Protokoll der Sitzung vom 29.09.2010

Dem war also nicht so. Gut.

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Frau Abg. Jähnigen, bitte.

Ich möchte kurz unser Abstimmungsverhalten begründen. Wir sehen in dem Antrag einiges Richtiges. Es wäre sicherlich noch darüber zu reden, ob die Polizei jetzt schon eine Bürgerpolizei ist; da sehen wir Reformbedarf. Aber wir erkennen in dem Antrag auch Punkte, auf die wir uns jetzt noch nicht festlegen wollen, mit richtigen Ansätzen. Wir werden uns deshalb der Stimme enthalten.

Vielen Dank. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Ich kann keine erkennen.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte um die Dafürstimmen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei zahlreichen Stimmenthaltungen und Stimmen dafür hat dieser Entschließungsantrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.

Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunk 6

Einsetzung der Enquete-Kommission „Strategien für eine zukunftsorientierte Technologie- und Innovationspolitik im Freistaat Sachsen“

Drucksache 5/3683, Antrag der Fraktionen der CDU, der FDP und der SPD

Hierzu können die Fraktionen in folgender Reihenfolge Stellung nehmen: Zunächst die einreichenden Fraktionen, dann DIE LINKE, GRÜNE und NPD.

Ich frage zunächst die einreichenden Fraktionen: Wer möchte beginnen? – Herr Prof. Dr. Schneider, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der aus dem Französischen stammende Name „Enquete“ meint Untersuchung. Im engeren Wortsinne bezeichnet das Wort „Enquete“ die vorherige Prüfung aller Verhältnisse und Gegebenheiten, die sodann – ich sehe die Zustimmung von Herrn Kollegen Jurk – in einem gesetzgeberischen Verfahren geordnet werden sollte. Der Begriff stammt ursprünglich aus dem Lateinischen von inquirere für die Worte nachforschen, prüfen und suchen.

Eine Enquete-Kommission in diesem Sinne ist eine von uns als Landtag eingesetzte, überfraktionelle Arbeitsgruppe. Sie wird die Aufgabe haben, langfristige Fragestellungen zu lösen, in denen hier im thematischen Zusammenhang technologische innovative Politik im Zentrum steht. In der Enquete-Kommission sollen gemeinsame Positionen erarbeitet werden. Ziel ist es, bei Problemen zu einer Lösung zu kommen, die von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung getragen wird. Damit sind wir gerade auch bei denjenigen Teilen, die sich nicht durch die jeweiligen Mehrheitsverhältnisse vertreten fühlen. So gesehen, meine Damen und Herren, verfolgt eine Enquete-Kommission Gemeinwohl gerade im besten Sinne. Ich freue mich außerordentlich darüber, dass es uns gelungen ist, eine in der Tat überfraktionelle Enquete auf den Weg zu bringen, zu der auch die Kolleginnen und Kollegen der SPD mit beigetragen haben. – Herzlichen Dank.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit bin ich beim Einsetzungsantrag, den wir gemeinsam als CDUFraktion, FDP-Fraktion und SPD-Fraktion Ihnen heute im Plenum zur Abstimmung vorstellen. Innovationen sind in einer modernen Volkswirtschaft die wesentliche Voraussetzung für ein dauerhaft hohes Wohlstandsniveau. Es geht nicht zuletzt um die Sicherung eines hohen Beschäftigungsgrades. Innovationen stehen im Regelfall am Ende eines langjährigen Prozesses, der die Bildung von Humankapital, die Schaffung neuen technologischen Wissens durch Forschung und Entwicklung und nicht zuletzt die Nutzung dieses Wissens in der Produktion umfasst.

Meine Damen und Herren! Wir sind stolz darauf, dass der Freistaat Sachsen heute zu den technologisch führenden Regionen in Europa gehört.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der SPD)

Der Freistaat Sachsen ist ein leistungsfähiger Innovations- und Technologiestandort in 20 Jahren gemeinsamer Arbeit geworden. Wir stehen bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung, Frau Staatsministerin von Schorlemer, an der Spitze der ostdeutschen Länder und wir stehen damit gerade auch über dem Bundesdurchschnitt. Darauf können wir mit Recht stolz sein.

Beispiele: Landeshauptstadt Dresden – sie ist Europas größter Standort der Mikroelektronik, nicht nur mit Chipfabriken, sondern auch mit beträchtlichen Entwicklungskapazitäten und innovativen Zulieferern. Ich erinnere an wirtschaftlich prosperierende Regionen in Sachsen. Ich nenne beispielsweise Standorte wie den Technologiestandort Freiberg. Ich nenne aber auch die Region Chemnitz mit dem Erzgebirge und die Region Chemnitz einschließlich des westsächsischen Raumes.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der SPD)

Doch zunehmend sehen wir uns im internationalen Wettbewerb, meine Damen und Herren, einer wachsenden Zahl von Mitbewerbern ausgesetzt. Ich sage nicht Konkurrenten. Es sind Mitbewerber. Wettbewerb ist legitim. Innovationszyklen werden kürzer. Der damit verbundene Wettbewerbsdruck hat sich mit anderen Worten ganz erheblich verschärft.

Es kommt ein weiteres Argument dazu. Bekanntlich wird im Jahr 2013 die Strukturförderperiode auslaufen. Bekanntlich müssen aus dieser Sicht heraus auch die Strukturen der Technologieförderung neu justiert und neu ausgerichtet werden. Der Technologiestandort Sachsen – das ist dann die wesentliche Folgerung – muss auf lange Sicht eigene Kraft entwickeln. Er muss auf lange Sicht aus eigener Kraft entwicklungsfähig sein, teilweise ohne, aber auch gerade außerhalb von Subventionen, die aus der Europäischen Union kommen. Um den Anschluss an führende OECD-Staaten nicht zu verlieren und mit anderen Worten wettbewerbsfähig zu bleiben, sind Forschung, Entwicklung und Innovation für uns essenziell und umso wichtiger.

Ein weiterer Gedanke, der von der gesamtgesellschaftlichen Sicht kommt, ist der, der dann auf die einzelnen Unternehmen schaut, in denen sich freiheitliche unternehmerische Tätigkeit ausdrückt. Unternehmen, die in Forschung und Entwicklung investieren, meine Damen und Herren, weisen eine außerordentlich hohe Wertschöpfung aus. Sie generieren Beschäftigung und Wachstum. Sie bringen unsere Wirtschaft und damit vor allem und nicht zuletzt Arbeitsplätze voran.

Meine Damen und Herren! Unternehmen, die innovativ sind, meistern die globalen Herausforderungen nachhaltig. Damit ist deutlich – das ist der Kern dieser Aussage –: Investition in die Forschung ist Investition in unsere Zukunft.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um diese Zukunft zu sichern, wird die Enquete-Kommission Strategien für eine zukunftsorientierte Technologie- und Innovationspolitik im Freistaat Sachsen aufzeigen, wie im Verbund aus Wirtschaft, Hochschulen und Forschung im Freistaat Sachsen die technologische und innovative Leistungsfähigkeit und damit Wettbewerbsfähigkeit unserer sächsischen Unternehmen weiter verbessert werden kann. Das ist der Kern des Auftrages. Diese Frage muss in der Zukunft weiter vorangetrieben werden. Dazu dient der Kern der Enquete. Dabei sind alle vorgelagerten Stufen des Innovationsprozesses im gleichen Maße zu berücksichtigen, vom Bildungssystem, also Querschnittsaufgabe, über die Forschung und Entwicklung bis hin zur Umsetzung von Innovationsergebnissen in marktfähige Produkte und kostensenkende Verfahren. Dafür müssen aus unserer Sicht die folgenden fünf Fragestellungen erörtert werden.

Erstens: Wie kann die Politik des Freistaates Sachsen unseren sächsischen Unternehmen auch künftig Impulse für Innovation geben?

Zweitens: Wie kann der Wissenschafts- und Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Anwendung verbessert werden und kann sich damit die sächsische Wirtschaft durch Innovation im Wettbewerb nachhaltig positionieren?

Drittens: Wie kann die Grundlagenforschung an den Hochschulen und an unseren exzellenten außeruniversitären Forschungseinrichtungen weiterentwickelt werden und wie können diese Einrichtungen in einer kooperierenden sächsischen Forschungslandschaft den gesamten Innovationsstandort Sachsen stärken?

Viertens: Wie ist der Technologiestandort Sachsen weiterzuentwickeln, also wie können wir hier gemeinsam Vermarktung und Fachkräftegewinnung zur Förderung verbessern, um Wachstum zu stärken und Innovationsfähigkeit zu generieren? Das schließt ein, der Abwanderung von jungen Fachkräften entgegenzuwirken und Entwicklungsperspektiven für den Nachwuchs zu schaffen. Es geht eben nicht nur darum, dass wir die Bitte äußern: Bleibt hier, verlasst uns nicht!, sondern dass wir sagen:

Wir bieten hier exzellente Ausgangsbedingungen! Das ist für euch im internationalen und auch im nationalen Wettbewerb der richtige Standort!

Fünftens: Wie können wir die richtigen Rahmenbedingungen für ein Umfeld weiterentwickeln, damit Unternehmertum und Innovation gefördert werden und damit auch – ich sage das sehr bewusst – regulatorische, regulative bürokratische Hemmnisse und Mechanismen keine Hürden mehr darstellen?

Meine Damen und Herren! Dies soll die EnqueteKommission behandeln. Sie soll uns – dem Sächsischen Landtag – bis zum Sommer 2012 einen abschließenden Bericht mit konkreten Handlungsempfehlungen vorlegen. Ich wiederhole es noch einmal: Was kommt unserem Land zugute?

Meine Damen und Herren! Das Jahr 2012 haben die drei einreichenden Fraktionen sehr bewusst gewählt. Es handelt sich um ein ambitioniertes Ziel. Wir wollen gemeinsam an die Arbeit gehen und uns künftig in einem innovativen und wesentlichen Bereich politisch engagieren.

Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit den Abgeordneten des Sächsischen Landtages in der Enquete-Kommission. Ich freue mich auf die gemeinsame Arbeit mit den zu berufenden Experten.

Ich bitte herzlich um die Zustimmung zum vorliegenden Antrag der drei Fraktionen, der CDU, FDP und SPD.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Das war Prof. Dr. Schneider. Er sprach für die Fraktion der CDU. – Nun ist die SPD an der Reihe. Herr Abg. Dulig, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun haben wir erst einmal wieder die richtige Rangordnung hergestellt.

Wir haben gemeinsam einen Antrag gestellt. Viele hat es gewundert. Ein solches Thema, bei dem es um die Zukunft des Landes geht, überlassen wir keiner Mehrheit oder einzelnen Fraktionen, sondern es heißt: gemeinsam arbeiten.

Es sei mir aber an dieser Stelle die Seitenbemerkung erlaubt: Bei wirklich wichtigen Themen, die uns alle beschäftigen, sollten wir an einem Strang ziehen und parteiübergreifend zusammenarbeiten. Es darf sich nicht nur in der gemeinsamen Antragstellung widerspiegeln. Seien Sie auch konsequent, wenn es um wichtige und gute Anträge der Opposition geht. Stimmen Sie diesen auch zu.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion)

Wir alle stehen vor der Herausforderung, Arbeitsplätze in unserem Land zu sichern und neue zu schaffen. Es geht nicht darum, einen Status quo zu erhalten. Es geht nicht darum, zu sagen: Wir in Ostdeutschland sind als Industrieland noch an der Spitze und hoffen, dass das auch so bleibt.

Wir haben – trotz der Koalition und des amtierenden Wirtschaftsministers – eine hervorragende Industriestruktur in Sachsen. Wir müssen uns in einen europäischen Maßstab einbringen und eine Region entwickeln, die vor ein paar Jahren noch – in Bezug auf Gesamtdeutschland – auf der Kippe stand. Wir müssen uns zu einer Wirtschaftsregion entwickeln, die ein Alleinstellungsmerkmal und ein Innovationspotenzial hat, das Ostdeutschland insgesamt hervorbringen kann.

Die aktuelle Situation sieht folgendermaßen aus: 2,5 % des sächsischen Bruttoinlandsproduktes wird für Forschung und Entwicklung genutzt. In Ostdeutschland stehen wir an der Spitze. Im gesamtdeutschen Maßstab befinden wir uns im Mittelfeld. Darauf können wir uns aber nicht ausruhen. Vor den Herausforderungen der Zeit stehen nämlich alle Bundesländer. Deshalb müssen wir überprüfen, wohin wir uns entwickeln können. Welches Potenzial haben wir und worauf können wir aufbauen? Welche Probleme bestehen?

Ich möchte auf zwei Probleme aufmerksam machen. Ein großes Problem ist die fehlende Forschung und Entwicklung in den Unternehmen selbst. Wir haben eine gute Unternehmenslandschaft. Die wenigsten – gerade mittelständische – Unternehmen aber sind in der Lage, eine eigene Forschung und Entwicklungsabteilung bereitzuhalten.

Nun kommen wir zu einem zweiten Problem: Wir müssen an den Universitäts- und Hochschulstandorten ein forschungsintensives und finanzstarkes unternehmerisches Umfeld schaffen. Was nützt es uns, eine gute Wissenschaft zu haben, wenn es uns aber nicht gelingt, daraus Produkte, Arbeitsplätze und Perspektiven zu schaffen. Das sind die zwei großen Herausforderungen, vor denen wir in Sachsen stehen.

Es geht um die Frage, wie wir Wachstum für unsere Region organisieren können. Ich meine natürlich keinen pervertierten Begriff von Wachstum, der uns in den letzten Jahren an den Rand der politischen Handlungsfähigkeit gebracht hat. Es geht um einen Wachstumsbegriff, der mit der Kategorie nachhaltiges Wachsen verbunden sein muss.