Protokoll der Sitzung vom 04.11.2010

CDU-Abgeordneten eingeladen werden. Das ist doch Ihre eigentliche Motivation.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und des Abg. Enrico Stange, DIE LINKE)

Der Ministerpräsident hat doch in seinem Interview deutlich gemacht, was das Erfolgsrezept ist: Rausgehen, den Menschen die Politik erklären und dann auch stehen. Sie haben doch erlebt, als es um die Waldschlößchenbrücke ging, wie er sich unters Volk gemischt und Rede und Antwort gestanden und dafür geworben hat. Sie haben doch mitbekommen, wie er bei den gesamten Demonstrationen zu den Kürzungen draußen war, zugehört hat und die richtigen Entscheidungen getroffen hat.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Sie müssen mal Ihre Oppositionsrolle klären.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich zitiere an der Stelle Herrn Flath. Der hat doch gesagt, was Opposition ist und es den Kirchen ins Stammbuch geschrieben. „Für mich als Christ ist es ein Problem, wenn die CDU mit der Kirche über Kreuz liegt. Ich möchte nicht, dass Kirchenvertreter eines Tages mit der Linkspartei auf dem Platz vor dem Parlament demonstrieren. Kirche ja, aber bitte nicht als Opposition zur CDU.“ Nehmen Sie sich bitte ein Beispiel daran.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Sie legen sich hier mit einem Gegner an, vor dem ich warnen will. Es geht nicht um den Ministerpräsidenten oder um die Staatsregierung. Die gesamte Staatsverwaltung steht hinter dem Ministerpräsidenten. Ich zitiere aus dem Weihnachtsbrief vom Dezember 2009:

(Heiterkeit bei der SPD)

„Für mich persönlich war es ein besonderes Jahr. Die Wählerinnen und Wähler haben mir nach über einem Jahr im Amt ihr Vertrauen ausgesprochen. Wir haben die Wahlen auch deshalb gewonnen, weil Sie in der Verwaltung unsere politischen Ideen umsetzen und die Menschen spüren, dass ihr Heimatland gut geführt und verwaltet wird. Ich danke Ihnen ganz persönlich für Ihren Anteil am erfolgreichen Wahljahr 2009.“ Ein übermächtiger Gegner, Vorsicht! Ich sage das ja aus Sorge um die GRÜNEN. Bedenken Sie, welche Konsequenzen das hat.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Das ist mir völlig egal!)

Es geht auch um Ihre Existenz. Sie waren doch dabei, als im Ausschuss bei der Anhörung vom Landesfrauenrat gesagt wurde, dass die Kürzung auf 30 000 Euro zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel ist. Die Antwort ist, dass sie ganz gekürzt wird. Sie sind doch in den Haushaltsverhandlungen dabei und haben mitbekommen, was jetzt in der Jugendhilfe passiert und welche Jugendverbände gerade vor dem Aus stehen. Sie bekommen doch mit, dass die Kirchen dafür kritisiert werden,

dass bei der Demonstration im Juni der Oberkirchenrat Schönfeld von der Diakonie gesprochen hat.

(Thomas Jurk, SPD: Um Gottes willen!)

Die Wohlfahrtsverbände sind auf null gesetzt. Bedenken Sie bitte die Konsequenzen Ihrer schamlosen Kritik. Ich gehe davon aus, dass die Demut des Ministerpräsidenten gegenüber dem Land und gegenüber den Menschen in Sachsen immer noch dem Bibelwort Lukas 14, Vers 11 folgt: Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden.

(Lebhafter, anhaltender Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN – Robert Clemen, CDU: Ha ha ha! – Stefan Brangs, SPD: Er hat es verstanden!)

Das war für die SPDFraktion Herr Dulig.

(Interne Wortwechsel zwischen Abgeordneten der SPD und der CDU)

Für die FDP-Fraktion spricht der Abg. Biesok.

(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Jetzt wird alles wieder geradegerückt!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ehrlich gesagt habe ich wenig Verständnis für diese Debatte. Erst recht habe ich kein Verständnis für diese Debatte, wenn sie von den GRÜNEN beantragt wird.

Die GRÜNEN haben in meiner Heimatstadt Dresden seit dem Bürgerentscheid über die Waldschlößchenbrücke, in dem sich 67 % der Bevölkerung dafür ausgesprochen haben, diese Brücke zu bauen, keine Gelegenheit ausgelassen –

(Beifall bei der FDP und der CDU)

die Kollegin Jähnigen und der Kollege Lichdi waren an vorderster Front dabei –, den mittels einer Abstimmung demokratisch gebildeten Bürgerwillen zu negieren und dieses Projekt zu verhindern.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Eva Jähnigen, GRÜNE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Ich finde es schon dreist, wenn diese Fraktion eine solche Debatte anzettelt.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege?

Ja, gestatte ich.

Auf die Zwischenfrage wird verzichtet, sehe ich gerade.

Herr Ministerpräsident, ich muss ganz ehrlich sagen, Sie haben recht gehabt in Ihrem Beitrag. Wir brauchen in Deutschland Fortschritt. Das bedeutet auch, dass wir in diesem Land Großprojekte

noch durchsetzen können. Wenn wir nicht mehr in der Lage sind, Flughäfen zu bauen, wenn wir nicht mehr in der Lage sind, Bahnhöfe oder Kraftwerke zu bauen, dann geben wir unsere Zukunftsfähigkeit auf.

(Beifall bei der FDP, der CDU und des Staatsministers Prof. Dr. Georg Unland)

Ich möchte das am Beispiel von „Stuttgart 21“ deutlich machen. Das Projekt wurde in einem Planungszeitraum von 15 Jahren umgesetzt. Der Bundestag hat darüber beschlossen, der Landtag hat darüber beschlossen, die Regionalversammlung hat darüber beschlossen. Was wollen wir mehr als demokratische Willensbildung, als dass alle demokratisch gewählten Gremien diesem Projekt zugestimmt haben?

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Politik muss handlungsfähig bleiben. Die Demokratie muss in einem freiheitlichen Rechtsstaat den Ordnungsrahmen bilden, damit dort Entscheidungen zustande kommen, die von einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz sind. Unsere Verfassung im Freistaat Sachsen, das Grundgesetz und auch schon die Weimarer Reichsverfassung haben gesagt: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Was heißt hier Staatsgewalt? Es ist die vereinigte Macht des Volkes, die sich zuerst mal in staatlichen Organisationen ausdrückt. Diese staatlichen Organisationen, wie Parlamente, die dann wiederum Regierungen wählen, vereinen den Willen der Bevölkerung und setzen ihn um. So wird im Namen des Volkes Politik gemacht.

Andererseits geht aber nicht alle Macht auf die Regierung bzw. auf das Parlament über, es bleibt ein Teil der Macht zurück beim Bürger und es ist auch gut so, dass sie zurückbleibt. Der Bürger hat die Möglichkeit, durch eine verfasste organisierte Opposition – auch eine außerparlamentarische – Kritik an der Regierung und am Parlament zu üben. Der Ministerpräsident hat das in keiner Weise in Abrede gestellt. Aber es kann nicht so sein, dass, wenn man diese Kritik massiv organisiert betreibt, dadurch die demokratische Willensbildung in den gewählten, verfassungsrechtlich legitimierten Organen negiert wird.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir müssen wieder den Mut haben, einmal in den Parlamenten getroffene Entscheidungen auch durchzusetzen. Das ist die Kernbotschaft dieses Artikels gewesen, und die begrüße ich ausdrücklich.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP und der CDU)

Wenn erst einmal durch alle parlamentarische Gremien eine Entscheidung gefallen ist, wenn zum Beispiel, um bei „Stuttgart 21“ zu bleiben, 15 000 Einwände im Planfeststellungsverfahren erhoben, abgewogen und zu einem einheitlichen Planfeststellungsbeschluss zusammengeführt wurden, dann ist es auch mal gut. Dann hat man eine entsprechend demokratisch legitimierte Entscheidung,

und der Staat muss auch in der Lage sein, diese Entscheidung der gewählten Volksvertreter umzusetzen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Diejenigen, die es verpasst haben, rechtzeitig über ihre Möglichkeiten außerparlamentarisch und parlamentarisch diese Entscheidung aufzuhalten, müssen eine demokratisch legitimierte Entscheidung akzeptieren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Damit spreche ich niemandem das Demonstrationsrecht ab. Demonstrieren kann jeder, das ist ein Grundrecht und auch wichtig, aber ich wende mich dagegen, auf Bäume zu steigen, sich dort anzuketten, Sitzblockaden zu machen oder die Bauarbeiter bei ihrer Arbeit zu behindern. Das ist keine Demonstration mehr, sondern die Verhinderung demokratisch gefasster Entscheidungen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir hören oftmals: Der Bürger ist gegen das Projekt. Was ist der Bürger? Der Bürger hat gesprochen, indem er Parlamente und Regierungen gewählt hat. Der Bürger, der jetzt auf die Straße geht, ist ein organisierter Interessenvertreter, von dem niemand weiß, ob er wirklich die Mehrheit der Bevölkerung verkörpert.

(Beifall bei der FDP und der CDU)