In der Wirtschaftspolitik hat ab sofort der Mittelstand wieder das Primat. Wir verabschieden uns von einer „Existenzgründungsförderung mit der Gießkanne“ und werden dafür bessere Rahmenbedingungen für Wachstum schaffen. Ich bin mir ganz sicher, dass unsere Unternehmer viel mehr können. Wir sollten sie nur endlich von der Leine lassen. Was wir bekommen, wenn wir sie von der Leine lassen, sind neue Arbeitsplätze, sichere Arbeitsplätze, mehr Steuereinnahmen, Unternehmen, die hier vor Ort bleiben und nicht nur, weil man in China ein paar Cent billiger produziert, ihr Heimatland verlassen. Es sind Unternehmen, die sich vor Ort gesellschaftlich engagieren. Sachsen ist mehr als andere Bundesländer – –
ein Land des Mittelstandes. Ich freue mich, dass in dieser Regierung der sächsische Mittelstand wieder einen
In diesem Zusammenhang bin ich übrigens sehr glücklich darüber, dass gerade erst vor wenigen Tagen die Bundesregierung eine sehr mutige Forderung, die wir zur Förderung unserer Wirtschaft im Koalitionsvertrag stehen haben, sofort übernommen hat und in ihrem Wachstumsbeschleunigungsgesetz aufgreift. Ich glaube, dass die Reduzierung der Umsatzsteuer für das sächsische und deutsche Übernachtungsgewerbe insgesamt ein echtes Konjunkturprogramm ist und dem Tourismusstandort Sachsen ganz deutlich helfen wird, meine Damen und Herren.
Ja, lieber Martin, wir werden unser Bildungssystem weiter verbessern. Ich bin sehr stolz auf den mit der Union gefundenen Kompromiss, der für uns als FDP ein Ergebnis ist, mit dem wir sehr gut leben können. Er nimmt eines zur Kenntnis – es tut mir leid, dass dies die Opposition nicht zur Kenntnis nimmt, aber so ehrlich sollten wir zumindest in diesem Hause sein –, dass Sachsen mit seinen bisherigen Schulstrukturen nicht Tabellenletzter ist.
Er nimmt zur Kenntnis, dass Sachsen in vielen Bereichen in Deutschland vorn ist und zumindest in vielen Bereichen in Europa in der Spitzengruppe angekommen ist. Es wäre völlig falsch, diese Grundlagen des Erfolges komplett infrage zu stellen und so zu tun, als ob wir nicht in Dresden, Leipzig oder Sachsen, sondern in Bremen wären. Wir sind nicht in Bremen. Wir wollen dieses Land.
Klar ist aber auch – und wenn du den Vertrag liest, würdest du es erkennen –, wir sind mit dem Erreichten trotzdem nicht zufrieden. Dazu haben wir auch Konsens mit der CDU-Fraktion. Wir wollen selbstverständlich, dass sächsische Schüler die allerbesten Bildungschancen haben, wie in Finnland oder anderen Ländern, die in einigen Bereichen momentan an der Spitze in Europa stehen.
Deswegen werden wir mit der umfangreichsten Struktur- und Qualitätsreform, die es überhaupt im sächsischen Bildungswesen seit vielen Jahren gegeben hat, unser Schulsystem nachjustieren und in entscheidenden Bereichen weiterentwickeln. Dazu gehört eine stärkere Leistungsorientierung genauso wie eine stärkere Berufsorientierung, die wir gern wollen.
Mit dem nun möglich gewordenen Wechsel von der Mittelschule auf das Gymnasium nach der 6. Klasse respektieren wir den unterschiedlichen Entwicklungsstand
junger Menschen und geben den Eltern die Chance frei zu entscheiden, ob ihr Kind nach der 4. Klasse oder erst nach der 6. Klasse den Weg aufs Gymnasium findet. Dass dieser Wechsel allein auf der Basis des Notendurchschnitts – das ist ein Unterschied zu heute – erfolgen kann, macht unser Schulsystem erheblich durchlässiger und sorgt für Chancengerechtigkeit und ganz neue Möglichkeiten, die wir im bisherigen System niemals hatten. Im letzten Jahr haben es nur 0,6 % der Schüler – insgesamt 66 Schüler – nach Klasse 6 geschafft, auf das Gymnasium zu wechseln. Daran sieht man, dass wir jetzt einen ganz neuen Hebel gefunden haben. Diese Durchlässigkeit ist Ergebnis unseres Koalitionsvertrages.
Nebenbei sorgen wir dafür, dass die Mittelschule nicht mehr der Bildungsweg zweiter Klasse ist, Herr Dulig. Im Gegenteil – die Mittelschule wird zur Oberschule, und das ist kein Begriffsspiel, sondern wir werten die Mittelschule sehr deutlich auf, zum Beispiel mit der obligatorischen zweiten Fremdsprache und auch damit, dass wir gymnasialen Unterricht an den Mittelschulen in Sachsen implementieren.
Damit schaffen wir ein neues Schulmodell, nämlich die sächsische Oberschule, und das wird die Schule für die Praktiker sein, die sich am Ende für eine Berufsausbildung entscheiden. Wenn ich die Idee zu diesem Kompromiss schon vor einem Jahr gehabt hätte, als wir das Wahlprogramm aufgestellt haben, dann hätte ich es hineingeschrieben. Es ist ein idealer Weg, und ich bin froh, dass wir ihn gefunden haben, meine Damen und Herren.
Wenn Ihnen Durchlässigkeit nicht wichtig ist, sondern Sie ganz dumpf am Tatbestand des längeren gemeinsamen Lernens in einem einzigen Klassenverband festhalten – bitte schön –, dann ist ganz klar, dass Sie unseren Bildungskompromiss nicht gutheißen werden. Ich bin froh, dass wir etwas für mehr Chancengerechtigkeit und mehr Durchlässigkeit getan haben.
Ich bin stolz auf den Start dieser Koalition. Ich freue mich auf die kommenden fünf Jahre; und glauben Sie mir, die werden richtig gut. Die werden richtig gut.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Nun, dass Sie es nötig haben, sich selbst Mut zuzusprechen, hat man Ihrer Rede angemerkt, Herr Kollege Zastrow.
Herr Ministerpräsident, Sie benennen die großen Probleme unserer Zeit, Sie führen sie in Ihrer Liste auf, aber Sie haben nicht eine einzige strategische Antwort gegeben.
Herr Flath, wenn Sie das sekundieren und sagen, wir stehen vor großen Herausforderungen in unserem Land, sage ich: Ja, und? Was machen wir jetzt grundsätzlich anders? Ich habe nur „Weiter so!“ gehört, immer nur „Weiter so!“. Hier ein Schräubchen, da ein Schräubchen, aber im Grunde soll sich nichts ändern.
Wenn Sie sagen, Herr Tillich, der technische Fortschritt bleibt nicht stehen, dann ist das eine Binsenweisheit. Das weiß jeder. Es wird immer was Neues erfunden, übrigens inzwischen weltweit und nicht nur in Sachsen. Aber welche Schwerpunkte setzen Sie denn in der Forschung? Müsste sich die Forschung nicht darauf konzentrieren, unseren Lebensstil umweltverträglich umzustellen? Wäre das nicht der Schwerpunkt der Forschung in den nächsten Jahren? Sie sagen, die Globalisierung gehe trotz Wirtschaftskrise weiter. Ja, welche exportfähigen Produkte brauchen wir denn? Ich habe nichts gehört. Sie sagen, der Klimawandel ist Fakt. Ich bin ja froh, dass Sie das inzwischen unumstritten zugeben – da gab es ja noch ganz andere Töne –, aber Sie übersehen völlig, dass das Konsequenzen in der Wirtschafts- und Verkehrspolitik haben muss. Ich habe nichts davon gehört und auch im Koalitionsvertrag nichts lesen können.
Stattdessen haben Sie – tut mir leid – in Ihrer Rede lediglich unter Beweis gestellt, dass Sie Naturschutz nicht von Klimaschutz unterscheiden können.
Sie sagen, der demografische Wandel verändert unser Land. Aber mehr als die Stärkung des Ehrenamtes ist Ihnen dazu nicht eingefallen. Ich will das Ehrenamt nicht kleinreden – das ist wichtig –, aber als Frau kann ich dazu nur sagen: Es reicht, Jungs! Wenn ich das höre! Es geht doch darum, dass die Frauen die Chancen auf Verwirklichung und die Verantwortung übernehmen können, die
jetzt dringend gebraucht wird. Die Mädels müssen jetzt auch mal ran, aber in den Herrenclubs der Koalition ist das nicht mal ansatzweise Gesprächsthema.
Sie sagen, die Lage der öffentlichen Haushalte wird nicht besser, sondern schlechter, aber Sie verraten uns immer noch nicht, wie Sie mit der einen Milliarde Euro weniger Steuereinnahmen im nächsten Jahr umgehen werden. Sie haben auch keine Perspektive für die fünf Jahre aufgemacht. Kann ja sein, dass Sie nächstes Jahr noch Geld in der Schatulle haben! Ich habe da etwas von EU-Mitteln gehört. Unabhängig davon – was ist die Perspektive für die nächsten fünf Jahre? Ich habe nichts gehört.
Wenn Sie von der Union sich nicht modernisieren und endlich eine moderne Politik für Sachsen machen, dann wird die Geschichte Sie am Ende der Legislaturperiode einholen. Dann ist auch Schluss mit dem schwarz-gelben Kuschelsofa.
Vielleicht werden Sie, Herr Tillich, ja überschätzt. Vielleicht steckt gar nicht mehr in Ihnen, als wir im letzten Jahr beobachten durften. Ein afrikanisches Sprichwort sagt: Einen, der sich schlafend stellt, kann man nicht wecken.
Ich glaube, das ist bei Ihnen der Fall. Ich will das nicht auf die billige Art machen. Es ist mir ernst. Ich habe mir heute von Ihrer Rede mehr erhofft. Ich habe verstanden, dass Sie im letzten Jahr ein bisschen die Füße stillgehalten haben, weil Sie nicht wussten, wie die Machtkämpfe in der sächsischen Union ausgehen werden. Dafür habe ich Verständnis. Aber dass Sie heute nach diesem nichtsnutzigen Koalitionsvertrag in Ihrer Rede nicht konkreter geworden sind, das nehme ich Ihnen übel. Das nehme ich Ihnen übel, weil ich finde, dass die Auslassung im Parlament mehr Tiefe und Schärfe erfordert hätte. Sie lassen sich da lieber – finde ich – weiter von der FDP in den Tiefschlaf krächzen.
Sie wurden, Herr Ministerpräsident, in den Gazetten landauf, landab als starker Mann in der CDU gelobt. Der kommende Mann. Diesen Part des Kanzlerinnenflüsterers haben Sie von Dieter Althaus geerbt. Der hatte diese Funktion schon lange vor seinem Skiunfall verloren, weil sie ohne moderne Politik, ohne Inspiration und ohne entschlossenen Umgang mit den Herausforderungen unserer Zeit eine sehr vergängliche Ehre ist – Skiunfall hin, Skiunfall her.
Diese ziellose Pendelei zwischen barockem Größenwahn und sächsischem „Weiter so!“, als ob dieses Land eine Insel wäre! Nun, Sie loben Sachsen: seine Natur, seine Kultur. Ihre Regierung hat dazu keine Unze beigetragen. Das will ich nur mal erwähnen. Und glauben Sie mir, weder das liberale Nationalmuseum noch das christdemokratische Porzellanmuseum werden diesem jahrhundertealten kulturellen Erbe in der Nachfolge wirklich gerecht. Die Regierung scheint mir nach der Rede, die ich heute hören musste, nur der neue Sachwalter der kulturellen und
wirtschaftlichen Erbstücke Sachsens zu sein. Neues können wir uns offensichtlich nicht erhoffen. Stattdessen flüchten Sie sich, weil es angenehm, leicht und komfortabel ist, wieder in die alten Klassenkampfgräben mit RotRot. Die Gefechte toben wieder, es war ein bisschen wie im Hildebrandslied, und wir saßen zwischen beiden Heeren und mussten uns das ansehen. Aber ernsthaft, das wird nicht reichen.