Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine ersten Berührungspunkte mit Petitionen und dem Petitionsausschuss waren bereits im Jahr 1999. Als Studentin erhielt ich damals Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Ein halbes Jahr nach der Bewilligung wurde festgestellt, dass ich noch einen Kindergeldanspruch hatte. Mit entsprechendem Bescheid musste ich sofort das gesamte BAföG zurückzahlen. Der Bescheid über das Kindergeld war aber falsch. So musste ich dann auch das Kindergeld zurückzahlen. Welch eine Ungerechtigkeit! Jeder dieser
Bescheide war in sich richtig, gemeinsam waren sie aber ungerecht. Eine Mitarbeiterin des BAföG-Amtes empfahl damals eine Petition an den Landtag einzureichen.
Unbekannterweise war mir das damals viel zu mühsam und zu aufwendig, und ich unterließ es. Heute, zehn Jahre später, sitze ich selbst im Petitionsausschuss und weiß, dass sich die Mühen einer Petition durchaus lohnen können, wie der vorliegende Jahresbericht verdeutlicht.
Niemand ist ohne Fehler. In unseren Behörden und Ämtern arbeiten Menschen, die, wie gesagt, nicht ohne Fehler sind. Petitionen stellen ein Grundrecht unserer Demokratie dar, ein Recht, das aber nur durch unsere Bürger selbst wahrgenommen werden kann.
Der vorliegende Bericht verdeutlicht die Schwerpunkte und die Themengebiete, mit denen sich der Petitionsausschuss befasst hat. An vorderster Stelle – das wurde bereits mehrfach gesagt – stehen Versorgungsleistungen und Petitionen aus dem Bereich der Sozialversicherung. Aber einen sehr wesentlichen Schwerpunkt bilden auch Petitionen aus dem Justizwesen und dem Strafvollzug. Auch dort gibt es eine Personengruppe, die die Elemente der Petition sehr zu schätzen weiß.
Nicht alle eingereichten Petitionen fielen in den Wirkungsbereich unseres Landtages. Deshalb war es notwendig, 91 Petitionen an andere Landtage oder zuständige Gemeindevertretungen zu verweisen. Betrachtet man die durchschnittliche Bearbeitungsdauer der abgeschlossenen 579 Petitionen, so kommt man auf einen Bearbeitungszeitraum von durchschnittlich 248 Tagen. Frau Dr. Deicke wies schon darauf hin, warum das mitunter ein solch langer Zeitraum ist. Es hat mit dem Übergang der Koalition und den neuen Mitgliedern im Petitionsausschuss zu tun. Wichtig ist: Es liegt auch oft nicht an den Berichterstattern, sondern an den Auskünften der beteiligten Behörden.
Beim Blick auf die Zusammenarbeit der Petitionsdienste möchte auch ich von dieser Stelle einen Dank für die kooperative Arbeitsweise aussprechen. Als sehr kooperativ ist auch die Zusammenarbeit unter den demokratischen Fraktionen zu beschreiben. Fraktionsübergreifende, sachorientierte Zusammenarbeit ist im Interesse der Petenten möglich, wie die angenehme Praxis beweist. Ich denke, alle Fraktionen haben bisher auf das gute Klima und die tolle Arbeit in diesem Ausschuss hingewiesen.
So ein Jahresbericht gibt aber auch die Möglichkeit, einmal über Veränderungen nachzudenken, neue Konzepte zu diskutieren und den Blick über den eigenen Horizont hinaus zu wagen. Das kann der Blick nach Berlin sein, und das kann der Blick nach Brüssel sein. Mehr Transparenz durch Online-Petitionen und öffentliche Anhörungen sind dabei nur kleine Wegsteine. Auf europäischer Ebene wird beispielsweise dem Petenten innerhalb des Ausschusses auch Gehör verschafft. Das ermöglicht mehr Bürgernähe und erhöht die geforderte Transparenz in unserer Arbeit.
Wie bereits geschildert, hat jede Petition ihr individuelles oder gesellschaftliches Anliegen bzw. stellt ein persönliches Problem dar. Es gibt keine vorgegebenen Lösungsschemata, es ist der neutrale Petitionsblick, den die Mitglieder des Ausschusses darauf lenken. Wunder – auch schon angesprochen – sind nicht möglich, sondern es ist das Ziel, offene Fragen zu klären, geltende Gesetze und Richtlinien einzubeziehen und jedem Bürger die Chance auf Gleichstellung vor dem Gesetz und den Behörden zu ermöglichen, die Entscheidungen nachvollziehbar zu machen.
Petitionsrecht ist das Urrecht der Demokratie, und Demokratie ist die Grundlage unserer Arbeit hier im Parlament. Vielen Dank an alle, die an diesem Bericht beteiligt waren! Vielen Dank an alle Ausschussmitglieder! Ich denke, der vorliegende Petitionsbericht ist ein Bericht, der in keinem Wahlkreisbüro fehlen sollte.
Vielen Dank, Frau Jonas – wenngleich Sie doch nicht von allen die Ihnen gebührende Aufmerksamkeit hatten. Meine Damen und Herren, wir behandeln hier ein sehr wichtiges Thema unserer Arbeit im Landtag, und vielleicht gelingt es Ihnen, den Rednerinnen und Rednern noch die entsprechende Aufmerksamkeit zu widmen. – Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist an der Reihe; Herr Abg. Jennerjahn, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn möchte auch ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsdienstes für ihre Arbeit danken. Gerade mir als Neumitglied dieses Hohen Hauses und damit auch als Neuling im Petitionsausschuss hat es den Einstieg in die Arbeit enorm erleichtert, dort kompetente Ansprechpartner zu haben, die mir sehr schnell bei all den Fragen, die anstanden, behilflich waren. Dafür ganz herzlichen Dank!
Die große Zahl der jährlich eingereichten Petitionen bringt es letztendlich mit sich, dass die Ausschussarbeit sehr vielschichtig ist. Die Palette der eingereichten Petitionen ist sehr groß. Darüber haben wir heute schon vieles gehört. Es reicht von individuellen Anliegen bis zu Anregungen für die Ausgestaltung von Gesetzen. Wenn man so will, dient der Petitionsausschuss damit als eine Art Brücke zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und den Abgeordneten. Die konkreten Auswirkungen von Gesetzen oder Verordnungen werden hier schnell ersichtlich, ob es sich um Regelungslücken handelt oder um Folgen, die im Vorfeld nicht erkennbar waren. Und auch, wenn nicht jeder Petition abgeholfen werden kann, liegt hierin doch ein zentraler Aspekt des Petitionsausschusses; denn durch die zahlreichen Schreiben, die den Ausschuss erreichen,
gibt es den Abgeordneten und Fraktionen einen Eindruck, wo Handlungs- und/oder Korrekturbedarf besteht.
Eines ist mir dabei jedoch besonders wichtig: Die Vielzahl der Petitionen entspricht auch der großen Bedeutung, die dieser Ausschuss hat. Im bisherigen Verlauf der Aussprache ist bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, dass der Petitionsausschuss Verfassungsrang hat. Artikel 35 definiert das Petitionsrecht als Jedermannsrecht, und dies birgt für uns aber auch die Verpflichtung, kontinuierlich den gesamten Petitionsprozess zu reflektieren – vom Eingang der Petition bis zur abschließenden Abstimmung im Plenum des Sächsischen Landtages –, um bürgerfreundlich und transparent zu arbeiten.
Nun möchte ich an dieser Stelle nicht den gesamten Prozess aufrollen, aber ich möchte zumindest einen Blick an dessen Anfang und dessen Ende werfen. Das Petitionsrecht – das haben wir gehört – wird rege genutzt, und trotzdem muss die Frage gestellt werden, ob die technischen Möglichkeiten bereits ausgereizt sind, um das Einreichen von Petitionen noch einfacher zu gestalten und mögliche Barrieren weiter abzubauen.
In der Vorbereitung auf diese Rede habe ich noch einmal bei den anderen Landesparlamenten und beim Deutschen Bundestag recherchiert, und ich war schon ein wenig erstaunt, dass sich das Verfahren der Online-Petition in der Bundesrepublik noch nicht flächendeckend durchgesetzt hat. Dabei haben wir in Sachsen mit der Einführung des Verfahrens Ende des Jahres 2008 einen wichtigen Schritt gemacht. Gleichwohl, möchte ich sagen, bewegen wir uns damit – um ein Bild aus dem Fußball zu nutzen – im Ländervergleich lediglich im gesicherten Tabellenmittelfeld. Um in die Champions League vorzustoßen, brauchen wir auch die Möglichkeit, Petitionen online mitzuzeichnen. Auch das würde dem Ansinnen unserer Verfassung entsprechen.
Artikel 35 sagt explizit aus, dass das Petitionsrecht einzeln oder eben auch in Gemeinschaft mit anderen in Anspruch genommen werden kann. Vor dem Hintergrund der weiter wachsenden Bedeutung des Internets halte ich es auch für unerlässlich, diesen Schritt zu gehen. Bislang existiert die Möglichkeit der Online-Mitzeichnung lediglich beim Deutschen Bundestag und der Bremer Bürgerschaft. Der Sächsische Landtag hätte also hier noch die Chance, Vorbildfunktion in Sachen Bürgerfreundlichkeit einzunehmen und ein niedrigschwelliges Angebot zu schaffen, sich zu beteiligen und politisch einzubringen.
Ich hatte bereits kurz den Aspekt der Transparenz erwähnt und springe damit ans Ende des Petitionsverfahrens. Auch hier gibt es aus meiner Sicht noch Nachbesserungsbedarf. Petitionen sind mit hohem Aufwand für die Bürgerinnen und Bürger verbunden, die die Petition erarbeiten, für die Verwaltung und die Verbände, die die Stellungnahmen abgeben, und natürlich auch für die Abgeordneten, die die Berichterstattung übernehmen. Der – ich formuliere es einmal zugespitzt – lieblose Umgang mit den Petitionen, nachdem sie durch den Landtag beschlossen wurden, ist dabei für mich ein Wermutstropfen; denn die Petitionsbe
richte werden in Sammeldrucksachen versenkt, und im Nachhinein ist für die Bürgerinnen und Bürger kaum noch nachzuvollziehen, zu welchen Themen welche Petitionen eingereicht wurden und wann sich der Sächsische Landtag abschließend damit befasst hat. An dieser Stelle wäre aus meiner Sicht der Aufbau einer Online-Datenbank wünschenswert, wie es schon in zahlreichen anderen Bereichen der parlamentarischen Arbeit gute Praxis ist.
In einer Zeit, in der viele Menschen auf Distanz zum Politikbetrieb gegangen sind und in der es nach wie vor hohe Wahlergebnisse rechtsextremer Parteien gibt, müssen wir den Menschen in Sachsen noch deutlichere Signale geben, dass die demokratischen Fraktionen offen für ihre Probleme, Fragen und Wünsche sind und dass wir ihre politischen Vertreterinnen und Vertreter sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da ich bereits in der letzten Legislatur Mitglied des Petitionsausschusses war, ist dies meine fünfte Rede zu einem Jahresbericht. Glauben Sie mir, es ist nicht leicht, immer wieder etwas Neues zu sagen, sich nicht von Jahr zu Jahr zu wiederholen, zumal, wenn man wie jetzt in der fünften Legislatur in der Rednerliste ganz am Ende steht.
Zuerst natürlich auch von meiner Seite Dank an das Referat und die Mitarbeiter in den Ministerien. Hier kann ich mich voll meinen Vorrednern anschließen.
Im vorliegenden Bericht gibt es einige Neuerungen. So hatten die Obleute der Fraktionen die Möglichkeit, sich in einem kurzen Vorwort jeweils direkt an die Bürger zu wenden – eine sehr sinnvolle Idee, wie ich finde. So bekommen die Abgeordneten für die Bürger sozusagen ein Gesicht. Die Vorworte selbst ähneln sich natürlich. Das ist aber auch kein Wunder. Der Petitionsausschuss ist ja gerade der Ausschuss, in dem sich die Abgeordneten ohne Parteiideologie direkt mit den Anliegen der Bürger auseinandersetzen und ihnen manchmal helfen können.
Im Jahr 2009 konnten immerhin 134 Petitionen zur Zufriedenheit der Petenten abgeschlossen werden. Das klingt vielleicht nicht viel, das ist ein knappes Viertel, 23 %, aber hinter jeder Petition steckt ja ein persönliches Problem, ein Einzelschicksal. Das Vorwort an sich war neu, eine Innovation; der Aufbau, der Bericht an sich, wurde weitgehend in der bewährten Form abgefasst.
Die Kernzahlen wurden bereits teilweise angesprochen. Ich fasse sie noch einmal kurz zusammen. Es gingen insgesamt 1 102 Schreiben ein, davon konnten im Landtag 719 als Petition behandelt und davon wiederum, wie
bereits erwähnt, ein rundes Viertel als erledigt erklärt werden. 409 Petitionen konnte nicht abgeholfen werden, und die übrigen, etwas mehr als 100, wurden an andere Stellen verwiesen oder Ähnliches. Sie finden diese Übersichten auf den Seiten 26 als Grafik und auf Seite 85 als Tabelle.
Unter diesen Petitionen gab es wieder Sammel- und Massenpetitionen. Die Themen können Sie auf den Seiten 82 und 83 nachlesen. Schwerpunkte – das haben meine Vorredner ebenfalls schon genannt – waren ähnlich wie in den Vorjahren Sozialversicherung und Rente und spiegeln somit ganz besonders die konkreten Sorgen und Existenzängste der sächsischen Bürger wider.
Auch nach der Kreisreform ist die Region Dresden die petitionsfreudigste. Allein von hier kamen 119 Schreiben, das sind 16,5 %. So viel zu einigen Zahlen. Sie können das gern selbst noch einmal nachlesen.
Schließen möchte ich mit einem Zitat aus unserem Vorwort im Bericht: „Ich möchte jede Bürgerin und jeden Bürger ermutigen, sich mit ihren/seinen Anliegen an den Petitionsausschuss zu wenden. Der vorliegende Jahresbericht macht es Ihnen leicht, einen Überblick über unsere Arbeitsweise, die Ergebnisse und natürlich die Kontaktadressen zu bekommen. Wir sind für Sie da.“
Meine Damen und Herren! Die Fraktionen haben zum Bericht des Petitionsausschusses für den Berichtszeitraum 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2009 Stellung genommen. Möchte jemand von der Staatsregierung zum Bericht sprechen? – Das ist nicht der Fall. Dann schlage ich Ihnen vor, diese Unterrichtung zustimmend zur Kenntnis zu nehmen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Auch das kann ich nicht feststellen. Damit ist die Unterrichtung des Petitionsausschusses mit der Drucksachennummer 5/2625 zustimmend zur Kenntnis genommen worden.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch, dass ich sicherlich auch im Namen aller Abgeordneten des Sächsischen Landtages für die geleistete Arbeit des Petitionsausschusses und seiner Geschäftsstelle sehr herzlich danke.