Protokoll der Sitzung vom 29.09.2010

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Selbstverständlich.

Herr Bartl, bitte.

Danke, Herr Staatsminister. – Herr Staatsminister, können Sie sich vorstellen, dass ebendiese relativ günstige Kriminalitätsbelastungsquote, dieses Gefühl einer hohen persönlichen Sicherheit mit der Präsenz der Polizei in der Fläche und mit den momentanen Personalstellenbesetzungen zu tun hat und dass das anders werden kann, wenn wir so flagrant weitgehend kürzen?

Ich kann mir vorstellen, dass die Sicherheit im Lande natürlich mit der Reaktion der Polizei auf die jeweiligen Anforderungen zu tun hat und dass es in der Vergangenheit vernünftig war, Strukturen und Organisationen anzupassen; und ich halte es auch für vernünftig, dies in der Zukunft weiter zu tun.

Gestatten Sie noch eine Nachfrage?

Selbstverständlich.

Bitte sehr.

Herr Staatsminister, hat die Staatsregierung Erkenntnisse zum Kriminallagebild, zum sonstigen polizeilichen Lagebild und dergleichen mehr, die Anlass sein könnten zu sagen, wir können die Präsenz der Polizei in der Fläche, die Zahl der Reviere etc. verringern, und wenn ja, welche?

Sie kennen die polizeiliche Kriminalstatistik, Sie kennen die Strukturen und Sie wissen, dass wir derzeit bei der Erarbeitung des Projektes „Polizei Sachsen 2020“ diese Fragen noch einmal tiefgründig analysieren und entsprechend Antworten auf diese Fragen geben werden.

Danke.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen, dass ich kein Verständnis für die Art und Weise, die derzeit teilweise in dieser Debatte herrscht, habe.

Frau Friedel, Sie haben so schön gesagt, in der Übertreibung liegt die Anschaulichkeit. Ich möchte aber an dieser Stelle sagen: Das Thema Polizei und innere Sicherheit ist nicht geeignet, um solche Themen übertrieben zu diskutieren und mit der Angst und der Sorge der Menschen zu spielen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Denn diese Art und Weise des Umgangs ist nicht das notwendige Verhalten, um die anstehenden Anpassungen und die erforderliche Modernisierung vorzunehmen. Alles, was derzeit angelegt ist, dient ja gerade dazu, dass wir im Bereich der inneren Sicherheit nicht mehr, wie bisher, von Haushaltsplan zu Haushaltsplan hecheln müssen, sondern dass wir langfristige Klarheit und Planungssicherheit bekommen.

Zu den von Ihnen regelmäßig angesprochenen Entscheidungen aus dem Jahr 2006 möchte ich Folgendes sagen: Bei den 2 441 Stellen, von denen schon ein Teil abgebaut worden ist, bin ich sehr froh, dass es in den Verhandlungen gelungen ist, diese Entscheidung bis zum Jahr 2019 zu strecken. Das ist dadurch möglich geworden, dass 300 Beamtinnen und Beamte regelmäßig – nicht nur für diese Legislaturperiode, sondern über den gesamten Zeitraum – diesen Prozess begleiten und somit sichergestellt ist, dass junge Kolleginnen und Kollegen kontinuierlich in den Polizeidienst hineinkommen.

Es ist richtig, dass die kw-Vermerke im Haushaltsplan ausgebracht worden sind. Das führt nämlich dazu, dass der „Staubsaugervermerk“, der bisher auch im Bereich der Polizei zugrunde gelegt wurde, entfällt. Damit ist über einen langen Zeitraum innerhalb der Polizei Planungssicherheit gegeben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Staatsminister, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage zu?

Ja, bitte.

Frau Abg. Friedel, bitte.

Vielen Dank. – Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass die 300 Neueinstellungen bereits

mit dem Haushalt 2006 und damit weit vor dem CDU/FDP-Koalitionsvertrag beschlossen worden sind?

(Volker Bandmann, CDU: Aber nur für die Jahre 2011 und 2012!)

Die 300 Neueinstellungen sind also nichts Neues.

Frau Friedel, ich sage gern noch einmal, was neu ist: Die 300 neuen Stellen sind nicht nur Teil einer haushaltsbezogenen Betrachtung, sondern werden – im Interesse der Planungssicherheit sowohl für die Polizei insgesamt als auch für die einzelnen Kolleginnen und Kollegen – zukünftig der gesamten Personalentwicklung zugrunde gelegt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Ausgangszahlen sind mehrfach genannt worden. Aber es ist wichtig, sich auch in der anstehenden Debatte klarzumachen, worum es geht: Derzeit kommt in Sachsen ein Polizist auf 359 Einwohner. Von den Vorrednern sind die Durchschnittszahlen angesprochen worden. Dazu stelle ich fest: Im Durchschnitt der Flächenländer West kommt ein Polizist auf 433 Einwohner. Völlig zu Recht ist darauf hingewiesen worden, dass die Situation in den Ostländern Brandenburg, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern teilweise noch anders ist. Aber die Entscheidungen sind dort entweder bereits ergangen oder die Diskussionen über den notwendigen Anpassungsprozess sind am Laufen. Aus diesem Grund ist es völlig in Ordnung, dass die langfristige Ausrichtung an der Durchschnittszahl der Flächenländer West gefordert worden ist. Es wurde auch gefragt, ob der Durchschnitt der richtige Maßstab sei. Sie können sich jedes einzelne Flächenland der Bundesrepublik West anschauen und werden feststellen, dass diese Aussage auch für jedes einzelne Flächenland zutrifft.

Herr Staatsminister, Sie sind sehr begehrt. Lassen Sie eine weitere Zwischenfrage zu?

Ja, bitte.

Frau Abg. Jähnigen, bitte.

Herr Staatsminister, die durchschnittliche Pro-Kopf-Stärke der Polizei pro Einwohner ist nur ein statistisches Kriterium. Das andere sind die Einsatzzeiten, die Vor-Ort-Zeiten in der Fläche des Landes. Ich habe Sie in der letzten Debatte dazu gefragt, ob Sie für Einsatzstandards, zum Beispiel die Festlegung von Standardzeiten, sind. Sie haben damals vorsichtig Ja gesagt. Das ist als positives Signal aufgenommen worden, auch in der Polizei. Ich frage Sie heute noch einmal: Sind Sie dafür, dass wir Standards für bestimmte Einsatzfälle in der Fläche des Landes festlegen? Wenn ja, wie soll das geschehen?

Dass ich für Standards bin und dass wir den Menschen sagen, wie die

öffentliche Sicherheit und Ordnung zukünftig gewährleistet wird, habe ich beim letzten Mal erklärt, und das erkläre ich auch hier. Wie das geschehen soll, Frau Jähnigen, werde ich Ihnen darlegen, wenn das Konzept, das ich Ihnen für das IV. Quartal zugesagt habe, vorliegt. Darin werden auch Aussagen dazu enthalten sein.

Damit bin ich bei einem Thema, das ich gern vertiefen möchte. Von den Rednern der Opposition ist behauptet worden, die Kolleginnen und Kollegen würden zu wenig einbezogen, und es wurde die Frage aufgeworfen, warum denn Experten dabei seien. Das Projekt ist in neun Teilprojekte gegliedert und läuft. Niemand hat seine Arbeit eingestellt, weil es nichts mehr zu tun gäbe, sondern zu den Teilprojekten sind die Ergebnisse bereits vorgelegt worden. Diese sind die Grundlage für die Expertengruppe, die Vorschläge unterbreiten soll, wie unter Beachtung der Ausgangsbedingungen die zukünftigen Aufgaben, die Struktur und die Organisation der sächsischen Polizei aussehen könnten. Es ist mehr als vernünftig, dass der interne Sachverstand mit dem Wissen von Externen zusammengebracht wird. Im Rahmen dieses Zusammenwirkens können Vorschläge erarbeitet werden, über die dann diskutiert werden kann – aber erst dann und nicht schon zu einer Zeit, da irgendjemand meint, er habe Informationen und solle mit diesen an die Presse und damit an die Öffentlichkeit gehen. Ein solches Vorgehen trägt nur zu Verunsicherung bei, nicht aber dazu, dass eine gezielte Auseinandersetzung über die Frage geführt wird, wie zum Wohle der Menschen und zur Bewahrung der inneren Sicherheit im Freistaat Sachsen beigetragen werden kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Am Ende des Prozesses wird die sächsische Polizei immer noch über 11 000 Bedienstete haben. Vorhin ist ein Rechenbeispiel vorgetragen worden. Ich sage an dieser Stelle deutlich: Wie die Verteilung zwischen dem Vollzug, den Stäben und denjenigen, die in der Verwaltung tätig sind, genau aussehen wird – dazu Vorschläge zu unterbreiten ist Teil dessen, was ich den Experten aufgetragen habe. Wenn die Vorschläge vorliegen, werden wir sie uns anschauen. Ich halte es nicht für sinnvoll, über diese Punkte schon im jetzigen Stadium zu diskutieren.

Ich möchte ferner zum Ausdruck bringen, dass die Zahl, die am Ende des Prozesses im Jahr 2022 steht – sie ist schon genannt worden –, immer noch über dem Durchschnitt der Flächenländer West liegt. Das hängt vor allem damit zusammen, dass in der Diskussion die sächsischen Besonderheiten, insbesondere die über 500 Kilometer lange Außengrenze, berücksichtigt worden sind und weiterhin berücksichtigt werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Lassen Sie mich abschließend sagen: Ich möchte eine Polizei, die weiter für die Menschen im Freistaat zur Verfügung steht. Ich möchte eine Polizei, die langfristige Planungssicherheit hat. Ich möchte eine Polizei, die sich auf einen kontinuierlichen Einstellungskorridor von

300 jungen Leuten einstellen kann. Ich möchte eine Polizei, die Technik und Ausstattung hat und nicht von den Entscheidungen über den jeweiligen Haushaltsplan abhängig ist. Ich bin mir sicher, dass wir auch damit die Sicherheit für die Menschen im Freistaat Sachsen langfristig gewährleisten.

Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister! – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Somit ist die Aussprache zu der Großen Anfrage „Die sächsische Landespolizei – Im Jahre 2010 auf der Höhe ihrer Aufgaben?“, eingereicht von der Fraktion DIE LINKE, beendet.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt schließen kann, kommen wir noch zur Abstimmung über Entschließungsanträge.

Zunächst liegt mir der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 5/3760 vor. Frau Friedel, Sie haben den Antrag bereits eingebracht. Herr Hartmann hat schon dazu gesprochen. Gibt es noch Wortmeldungen zu dem Antrag? – Das ist nicht der Fall. Ich bitte um die Dafürstimmen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür hat der Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.

Jetzt stimmen wir über den Entschließungsantrag in der Drucksache 5/3765 ab. Er ist bereits eingebracht worden. Ich frage Sie, Herr Gebhardt. – Herr Hartmann hat schon seine Ablehnung begründet, wenngleich ich verstanden

habe, dass er mit einigen Punkten mitgehen könnte. Oder habe ich mich da verhört?

(Heiterkeit – Christian Hartmann, CDU, schüttelt den Kopf – Volker Bandmann, CDU: Da haben Sie etwas falsch aufgefasst! – Christian Piwarz, CDU: Da war der Wunsch Vater des Gedankens!)