Protokoll der Sitzung vom 17.06.2010

Wir hörten gerade den Abg. Jennerjahn, Fraktion GRÜNE, als Sprecher für die Opposition und setzen nun in der Reihenfolge fort. Als Sprecher für die FDP-Fraktion hat als Nächster Kollege Günther das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Was wir hier erlebt haben, war widerlich, es war ekelhaft, und Sie von der NPD besudeln die Ehre dieses sächsischen Parlamentes.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Ihre Ideen, Ihre Reden, Ihr Denken sind antisemitisch, antidemokratisch und antihumanistisch,

(Jürgen Gansel, NPD:... und Ihr Denken ist antideutsch!)

und wir hier in diesem Parlament lassen Ihnen das garantiert nicht durchgehen!

(Beifall bei der FDP, der CDU, der Linksfraktion, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Das Fundament dieses Parlamentes sind die Grundlagen des Humanismus und der Demokratie. Sie wollen diese umstülpen, Sie wollen unser Parlament, unsere Demokratie hier in Sachsen mit Füßen treten. So geht das mit uns hier nicht!

(Beifall bei der FDP, der CDU, der Linksfraktion, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Sehr geehrte Damen und Herren! Unsere sächsische Zusammenarbeit mit Israel beruht auf diesen tiefen – auch christlichen – Wurzeln. In Seraja 2,12 steht geschrieben: „Denn so spricht der Herr Zebaoth: Er hat mich gesandt nach Ehre zu den Heiden, die euch beraubt haben. Denn wer euch antastet, tastet seinen Augapfel an.“ Unser Volk, unsere Vorfahren haben den Augapfel angetastet. Wir alle, die Sachsen und die Deutschen,

(Andreas Storr, NPD:... sind alle schuld!)

haben bitter darunter gelitten. Warum um Himmels willen wollen Sie noch einmal den Augapfel antasten?! Nein, das geht so nicht!

(Beifall bei der FDP, der CDU, der Linksfraktion, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung – Andreas Storr, NPD: Sag das mal Israel! Israel darf man ja nicht kritisieren!)

Dass Ihre Meinung nicht die Meinung der Sachsen ist, hat Frau Windisch schon sehr deutlich gesagt. Zum Beispiel sind die sächsischen Israel-Freunde, von denen heute auch einige hier anwesend sind, vor acht Jahren zur ersten Reise nach Israel mit sechs Personen gestartet. In diesem Jahr sind sie mit 76 Handwerkern dort gewesen und haben aufgebaut. Dreimal so viele haben sich gemeldet – so viele sind überhaupt nicht unterzubringen –, die die Freundschaft mit Israel pflegen.

In der „Freien Presse“ stand ein Bericht, der mich bewegt hat. Thomas Hofmann hat die Begegnung mit einem Überlebenden des Holocaust, einem Überlebenden des KZ, geschildert, der aussagte:

(Andreas Storr, NPD: Bitte mal zum Thema der Debatte kommen!)

„Eigentlich wollte ich nie wieder mit Deutschen reden. Aber die Sachsen machen hier Gutes für uns, und das freiwillig und ohne Geld.“ Das sagte Josef Kiistlich, ein Überlebender von Auschwitz mit der KZ-Nummer 4285.

Wir hier im Parlament sollten denjenigen danken, die für Sachsen nach Israel fahren und dort das Möglichste tun, damit Juden mit Deutschen sprechen.

(Andreas Storr, NPD: Wir sprechen auch mit Juden, das ist kein Problem für uns!)

Das ist gut so, das verdient unsere Hochachtung, und wir sollten es weiter befördern und unterstützen – und nicht solchen Unfug, hier menschenverachtende Reden zu halten, wie Sie von der NPD es tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der Linksfraktion, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Das war der Abg. Günther für die FDP-Fraktion. – Gibt es in dieser ersten Runde aus den Fraktionen noch weiteren Redebedarf? – Den erkenne ich nicht. Somit kommen wir zur zweiten Runde. Die einbringende Fraktion der NPD hat das Wort; der Abg. Storr.

Die Zeit läuft ja schon. Ich hätte gern noch etwas getrunken.

(Christian Piwarz, CDU: Sie reden ja schon!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte in der Tat den Verlauf der bisherigen Debatte schon für sehr bezeichnend, weil drei meiner Vorredner überhaupt nicht zum Thema gesprochen haben.

(Vereinzelt Beifall bei der NPD – Alexander Krauß, CDU: Natürlich haben sie zum Thema gesprochen!)

Offenbar berührt die Debatte doch ein Tabu, etwas, das unaussprechlich zu sein scheint. Ich habe jetzt gelernt, man darf über die Vergangenheit Israels nicht sprechen. Das werde ich jetzt auch nicht tun, weil man das offenbar nicht darf.

Ich werde zur Gegenwart sprechen und insofern auch noch einmal den Zusammenhang mit Sachsen aufzeigen. Es gibt die sächsisch-israelische Parlamentariergruppe, und die Frage ist jetzt, wie wir uns vor dem Hintergrund der israelischen Politik verhalten, wie wir dazu Stellung beziehen und inwiefern diese Kontakte weiter aufrechterhalten werden können.

In diesem Zusammenhang möchte ich einmal den Maßstab der sogenannten Menschenrechts- und Friedenspolitik vortragen. Es ist für mich sehr bezeichnend, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel 2005 genau das zu einem Bestand ihrer Politik gemacht hat. Sie hat die Verhältnisse in China kritisiert, die Verhältnisse in Russland, aber sie hat geschwiegen, wenn es Hungerblockaden gegenüber Palästinensern gab. Sie hat zur israelischen Siedlungspolitik geschwiegen, und sie hat auch zu gezielten Mordanschlägen durch den israelischen Staatsterrorismus geschwiegen. Die gefälschten Parlamentswahlen im Iran waren wiederum Gegenstand von Kritik. Aber man schwieg gleichzeitig bei der Bombardierung im Gaza

Streifen Ende 2008. Das alles scheint mir symptomatisch dafür zu sein, dass man eben nicht frei ist im Verhältnis zu Israel, sondern offenbar ein Sonderverhältnis zu Israel hat.

(Alexander Krauß, CDU: Richtig!)

Ja, Sie bestätigen das auch noch. – Aber das erscheint mir eben kein Ausdruck von Normalität, sondern genau das Gegenteil zu sein, nämlich unnormal; und die Frage ist: Wenn es dieses Verhältnis gibt, welcher Staat ist das denn, zu dem dieses Sonderverhältnis besteht?

(Christian Piwarz, CDU: Schauen Sie doch in die Geschichte, Herr Storr!)

Es ist ganz klar: Israel bricht hundertfach geltendes Völkerrecht. Israel betreibt eine kriminelle, ja, eine kriegstreiberische Außenpolitik und hat inzwischen mehr als 220 UN-Konventionen einfach missachtet. Das erscheint mir sehr bemerkenswert.

(Beifall bei der NPD)

Ich will einmal vergleichen, auch wenn historische Vergleiche immer sehr gefährlich sind; aber ich möchte es trotzdem tun. Ich möchte behaupten, dass der Zionismus mit dem Nationalsozialismus durchaus wesensverwandt ist.

(Empörung bei der Linksfraktion, der SPD und der FDP)

Ich weiß es und würde es noch präzisieren. Ich behaupte: Israel betreibt seit seiner Gründung eine Politik nach den Prinzipien der nationalsozialistischen Innen- und Außenpolitik.

(Empörung bei der CDU, der Linksfraktion, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Herr Abg. Storr, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Gut. – Ich glaube, offenbar gehört dieses Unaussprechliche zur Staatsräson der BRD, und will deshalb zum Schluss eine jüdische Stimme zu Wort kommen lassen; denn wir setzen uns durchaus mit dem Judentum auseinander und sehen dort auch positive Stimmen. Ich zitiere Gilad Atzmon, jüdischer Musiker, der schreibt: „Ich meine, dass wir 65 Jahre nach Auschwitz das Recht haben müssen, damit anzufangen, die notwendigen Fragen zu stellen. Solange wir es unterlassen, diese Fragen zu stellen, werden wir den Zionisten und den Machenschaften ihrer neokonservativen Agenten ausgeliefert sein. Wir werden weiterhin im Namen des jüdischen Leidens töten. Wir werden unsere Komplizenschaft mit westlichen imperialistischen Verbrechen gegen die Menschheit aufrechterhalten. Der Holocaust wurde die neue westliche Religion. Leider ist sie die unheilvollste Religion, die der Mensch kennt. Sie ist eine Lizenz zu töten, zu atomisieren, auszulöschen, zu vergewaltigen und

ethnisch zu säubern. Sie hat Rache und Vergeltung zu westlichen Werten gemacht.“

(Alexander Krauß, CDU: Unsinn!)

Meine Damen und Herren! Ich denke, Sie sollten diese Worte vielleicht einmal im Plenarprotokoll nachlesen. Es sind Worte eines Juden. Dem stimmen wir ausdrücklich zu, und wir sind nicht gegen die Juden, gegen das jüdische Volk.

(Alexander Krauß, CDU: Natürlich seid ihr das! – Zuruf von der CDU: Ach!)

Wir sagen auch nicht, dass die Juden für eine israelische Politik, die wir ablehnen, verantwortlich seien; denn es gibt keine Kollektivschuld, weder für das deutsche noch für das jüdische Volk.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD – Stefan Brangs, SPD: Das ist Dummheit!)