Protokoll der Sitzung vom 29.09.2010

Die Zuständigkeit für diese Förderprogramme wurde im November 2009 vom Wirtschaftsministerium auf das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst übertragen. Mit dieser wegweisenden Entscheidung verfügt Sachsen über die besten Voraussetzungen, um die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen auf der einen und den Forschung und Entwicklung betreibenden Unternehmen auf der anderen Seite zu intensivieren. Wir müssen hierbei in Wissenschaftsräumen denken; denn Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft müssen eine Einheit bilden, um konkrete und erfolgreiche Wirkungen zu entfalten.

Um dies zu erreichen, wurden bereits zahlreiche gute Ansätze etabliert. Gleichwohl bedarf es einer Verbesserung der technologischen Leistungsfähigkeit unseres Landes. Das haben wir erkannt und möchten mit dieser Enquete-Kommission dazu einen Beitrag leisten. Vor dem Hintergrund der schon angesprochenen immer kürzer werdenden Innovationszyklen und der stetig stärker werdenden Wettbewerbsfaktoren ist es das Gebot unserer Zeit, dass die Entwicklung und Innovation auf neue Produkte, Verfahren, technische Dienstleistungen oder auch Funktionen mit veränderten Parametern oder Merkmalen der bisherigen Produkte abzielt, die den heutigen Stand deutlich übertreffen und weiterentwickeln. Die Umsetzung innovativer Ideen in neue Produkte und Verfahren ist aber in der Regel mit hohem finanziellem Aufwand verbunden, und das insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass wir in Sachsen eine Vielzahl kleiner

und mittelständischer Unternehmen haben, die die Hälfte der Industrieforscher ausmachen.

Der Maschinen- und Anlagenbau, die Mikrosystemtechnik, Informations- und Kommunikationstechnologien – wie Life Science – sowie Energie und Logistik sind maßgebliche Anwendungsbereiche unserer forschenden Unternehmen. Der sächsische Innovationsindex zeigt, dass der Freistaat 2009 beim Subindikator Bildung zwar nach den Stadtstaaten und Baden-Württemberg auf Rang fünf und damit auch über dem deutschen Durchschnittsniveau liegt, allerdings beim Subindikator Forschung nur den zehnten Rang einnimmt und damit unter dem Bundesdurchschnitt rangiert.

Der Subindikator Unternehmen umfasst die Umweltfaktoren und Rahmenbedingungen für betriebliche Innovationsaktivitäten. Auch hier liegt Sachsen mit dem zehnten Rang im Mittelfeld und unter dem Bundeswert. Dabei ist Sachsen jedoch deutlich besser als die anderen ostdeutschen Flächenländer positioniert. Aber der Durchschnitt darf kein Anspruch für unseren Freistaat sein, wie es Bundesminister de Maizière gestern auf der Festveranstaltung von SSG und Landkreistag treffend formuliert hat. Damit dürfen wir uns nicht zufrieden geben.

Dennoch: Auch wenn der sächsische Innovationsindex bestätigt, dass der wirtschaftliche Aufholprozess gegenüber den alten Ländern im Freistaat Sachsen am weitesten fortgeschritten ist, dürfen wir uns nicht zurücklehnen, sondern müssen weitere positive Entwicklungen vorantreiben, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Institutionelle Faktoren, wie rechtliche Rahmenbedingungen, Regulierung, Steuerregeln, aber auch das Etablieren von Normen und Standards, sind besonders relevant für die nachhaltige Verbreitung und die spätere Marktdiffusion.

Auch macht die Persistenz bestimmter Probleme in allen Phasen des Innovationsprozesses deutlich, dass insbesondere politische Maßnahmen nicht isoliert und punktuell, sondern vielmehr im Zusammenhang mit weiteren Unterstützungen Erfolg versprechen. Diese wären aufeinander abzustimmen, um nicht positive Entwicklungen durch die eine Maßnahme mit einer anderen Maßnahme wieder zu unterbinden. Es gilt, vernetzt und integrativ zu denken und auch so zu handeln, und als Umweltpolitiker meine ich zum Beispiel, dass die schumpetersche schöpferische Zerstörung in einer ökologischen Industriepolitik wichtig ist; denn es hilft nichts, nur grüne Technologien zu den bestehenden Produktions- und Konsummustern hinzuzufügen. Das würde die Umwelt nicht ausreichend entlasten. Wir müssen also bei Technologieinnovationen den Blick auf das Ganze beibehalten.

Unter den Wissensfaktoren stellen das Problem des Fachkräftebedarfes und die Schwierigkeit, Kooperationspartner zu finden, durchweg Blockaden für die sächsischen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen dar. Die Wissenschaft kann dabei ihren Beitrag leisten, indem innovative Anwendungsmöglichkeiten transparenter gemacht und potenzielle Anwendungen für die Wirtschaft aufbereitet werden. Die Wirtschaft bzw. die

Industrie sind gefordert, diese Anwendungspotenziale zu erkennen und sich stärker für Forschungs- und Entwicklungsergebnisse zu interessieren. Wir als die Vertreter der Politik können schließlich das systematische Zusammenwirken der Akteure im Innovationsprozess durch zielführende Fördermittel und vor allem durch den adäquaten Einsatz von Förderinstrumenten unterstützen. Das Etablieren von Normen und Standards ist hierbei der Schlüssel.

(Unruhe im Saal)

Herr Meyer, Sie entschuldigen mal bitte. Es liegt nicht an Ihnen, aber es sind insbesondere Ihre Kollegen, die nicht bei Ihnen sind.

Das enttäuscht mich natürlich sehr, aber sie haben sicherlich meinen Ausführungen gelauscht und parallel noch die Folge der Enquete-Kommission beraten.

Das denken Sie?

(Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Zwar existiert bereits eine Reihe von sinnvollen und positiv zu bewertenden Förderinstrumenten und -mitteln in Deutschland, jedoch werden diese meist noch zu einseitig von wenigen Akteursgruppen aktiv angewendet, da sie zum Teil noch zu unflexibel hinsichtlich der Beantragung und manchen zentralen Akteuren schwer zugänglich oder sogar unbekannt sind.

Der 1. Sächsische Technologiebericht empfiehlt hierfür folgende Maßnahmen: Vor dem Hintergrund des besonders Sachsen stark treffenden demografischen Wandels und des technologischen Wandels muss die Qualifikation gegenwärtiger und künftiger Erwerbspersonen weiter verbessert werden.

Der beträchtlichen Abwanderung von Absolventen, insbesondere in den technischen Disziplinen, gilt es entgegenzuwirken. Der Freistaat Sachsen ist nicht nur eine schöne Heimat, sondern auch eine mit viel Perspektive und viel Potenzial. Die Erhöhung der Innovationsbeteiligung vor allem kleiner und mittlerer Unternehmen könnte durch eine Verbesserung der Kapital- und Personalausstattung sowie der Absorptionsfähigkeit der Unternehmen für externes Know-how erfolgen. Die Zusammenarbeit mit den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die Gründung innovativer Unternehmen sowie von Netzwerken – auf Neudeutsch Networking – müssen forciert werden.

An diesen Punkten setzt unser gemeinsamer Antrag an, und ich freue mich schon jetzt auf die in den Ausführungen deutlich gewordene breite Unterstützung des Hohen Hauses. Der Freistaat Sachsen ist gut, aber wir wollen noch besser werden. Das sollte unser aller Anspruch sein. Ich bin überzeugt, dass wir über die notwendigen Potenziale verfügen und diese entfalten werden.

Ich bitte Sie daher um Ihre Zustimmung zum Antrag der CDU, der FDP und der SPD.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP und der Staatsregierung)

Vielen Dank, Herr Meyer. – Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen vonseiten der Fraktionen? – Die Staatsregierung hat mitgeteilt, dass sie das Wort nicht wünscht. Das bleibt dabei. Damit kommen wir zum Schlusswort. Herr Prof. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einige wenige Worte zum Schluss: Herr Dulig, es freut mich sehr, dass Ihre Fraktion Mitantragsteller des Antrages zur EnqueteKommission ist. Auf einige Ihrer Bemerkungen möchte ich eingehen.

Erstens hatten Sie die fehlende FuE-Basis, insbesondere von kleinen und mittelständischen Unternehmen, im Freistaat Sachsen angesprochen. Dessen ist sich die Koalition bewusst. Vor nicht allzu langer Zeit haben wir die Inno-Prämie mit auf den Weg gebracht, um in dieser Richtung zu helfen, die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten in kleinen Handwerksunternehmen und kleinen und mittelständischen Unternehmen aufzubauen.

Zweitens sprachen Sie das Thema Technologietransfer zwischen Hochschulen, Fachhochschulen, Universitäten und kleinen und mittelständischen Unternehmen an. Das ist genau ein Punkt, zu dem ich mir Antworten von der Enquete-Kommission erhoffe: dass sie Vorschläge unterbreitet, wie wir den Technologietransfer von den exzellenten Bildungseinrichtungen im Freistaat Sachsen hin zu anwendungsbereiten Produkten in Sachsen umsetzen können. Ich hoffe, dass wir konkrete Vorschläge für politisches Handeln bekommen.

Drittens sprachen Sie das Zusammenlegen der Technologieförderung aus dem SMWA hin in das Wissenschafts- und Kunstministerium an. Die Vereinigung mit der Forschungs- und Entwicklungsförderung halte ich für sehr gut. Damit bekommen wir die Leistungen für unsere mittelständischen Unternehmen aus einem Haus. Das war eine absolut richtige Entscheidung.

Frau Dr. Pinka, Sie haben bemängelt – – Ich sehe Sie jetzt gar nicht. – Doch, Sie sind noch da.

(Heiterkeit der Abg. Dr. Jana Pinka, Linksfraktion)

Sie hatten die kurze Laufzeit der Enquete-Kommission bis 30. Juni 2012 bemängelt. Ich denke, die Laufzeit ist von den antragstellenden Fraktionen sehr richtig gewählt worden; denn wir wollen die entsprechenden Vorschläge der Enquete-Kommission in den darauffolgenden Jahren der Legislaturperiode noch umsetzen. Wir wollen nicht nur Hochglanzpapier haben, sondern es gilt, die Vorschläge der Enquete-Kommission in konkretes Regierungshandeln und Handeln des Parlamentes umzusetzen.

Ansonsten kann ich nur noch einmal für den Antrag der Fraktionen CDU, SPD und FDP werben und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP, der CDU, und der SPD)

Vielen Dank, Herr Schmalfuß. – Die Aussprache ist damit beendet. Wir kommen zur Abstimmung. Bevor es um den in Rede stehenden Antrag geht, liegt zunächst ein Änderungsantrag der Fraktion der NPD, Drucksache 5/3762, vor. Herr Storr, haben Sie ihn bereits eingebracht oder wollen Sie ihn noch einbringen?

(Andreas Storr, NPD: Ich will ihn einbringen!)

Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion hat den vorliegenden Änderungsantrag eingebracht, weil wir der Auffassung sind, dass sich Technologiepolitik nicht nur in Förderpolitik erschöpfen kann, sondern dass diese nur eine der Rahmenbedingungen ist und um einige andere thematische Punkte ergänzt werden muss, die wir hier aufgeführt haben.

Wir sehen das Problem, dass sich die Innovationsvorsprünge verkürzen. Damit ist die Fragestellung verbunden, wie sich das in der Exportwirtschaft insgesamt in der Zukunft auswirken wird; ob die Fixierung von Technologiepolitik auf die Exportwirtschaft überhaupt die richtige ist, und der Zusammenhang von Demografie und Innovationsfähigkeit. Wir sind der Meinung, dass mit der demografischen Entwicklung unseres Volkes auch die Innovationsfähigkeit gefährdet ist. Hierzu müssen Gegenstrategien entwickelt werden.

Wir sind der Meinung, dass es heute in Sachsen durchaus Versäumnisse in der Bildungspolitik gibt. Es gibt Schüler, die sächsische Schulen verlassen, bei denen Grundfertigkeiten wie Schreiben, Lesen, Rechnen nicht so gut entwickelt sind, um beispielsweise eine Ausbildung erfolgreich absolvieren zu können. Auch über daraus resultierende Lücken im Fachkräfteangebot sollte diskutiert werden. Wir sind der Meinung, dass viel stärker untersucht und eine Strategie entwickelt werden muss, wie vor allem die Binnenwirtschaft mit Technologieförderung gestärkt werden kann und wie wir die Wertschöpfungsprozesse in unserem eigenen Land stärken können. Diese Fragestellungen halten wir für sehr wesentlich.

Noch eine abschließende Bemerkung: Technologiepolitik ist kein Selbstzweck. Die Technologiepolitik darf nicht nur darauf gerichtet sein, dass sie Wachstum generiert. Richtigerweise wurde gesagt: Innovation kann sich auch so auswirken, dass damit möglicherweise Beschäftigung abgebaut wird, weil Maschinen den Menschen als Arbeitskraft noch viel stärker ersetzen. Insofern halten wir es für notwendig, dass wir als Ziel formulieren: Statt „imagebildend“ – was für mich ein wenig nach Marketing-Schnickschnack klingt – sollten wir als Ziel „beschäftigungssichernd“ und „beschäftigungsfördernd“

einfügen. Das sind die Anliegen des Änderungsantrages der NPD-Fraktion. Ich bitte um Zustimmung.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Der Antrag ist eingebracht. Gibt es Wortmeldungen? – Herr Meyer, vom Saalmikrofon 7 aus; bitte.

Nach den Ausführungen von Herrn Storr möchte ich nur feststellen, dass er unseren Antrag entweder nicht gelesen oder nicht verstanden hat – oder beides.

(Jürgen Gansel, NPD: Er ist einfach unzureichend!)

Es ist nicht so, dass wir die Themen nicht aufgreifen, sondern wir haben aus den Ausführungen aller Redner, die dazu hier gesprochen haben, die integrative Sicht auf das Thema Technologie- und Innovationspolitik gehört. Natürlich beinhaltet das auch die Beschäftigung. Aus unserer Sicht ist das keine wesentliche Erweiterung, was die NPD vorschlägt. Dies ist in unserem Antrag enthalten. Wir wollen Markterfolge in Sachsen. Markterfolge sind letztlich durch Arbeitskräfte zu verzeichnen, sodass diese Erweiterung aus unserer Sicht keinen Sinn macht. Die Beschränkung auf den binnenkonjunkturellen Fokus erklärt wiederum die beschränkte Sicht der NPDFraktion.

(Volker Bandmann, CDU: Beschränktheit!)

Wir leben nun mal in einer Welt, in der es nicht nur darum geht, dass Sachsen in Sachsen denkt, sondern wir müssen etwas weiter schauen. Insbesondere Innovationszyklen sind weltweit zu betrachten. Technologietransfer ist weltweit, Forschung und Entwicklung sind weltweit. Deshalb ist dieser Binnenfokus hier völlig fehl am Platz und wir werden diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Weitere Wortmeldungen kann ich nicht sehen. Damit lasse ich über den Änderungsantrag, Drucksache 5/3762, abstimmen. Ich bitte um die Dafür-Stimmen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dafür und keinen Stimmenthaltungen ist dem Antrag mit großer Mehrheit nicht entsprochen worden.

Ich stelle den Antrag mit der Drucksachennummer 5/3683 zur Abstimmung. Ich bitte um die Dafür-Stimmen. – Danke sehr. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei zahlreichen Stimmenthaltungen ist dem Antrag mit großer Mehrheit zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren! Die Drucksache 5/3683 ist damit beschlossen und die Enquete-Kommission eingesetzt.