krankenhäusern.
Der eine Teil der Antwort ist, dass die Fraktionen der Koalition hier Handlungsbedarf gesehen und im Koalitionsvertrag einen entsprechenden Maßnahmenkatalog skizziert haben. Dieser Maßnahmenkatalog soll – das ist die Zielsetzung – dem Mangel an Allgemeinmedizinern im ländlichen Raum entgegenwirken.
Der vorliegende Antrag beschreibt einen Teil dieser Ausgangslage. Er beschreibt drei in unseren Augen geeignete Forderungen für den Bereich der ärztlichen Ausbildung, und zwar konkret in den medizinischen Fakultäten unserer Universitäten.
Eines vorweg: Klar ist, dass diese Maßnahmen am Ende nicht ausreichen werden, um das Problem zu beheben, aber gleichwohl sind sie ein erster wichtiger Ansatzpunkt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die zunehmend naturwissenschaftlich-technische Orientierung der Medizin und damit des Arztberufes, die fortschreitende Spezialisierung in einzelne Fachgebiete und nicht zuletzt die mangelnde Wertschätzung der Tätigkeit des Allgemeinmediziners führen in vielen Ländern und leider auch bei uns zu einem relativen Rückgang der Hausärzte. Wichtige gesellschaftlich relevante Funktionen der allgemeinärztlichen Tätigkeit – ich nenne jetzt die haus- und familienärztliche Funktion –, wie soziale Integration, Gesundheitsbildungsfunktion und die koordinative Funktion, werden durch den Mangel an Ärzten, insbesondere an Allgemeinmedizinern in ländlichen Regionen im Freistaat Sachsen, nicht unerheblich geschwächt.
Die Folgen bekommen die Menschen deutlich zu spüren. Mitunter müssen Patienten längere Fahrtzeiten in Kauf nehmen, um die nächstgelegene hausärztliche Versorgungsmöglichkeit in Anspruch nehmen zu können. Ich erinnere an längere Wartezeiten.
Aus der Sicht der Patienten sind zudem Allgemeinmediziner als Hausärzte im Sinne des Wortes nicht immer bedarfsgerecht verteilt. Es ist damit zu rechnen – ich will das hier ganz schonungslos und offen sagen –, dass sich die Situation auf dem Land zu verschlechtern droht. Als Ursache nenne ich die Demografie, also die zunehmende Alterung der Bevölkerung.
All dies führte dazu, dass der Bedarf an hausärztlicher Betreuung und an Allgemeinmedizinern steigen wird. Damit ist im Ergebnis jetzt schon klar, dass ein ganzes Maßnahmenbündel erforderlich sein wird, um die allgemeinmedizinische Tätigkeit für Ärzte wieder attraktiv zu machen und auf diese Weise auch mittelfristig unseren Bürgerinnen und Bürgern eine hausnahe Versorgung zu garantieren.
Ich sage es noch einmal: Das ist kein sachsenspezifisches, sondern ein bundesweit relevantes Problem, um das es hierbei geht.
Nun, meine Damen und Herren, zu den konkreten Vorschlägen für den universitären Bereich und der konkreten Ausprägung dieser Seite der Medaille.
Erstens. Das überwiegend von der Abiturnote geprägte Auswahlverfahren ist nach Überzeugung der Koalition infrage zu stellen. Warum? Wir haben genügend Stimmen, die dies belegen. Ich nenne die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die in den Zulassungsverfahren vor der ZVS einen Grund für die Verknappung der Ärzteschaft sieht.
Ich nenne ein weiteres Beispiel. Es gibt eine deutschlandweite Befragung von Medizinstudenten, die die RuhrUniversität in Bochum vor rund zwei Jahren durchgeführt hat. Diese Befragung hat ergeben, dass über 20 % der Studenten eine Niederlassung als Arzt ausschließen. Weitere 38 % können sich eine patientenferne Tätigkeit vorstellen. Nur 17 % aus dem Gesamtfundus der Befragten, meine Damen und Herren, wollen die hausärztliche Fachrichtung einschlagen.
Derzeit ergreift am Ende des Studiums circa ein Fünftel der Absolventen keinen ärztlichen Beruf. Das führt uns in diesem Segment des Maßnahmenbündels zu der Forderung, dass wir die zentrale Vergabe von Studienplätzen in der Medizin abschaffen wollen. Die Auswahl der Medizinstudenten soll künftig allein den Hochschulen überlassen sein. Dabei sollen sie nicht nur die Leistungsanforderungen an das Medizinstudium berücksichtigen, sondern
auch gezielt Studentinnen und Studenten auswählen können, die nach Abschluss des Studiums einen ärztlichen Beruf ergreifen wollen.
Wir meinen – das ist der Kernsatz dieser ersten Botschaft –, dass die Hochschulen für die Auswahl deutlich besser geeignet sind als die ZVS, die es derzeit macht.
Zweitens. Um dem Mangel an Hausärzten entgegenzuwirken, sollten im Studium der allgemeinmedizinische Betrieb deutlich gestärkt und Studenten für diese Fachrichtung gewonnen werden. Das ist derzeit nicht der Fall. Der Maßnahmenkatalog des Wissenschaftsrates – der zweite Partner, von dem wir unsere Erkenntnis ziehen – zur Institutionalisierung der Allgemeinmedizin an den Hochschulen soll hierbei besondere Berücksichtigung finden.
Meine Damen und Herren! Der Wissenschaftsrat hat festgestellt, dass Medizinstudentinnen und Medizinstudenten lediglich im Rahmen von einzelnen Reformmodellen und ansonsten eher marginal mit Fragestellungen der Allgemeinmedizin konfrontiert werden. Der Wissenschaftsrat empfiehlt, die Allgemeinmedizin zu einem verbindlichen Bestandteil der Lehre in der klinischen Phase des Medizinstudiums zu machen. Wir halten das für wichtig und gut. Sie, so der Wissenschaftsrat, soll vorzugsweise in Form eines zweisemestrigen Kurses zur Vermittlung allgemeinmedizinischer Grundlagen an jeder medizinischen Fakultät bzw. Hochschule als Pflichtveranstaltung angeboten werden. Es ist also ein Anknüpfen an die Ausbildung als solche.
Drittens. Damit sind wir bei einem Punkt, den wir in der vergangenen Plenarsitzung bereits angesprochen hatten: Das als zusätzlicher Anreiz konzipierte Stipendienmodell für Medizinstudenten für eine Arzttätigkeit soll fortgeführt, evaluiert und gegebenenfalls verbessert werden. Das Stipendienmodell für Medizinstudenten, meine Damen und Herren, die sich verpflichten, nach ihrem Abschluss eine gewisse Zeit als niedergelassene Ärztin oder niedergelassener Arzt im Freistaat Sachsen zu arbeiten, und dafür einen monatlichen Zuschuss erhalten, ist für uns als Koalition ein gutes Anreizsystem. Möglichen und heute noch nicht erkennbaren Fehlentwicklungen in der Konzeption muss entgegengesteuert werden.
Meine Damen und Herren! Wir sind im Übrigen nicht der Ansicht, die Zahl der Studienanfänger zu erhöhen. Die Kapazitäten sollen nicht ausgebaut werden. Vielmehr sollte alles unternommen werden, die im System befindlichen Medizinstudentinnen und -studenten zu ermutigen, sich als praktizierende Ärztin oder als praktizierender Arzt im Freistaat Sachsen niederzulassen, und künftig in die Auswahl der Medizinstudenten dieses Kriterium einfließen zu lassen.
Meine Damen und Herren! Das sind drei Facetten aus einem Maßnahmenkatalog, der erforderlich ist. Wir hatten im Ausschuss bereits vor einiger Zeit einen ähnlichen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erörtert. Wir haben hier einen etwas anders gelagerten Ansatz und glauben, dass das der richtige Weg ist. Gleichwohl sage ich, dass wir uns über den von uns vorgelegten Antrag hinaus weiterhin Gedanken machen müssen, wie wir freiberufliche unternehmerische Tätigkeit weiterhin fördern. Diesbezüglich ist in Deutschland vieles in eine deutliche Schieflage geraten. Aber das ist ein anderer Ansatzpunkt als der, um den es in diesem Antrag geht.
Für die Fraktion der CDU sprach Herr Prof. Schneider. Für die miteinbringende Fraktion FDP spricht die Abg. Frau Schütz.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Vorsorge für den künftigen Ärztebedarf treffen“ – ich denke, hier trifft der Titel genau das Thema, das uns in der gesundheitspolitischen Diskussion im Augenblick beschäftigt.
Wir haben uns in Sachsen ein Paket verschiedener Handlungsoptionen geschnürt. Bereits heute werden verschiedene finanzielle Anreize zur Niederlassung in unterversorgten Gebieten eingesetzt. Ich denke dabei besonders an die Unterstützungsprogramme der Sächsischen Aufbaubank.
Unser Handlungsspektrum muss noch weiter gefasst werden; denn schließlich muss es die Absolventen erst einmal geben, die sich später als Arzt auch niederlassen wollen. Finanzielle Anreize sind dafür nötig, sind ein Weg, er kann aber nicht als der alleinige Weg gesehen werden.
Ausschließlich darauf zu setzen – das muss man an dieser Stelle deutlich sagen – wäre zu kurz gedacht.
Bei den Studierendenzahlen im Fach Medizin war in den letzten Jahren in Sachsen ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Im Jahr 2003 studierten 5 014 Studenten in Sachsen Medizin, zwei Jahre später waren es bereits 5 249 Studenten und im Jahr 2008 stieg diese Zahl noch einmal um rund 50 Studenten.