Wir halten es für untragbar, dass auf Notrufe bis zum Eintreffen der Polizei mehr als 40 Minuten vergingen bzw. ein Einsatz mangels Kapazitäten nicht erfolgte – und da ging es um Gefahr für Leib und Leben!
Eine Aufstellung über Vor-Ort-Zeiten halten wir für essenziell, um Präsenz- und Standortfragen in den Basisdienstleistungen angemessen, sicherheitsgewährleistend festlegen zu können. Darüber müssen sich das Parlament und die Regierung Gedanken machen. Wir setzen dabei auf Dienstleistungsorientierung und Bürgernähe und nicht auf ein obrigkeitsfixiertes Law-and-Order-Denken.
Drittens: die Ausdünnung der Polizei in der Fläche, Struktur der Basisdienststellen. Wir kennen die Gerüchte der auf der Basis an die Polizeipräsidenten verschickten Entwürfe aus dem Innenministerium. Bisher hat die Staatsregierung bei solchen Reformen immer auf Zentralisierung gesetzt. Deshalb halten wir diese Gerüchte auch für sehr glaubhaft. Aber kommt man so zu Einsparungen? Wird es so effektiver? Kann so mit weniger Personal die Sicherheit gewährleistet werden? Ein Beispiel, die Zahlen sind aus meiner Kleinen Anfrage.
Das Polizeirevier Weißwasser arbeitet mit einer Sollstärke von 95, ist real aber mit nur 88 Bediensteten, davon drei Bürgerpolizisten besetzt. Ganze drei Bedienstete sichern jetzt schon den Polizeiposten Bad Muskau Montag bis Freitag von 9 bis 16 Uhr ab und den Polizeiposten Boxberg Dienstag und Donnerstag von 16 bis 18 Uhr. Für Präventionen bleiben dabei gerade einmal 2 % der Arbeitsstunden. Wie soll sich die Situation verbessern, wenn der Revierverbund größer wird und damit auch längere Anfahrtswege entstehen? Da fällt Prävention automatisch weg – kalter Aufgabenwegfall aus Arbeitskraftnot! Diese Diskussion muss hier geführt werden.
Viertens: Polizeiausbildung und Arbeitsbedingungen. Die Zahlen zur Teilnahme an den Fortbildungen zur interkulturellen Kompetenz und den Sprachkursen für Polnisch und Tschechisch sind erschreckend niedrig. Das ist dringend, und ohne eine breite interkulturelle Öffnung der Polizei gerade in Sachsen ist Kriminalpolitik und Prävention wirklich nicht zu machen. Dringend und gründlich eruiert werden müssen aber auch die Arbeitsbedingungen der Polizeibediensteten. Wir haben dazu einen Antrag im Zusammenhang mit dem Thema Gewalt gegen Polizisten eingebracht und eine Anhörung im Innenausschuss beantragt.
Auch hier hat die Regierung bei Weitem nicht ihre Hausaufgaben gemacht, und die wären nicht vom Stellenplan und von den Haushaltsberatungen abhängig. Das ist die große Aufgabe, Herr Innenminister, die Sie sehr schnell lösen müssen. Die Polizei muss interkulturell, kompetent und für präventives Arbeiten in den Verhältnissen des 21. Jahrhunderts ausgebildet werden. Nur so schaffen wir die Voraussetzung für eine moderne bürgernahe Polizei, und nur so haben wir motivierte Polizeivollzugsdienste.
Fazit aus Sicht der GRÜNEN-Fraktion: Bei der Baugrube Polizeireform darf es nicht bleiben. Wenn die Staatsregie
rung ihre Hausaufgaben allerdings nicht sehr zügig angeht, droht der Automatismus des planlosen Stellenabbaus die Baugrube zu einer schlimmen und finsteren Bauruine zu machen. Das wollen wir Sachsen ersparen.
Meine Damen und Herren! Das war Frau Jähnigen für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die NPD ist an der Reihe. Herr Abg. Storr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Offenbar existieren zwei gegensätzliche Sichtweisen darüber, wie gut oder wie schlecht die Polizei im Freistaat aufgestellt ist. Die Staatsregierung sieht sich auf einem guten Weg, der Stellenabbau bei der sächsischen Polizei werde in den nächsten Jahren durch organisatorische Effizienzsteigerung ausgeglichen werden. Die sächsische Polizei sei gut aufgestellt, so die zweckoptimistische Behauptung des Innenministeriums.
Ganz anders beurteilen die Lage der Landespolizei viele sächsische Bürger, aber auch eine Vielzahl von Polizeibeamten, die aus ihrer beruflichen Praxis bereits heute tagtäglich die Unzulänglichkeiten im Polizeidienst erleben.
Insofern hat die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE, ob die sächsische Landespolizei in diesem Jahr auf der Höhe der ihr anvertrauten und zugewiesenen Aufgaben sei, ihre Berechtigung. Es bedurfte also gar nicht der Antworten auf die vielen Dutzend Fragen, um für die NPD-Fraktion bestätigt zu bekommen, dass die Polizei bereits seit Jahren nicht mehr in der Lage ist, das Sicherheitsbedürfnis sächsischer Bürger und Steuerzahler zu befriedigen. Dass dies so ist, könnten Sie, meine Damen und Herren, doch den beiden Anhörungen am 3. Juni entnehmen. Zitat: „Kriminalitätsvorbeugung und -bekämpfung im grenznahen Raum zur Tschechischen Republik und zur Republik Polen evaluieren“ sowie „Bericht des Staatsministeriums des Innern zur Überprüfung der Stellenausstattung der Polizei im Hinblick auf den Wegfall der Schengengrenzen“.
Dort fasste ein Betroffener, ein Autohändler aus Löbau, die Lage nach der Grenzöffnung, die er explizit für die grassierende Kriminalitätszunahme verantwortlich machte, dahin gehend zusammen, dass die Menschen einfach Angst haben und eine beunruhigende Tendenz zur Selbstbewaffnung bestehe, da die Täter immer rücksichtsloser werden sowie die wenigen verbliebenen Polizeikräfte überfordert und in vielen Fällen wütend seien, weil die Täter fast immer nach 24 Stunden freigelassen werden müssen. Das Ganze gipfelte in der Feststellung: „Die Bevölkerung, für die wir die Ansprechpartner sind, Betriebe, in denen wir tätig sind, sehen das so, dass wir mit unseren Problemen komplett alleingelassen werden.“ Übrigens machte dieser Gewerbetreibende für das Versagen bei der Kriminalitätsbekämpfung ausdrücklich nicht die Polizei verantwortlich, sondern die überforderte Staatsregierung, die im blinden Euro-Wahn die Grenzen
öffnet, dann die Polizeipräsenz radikal abbaut und schließlich noch die Dreistigkeit aufbringt, von einer gefühlten und nicht von einer tatsächlichen Kriminalität zu sprechen.
Dass das nicht unbegründet ist, zeigen ja auch viele Antworten auf die Große Anfrage, etwa folgende auf die Frage: „Was spricht aus Sicht der Staatsregierung dagegen, die Polizeidirektion, ihre Reviere und Polizeiposten personell zu stärken?“ Die Antwort lautet: „Die Polizeidirektion, Reviere und Posten sind personell so ausgestattet, dass diese die ihnen übertragenen Aufgaben wahrnehmen können.“
Dazu merkte übrigens der stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Torsten Scheller in der Anhörung zum „Bericht des Staatsministeriums des Innern zur Überprüfung der Stellenausstattung der Polizei im Hinblick auf den Wegfall der Schengengrenze“ am 3. Juni an: „Alle derzeitigen Maßnahmen dienen nur dazu, den personellen Notstand der sächsischen Polizei zu kaschieren und die Polizei am Rande ihrer Handlungsfähigkeit zu halten. Die bisherige Qualität der inneren Sicherheit wird bei fortgesetztem Stellenabbau weiter leiden. Die bisherige Bürgernähe wird sich weiter verschlechtern“ – eine Situationsbeschreibung, die man in der Beantwortung der Großen Anfrage leider nicht finden konnte.
Wenn man die beiden diametral entgegengesetzten Aussagen zur selben Fragestellung vergleicht, kann man eigentlich nur zu der Schlussfolgerung kommen, dass einer der beiden lügt: entweder der Vertreter der Polizeigewerkschaft oder der Innenminister. Ich kann mich hier getrost eines Urteils enthalten, schon deswegen, weil man draußen im Lande genau weiß, dass es nicht die Polizeibeamten sind, die hier die Schuld tragen.
Was erfahren wir noch aus den Antworten? Die Polizei altert rapide, allein in den letzten zehn Jahren um sensationelle 4,3 Jahre; außerdem, dass der Freistaat seit zehn Jahren für die Entsendung von Polizeihundertschaften fast immer immense Summen an andere Bundesländer abzuführen hat, nur damit die Brandstiftungs- und sonstigen Gewaltexzesse der linksextremen Autonomen bei nicht genehmigten Gegendemonstrationen halbwegs in den Griff zu bekommen sind. Aber das ist dem jetzigen Innenminister wohl völlig gleich, sitzt er doch mit den Linkskriminellen in einem Boot, wenn er zum Kampf gegen Rechts bläst, während draußen eine politisch missbrauchte Polizeibeamtin vom linken Mob angegriffen und mit der Parole „Deutsche Polizisten schützen die Faschisten“ angepöbelt wird.
Beeindruckend ist auch, wie viel Gewicht die Staatsregierung der Ausbildung und Weiterentwicklung der interkulturellen Kompetenzaneignung den Beamten einräumt,
und das, obwohl es doch im Freistaat angeblich nur 2,3 % Bevölkerungsanteil gibt, an dem man seine Fremdsprachenkenntnisse und andere interkulturelle Kompetenzen erproben kann. Der einzige Lichtblick ist hier aus Sicht der NPD die Antwort auf die Frage, ob bei Neueinstellung Menschen mit Migrationshintergrund besondere Beachtung geschenkt werde.
Hierauf antwortet der vertretene Minister Unland wohl angesichts der Tatsache, dass Ausländern in Sachsen bereits genug geschenkt wird: „Einstellungen erfolgen auf der Grundlage von Artikel 33 Abs. 2 des Grundgesetzes sowie Artikel 91 Abs. 2 der Sächsischen Verfassung ausschließlich nach Eignung, Leistung und Befähigung der Bewerbung.“
Wie schön; aber man fragt sich als Polizeibeamter wahrscheinlich unwillkürlich, ob diese Grundsätze auch bei der Ernennung von Ministern des Innern angelegt werden, oder?
Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Ich frage, ob es den Wunsch nach einer zweiten Runde gibt. – Die Fraktion DIE LINKE? – Das ist nicht der Fall. CDU? – Herr Abg. Hartmann, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDUFraktion hat dem Grunde nach in der Debatte nichts Neues und Erhellendes beizutragen. Wir haben darauf verwiesen, dass wir die Konzepte abwarten. Aber gleichwohl haben Sie es verdient, dass wir uns noch einmal zu den Entschließungsanträgen äußern.
Wir haben zwei Entschließungsanträge vorliegen: einen von der Fraktion der SPD und einen von der Fraktion DIE LINKE. Dem Entschließungsantrag der Linken werden wir nicht folgen; ich möchte das entsprechend begründen.
Zum zweiten Punkt des Antrages: Dem Landtag den gegenwärtigen Zustand, die Aufgabenstellung der sächsischen Landespolizei im Rahmen einer fundierten Aufgabenkritik zuzustellen – das war unseren Ausführungen zu entnehmen –, ist genau das, was jetzt gerade in dem Projekt „Polizei Sachsen 2020“ durch das Sächsische Staatsministerium des Innern mit internem und externem Sachverstand geleistet wird. Insoweit ist dieser Antrag aus unserer Sicht ungegenständlich.
Zu dem Punkt 2, den Stellenabbau zurückzunehmen, haben wir die klare Position, dass wir uns derzeit an den Zielsetzungen Vergleich Flächenländer West orientieren. Wenn wir im Rahmen einer Aufgabenkritik zu einer anderen Bewertung kommen, werden wir das dann tun. Insoweit wird dieser Antrag jetzt nicht unterstützt.
Zur Dienststellenreform. Hier läuft parallel zur Aufgabenkritik ein Vorschlag, den es später zu diskutieren gibt.
Warum er vorsorglich, bevor er überhaupt als Vorschlag auf dem Tisch liegt, zurückgezogen werden soll, erschließt sich uns nicht.
Letzten Endes: Die Entscheidung zur Streichung der Sonderzahlung im Haushaltsbegleitgesetz tragen wir mit. Wir haben dazu Argumente vorgebracht.
Zum Fraktionsantrag der SPD: Zu den allgemeinen Feststellungen in Punkt 1 bedarf es aus Sicht der Koalition keines Beschlusses, um festzustellen, dass wir der Arbeit der sächsischen Polizei danken und dass wir davon ausgehen, dass die personelle und finanzielle Ausstattung, die erforderlich ist, bereitgestellt wird. Das sind für uns Allgemeinfeststellungen, die keines separaten Beschlusses bedürfen.
Weiter zu dem Antrag der SPD, ergänzend in Ihrem Punkt 2: Das vorzulegende Konzept „Polizei Sachsen 2020“ wird aus unserer Sicht und nach den uns vorliegenden Informationen sowohl unter Beteiligung der Gewerkschaften als auch der kommunalen Spitzenverbände realisiert. Nach meinem Kenntnisstand sind Mitglieder der kommunalen Spitzenverbände eben genau die Bürger- und Oberbürgermeister. Insoweit haben sie darauf eine unmittelbare Einflussnahme. Der geplante zusätzliche Stellenabbau von 800 Stellen, den Sie fordern zurückzunehmen, ist für uns ein Thema, das wir im Rahmen einer abschließenden Aufgabenkritik erst diskutieren. – Die Streichung der Sonderzahlung habe ich bereits angesprochen.
Interessieren würde mich noch, welche Maßnahmen die Staatsregierung gegen die Krankenstände ergreifen will.
Vielen Dank, Herr Hartmann. – Das war zwar nicht die Reaktion auf die Frage, ob es in der zweiten Runde noch Stellungnahmen zur Besprechung der Großen Anfrage gibt; aber ich werde mich daran erinnern, dass Sie sich schon dazu geäußert haben. – Ich frage noch einmal: Möchte jemand vonseiten der Abgeordneten das Wort in einer zweiten Runde ergreifen? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Ulbig, bitte; Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sachsen ist und Sachsen bleibt sicher. Dafür ist ganz maßgeblich die Arbeit der Polizistinnen und Polizisten im Freistaat Sachsen verantwortlich.
Diese sind gut aus- und fortgebildet und materiell angemessen ausgestattet. Deshalb ist der Dank der Vorredner in Ordnung, und es ist auch in Ordnung, dass sich der
Ich möchte noch einmal deutlich machen: Sachsen gehört zu den vier sichersten Bundesländern in der Bundesrepublik Deutschland.
Die Umfrage, die kürzlich veröffentlicht worden ist, bei der die Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Sachsen befragt worden sind, was für sie die wichtigsten Themen sind, hat die innere Sicherheit auf den Platz 10 gesetzt. Das bedeutet, dass die Bürgerinnen und Bürger mit der inneren Sicherheit im Freistaat Sachsen zufrieden sind und dass es für sie – so wie es in der Debatte teilweise dargestellt worden ist – eben kein Problem ist, bei dem sie sich vordergründig Sorgen machen müssten.