Protokoll der Sitzung vom 03.11.2010

Die Tagesordnung der 23. Sitzung ist damit in der von mir vorgeschlagenen veränderten Form beschlossen.

Ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 3

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Mehr junge Lehrer für Sachsens Schulen – Pädagogikstudium wird kürzer, praxisnäher und attraktiver

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

2. Aktuelle Debatte: Bürgerschaftliches Engagement – wertschätzen, fördern und tatsächlich sichern

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Meine Damen und Herren! Die Verteilung der Gesamtredezeiten der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 25 Minuten, SPD 12 Minuten, FDP 14 Minuten, GRÜNE 10 Minuten, NPD 10 Minuten; Staatsregierung 20 Minuten, wenn gewünscht.

Sie wissen, die Redezeiten eines Redners betragen gemäß § 55 Abs. 5 Satz 1 Geschäftsordnung maximal 5 Minuten. Die Beiträge in der Debatte haben in freier Rede zu erfolgen. Daran erinnere ich Sie, da ich gewisse Ermüdungserscheinungen in den letzten Aktuellen Debatten bemerkt habe.

Wir kommen zu

1. Aktuelle Debatte

Mehr junge Lehrer für Sachsens Schulen – Pädagogikstudium wird kürzer, praxisnäher und attraktiver

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Als Antragsteller haben zunächst die Fraktionen der CDU und der FDP das Wort. Ich bitte als ersten Redner für die CDU-Fraktion Herrn Prof. Günther Schneider. Bitte, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Pädagogikstudium muss kürzer, praxisnäher und insgesamt attraktiver werden. Wir brauchen mehr junge Lehrerinnen und Lehrer für Sachsens Schulen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir wissen heute, dass wir in den nächsten Jahren einen erheblichen Bedarf an Lehrern in Sachsen haben werden. Dem will die Staatsregierung in Form von Eckpunkten Rechnung tragen. Das begrüßen wir und wir bedanken uns dafür.

Es geht, meine Damen und Herren, um folgende wesentliche Eckpunkte:

Zum einen geht es uns darum, die bisherige Polyvalenz abzuschaffen; sie wird entfallen. Wir brauchen eine differenzierte Regelstudienzeit.

Bisher haben die Studierenden vor allem mit Recht eine Beliebigkeit der Studieninhalte, eine zu geringe Vorbereitung auf die Praxis und eine zu geringe Vorbereitung auf die jeweiligen Schulformen beklagt. Mit den Studierenden sind wir der Meinung, es ist nicht akzeptabel, dass insbesondere im Bereich der Bachelor-Ausbildung für allgemeinbildende Schulen eine Abbruchquote von 50 % besteht.

Meine Damen und Herren! Wir wollen künftig die Lehramtsstudiengänge gezielt auf eine spezifische Schulart ausrichten. Das bringt Zeitgewinn, das bringt Flexibilität. Wir präzisieren und konkretisieren also die Schulinhalte, die spezifisch auf jeden einzelnen Lehrstudiengang ausgerichtet und angepasst werden. Das wird Zeitgewinn bringen, insbesondere auf neun bzw. acht Fachsemester bei Mittelschulen bzw. Grundschulen.

Außerdem haben die Studierenden zu Recht kritisiert – es waren vor allen Dingen die Studenten für das Grundschullehramt –, dass es hier um eine wissenschaftliche Überfrachtung ihrer Ausbildungsinhalte gehe. Gerade hier wollen wir durch eine Präzisierung der Ausbildung diesem berechtigten Kritikpunkt Rechnung tragen. Ich sage Ihnen auch, das bringt Qualität. Diejenigen, die hier einen Qualitätsverlust in den Raum stellen, müssen sich sagen lassen, dass die bisherigen Staatsexamina für orientierte Ausbildung schon jeweils ein Semester länger mit einer Regelstudienzeit von neun bzw. acht Semestern ausgezeichnet waren. Also, wir bringen hier Zeitgewinn und wir bringen Qualitätssteigerung.

Meine Damen und Herren! Weil für uns die hohe Qualität der Ausbildung vor uns steht, sollen nun, wie auch in den vergangenen Jahren und bis heute berechtigt gefordert, die Praktika in die Studienausbildung integriert werden. Wir halten dies für einen außerordentlich guten, einen wichtigen Ansatz, die Studierenden schon frühzeitig auf ihre konkrete Berufswahl, auf ihre Studienausrichtung zu orientieren.

Der hohe Stellenwert der schulpraktischen Ausbildung erfordert natürlich auch mehr Standorte. Die schulpraktische Ausbildung wird im Rahmen mindestens zweier Standorte ein hinreichendes Ausbildungspotenzial gewährleisten. Um die Attraktivität und die Studierbarkeit zu gewährleisten, werden wir mindestens – ich sage das noch einmal ausdrücklich – an zwei Standorten das Studium vorhalten.

Meine Damen und Herren, das bedeutet die Abkehr vom Bachelor-Master-System und eine Abwendung vom polyvalenten Lehramtsbild. Die Studierenden haben gleichwohl die Möglichkeit, sich mit entsprechender Modularisierung der Ausbildung im Rahmen von Studienfachwechseln Kreditpoints anrechnen zu lassen, sodass insoweit eine nationale Flexibilität gewährleistet bleibt. Den bereits eingeschriebenen Studenten kann ich versichern, dass ihnen die Perspektive erhalten bleibt. Sie werden als bereits eingeschriebene Studentinnen und Studenten einen anerkannten Abschluss erhalten.

Meine Damen und Herren, diese Abkehr von dem bisherigen wenig flexiblen und auch nicht Qualität generierenden System halten wir für erforderlich.

(Zuruf der Abg. Julia Bonk, DIE LINKE)

Wir stimmen mit den beiden Ministern, Frau Staatsministerin von Schorlemer und Herrn Staatsminister Prof. Wöller, darin überein: Sächsische Studienstandorte, sächsische Schulen und die sächsischen Lehrer sind spitze. Das bleibt so. Wir freuen uns darauf, dass in den kommenden Wochen die Eckpunkte weiter konkretisiert werden können und die Ausbildung voraussichtlich bereits im Wintersemester 2011/2012 in Gang gesetzt werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war für die CDUFraktion Herr Prof. Dr. Schneider. Als Nächster spricht für die miteinbringende Fraktion der FDP Herr Kollege Bläsner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die besten bildungspolitischen Konzepte nutzen nichts, wenn vor der Klasse kein Lehrer steht. Wir alle wissen auch, teilweise aus eigener Erfahrung, wie wichtig ein guter Lehrer für den Unterricht ist, wie wichtig er für den Bildungserfolg jedes einzelnen Schülers ist. Deshalb kommt der Lehrerausbildung eine ganz besondere Rolle im Bildungssystem zu.

Die Regierung hat jetzt Eckpunkte einer Reform vorgelegt, die das Ziel hat, das Studium praxisnäher und attraktiver zu machen und dafür zu sorgen, dass zukünftig genügend sächsische Lehrer hier in Sachsen ausgebildet werden, damit wir den Unterricht absichern können.

Die Grundlage dieser Überlegungen ist die Evaluation der bisher erfolgten Umstellung auf Bachelor und Master. Wir haben geschaut, wie sich die Konzentration der Lehramtsstudiengänge auswirkt. Dabei wurde festgestellt, dass sich die Hoffnungen, die in Bachelor und Master gesetzt wurden, leider nicht erfüllt haben. Wechselmöglichkeiten werden nicht genutzt, und dass der Bachelor nicht berufsqualifizierend ist, wussten wir von Anfang an. Deswegen wird auch von den Studierenden selbst wenig Sinn in der Bachelor- und Masterunterteilung gesehen. Ich hatte eine angehende Grundschullehrerin bei mir, die gesagt hat: Ich habe jetzt drei Jahre Bachelorstudium gehabt, aber etwas Richtiges habe ich von Grundschule nicht gehört.

Das hat auch damit zu tun, dass die Polyvalenz der Ausbildung insbesondere im Grundschulbereich dazu geführt hat, dass das Studium überfrachtet wurde und dass die angehenden Lehrer zu spät mitbekamen, was der Beruf bedeutet.

Die bisher geplante Konzentration führt dazu, dass wir den Bedarf nicht absichern können. Es hat sich gezeigt – das wissen wir schon seit Jahren –, dass wir im Jahr

2016/2017 circa tausend Lehrer brauchen. Es reicht einfach nicht aus, das nur an einem Standort zu konzentrieren. Das ist nicht nur eine Frage der Kapazität einer Universität, sondern auch eine Frage der Kapazität an den Praxisschulen um die Universität herum.

Deswegen ist eine Neuordnung der Lehrerausbildung dringend notwendig. Wir haben hier auch keine Zeit zu verlieren. Wir brauchen dringend junge, gut ausgebildete Lehrer. Auch hier gilt: Jeder zählt. Wir müssen uns vor Augen halten, dass, wenn wir jetzt mit Reformen beginnen, die Lehrer frühestens 2016/2017 fertig werden, und dann brauchen wir wirklich viele, gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer in Sachsen. Deswegen müssen wir jetzt beginnen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Mit dem Staatsexamen, das es dann wieder geben soll, haben wir die Möglichkeit, besser den Bedarf in die einzelnen Schularten zu lenken. Wir müssen uns vor Augen halten, dass es in den letzten Jahren einen regelrechten Run auf die gymnasiale Ausbildung gegeben hat und dass sich nur sehr, sehr wenige zukünftige Lehrer für Grundschule oder Mittelschule entschieden haben.

Schließlich haben wir eine ganz entscheidende Strukturentscheidung getroffen, die vorsieht, dass wir zukünftig wieder an mindestens zwei Standorten ausbilden wollen. Ich sage auch ganz klar: Es sollte ernsthaft in Erwägung gezogen werden, Chemnitz als dritten Standort zu gewinnen. Entsprechende Gespräche sollten geführt werden.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ganz klar ist, dass wir unabhängig von der Strukturierung der Lehrerausbildung etwas tun müssen, um den Lehrerberuf attraktiver zu machen. Der Lehrer als Beruf muss wieder das werden, was er einmal war, nämlich ein anerkannter und attraktiver Beruf. Auch die Ausbildung an den Universitäten muss wieder ein Aushängeschild für die jeweilige Universität werden. Sie darf nicht so nebenbei erfolgen. Hier liegt einiges im Argen. Das müssen wir unabhängig von der Struktur angehen. Ich hoffe, dass das in den nächsten Jahren passiert und die Lehrerausbildung wieder zum Aushängeschild einer jeden Universität wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Für die miteinbringende Fraktion der FDP sprach der Abg. Bläsner. Als Nächster spricht für die Fraktion DIE LINKE der Abg. Prof. Dr. Dr. Besier.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 18. Oktober tagte der Wissenschaftsausschuss dieses Parlaments, und auch der Punkt „Information durch die Staatsregierung“ stand wieder auf der Tagesordnung. Doch über eine Rückkehr Sachsens zum Staatsexamen erfuhren die Parlamentarier, jedenfalls die von der Opposition, kein Wort. Wie so oft

mussten die Volksvertreter diese Neuigkeit wie alle anderen Bürger den ersten Pressemeldungen tags darauf entnehmen. So viel, meine Damen und Herren, zum Verhältnis von Regierung und Parlament hier in Sachsen.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, DIE LINKE)