Protokoll der Sitzung vom 24.03.2011

Diese benannten Handlungsfelder können sich aber ändern und werden deshalb regelmäßig auf ihre aktuelle Relevanz überprüft. Wir brauchen diese Flexibilität, die ein Handlungskonzept nicht hat. Auch deshalb werde ich am 01.06.2011 die Mitglieder eines überparteilichen Gleichstellungsbeirates berufen. Dessen Aufgabe wird es sein, zur öffentlichen Meinungsbildung hinsichtlich der gleichstellungsrelevanten Interessen beizutragen und dies in Form von Stellungnahmen und Empfehlungen für politische Prozesse einzubringen.

Ich sage nochmals: Eine aktive Gleichstellungspolitik prägt alle Lebensbereiche des modernen Sozialstaates entscheidend mit. Investitionen in Fähigkeiten und Perspektiven von Frauen und Männern eröffnen beiden Geschlechtern konkrete Lebenschancen.

Sie ist ein wichtiger Standortvorteil im Wettbewerb der Regionen und für unsere Zukunftsfähigkeit hier in Sachsen. Darin sehe ich unsere Aufgaben in der Praxis und nicht in der Theorie. Erkundigen Sie sich bitte noch einmal genau bei Ihren Kollegen in Brandenburg oder Berlin. Mehr als ein Konzept ist da noch nicht vorhanden und deren Programme spiegeln nichts anderes wider als das, was wir in Sachsen schon lange abarbeiten.

Das Landeskabinett in Brandenburg hat in der vorletzten Woche gerade einmal ein Rahmenprogramm verabschiedet, in dem auch für uns nichts Neues steht. Deshalb brauchen wir konkrete Schritte. Die Gründung des Gleichstellungsbeirates ist für mich ein ganz konkreter Schritt und weitere Schritte werden folgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich danke Ihnen, Frau Staatsministerin.

Meine Damen und Herren! Das Schlusswort haben die Fraktionen SPD und DIE LINKE. Frau Kollegin Dr. Deicke, Sie werden es halten. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich lässt sich die heutige Debatte in wenigen Worten zusammenfassen. Wir können feststellen, die Staatsregierung hat auf dem Gebiet der Frauen- und Gleichstellungspolitik kein Konzept. Sie ist konzeptlos. Wenn unser Antrag abgelehnt wird, heißt das, sie will es auch bleiben.

Frau Saborowski-Richter, Sie haben über die Beispiele in Berlin und Brandenburg gesprochen und dargestellt, dass das nur sozusagen ein zahnloses Papier ist und dass es aber darauf ankommt, dass diese Maßnahmen auch finanziert werden müssen. Genau das ist der Punkt und da verweise ich auf Sachsen, da uns mit dem sächsischen Doppelhaushalt gerade nicht gelungen ist, Maßnahmen zu finanzieren. Wir hätten viel mehr machen können. Nicht eine einzige der Rednerinnen ist darauf eingegangen, dass es praktisch diesen Landesfrauenrat kaputt macht, wenn hier keine Finanzierung mehr zur Verfügung steht, und das bereits ab April.

Wir meinen, dass das, was bisher hier vorgelegt worden ist, auf keinen Fall ausreicht. Wir sagen: Uns reicht es jetzt! Wir werden uns weiter darum bemühen und uns dafür einsetzen, dass Frauen- und Gleichstellungspolitik in Sachsen den ihnen wirklich gebührenden Platz einnehmen. Wir werden dabei nicht mutlos und wir werden auch sehen, wie wir mit dem Landesfrauenrat weiterarbeiten. Wir denken, der Landesfrauenrat müsste auch weiterhin dieses Gremium sein, das mit uns gemeinsam an Konzepten arbeitet. Das ist hier völlig untergegangen. In diesem Sinne werbe ich noch einmal dafür, unserem Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/3534 zur Abstimmung und wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Wer stimmt dagegen? – Danke. Wer enthält sich? – Bei Stimmenthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür hat der Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden und ist nicht beschlossen. Der Tagesordnungspunkt 4 ist damit beendet.

Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 5

Wahl der Vertrauensleute für den Wahlausschuss nach § 23 der Finanzgerichtsordnung für die Wahl der ehrenamtlichen Richter der Finanzgerichtsbarkeit

Drucksache 5/5297, Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Es ist keine Aussprache vorgesehen. Wünscht dennoch eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter das Wort? – Das kann ich nicht feststellen. Damit können wir zur Abstimmung über die Drucksache 5/5297 kommen.

Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Stimmenthaltun

gen? – Die Drucksache ist mit großer Mehrheit beschlossen. Ich bitte den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss, umgehend tätig zu werden.

Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Verantwortung wahrnehmen: Ökolandbauberatung in Sachsen fortsetzen

Drucksache 5/5284, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Fraktionen können in der Aussprache in folgender Reihenfolge Stellung nehmen: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Meine Damen und Herren! Wir beginnen mit der Aussprache. Ich erteile der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als Einreicherin das Wort. Es spricht Frau Abg. Kallenbach. Bitte, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrte Kolleginnen! Bitte schätzen Sie doch einmal, wie hoch der Anteil am Familienbudget für Nahrungsmittel 2009 war. – 11 %. 1950 lag dieser noch bei 44 % und um 1900 sogar bei 57 %. Bei diesem historisch niedrigen Anteil bleibt selbstredend mehr für andere wichtige Konsumgüter, wie Fernsehgeräte, Computer, Mobiltelefone, Reisen. Die wirklich wichtigen Mittel zum Leben wollen viele gern zum Nulltarif im Körbchen haben. Bei einem überbordenden Angebot an Lebensmitteln zu Dumpingpreisen gerät aus dem Blick, dass der Liter Milch eben nicht für 30 Cent zu produzieren ist,

(Beifall bei den GRÜNEN)

nicht, wenn es Kuh, der Landschaft und dem Bauern auch noch gut gehen soll. Dabei weist der Rat für Nachhaltige Entwicklung darauf hin, dass die Nachfrage der Konsumenten nach nachhaltigen Konsumgütern stetig ansteigt. Wirtschaft, Landwirtschaft und Politik aber ignorieren diesen Trend mehr oder weniger bewusst.

Bleiben wir bei der Landwirtschaft. Die intensive Landwirtschaft nimmt mit über 50 % Flächenanteil in Sachsen starken Einfluss auf Natur und Umwelt und trägt ihren Anteil zum Rückgang unserer Tier- und Pflanzenwelt bei. Mit artgerechter Nutztierhaltung beim Schutz des Bodens, des Wassers und der Atmosphäre sind Landwirte besonders in der Pflicht, nachhaltig mit den Grundlagen ihres eigenen Wirtschaftens umzugehen. Landwirte haben es in der Hand, ob die Bienen unbelasteten Nektar für guten Honig bekommen oder ob sich diese am pestizidbelasteten Blütenstaub im Raps- oder Maisfeld vergiften.

Ich war sehr erschrocken, als die Mitglieder des Umweltausschusses kürzlich einen Brief von einem Imker bekommen haben, der mehr als die Hälfte seiner Bienenvölker verloren hatte. Das ist sicherlich kein Einzelfall.

Landwirte tragen auch Verantwortung für den Schutz des Mutterbodens. Ob der Boden erodiert, wird wesentlich durch die Methoden der Bearbeitung beeinflusst. Erosion ist ein seit Jahrzehnten schleichender Prozess, den der einzelne Landwirt während seines relativ kurzen Lebens sicherlich gar nicht wahrnehmen wird.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Da täuschen Sie sich!)

Forschungsergebnisse zeigen, dass seit dem Mittelalter auf ackerbaulich genutzten Hängen durchschnittlich 50 Zentimeter Boden abgetragen wurden. Die Natur kann aber nur etwa 0,1 Millimeter pro Jahr Boden neu bilden. Das heißt, dass der Boden viermal schneller abgetragen als gebildet wird – so nach Informationen des Landesamtes für Umwelt und Geologie.

Der ökologische Landbau ist die nachhaltigste Art und Weise, Landwirtschaft zu betreiben. Deshalb setzen wir uns schon lange konsequent dafür ein, das Wachstum dieser Branche zu unterstützen, nicht um ihrer selbst willen, sondern weil der Ökobauer einen großen zusätzlichen Nutzen für Mensch und Umwelt erbringt.

Nun hat sich auch der Freistaat Sachsen verpflichtet, den Ökolandbau zu fördern und die ökologisch bewirtschaftete Fläche zu erhöhen. Der Landesentwicklungsplan von 2003 gab an, dass bis 2010 10 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen ökologisch bewirtschaftet werden sollen. Traurige 3,5 % sind es tatsächlich trotz relativ hoher Umstellungszahlungen geworden. So ist es wie mit vielen anderen wohlklingenden politischen Zielen: Vollmundigen Ankündigungen folgt oft bei näherem Hinsehen viel heiße Luft.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da liegt es doch auf der Hand, nach den Ursachen der Diskrepanz zwischen Förderquote und Umstellungsbilanz zu suchen. Das ist leider nicht geschehen. Dabei sind schon die 10 % wenig ambitioniert. Die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung setzt immerhin ein 20-%Ziel für den Ökolandbau fest. 3,5 % statt 10 %, das sollte doch einem aufmerksamen Politiker auffallen! Was wir bisher tun, genügt nicht. Wir müssen mehr tun und alle verfügbaren Hebel in Bewegung setzen, um den Ökolandbau nach vorn zu bringen.

(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN)

Was passiert stattdessen? Umstellungswillige Landwirte werden verunsichert, weil unser Minister die Agrogentechnik befürwortet. Jeder Praktiker weiß aber, dass ein friedliches Nebeneinander von Ökolandbau auf dem einen Acker und der Einsatz gentechnisch veränderten Saatgutes auf dem Nachbaracker nicht möglich ist, von der mangelnden Akzeptanz bei Verbrauchern ganz zu schweigen.

Erst 65 000 Unterschriften aus dem ganzen Bundesgebiet bewegten vor wenigen Tagen den Bundesrat dazu, einen Antrag mehrerer CDU-geführter Bundesländer zur Aufhebung der Null-Toleranzgrenze für Gentechnik im

Saatgut abzulehnen. Die Verbraucher sind sensibler geworden. Die Skandale um BSE, Dioxin in Futtermitteln oder Gammelfleisch zeigen: Die Konsumenten lehnen derartige Lebensmittel zunehmend ab. Der Trend zeigt sich klar: Die industrialisierte Landwirtschaft hat zunehmend Probleme, dem Verbraucher verlässlich gesundes Essen auf den Tisch zu bringen.

Man muss es laut sagen: Tierbetriebe werden engmaschig kontrolliert, um Verlässlichkeit zu garantieren. Einsatz von Futtermitteln aus der Industrie ist verboten, ebenso Pestizide und chemische Düngung.

Bei Biolebensmitteln dagegen geht es nicht allein um den Nährstoffgehalt oder die Freiheit von gesundheitsschädigenden Rückständen. Gesunde Ernährung ist die eine Seite, eine gesunde Umwelt und artgerechte Tierhaltung die andere.

Deutschland ist gemäß einer Studie der Universität Bonn der größte Absatzmarkt für Bioprodukte in der EU. Das könnte super sein, ist es aber für unsere Erzeuger leider nicht. Die einheimische Landwirtschaft hat in einer boomenden Branche Marktanteile an andere europäische Produzenten verloren. Gerade Obst und Gemüse, genau jene Lebensmittel, die mit kurzen Wegen und frisch auf den Tisch kommen sollten, werden in besonders großem Maße importiert. Ich rede nicht von Bananen oder Zitronen, sondern von Äpfeln, Birnen, Tomaten oder Möhren. Solche überflüssigen Transporte könnte man vermeiden, wenn das Produktionspotenzial vor Ort da ist.

Da sind wir wieder bei den regionalen Wirtschaftskreisläufen, von denen schon gestern die Rede war.

Frau Kallenbach, Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Bitte.