Protokoll der Sitzung vom 01.09.2010

(Stefan Brangs, SPD: Sie haben doch wirklich keine Ahnung, wo Sie leben! 19 700 Euro Jahresgehalt!)

Es gibt nicht nur die großen Konzerne, sondern die meisten Arbeitsplätze werden durch Unternehmen mit zehn bis 20 Mitarbeitern in Sachsen geschaffen, über 90 %, wie Sie wissen. Unsere klein- und mittelständisch geprägte Wirtschaft kann sich nämlich solche Sonderzahlungen in der Regel nicht leisten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es gibt die eine oder andere Ausnahme, wenn man an den Maschinenbau oder an die Metall- und Elektroindustrie in Sachsen denkt, wo solche Zahlungen durchaus üblich sind. Aber bei den meisten Unternehmen in Sachsen gibt es diese Zahlungen nicht. Und wenn Sie sich einmal den offensichtlichen Unterschied zwischen einem Arbeitsplatz in einer Großstadt wie Dresden, Leipzig oder Chemnitz ansehen und diese mit der Situation im flachen Land vergleichen, dann wissen Sie, dass ich die Wahrheit sage, und dann sehen Sie selbst, dass Sie in einer anderen Welt leben, als sie sich in der Realität in Sachsen darstellt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der CDU und des Staatsministers Dr. Jürgen Martens)

Für den Staat – auch für den Freistaat Sachsen – gilt natürlich diese sächsische Normalität und das, was für die Mehrheit der Sachsen gilt, nicht. Denn obwohl der Staat

auch von der Lohn- und Einkommensteuer der Arbeitnehmer aus der Privatwirtschaft lebt, leistet er sich bisher den Luxus – anders möchte ich es nicht nennen – einer Sonderzahlung zum Jahresende. Das ist der Unterschied. Der Freistaat kann das machen, was die Privatwirtschaft nicht machen kann. Ich halte das nicht für fair und ich halte es auch nicht für gerecht.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Zastrow, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Selbstverständlich.

Frau Dr. Stange, bitte.

Herr Zastrow, wenn man Ihrer Argumentation folgt, stellt sich folgende Frage: Müsste man nicht in Anbetracht der Situation der kleinen und mittelständischen Unternehmen und der Bezahlung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesen Unternehmen darüber nachdenken, ob unsere Abgeordnetengehälter eventuell gesenkt werden müssten?

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Johannes Lichdi, GRÜNE: Ja, richtig! Dafür war ich schon lange!)

Ja, darüber kann man nachdenken, das ist eine Diskussion, der wir uns überhaupt nicht verschließen. Wie Sie wissen, hat die Koalition den Gesetzentwurf, den Sie übrigens, liebe Frau Dr. Stange – – Sie sind doch in der SPD, und die SPD war doch bis vor Kurzem Regierungspartner, oder? Sie haben doch damals das Gesetz beschlossen,

(Zurufe von der SPD)

ein Gesetz, wonach wir eine automatische Diätenerhöhung dieses Jahr schon hätten haben können. Wie Sie festgestellt haben, haben CDU und FDP aufgrund der aktuellen Situation dieses Gesetz noch gar nicht umgesetzt. Das ist unser Beitrag. Das ist der Unterschied zu Ihrer Regierungszeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Klaus Bartl, Linksfraktion: Herr Zastrow, Sie haben aber zugestimmt! – Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Das hat doch nichts mit den Beamten zu tun! – Stefan Brangs, SPD: Sie vergleichen jetzt Birnen mit Äpfeln!)

Herr Zastrow, gestatten Sie eine Nachfrage?

Ich war noch nicht ganz fertig. – Was vielleicht ein ganz guter Beitrag ist – wir hatten ja schon eine öffentliche Diskussion dazu. Ich bin gespannt, was Sie davon halten. Ja, mit der FDP können Sie über eine moderate Verkleinerung des Parlaments sprechen,

Frau Dr. Stange. Das können wir machen. Sie sind eine kleine Fraktion, Sie werden auch nicht größer. Deshalb haben Sie Angst vor dieser Debatte

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Zastrow, gestatten Sie noch eine weitere Nachfrage?

(Zurufe von der SPD)

Frau Dr. Stange, bitte.

Meine Frage war zwar nicht beantwortet, aber ich verzichte auf eine diesbezügliche Nachfrage.

Sie war beantwortet!

Ich würde trotzdem eine Nachfrage zu einem anderen Punkt stellen. Sind Sie der Meinung, dass Sie mit dieser Art der Argumentation eine Neiddiskussion in unserer Gesellschaft anfachen?

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, Linksfraktion)

Ich glaube schon, dass auch wir uns in diesem Parlament mit den Realitäten in Sachsen auseinandersetzen müssen. Es gibt in Sachsen einen entscheidenden Unterschied zu anderen Bundesländern, und zwar; dass der öffentliche Dienst bei uns der Bereich ist, in dem man relativ gut verdient.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Sie kennen die Zahlen wohl nicht! – Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Der ist blind! Der muss weg! – Zurufe von der SPD und der Linksfraktion)

Hören Sie mir doch zu!

(Stefan Brangs, SPD: 19 700 Jahresgehalt!)

Im Durchschnitt!

Herr Zastrow, warten Sie bitte einen Augenblick. – Meine Damen und Herren! Sie haben die Möglichkeit, Herrn Zastrow Zwischenfragen zu stellen. Herr Zastrow antwortet immer noch auf die Zwischenfrage von Frau Dr. Stange. – Ferner steht Herr Jennerjahn schon am Mikrofon 2 bereit.

Herr Brangs, wenn Sie eine Zwischenfrage stellen wollen: Mikrofon 1 ist dann wieder frei. Jetzt können Sie, Herr Zastrow, auf die Frage von Frau Dr. Stange antworten.

Frau Dr. Stange, im Durchschnitt verdiente ein Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst im Jahr 2009 631 Euro mehr als ein Arbeitnehmer, der in der Privatwirtschaft arbeitete. In Westdeutschland ist es genau andersherum. Dort verdient ein Arbeitnehmer, der in der

Privatwirtschaft arbeitet, circa 300 Euro mehr als ein Arbeitnehmer, der im öffentlichen Dienst arbeitet.

Wir hatten seit der Wende eine imposante Angleichung der Gehälter und Löhne im öffentlichen Dienst an das Westniveau gehabt. Sie, Frau Dr. Stange, haben in Ihrer Regierungszeit noch 145 Millionen Euro locker gemacht, damit auch die letzten Gehälter im öffentlichen Dienst auf 100 % West angepasst werden können. Diese Situation haben wir nirgendwo in der Privatwirtschaft, außer in einem kleinen Bereich, der Metall- und Elektroindustrie. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Ich bin sehr dafür, dass wir alles dafür tun, dass wir diese Realität zur Kenntnis nehmen. Das hat mit einer Neiddebatte überhaupt nichts zu tun. Es ist so, dass wir im öffentlichen Dienst eine Angleichung haben, die wir in der Privatwirtschaft noch nicht haben.

(Zurufe von der Linksfraktion und der SPD)

Herr Zastrow, es gibt noch das Begehr einer weiteren Zwischenfrage von Herrn Jennerjahn. Möchten Sie diese beantworten?

Ja, sehr gern.

Herr Jennerjahn, bitte.

Herr Präsident, herzlichen Dank. – Herr Zastrow, könnten Sie mir der Vollständigkeit halber bitte einmal verraten, welche Fraktionen in diesem Hohen Haus die Aussetzung der Diätenerhöhung zum 1. Januar 2010 abgelehnt haben?

(Stefan Brangs, SPD: Da bin ich mal gespannt!)

Welche Fraktion? Das habe ich zum Beispiel mit meiner Fraktion abgelehnt, das hat die Union abgelehnt, weil wir über das Stöckchen, das Sie uns hingehalten haben, nicht gesprungen sind. Sie können es ja so machen, wie es die FDP-Fraktion macht: Sie verzichtet! Jeder einzelne Abgeordnete spendet die letzte Diätenerhöhung Monat für Monat für soziale Zwecke. Das machen Sie noch nicht. Sie stecken sie sich doch ein, Herr Jennerjahn. Geben Sie es doch zu!

(Zurufe von der Linksfraktion, der SPD und den GRÜNEN)

Sehr geehrter Herr Kollege Zastrow, ich habe eine Homepage, auf der Sie nachlesen können, wie hoch meine monatliche Spendenleistung aus der Diätenerhöhung ist.