Ich möchte auch auf den Verursacher ganz deutlich zu sprechen kommen, den Konstrukteur dieser Bank, der diese Bank mit den entsprechenden Fehlern ausgestattet hat: mangelndes Eigenkapital, dünner Heimatmarkt. Er hat auch noch das Kommando gegeben, eben unsicher in unbekannte Gewässer zu fahren, und das ohne jede Rückkopplung und Genehmigung des Parlaments oder zumindest seiner eigenen Fraktion. Dazu hat er noch teilweise verantwortungslose und überforderte Kapitäne und Offiziere an Deck gehabt. Das führte zum Crash und blitzartig zum Untergang der „LB Titanic“.
Wie verhält sich jetzt die CDU-Fraktion? Da haben wir ja Glück gehabt, ein blaues Auge. Es hätten ja 40 Milliarden Euro sein können. Wir haben ja nur 2,75 Milliarden Euro. Wissen Sie, was das ist? Das ist genauso, als wenn Sie sagen, es sind nur 500 Menschen ertrunken, es hätten 2 000 Menschen sein können. Genauso ist das. Das hat überhaupt nichts mit Verantwortung zu tun. Immer den Spott auf andere zu richten, damit derjenige, der es verzapft hat, im Schatten bleibt, das hat mit Seriosität, mit Verantwortung und mit Politik überhaupt nichts zu tun. Das ist schlichtweg erbärmlich.
Es war auch nicht Milbradt, der für das blaue Auge gesorgt hat. Es waren Sanio und BaFin, die Druck auf die LBBW gemacht haben. Da weiß ich, wovon ich rede; ich war bei den Verhandlungen dabei. Die hatten die Sorge, dass die Landesbank praktisch kippt und den Dominoeffekt auslöst. Milbradt hat damit überhaupt nichts zu tun. Er hat nur noch Angst gehabt, dass es noch härter kommt.
Dann möchte man einmal die Zeit beleuchten, die danach kam. Hier stand Metz, wir müssen die Braut hübsch machen. Das ist die Cashcow. Man wusste, dass sie praktisch rote Zahlen schreibt ohne die LB Europe. Man begann, die Bank zu vermarkten. Sie erinnern sich: 2006 Gründung der Aktiengesellschaft. Die West LB war geplant. Parallel dazu wurden Expansionen im polnischen Markt, Sparkassengeschäft usw. geplant, weil man ja wusste, dass das Geschäftsvolumen nicht ausreicht, weil man sie loshaben wollte, weil man „das Männel hat treten sehen“, wie man sächsisch so schön sagt. 15 Zentimeter vor der Ziellinie ist Herr Milbradt auf die Schnauze gefallen. Das muss man auch einmal deutlich sagen. Er
hat nicht den Jackpot gewonnen, sondern er hat bankrott gemacht. Er hat einen Totalverlust produziert.
Herr Kollege Pecher, bei Ihrer gnadenlosen Argumentation, die Sie hier durchziehen, könnten Sie auch noch einmal auf die Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat eingehen, die ja auch in diesen Gremien vertreten waren und dort versucht haben, natürlich das Beste für diese Aufgabe zu leisten. Wie wollen Sie dabei mit Ihrer Gnadenlosigkeit verfahren?
Ich glaube, ich kann Ihnen Ihre Frage dann bei der Einbringung unseres Änderungsantrages beantworten. Sie können ihn jetzt gern schon einmal durchlesen. Da werden Sie sehen, dass dort steht: alle Kreditausschussmitglieder, Verwaltungsratsmitglieder stellvertretend und beratend. Dann können wir darüber reden, wie wir damit umgehen.
Ich möchte noch einmal klar herausstellen: Für den finanziellen Schaden – 750 Euro pro Kopf in Sachsen, das sind rund 3 Milliarden Euro – sind der damalige Ministerpräsident des Freistaates Sachsen und der Konstrukteur dieser Bank, Georg Milbradt, verantwortlich, erst in zweiter Linie der Kreditausschuss und die Verwaltungsratsmitglieder. Das ist meine tiefste Überzeugung. Ich werde das auch bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit wiederholen.
Ich finde es wirklich schade: Jeder Bürgermeister, der am Parlament, am Stadtrat oder Gemeinderat vorbei so einen Schaden verursacht – nicht einmal in so einer Größenordnung, das kann er ja gar nicht –,
hat sofort und zu Recht die Staatsanwaltschaft und ein Ermittlungsverfahren am Halse. Ich kenne kein Ermittlungsverfahren gegen Milbradt wegen Verstoßes gegen die Sächsische Haushaltsordnung, wegen Verstoßes gegen das Gesetz über das öffentlich-rechtliche Kreditwesen, wegen des Verstoßes gegen das Landesbankgesetz, wegen des Verpfändens des Vermögens des Freistaates Sachsen.
Ja, ich habe sie im Blick; ich komme zum Schluss. Es kommt noch hinzu, dass sich die CDU Herrn Milbradt zur Sächsischen Haushaltsordnung als Sachverständigen holt. Das ist genauso, als ob man den Dachkonstrukteur der Eissporthalle von Bad Reichenhall, deren Dach eingestürzt ist, als Bausachverständigen zur Anhörung holt. Genauso ist das.
Ich finde, wenn man den Schuldigen beim Namen nennt – das ist Milbradt –, dann gehört ihm Hausverbot, und zwar für ganz Sachsen.
Ich möchte den Beitrag des Kollegen zum Anlass nehmen, darauf hinzuweisen, dass auch Mitglieder der SPD-Fraktion, die damals gerade in der Hochrisikophase der Sachsen LB in den Gremien saßen, ebenso diese Verantwortung mitgetragen haben. Mir ist nicht bekannt, dass gerade die SPD mit ihren Möglichkeiten, die sie im Verwaltungsrat hatte, zu einer Risikoreduzierung bei der Sachsen LB beigetragen hat. Deshalb empfinde ich den Beitrag, den der Kollege hier gerade gehalten hat, beschämend.
Noch etwas, Herr Kollege: Man braucht mir so etwas nicht aufzuschreiben, ich habe früher eine andere berufliche Tätigkeit ausgeübt. Da bekommt man auch etwas mit. Da lernt man nämlich etwas über wirtschaftliche Zusammenhänge. Deshalb braucht man mir hier nicht vorzuhalten, dass man mir Dinge aufgeschrieben hat, die ich Sie dann frage.
Ich möchte darauf verweisen, wie ich mich persönlich dazu positioniere. Das habe ich bei der Beantwortung Ihrer Zwischenfrage getan. Ich möchte auch darauf verweisen, was wir in unserem Änderungsantrag geschrieben haben. Ich mache darauf aufmerksam, dass es kein Geheimnis ist, wer im Verwaltungsrat und im Kreditausschuss dieser Landesbank gewesen ist, Verwaltungsrat von 2002 bis 2008, aufgeführt in einer Kleinen Anfrage 3768. Es waren insgesamt 95 Mitglieder, darunter auch SPD-Mitglieder, das steht hier schwarz auf weiß: das who is who letztlich der Sparkassenlandschaft von Holtmann über Hof bis Grimm, von de Maizière, Milbradt, Tillich, Czupalla, Landräte bis hin zu Leonhardt, seines Zeichens Präsident von Wismut Aue. Sie waren alle hier vertreten.
Wir beantragen – das ist das Ehrliche daran –, dass alle auf den Prüfstand kommen und nicht nur Milbradt irgendwie außen vor gelassen wird. Alle sollen geprüft werden. Das, finde ich, ist Ehrlichkeit.
Meine Damen und Herren! Die Fraktion FDP ist an der Reihe. Es spricht der Abg. Herr Prof. Schmalfuß. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Übliche nach jeder Niederlage besteht darin, fleißig nach Verantwortlichen zu suchen. Jeder Versuch, einen Schuldigen festzustellen, obliegt jedoch einer subjektiven Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen. Gerade im politischen Prozess gelangen so die Fraktionen – wir haben das jetzt hier eindrucksvoll gesehen – regelmäßig zu unterschiedlichen Urteilen bezüglich eines gleichen Sachverhalts.
In ihrer Pressemitteilung hat Frau Hermenau am vergangenen Montag geäußert, dass der Verzicht auf eine Klageerhebung gegen die Mitglieder des Kreditausschusses das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung störe.
Ich kann dem insofern zustimmen, als zusätzlich zur politischen Bewertung dieser Zusammenhänge die Öffentlichkeit sich ebenfalls ein für sie gerechtes Urteil bildet. Das hat sie auch gemacht.
Meine Damen und Herren! Wir haben es mit einer Vielzahl an Einflüssen und Aspekten zu tun, die die Einschätzung und Beurteilung der Zusammenhänge um die Landesbank Sachsen erschweren. Nach meiner Auffassung haben wir fünf Aspekte der Aufarbeitung im Kontext der Sachsen LB zu betrachten.
Erstens zur moralischen Bewertung. Nach dieser kommt der Öffentlichkeit die Aufgabe zu zu beurteilen, wie sich die politischen Entscheidungsträger zu verhalten und zu entscheiden haben. Also sie bestimmen – das sind die Bürger des Freistaates Sachsen –, was richtig und was falsch ist. Ich persönlich denke, dass sich die Bürger in Sachsen über die Mitglieder des Kreditausschusses, des Verwaltungsrates und der Vorstände ein dezidiertes Bild gemacht haben. Jeder kann das für sich selbst politisch bewerten.
Kommen wir zum bereits genannten Aspekt der politischen Bewertung. Das ist die Aufgabe des sächsischen Parlamentes, eine politische Bewertung der Vorgänge um die Landesbank Sachsen vorzunehmen.
In der vergangenen Legislaturperiode hat sich bereits ein Untersuchungsausschuss eingehend mit der Geschäfts- und Anlagepolitik sowie später mit dem Untergang der Landesbank Sachsen beschäftigt. Eine politische Bewertung hat stattgefunden, wenn auch mit jeweils unterschiedlichen Befunden durch die einzelnen Fraktionen des Sächsischen Landtages. Die Fraktion der FDP und die Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN haben damals angeregt, am Ende des Untersuchungsausschusses dem Bericht des Sächsischen Rechnungshofes zur Landesbank Sachsen beizutreten. Das wurde von der Mehrheit im Untersuchungsausschuss abgelehnt. Was mich selbst verwundert hat, ist, dass die Fraktion, die damals den Untersuchungs
ausschuss maßgeblich, ganz links, ins Leben gerufen hatte, sich nicht die Mühe gemacht hat, anstatt einfach den Untersuchungsausschuss politisch zu instrumentalisieren, am Ende vielleicht auch einmal etwas zu Papier zu bringen und Rechenschaft darüber abzulegen, wenn ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wurde. Das gehört einfach zum politischen Geschäft dazu. Sie waren wahrscheinlich zu faul, den Untersuchungsbericht zu schreiben.
Der dritte Aspekt der Aufarbeitung ist die finanzpolitische Sicht. Das ist auch Aufgabe dieses Parlamentes: die politische Bewertung, keine moralische Bewertung, eine finanzpolitische Bewertung und damit auch auf gegenwärtige und kommende Doppelhaushalte den Blick zu haben.
Der Sächsische Rechnungshof in seiner übergeordneten Funktion als finanzpolitische Kontrollinstanz im Freistaat Sachsen hat sich zu diesen Vorgängen in einem Gutachten geäußert. Der Sächsische Rechnungshof stellte einen Schaden fest und kam auch zu einer eindeutigen Beurteilung. Ich teile diese Beurteilung des Sächsischen Rechnungshofes. Das war auch der Hintergrund, weshalb wir vorgeschlagen haben, diesen Bericht als Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses in der letzten Legislaturperiode zu nehmen.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich auf die beiden ausstehenden Stufen der Aufarbeitung der Sachsen-LB-Geschichte zu sprechen kommen. Diese sind rein juristischer Natur. Wir haben auf der einen Seite das zivilrechtliche Verfahren sowie die strafrechtliche Beurteilung und die damit verbundenen Gerichtsverfahren.
Zivilrechtlich, was demnach dem vierten Aspekt entspricht, wurden mit dem Klagen gegen die Vorstände der einstigen Sachsen LB und der Einigung mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers entsprechende Schritte eingeleitet und erste Ergebnisse herbeigeführt. Ich selbst finde, dass die Klagen gegen die Vorstände längst überfällig gewesen sind; denn es gehört einfach zur Hygiene, dass, wenn ein Manager möglicherweise Fehler begangen hat, dieser entsprechend zur Rechenschaft gezogen wird.
Abschließend möchte ich auf eine weitere, die angekündigte fünfte Stufe, die sogenannte strafrechtliche Beurteilung, eingehen. Ich habe manchmal das Gefühl, dass sich ein Abgeordneter – ich möchte Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, nicht zu nahe treten – eher in der Rolle eines Staatsanwaltes sieht. Das sind wir aber nicht. Wir haben eine ordentliche Gerichtsbarkeit im Freistaat Sachsen, wir haben einen Rechtsstaat. Wir sollten uns auf die Rolle eines Abgeordneten zurückziehen, der politisch bewertet, das Budgetrecht hier im Sächsischen Landtag hat und die Vorgänge um die Sachsen LB finanzpolitisch bewertet.
Bereits seit einiger Zeit ermittelt die Staatanwaltschaft Leipzig im Zusammenhang mit der Landesbank Sachsen.