Also, Kommunen, Land und Bund streichen gleichzeitig an den elementaren Aufgaben des Staates – und das, obwohl Deutschland ein reiches Land ist, obwohl
Deutschland eine Wirtschaft hat, die leistungsfähig und eine der stärksten Volkswirtschaften weltweit ist.
Ja, aber da sind Sie noch falscher. Bei über 50 % dann vom Bruttoinlandsprodukt zu sprechen, das ist einfach Quatsch. Da müssen Sie sich die Zahlen noch einmal genauer anschauen.
In diesem reichen Land ist eines nicht mehr möglich: über zwei Prinzipien von Einnahmen im Haushalt zu sprechen. Es gibt zwei Prinzipien, einmal ein Leistungsfähigkeitsprinzip – wir ziehen also die Leistungsfähigen heran – und einmal das Entgeltprinzip.
In den letzten Jahren wurde nichts anderes gemacht, als immer mehr zulasten des Leistungsfähigkeitsgedankens auf den Entgeltgedanken zu setzen. Deshalb müssen die Leute jetzt beim Arzt ihre Rechnung quasi selbst bezahlen, indem sie jedes Quartal eine Abgabe von 10 Euro zu entrichten haben. Deshalb müssen sie für ihre Medikamente zahlen. Deshalb wird Stück für Stück immer mehr daran gearbeitet, dass jede Ausgabe von dem, den sie betrifft, selbst zu zahlen ist. Der Solidargedanke und der Leistungsfähigkeitsgedanke nehmen immer mehr ab.
Deshalb frage ich Sie: Wollen Sie nicht daran arbeiten, dass wir auf der Einnahmenseite die Leistungsfähigen wieder ordentlich mit an der Finanzierung des Staatswesens teilhaben lassen?
Sie hatten doch lange genug Zeit, sich eine vernünftige Regelung einfallen zu lassen, wie wir das Verfassungsproblem umgehen.
Warum ist es nicht möglich, innerhalb eines solchen Konsolidierungsvorschlages wenigstens einmal kosmetisch 1 oder 2 % nach oben zu gehen, nur damit Sie zeigen, dass Sie bereit sind, alle gleichberechtigt zu beteiligen?
Warum haben wir immer noch eine Abgeltungsteuer auf Finanzgewinne von 25 %? Das muss mir einmal jemand erklären, warum jedes normale Einkommen voll nach dem Steuersatz besteuert wird, aber wenn ich Dividenden und schöne Zinsen einnehme, dann ist mit 25 % alles abgegolten. Ich finde das eine Frechheit, weil das zulasten
Und wir brauchen eine Erbschaftsteuer, die sozial gerecht ist und einen Beitrag zur Finanzierung des Staatswesens leistet. Das ist, glaube ich, unbestritten.
Warum passiert das alles nicht? Weil Sie kein Interesse daran haben, an der Einnahmenseite etwas zu ändern.
Als Letztes: Der Ministerpräsident hat hier herausgestellt, dass er gern eine Föderalismusreform III hätte. Ja, die braucht es. Wir brauchen eine Föderalismusreform III, und zwar als Neuordnung der staatlichen Einnahmen, und dann von unten her gedacht.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte ist ja schon sehr lebendig geworden. Das ist angenehm. Aber jetzt wollen wir doch noch einmal auf den Schuldenstand schauen. Wie fing es an? Mit 9 Milliarden.
28 Milliarden – wissen Sie das auch? – 64 Milliarden, 238 Milliarden, 538 Milliarden, 1 210 Milliarden, 1 579 Milliarden, 1 692 Milliarden; minus 1,69 Billionen Euro ist der Schuldenstand der öffentlichen Haushalte zum Ende letzten Jahres.
Dass wir jetzt endlich ins Kürzen einsteigen müssen – ich rede nicht vom Sparen, ich rede ausdrücklich nur vom Kürzen –, ist doch völlig klar. Deswegen kann man natürlich, Herr Kollege Scheel, über die Einnahmen auf der einen Seite sprechen, aber man muss auch über die Ausgabenseite sprechen.
Diese 1,9 Billionen Euro Schulden bedeuten pro Kopf eine Verschuldung von 20 000 Euro. Jeder hat 20 000 Euro Schulden. Jedes Baby hat am zweiten Tag seines Lebens bereits 20 000 Euro Schulden auf den Schultern.
Die Verschuldung von Bund und Ländern sowie Gemeinden ist im vergangenen Jahr um 7,1 % gestiegen. Das ist
zwar keine neue Binsenweisheit; aber es ist der zweitgrößte Schuldenzuwachs seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland.
Deswegen ist Ihre Debatte, die Sie unter der Überschrift „Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf!“ führen, so verkehrt. Es ist eben anders herum richtig: Wer heute nicht kürzt, zahlt morgen drauf.
Schauen wir uns doch einmal den Bundeshaushalt an. Jedenfalls von der Überschrift heben Sie auf die Sparbeschlüsse der Bundesrepublik Deutschland ab. Der Bundeshaushalt hat dieses Jahr 320 Milliarden Euro Umfang.
Herr Scheel, auch da möchte ich auf das zurückkommen, was mein Kollege Krauß gesagt und worauf er sich auch bezogen hat: In diesen 320 Milliarden Euro Bundeshaushalt sind 173 Milliarden Euro – sprich: 54 % – Ausgaben für Soziales enthalten. Das hat er gesagt und nichts anderes.
Die zweithöchste Position sind die Zinsausgaben mit 12 % und 36,81 Milliarden Euro im Jahr. Davon könnten wir allein den Freistaat Sachsen zwei Jahre finanzieren, wenn wir dieses Geld zur Verfügung hätten. Aber wir zahlen es an Zinsen.
Was ich damit sagen und worauf ich hinaus will: Wer jetzt sagt, dass ein Einsparvolumen von 10 Milliarden Euro nun der große Wurf ist, der veralbert, glaube ich, die Menschen im Land. Denn 10 Milliarden Euro sind nicht einmal 3 % dieses gesamten Bundeshaushaltes.
Wir haben uns hier im Freistaat Sachsen vorgenommen, 10 % einzusparen, weil wir nur das ausgeben wollen und können, was wir haben, und eben keine neuen Schulden machen werden. Deshalb ist es viel notwendiger, dass der Bund größere Sparanstrengungen unternimmt. Da wären 10 % eine Nummer gewesen, das wäre eine richtig große Leistung gewesen. Ich will ganz deutlich sagen, dass das, was im Bund vorgesehen ist, mir zu wenig ist. Aber ich sehe natürlich auch die Schwierigkeiten.
Ich habe mir einmal den Subventionsbericht der Bundesregierung herausgesucht, der 58 Milliarden Euro ausweist. Allein da, denke ich, sollte man 30, 35 Milliarden Euro finden können,
Andere Länder haben es ebenfalls so gemacht wie Sachsen. Schauen Sie nach Hessen. Da hat eine Regierungskommission eine neue Haushaltsstruktur vorgeschlagen. Schauen Sie nach Schleswig-Holstein. Da ist nicht nur eine Regierungskommission am Arbeiten, sondern da sind auch konkrete Vorschläge gemacht worden: weniger öffentliches Personal, höhere Pensionsgrenzen, Straßen
werden nur noch ausgebessert und nicht mehr neu gebaut, Privatisierungserlöse dafür genutzt, Forschungseinrichtungen zu unterstützen. Also in Schleswig-Holstein gibt es eine ganze Reihe von Vorschlägen. Wir haben demnächst hier den Haushalt im Freistaat Sachsen zu behandeln. Ich denke, auch da werden ähnliche Vorschläge zu diskutieren sein:
Effizienz des öffentlichen Sektors, Verzicht auf Gehaltssteigerungen, keine Dynamisierung der Budgets.