Protokoll der Sitzung vom 20.01.2011

Wir gehen jetzt in eine Mittagspause bis 13:15 Uhr.

(Unterbrechung von 12:16 bis 13:15 Uhr)

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es ist 13:15 Uhr, wir fahren in der Tagesordnung fort.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie haben mich jetzt etwas durcheinandergebracht, weil ich überlegt habe, was schiefgelaufen ist. Wenn man Beifall bekommt, muss man immer überlegen, ob etwas schiefgelaufen ist. Spaß beiseite! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek stärken und Exzellenz fördern

Drucksache 5/4654, Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Hierzu können die Fraktionen wieder Stellung nehmen. Es beginnt die CDU-Fraktion, danach folgen FDP, DIE LINKE, SPD, GRÜNE und die NPD sowie die Staatsregierung, wenn sie das wünscht. Ich erteile nun der CDUFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Sächsische Staats- und Universitätsbibliothek ist ein Ort, der sich in den letzten Jahren beständig und still, aber sehr erfolgreich zu einer Schatzkammer der sächsischen Wissenschafts- und Kulturlandschaft entwickelt hat. Die Universitätsbibliothek – aus der Sächsischen Landesbibliothek und der Universitätsbibliothek der TU Dresden gegründet – ist heute eine hochprofessionell und erfolgreich arbeitende Wissenschaftseinrichtung mit vielfältigen Aufgaben.

Rund 100 Millionen Euro haben Bund und Freistaat in den Neubau am Zelleschen Weg investiert. Über 23 Millionen Euro fließen jährlich in den laufenden Betrieb. Sie ist eine der fünf größten wissenschaftlichen Bibliotheken des Landes. Als Landesbibliothek sammelt

und archiviert sie die Veröffentlichungen über Sachsen und in Sachsen. Als Bibliothek der TU Dresden ist sie für die Informationsversorgung der Uni zuständig. Beide Aufgaben und viele in den letzten Jahren noch hinzugekommene erfüllt sie hervorragend und dies in einer Breite, für die es in Deutschland nicht viele Beispiele gibt.

Die Sächsische Staats- und Universitätsbibliothek ist ein Erfolgsmodell. Sie hat einen hohen Standard, bietet eine hohe Qualität und einen umfassenden Service. Sie übernimmt eine wichtige Aufgabe als Dienstleister für die TU Dresden und ist ein wichtiger Teil der Exzellenzbewerbung. Sie gehört zum Dresden-Konzept, das wiederum ein wesentlicher Baustein zur Vorbereitung der Bewerbung der TU Dresden für die Exzellenzinitiative ist. Dass die SLUB Bestandteil dieser Partnerschaft zusammen mit anderen Spitzenforschungseinrichtungen ist, ist ein weiterer Beleg für ihre Leistungsfähigkeit. Auch ist eine leistungsfähige Bibliothek – und das wissen viele von Ihnen – für ein Studium unverzichtbar.

Forschung und Lehre brauchen Medien, die ihnen Spitzenleistungen ermöglichen. Auch das bietet die SLUB. Tue Gutes und rede darüber. Ich möchte die heutige Debatte – und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit – gern nutzen, um die Leistung dieses Leuchtturms der sächsischen Wissenschaftslandschaft einmal in den Fokus zu rücken. Die SLUB erreicht seit Jahren in wichtigen Kennziffern, wie beispielsweise bei den Entleihungen oder in der Einwerbung von Drittmitteln kontinuierliche Spitzenplätze im bundesweiten Vergleich. Mit fast 50 000 Entleihern, davon 28 % extern, also nicht hochschulangehörige Nutzer, ist sie die ausleihstärkste wissenschaftliche Bibliothek Deutschlands.

Sie hat mit 340 Öffnungstagen fast ganzjährig geöffnet. Seit 2009 öffnet das Hauptgebäude täglich bis 24 Uhr. Sie hat auch sonntags geöffnet. Die Anzahl der Drittmittelprojekte ist in den letzten sieben Jahren von drei auf 17 angestiegen. 41 Stellen können aus Drittmitteln finanziert werden. 32 % des Ausgabenvolumens des Einwerbungsetats stammen aus Drittmitteln. Diese Leistungsbilanz kann sie aufweisen – auch das soll an der Stelle gesagt werden –, obwohl sie in den letzten Jahren kontinuierlich Personal abgebaut hat, insgesamt ungefähr 30 %. Es sind auch Aufgaben weggefallen. Es sind heute Arbeiten mit Computern möglich, die vorher mechanisch zu tun waren. Die Leistungen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SLUB erbringen, verdienen unsere Anerkennung, Dank und auch Respekt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Mit der SLUB verfügt Sachsen über eine Exzellenzbibliothek mit großem Zukunftspotenzial, die zu den führenden deutschen Großbibliotheken zählt. Dafür herzlichen Dank.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bibliotheken sind Wissenschaftsspeicher, Kultur- und Forschungseinrichtungen. Das in ihr vorhandene und gespeicherte Wissen findet sich nicht mehr allein in dieser unglaublichen Menge von Büchern, die einen jedes Mal beeindruckt, wenn man eine Bibliothek betritt.

Bibliotheken haben sich weiterentwickelt und sich der neuen Medien angenommen. Mittlerweile gibt es in Bibliotheken neben der realen auch eine digitale Welt. Zunehmend rufen ortsunabhängige Benutzer per Mausklick das jeweils beste Bibliotheksangebot am Markt ab. In wachsendem Maße drängen zudem private Anbieter auf den Wissens- und Informationsmarkt. Zwischen einer wissenschaftlichen Bibliothek von vor 15 Jahren und heute liegen Welten. Doch die SLUB ist diesen Wandel mitgegangen, und nicht nur das. Sie hat sich einen Spitzenplatz erarbeitet. So gibt es ein Digitalisierungszentrum, welches sämtliche Medien online zur Verfügung stellen kann, zahlreiche Drittmittelprojekte. Sie koordiniert im Auftrag des SMWK den sächsischen Beitrag zur deutschen und europäischen digitalen Bibliothek. Es gibt natürlich einen Blog und getwittert wird selbstverständlich auch.

Warum ist es bei dieser Erfolgsgeschichte notwendig, diesen Antrag zu stellen? Wir müssen und wollen über den heutigen Tag hinaus denken und die Frage beantworten, wie sich die Bibliothek zukünftig in die sächsische Wissenschaftslandschaft einpasst, wie sie ihre Leistungsfähigkeit und überregionale Strahlkraft erhalten kann. Das umfasst nicht nur die inhaltliche Schwerpunktsetzung, sondern auch die Frage nach der Rechts- und Organisationsform, die ihr die notwendige Handlungsflexibilität und Planungssicherheit auf Dauer eröffnet. Die Flexibilität, die wir von der Bibliothek und ihrem Angebot erwarten, den Service, den sie bieten muss, müssen wir der Bibliothek auch in ihrer Struktur und ihrer Organisation ermöglichen.

Der Antrag zielt darauf ab, die Zukunft der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden langfristig zu sichern, indem das Haus die Rahmenbedingungen erhält, die es auch künftig für ein erfolgreiches Agieren auf dem Wissens- und Innovationsmarkt benötigt. Wir wollen, dass das Ministerium zusammen mit der Einrichtung darüber nachdenkt, wie dies aussehen kann. Wie muss sich unsere erfolgreiche SLUB in Zukunft aufstellen, damit sie auch in zehn Jahren an der Spitze im bundesweiten Vergleich steht? Erfolgreiches Agieren auf den Wissens- und Informationsmärkten setzt Planungs- und Investitionssicherheit ebenso voraus wie die Möglichkeit, bei Bedarf rasch und flexibel zu handeln.

Auch der Sächsische Landtag, dieses Haus, muss der Bibliothek die Wertschätzung entgegenbringen, die sie sich erarbeitet und verdient hat. Deshalb soll die von mir skizzenartig dargestellte Entwicklung noch einmal ausführlich ausgeführt und analysiert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag hat 1995 mit dem Beschluss zur Gründung der SLUB sehr viel Mut und Weitsicht bewiesen. Die Einrichtung hat diese Chance zur Weiterentwicklung genutzt. Wir sollten uns heute von dieser Weitsicht leiten lassen und die SLUB zukunftsfähig aufstellen. Bildung und Wissenschaft sind unsere Zukunft. Für Sachsens Staatsbibliothek gilt dies in besonderem Maße. Es ist daher nur konsequent, ihr für diese erfolgreiche Zukunft die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen. Dafür soll der Antrag die Grundlage sein und deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bibliotheken sind Orte des Wissens. Daher sind sie für den Hochschul- und Wissenschaftsstandort Sachsen elementarer Bestandteil und nicht wegzudenken.

(Beifall des Abg. Henning Homann, SPD)

Johann Wolfgang von Goethe sagte einst zu Bibliotheken: „Man fühlt sich wie in Gegenwart eines großen Capitals, das geräuschlos unberechenbare Zinsen spendet.“

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf der Abg. Sabine Friedel, SPD)

So können wir uns alle gemeinsam glücklich schätzen, dass wir hier in Dresden eine wahre Perle unter den Bibliotheken deutschlandweit haben. Die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden ist heute eine der größten wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland. Sie wurde im Jahr 1996 aus der Sächsischen Landesbibliothek und der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Dresden errichtet.

Zu Ihrem Spektrum gehört nicht nur das Sammeln und Archivieren von Veröffentlichungen und die Informationsversorgung der Studierenden und Lehrenden der Technischen Universität Dresden. Zu ihren Aufgaben gehört auch, andere Bibliotheken im Freistaat zu koordinieren und für sie Dienstleistungen zu erbringen.

Die vergangenen Jahre waren für die SLUB genauso wie für andere wissenschaftliche Einrichtungen von großen Herausforderungen geprägt. Das World Wide Web machte es für jeden von uns einfacher, die immer vielfältiger werdenden Informationen dieser globalisierten Welt sprichwörtlich frei Haus geliefert zu bekommen. Warum braucht man also noch Bibliotheken?

Sich in dieser Zeit zu behaupten ist ein Wesensmerkmal der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek. Mit 2,4 Millionen Entleihungen im Jahr 2009 war sie die ausleihestärkste wissenschaftliche Bibliothek in Sachsen. Wichtig ist: Hier ist es mit dem Dresdner Digitalisierungszentrum ebenfalls gelungen, Teil der Globalisierung von Wissen und Wissensvermittlung zu werden. Mit diesem Zentrum hat die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek den Beleg erbracht, dass sie auch in Zeiten sinkender staatlicher Mittel in der Lage ist, Drittmittel zu akquirieren.

Meine Damen und Herren! Die digitale Revolution in der Wissensspeicherung und -vermittlung wird sich in den kommenden Jahren weiter verstärken. Die vielfältigen Aufgaben zu bewältigen verdient größte Hochachtung und Dank – besonders an die Mitarbeiter der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek. Durch jeden – am Telefon, an der Ausleihe, der Information oder an Stellen, an denen sie für Außenstehende nicht wahrgenommen werden – zeigt sich die große Stärke dieser Bibliothek. Jeder einzelne Mitarbeiter strahlt Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Energie aus, sodass auch jeder Laie die Suche nach dem gewünschten Werk meistern kann.

Wer die SLUB in ihrem Umfang und deren Vielfalt an Büchern und Medien schon einmal erlebt hat, weiß, wie beeindruckt und möglicherweise eingeschüchtert man sich in dieser Umgebung vorkommen kann, wenn es nicht die Hilfe der freundlichen Mitarbeiter gäbe.

Die Herausforderungen der Vergangenheit werden jedoch auch zweifellos die Aufgaben der Zukunft bleiben: weniger staatliche Mittel, immer mehr zu verarbeitendes Wissen, neue Anforderungen an die Wissensspeicherung und -vermittlung, an die Sammlung, Archivierung und nun auch die Digitalisierung des Bestandes. Sich unter diesen Bedingungen zu behaupten erfordert nicht nur das Engagement der Mitarbeiter, sondern es bedarf auch eines hohen Grades an Flexibilität und Reaktionsvermögen.

Die Frage von Kooperation und Vernetzung muss ebenfalls immer wieder neu gestellt werden. Aus diesem Grund müssen Wege gefunden und aufgezeigt werden, wie die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek weiterhin schnell, flexibel und effektiv auf diese und neue Herausforderungen der Zukunft reagieren kann.

Welche Rechts- und Organisationsform dazu geeignet sind, soll dem Landtag bis zum 30. April 2011 vorgelegt werden.

Aus diesem Grund bitte ich Sie um die Zustimmung zum Antrag von CDU und FDP.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Nun ist die Linksfraktion an der Reihe; Herr Dr. Külow, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist über zweieinhalb Jahre her, dass sich der Sächsische Landtag mit dem Bibliothekswesen im Freistaat etwas genauer befasst hat. Im Mai 2008 fand seinerzeit im zuständigen Ausschuss eine interessante Anhörung zum Antrag der GRÜNEN „Bibliothekskonzeption für das Bildungsland Sachsen entwickeln“ statt. Insofern ist es zunächst begrüßenswert, dass dieses Mal sogar im Plenum das Thema aufgerufen wird – wenngleich nur ein Teilaspekt. Dieser spielt zugegebenermaßen eine wichtige Rolle.

Damit erschöpft sich mein Lob schon, denn eine seriöse und fundierte Debatte der Koalitionsfraktionen zu der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden ist augenscheinlich nicht gewollt. Schon die vollständige und korrekte Bezeichnung der größten und wichtigsten Bibliothek Sachsens in der Antragsüberschrift überforderte augenscheinlich die CDU und FDP. An der formalen Petitesse, dass die Landeshauptstadt kurzerhand aus dem Namen der SLUB weggelassen worden ist, möchte ich mich gar nicht lange aufhalten.

Viel fataler für die heutige Debatte ist der traurige Umstand, dass man den Antrag, der am 10. Januar eingereicht wurde und keinerlei Dringlichkeitscharakter – dafür ausschließlich Berichts- und damit lediglich Fenstercharakter – trägt, sofort ohne Antwort des zuständigen SMWK in das Plenum einbringt. Ich sage an dieser Stelle ganz klar: Die vorprogrammierte Niveaulosigkeit der

Diskussionen hat das sächsische Bibliothekswesen als Ganzes, aber insbesondere die SLUB mit 2,4 Millionen Entleihungen – immerhin die umsatzstärkste Wissenschaftsbibliothek der Bundesrepublik – nicht verdient. Wenn man im Übrigen die Antwort der Staatsregierung abgewartet und die Debatte beispielsweise im April geführt hätte, wäre auch der im März erscheinende Geschäftsbericht der SLUB für 2010 in die Debatte einbezogen worden. Diese Chance ist hiermit leider vertan.

Frau Fiedler, mit der Allerweltsphrase „Tu Gutes und rede darüber“ ist es nicht getan. Manchmal tun Sie mir sogar ein bisschen leid, wie Sie von der Koalitionsfraktion verheizt werden. Das Vortragen der Internetpräsentation der SLUB bringt Sie als Abgeordnete nicht weiter. In Ihrer Weiterentwicklung befördert es Sie nicht wirklich.

(Unruhe bei der CDU)

In den 15 Jahren ihres Bestehens hat das Flaggschiff der wissenschaftlichen Bibliotheken des Freistaates – dank des enormen Engagements der dort beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – zweifellos eine sehr positive Entwicklung genommen und sich den enormen Veränderungsprozessen im Bibliothekswesen erfolgreich gestellt. Der Wandel vom klassischen Informationsträger zur Bibliothek des 21. Jahrhunderts mit allen Herausforderungen des modernen Medienwandels – ich nenne Stichworte wie Digitalisierung und elektronische Langzeitarchivierung – ist ihr überzeugend gelungen. Das belegen auch die vielen interessanten Artikel, die man in nahezu jeder Ausgabe des BIS – Magazin der Bibliotheken in Sachsen – über die SLUB und ihre bemerkenswerten Leistungen und Angebote nachlesen kann. Hierzu zählt auch und gerade die Schlüsselrolle, die die SLUB bei der weiteren konzeptionellen Entwicklung des gesamten Bibliothekswesens in Sachsen – insbesondere natürlich für die wissenschaftlichen Bibliotheken – spielt.

Insofern wundert es mich schon sehr, Frau Fiedler und Herr Tippelt, dass die unter der Federführung der SLUB von 2006 bis 2008 betreute Ausarbeitung des Fachkonzepts des SMWK mit dem etwas sperrigen Titel „Struktur- und Entwicklungsplan für die Wissenschafts- und Informationsversorgung im Freistaat Sachsen“ im Antrag und seiner Begründung mit keinem Wort erwähnt wird. Immerhin bildet dieses Fachkonzept die derzeitige Richtschnur für alle strategischen Entscheidungen im Bereich der Hochschulbibliotheken und der SLUB.