(Tino Günther, FDP: Das gibt es doch gar nicht! – Torsten Herbst, FDP: Ein Skandal! – Zurufe von der CDU)
Ich möchte zur Einbringung des Antrages nur stichpunktartig eine kurze Beschreibung der gegenwärtigen Situation geben. Auf eine Kleine Anfrage meines Abgeordnetenkollegen Pellmann, wie viele Stromabschaltungen es denn im vergangenen Jahr in Sachsen gab, hat der Minister geantwortet: „Es gab 9 900 Stromabschaltungen für private Haushalte in den drei kreisfreien Städten Leipzig, Chemnitz und Dresden und im Vergleich zum vorangegangenen Jahr 2008 mit steigender Tendenz. Das heißt, wir haben ein elementares, auch soziales Problem, das sich tendenziell verschärfen wird. Wenn eine Bevölkerungsgruppe vom Zugang zur Energie ausgeschlossen wird, wird ein Kernbereich der Daseinsvorsorge, nämlich die Versorgung der Bevölkerung mit Energie, verletzt.
Die Strompreise in Deutschland sind europaweit die zweithöchsten. Das ist bekannt. Im Vergleich zwischen Ost und West ist es so, dass in Ostdeutschland bei Strom bis zu 46 % mehr bezahlt werden muss als in Westdeutschland. Diese Spreizung ist enorm.
Die höchsten Strompreise werden übrigens interessanterweise von den Technischen Werken Delitzsch in Sachsen erhoben. Das ist die absolute Spitze in Gesamtdeutschland.
Auf der anderen Seite wird immer von mehr Markt gesprochen. Es ist richtig, dass sich in den letzten Jahren etwas bewegt hat. Allerdings liegt aufseiten der privaten Kunden die Wechselquote eben nur bei 4 %. Das ist äußerst wenig, sodass der nötige Druck für Preissenkungen durch das Verbraucherverhalten einfach nicht gegeben ist.
Immer wieder wird in den Zeitungen von Journalisten, aber eben auch von den regierungstragenden Fraktionen CDU und FDP in diesem Hohen Haus kolportiert, dass doch die hohe Stromeinspeisevergütung für erneuerbare Energien die eigentliche Ursache für die Preistreiberei bei Strom in Deutschland sei.
Es ist keine Frage: Die Ökoumlage bei Strom steigt im nächsten Jahr auf 3,5 Cent/kWh. Das ist richtig. Nur verkennen Sie, verehrte Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, dass die Ökoumlage, also die Einspeisevergütung, niemals eins zu eins auf den Preis
umgelegt wird, sondern dass es sich hier um eine spezifische Berechnungsmethode zur Differenzberechnung handelt, die sich an der Strombörse über den sogenannten Merit-Order-Effekt berechnet, deren Ergebnis auf den Strompreis umgelegt wird. Dazu haben die Fachleute hinreichende Berechnungen angestellt. Zum Beispiel hat das Bundesministerium für Umwelt für 2006 allein durch die Einspeisung erneuerbarer Energien eine Kostenersparnis über diesen Merit-Order-Effekt von 5 Milliarden Euro an der Börse errechnet.
Allerdings wird auch von mir nicht bestritten, dass der preiswertere Braunkohle- bzw. Atomstrom nicht unmittelbar zu Preissenkungen an der Börse führt, wenn er dort gehandelt wird, sondern nur mittel- und langfristig preisdämpfend durch Mitnahmeeffekte wirkt. Auch das ist von den Fachleuten hinreichend belegt.
Ja, Herr Herbst, machen Sie sich kundig und lesen Sie endlich ein bisschen Fachliteratur und verbreiten Sie nicht unentwegt Legenden.
Es ist doch völlig klar: Die Energieversorger haben natürlich ein Interesse daran, die Ökoumlage als Strompreistreiber Nummer eins in der Öffentlichkeit zu kolportieren, um gegen die erneuerbaren Energien mobil zu machen, damit sich ein Vorurteil festsetzt.
Damit komme ich zum Thema Energiebörse. Was spielt sich an der Leipziger Energiebörse ab? Ich fordere in meinem Antrag, dass an der Börse nach dem Vorbild der Börse Nordpool mehr Transparenz hergestellt werden sollte und unter anderem eben auch Insiderhandel verboten wird. Nun mag es sein, dass es stimmt, wenn Sie, Herr Morlok, sagen, dass nach dem Kodex der Energiebörse Insiderhandel verboten sei.
Faktisch haben aber die Fachleute festgestellt, dass es in den letzten Jahren Insiderhandel an der Börse gab. Namentlich in Bezug auf E.on wurde ein Missbrauchsverfahren durch die EU-Kommission eingeleitet und höchstrichterlich festgestellt, dass es so etwas wie Eigenhandel an der Börse gibt und dort verschiedene Manipulationsstrategien von der vermachteten Konzernstruktur auf der Erzeugerbasis in Deutschland genutzt werden. Diese vier großen Konzerne, die 85 bis 87 % der Nettostrommengen handeln, beeinflussen mit spezifischen Manipulationsstrategien die Preise an der Börse. Der Bundesgerichtshof hat höchstrichterlich festgestellt, wie das Bundeskartellamt vorher auch, dass E.on und RWE sich als symmetrisches Duopol und alle vier Konzerne an der Börse und im Handel wie ein Oligopol verhalten.
Das Phänomen, wie Monopolpreise entstehen, ist natürlich hinreichend von Volkswirtschaftlern beschrieben
worden, zum Beispiel durch den Franzosen Antoine Cournot. Das hat mit dem strategischen Verhalten von wenigen Anbietern und Händlern am geringen Markt der Energiebörse zu tun.
Strategisches Bieten, das Vorhalten überhöhter Mengen von Regelenergie, Eigenhandel, Kapazitätsdrosselung im Kernkraftwerksbereich und Preisspiele im CO2-Emissions- bzw. -Zertifikatehandel wurden höchstrichterlich festgestellt und auch von Fachleuten in der Fachliteratur beschrieben und nachgewiesen.
Wir brauchen also mehr Markttransparenz, Herr Morlok. Es ist doch völlig klar: Wenn sich der Firmensitz der Energiebörse in Leipzig befindet und der Freistaat mit einem wenn auch nur geringen Anteil Mitgesellschafter der Energiebörse ist, darf man doch nicht tatenlos zusehen, was sich dort weiterhin abspielt. Wenn selbst die Kanzlerin bei ihrem Besuch verkündet hat, dass nun endlich eine Markttransparenzstelle beim Bundeskartellamt für die Börse geschaffen werden müsse, dann wäre von einem sächsischen Wirtschaftsminister zu erwarten, dass er die Initiative ergreift, um diese Markttransparenzstelle so schnell wie möglich auf den Weg zu bringen, um genau diese Manipulationsstrategien an der Börse zu verhindern. Das ist das Mindeste, was man vom Wirtschaftsminister erwarten darf.
Des Weiteren habe ich gefordert, mit der Bundesnetzagentur einen Vertrag zur Organleihe abzuschließen. Warum? Ich weiß, Herr Morlok, von Ihrem Vorgänger im Amt des Wirtschaftsministers, Thomas Jurk, dass die Landesregulierungsbehörde hier in Sachsen beim Wirtschaftsministerium eingerichtet und personell so ausgestattet wurde, dass sie wirkliche Kontrollen und Genehmigungen, was die Netzentgelte betrifft, durchgeführt hat
und durchführt. Allerdings ist dem Organigramm Ihres Staatsministeriums zu entnehmen, dass Sie diese Abteilung personell abgerüstet haben. Dann frage ich mich schon, ob Sie diesen Vertrag, wenn Sie personelle Abrüstung betreiben, nicht lieber doch gleich mit der Bundesnetzagentur zur Organleihe abschließen, damit die Kontrolle, was die Netzentgelte und deren Genehmigung betrifft, auf einen guten Weg gebracht wird.
Unabhängig davon ist unbenommen, dass Sie, was Missbrauchsverfahren angeht, selbstverständlich Kenntnis von Missbräuchen erlangen müssen oder auf Antrag erst förmliche Verfahren gegen Missbrauch einleiten können. Was die Preishöhe bei Strom und Gas anbelangt, ist es unbenommen, dass Sie keine förmlichen Vorermittlungen anstellen dürfen, weil wir es jetzt für das nächste Jahr durch die Ankündigung neuer Preiserhöhungen mit einer neuen Preisrunde zu tun bekommen, wo satte Gewinne erzielt werden und den Kunden garantiert wieder zu viel abgeknöpft wird.
Wenn ich die Zeitung verfolge, hatten Sie kein Problem damit, Vorermittlungen zu Wasserpreisen bei den Wasserversorgern in Sachsen anzustellen mit der Begründung, da
müsse man genau hinschauen. Schließlich hätten die Anbieter keine Wahl, ihren Wasserversorger zu wechseln.
Nun stelle ich einmal die rhetorische Frage: Glauben Sie im Ernst, dass man bei den Energieversorgern in Sachsen nicht genauso kritisch hinschauen und ständige Vorermittlungen durchführen müsste, um effektiv mit dem Bundeskartellamt und der Bundesnetzagentur im Ernstfall förmliche Missbrauchsverfahren einzuleiten? Sie antworten zum Beispiel auf meinen Antrag, nur die vier Konzerne würden überregional agieren und hätten eine marktbeherrschende Stellung inne. Sie verkennen völlig, dass bei diesen vier Konzernen über Beteiligungen mit Regionalversorgern in Sachsen und bei Stadtwerken nicht nur eine horizontale Gebietsaufteilung und eine Vermachtung der Erzeugerstruktur vorhanden ist, sondern auch eine vertikale Vermachtung.
Deshalb muss man genauer auf die Regionalversorger und Stadtwerke in Sachsen schauen und kontrollieren, was hier geschieht.
(Staatsminister Sven Morlok: Aber nur im Rahmen der Regulierung und nicht im Rahmen der Stellung. Das sind zwei verschiedene Sachverhalte!)
Ja, das weiß ich doch. Aber Preishöhenkontrollen können Sie in Vorermittlungen anstellen, selbstverständlich, und das hat eben etwas mit der Vermachtung zu tun. Also müssen Sie als Staatsminister daran interessiert sein, Kenntnis davon zu erlangen. Das ist das Mindeste.
Kurz und gut: Auch wenn Sie annehmen, für die Einleitung förmlicher Missbrauchsverfahren oder für die Preishöhenkontrolle nicht zuständig zu sein, sind wir – ganz im Gegenteil – der Meinung, dass Sie endlich begreifen müssen, was Ihre Aufgabe ist, dass Sie Ihr Wirtschaftsressort entsprechend dieser Priorität auch so strukturieren und mit Personal ausstatten, dass es diese Aufgabe wahrnehmen kann. Aber möglicherweise liegt es daran, Herr Wirtschaftsminister, dass Sie erst noch lernen müssen, was Ihre gesetzlichen Aufgaben sind, und ich denke, wenn die heutige Debatte dazu beiträgt, dass Sie dies wieder zu einer prioritären Aufgabenstellung des Wirtschaftsministeriums als Landeskartellamt und Landesregulierungsbehörde machen, wäre der Zweck meines Antrages erfüllt.
Sehr geehrte Frau Dr. Runge, ich gehe doch recht in der Annahme, dass dies der Antrag der Fraktion DIE LINKE ist, für den Sie hier gesprochen haben?
Vielen Dank. – Meine Damen und Herren! Nun ist die Fraktion der CDU an der Reihe; Herr Abg. von Breitenbuch, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Kollegin Dr. Runge! Es war ja klar, der Antrag musste von Ihnen kommen. Ich bin seit einem Jahr im Landtag und das Thema Monopole scheint Ihnen wirklich ein Herzensanliegen zu sein.
Ich kann für die CDU-Fraktion sagen, dass wir auch aufgrund unserer Tradition in der sozialen Marktwirtschaft Monopole selbstverständlich kritisch betrachten – Monopole, bei denen jemand ein Gut hat, das alle brauchen, und er damit über Gebühr preislich an einen Markt kommt, der eigentlich nicht existiert. Das normale Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage reguliert sich eben in diesem Falle nicht. Also ganz klare Aussage: Auch wir sind bestrebt, dass keine Monopole entstehen und Bestand haben.
Nichtsdestotrotz, Sie haben es schon angesprochen, sind wir der Meinung, dass die Preissteigerung der letzten Jahre über Gebühr natürlich aus dem Bereich des Staates kommt, dass also letztlich die Kosten, die bei der Energieentstehung im normalen Ablauf wachsen, relativ stabil geblieben sind. Ich kann das nachher noch einmal aufgrund des Statistischen Bundesamtes nachweisen, dass aber die Punkte Stromsteuer, Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, EEG, Konzessionsabgaben – auch der Kommunen – bzw. Einnahmen für die Netze der Kommunen und die Mehrwertsteuer in den letzten Jahren große Preissteigerungen nach sich gezogen haben. Ich habe mich auch gewundert: Sie haben sich über die dünnen Antworten aus dem Wirtschaftsministerium beschwert und haben jetzt einiges an Begründungen nachgelegt. Auch Ihr Antrag ist sehr dünn begründet.
Insofern möchte ich relativ kurz darauf eingehen. Sie fordern, dass die Organleihe bei der Bundesnetzagentur vom Freistaat angestrebt wird. Welches Ziel, welcher Inhalt, warum die Dramatik, das erschließt sich aus dem Antrag wirklich nicht. Sachsen nimmt ja seine Zuständigkeit wahr. Nur, wenn der Energieversorger über hunderttausend Kunden hat, dann ist die Bundesnetzagentur zuständig, und natürlich muss dann die Landesüberwachung entsprechend angepasst und nicht exorbitant gefahren werden, wenn diese Zuständigkeit nicht vorhanden ist.
Das Gleiche haben wir bei den Landeskartellbehörden, Ihr Punkt 2. Das Bundeskartellamt ist zuständig, und damit ist der Ball dort. Warum sollen wir Dinge leisten, die woanders – gerade auch mit Blick auf diese großen Konzernstrukturen, die global die Märkte betrachten, verwalten und dort tätig sind –, ganz anders überwacht, im Informationsfluss sein können usw.? Das ist nicht logisch.
Zum Punkt mit dem Unterpunkt II: Der Insiderhandel müsse verboten werden. Er ist verboten. Die Markttrans