Protokoll der Sitzung vom 14.12.2010

Es reicht einfach eine Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt. Auch dafür gab es reichlich Kritik von den Sachverständigen. Wir lehnen das ebenso ab.

(Robert Clemen, CDU: Dann macht es doch!)

Völlig skurril wird es jedoch mit dem Vorschlag zur Altersvorsorge. Um sich vor einer wirklichen Entscheidung zu drücken, flüchten CDU und FDP in die politische Beliebigkeit. Eröffnet wird ein bunter Strauß von Möglichkeiten.

(Christian Piwarz, CDU: Sie haben Ihre Möglichkeiten!)

Ich komme gleich darauf. – Das reicht vom Beitritt zu bestehenden Versorgungswerken über die Einspeisung in private Altersvorsorge bis hin zur freiwilligen Versicherung in die gesetzliche Rentenversicherung.

(Uta Windisch, CDU: Das können Sie machen!)

Danke, Frau Windisch. Das war das Stichwort, das Sie mir gegeben haben. Erst neulich war bei der ersten Lesung von der Koalition zu hören, dass das gerade für die Abgeordneten der LINKEN sehr zu empfehlen wäre.

(Christian Piwarz, CDU: Das ist eine interessante Möglichkeit!)

Ich höre schon den Aufschrei. Ist es doch DIE LINKE, die immer und überall fordert, dass alle in die Rentenkasse einzahlen sollen.

(Steffen Flath, CDU: Es ist doch so!)

Bestimmt erwarten Sie von mir jetzt – das sehe ich an Ihren Gesichtern –, dass ich mich dafür bedanke.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Ja!)

Dann will ich das einmal mit einem Ausschnitt aus einer Debatte machen, die vor drei Jahren hier von diesem Platz aus stattgefunden hat. Begründet wurde damals die Ablehnung unseres Vorschlages für die damalige

CDU/SPD-Koalition von unserem geschätzten Landtagskollegen Enrico Bräunig – heute Bürgermeister –, wogegen sich die CDU vehement wehrte, einen solchen Vorschlag einzuführen.

Ich zitiere aus dem Landtagsprotokoll: „Die Abgeordneten könnten natürlich in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Diese Möglichkeit scheidet aber aus, denn die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt der Sozialgesetzgebung. Darauf haben wir als Freistaat keinen direkten Zugriff. Wenn es eine allgemeine Versicherungspflicht für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland ab dem 18. Lebensjahr gäbe, dann könnten wir über das Thema reden.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Das wollten wir!)

Dann könnten wir dieses Modell favorisieren. Da es allerdings diese allgemeine Versicherungspflicht nicht gibt, würden die Abgeordneten, die keine Pflichtmitglieder in der gesetzlichen Rentenversicherung sind, nicht ihre eigene Versorgungslücke schließen, sondern stattdessen einen Solidarbeitrag für alle Rentnerinnen und Rentner leisten, was auch schön wäre. Aber die Versorgungslücke würde bleiben. Das verstößt natürlich in eklatanter Weise gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, und deshalb scheidet dieses Modell aus.“

Meine Kollegen von der CDU, wenn Sie sich vielleicht daran erinnern? Nun frage ich einmal die Abgeordneten von der CDU: Da das damals in Ihrer Bewertung zur Rentengerechtigkeit nicht möglich war und ich bisher von Ihnen keine einzige politische Initiative gehört habe, dass sich bei Ihnen sozusagen ein Sinneswandel vollzieht und Sie sich auf Bundesebene für die Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung einsetzen, setzt sich DIE LINKE – und das können Sie auch nachlesen – in schöner Regelmäßigkeit im Bundestag für die Einzahlung in die gesetzliche Rentenkasse für alle Bürgerinnen und Bürger ein. Ich habe noch nie gehört, dass Sie zugestimmt haben. Eine Initiative von Ihnen ist mir dazu überhaupt nicht bekannt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Piwarz, bitte.

Vielen Dank. – Herr Kollege Tischendorf, darf ich Ihre Ausführungen und das längere Zitat so deuten, dass dies schon die Begründung ist, warum Sie von der Möglichkeit, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, nicht Gebrauch machen, oder kann ich von Ihnen die Aussage bekommen, dass Sie das tun werden?

Sie werden von mir die Aussage bekommen, dass ich in der zweiten Runde erfahren will, wie es zu Ihrem Sinneswandel gekommen

ist, ohne irgendwo aktiv zu werden. Das will ich von Ihnen hören.

(Christian Piwarz, CDU: Keine Antwort ist auch eine Antwort! – Zuruf von der FDP: Keine Ausreden! Keine Ausreden!)

Ich komme dann noch dazu. Ich sage Ihnen jedenfalls: Sich im Bundestag nie dafür einzusetzen, dass die gesetzliche Rentenversicherung gestärkt wird, aber dann Abgeordneten wie mir gerade die Frage zu stellen, ob wir es dann tun werden, nenne ich Populismus. Das genau ist Populismus.

(Beifall bei den LINKEN)

Jetzt hört Herr Piwarz zwar nicht zu, aber er hat es – –

(Robert Clemen, CDU: Scheinheilig! – Uta Windisch, CDU: Scheinheilig und heuchlerisch!)

Das hat nichts mit Scheinheiligkeit zu tun! – Niemand von der Koalition hat in den letzten Wochen mit uns oder in Berlin gesprochen, dass wir die gesetzliche Rentenkasse stärken wollen. Wenn Sie das gemacht hätten, wäre es noch verständlich, was Sie jetzt von uns fordern.

(Christian Piwarz, CDU: Sagen Sie nun Ja oder Nein?)

Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, aber ich höre ja Ihre Zustimmung. Dann nehme ich die heutige Debatte zum Anlass und werde unserer Bundestagsfraktion empfehlen, das Thema Stärkung der gesetzlichen Rentenkasse im Deutschen Bundestag erneut einzubringen.

(Christian Piwarz, CDU: Wir wollten nur ein Ja oder Nein von Ihnen hören!)

Dieses Mal haben wir Glück, weil wir diesmal sagen können: Diesen Gesetzesvorschlag werden die CDU und die FDP in Sachsen unterstützen. Das ist doch schon mal ein Fortschritt. Ich werde sehen, wie Ihre Kolleginnen und Kollegen im Bundestag damit umgehen.

(Christian Piwarz, CDU: Wir wollten nur ein Ja oder Nein von Ihnen hören!)

Kein schlechter Anfang. Aber da Sie mich immer nach der gesetzlichen Rentenkasse fragen und sich so freuen: Sie denken überhaupt nicht nach, welche Realitäten Sie mit diesem plakativen Vorschlag eigentlich schaffen.

(Christian Piwarz, CDU: Wahlmöglichkeit nennt man das!)

Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, wie viele Steine auf dem gemeinsamen Weg – wenn Sie ihn denn mitgehen wollen – für die Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung liegen. Ein Mitglied meiner Fraktion hat sich bei der Deutschen Rentenversicherung erkundigt – weil wir das ernst nehmen –, welche Konsequenzen die freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung nach sich ziehen würde. Das hat beispielsweise zur Folge,

dass der bisher erworbene Anspruch auf Erwerbsminderungsrente komplett verloren geht, da er nur für Pflichtversicherte gilt. So machen Sie Gesetzesvorschläge. So diskutieren Sie inhaltlich. So wollen Sie ernsthaft etwas lösen.

Das Einzige, was passiert, ist Ihre Zwischenfrage: Wie machen Sie es denn nun? – Sie haben keinerlei Vorstellungen, was Sie mit dem Gesetz anstellen und wo die Stellschraube für die Rentenversicherung liegt.

Das alles, wenn man es zusammenrechnet, zeigt nur, dass dieser Gesetzentwurf ersonnen im stillen Kämmerlein handwerklich schlecht gemacht und vor Ungerechtigkeiten und Populismus strotzt. Das ist das, was Sie hier produzieren, auch wenn Sie es heute gekonnt hinter einer Fassade versteckt haben.

Wenn die Rednerinnen und Redner, die nach mir kommen, mit blumigen Worten vielleicht doch noch die Notwendigkeit dieses Kopplungsgeschäftes – ich nenne es noch einmal: Altersvorsorge der neuen Abgeordneten nur gegen Diätenerhöhung – vortragen, dann werden dieses Versteckspiel die Bürgerinnen und Bürger schnell durchschauen; spätestens im August nächsten Jahres, wenn der Landtagspräsident die nächste Diätenerhöhung verkünden muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einer solchen Mogelpackung, wie sie der von der Koalition vorgetragene Gesetzentwurf beinhaltet, wird DIE LINKE nicht zustimmen.

(Beifall bei den LINKEN)

Die SPD-Fraktion bitte, Herr Abg. Brangs.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe meinen Vorrednern recht, dass es in der Tat eine schwierige Debatte ist, wenn man sich mit sich selbst beschäftigen muss. Aber ich kann auch gleich einen Rat mit auf den Weg geben, und zwar dem Vorsitzenden der Halbtagsfraktion. Wenn Sie ein Problem damit haben, diese Debatte hier zu bestehen, dann würde ich keinen Gesetzentwurf einreichen. Denn die Grundlage dieser Debatte ist jetzt, dass wir auf der Basis eines Gesetzentwurfes der Koalition debattieren. Wenn dann vom Kollegen Zastrow gesagt wird, dass sich das, was vor einigen Jahren das scheinbare Markenzeichen der FDP war, nämlich dass man dieses Parlament verkleinern will, dass man hier Halbtagsparlamentarier braucht, dass die alle viel zu viel verdienen und alle hier nichts machen, dann ändert, wenn man in der Regierungsbank angekommen ist, überrascht es mich nicht.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Arbeiten die jetzt länger?)

Aber die Frage ist: Haben wir vorher weniger gearbeitet als die Abgeordneten, die jetzt in der Regierungskoalition versammelt sind? Vielleicht liegt es eher daran, dass Sie als FDP schon immer eine Fehleinschätzung hatten und

jetzt versuchen, aus dieser Nummer herauszukommen. Das wird Ihnen aber nicht gelingen.

Ich hoffe auch, dass viele Menschen in diesem Land erkennen, wie Sie als FDP Politik betreiben. Sie betreiben immer dann Politik in Ihrem Interesse, wenn Sie glauben, dass Sie in die Enge gedrängt werden und sich auf einmal die Rolle, die Sie ausüben, verändert hat. Genau das haben Sie gerade praktiziert.

Dann noch auf Nordrhein-Westfalen abzuheben macht überhaupt keinen Sinn. Im Landtag Nordrhein-Westfalen – ich habe es mir gerade noch einmal angesehen, weil ich überrascht war darüber, aber es ist tatsächlich so – war es im Jahr 2005 ein einstimmiger Beschluss des Landtages. Wahrscheinlich sind die ganzen FDPler zu dieser Zeit krank gewesen