Protokoll der Sitzung vom 24.03.2011

Wir müssen uns ein paar grundsätzliche Fragen stellen, wenn wir über das Thema „Erneuerbare Energien“ sprechen. Wenn wir Fotovoltaik stärken wollen, dann müssen wir akzeptieren, dass die Dächer unserer Häuser eben nicht mehr mit schönen roten Ziegeln gedeckt sind, sondern dass Fotovoltaikanlagen darauf angebracht sind. Das kann man akzeptieren. Das ist die Konsequenz.

Wenn wir die Windenergie stärker ausbauen wollen, dann müssen wir auch akzeptieren, dass in unserer Landschaft Windräder stehen.

Wenn wir die erneuerbaren Energien insgesamt ausbauen wollen, dann müssen wir akzeptieren, dass in unserer Landschaft Hochspannungsleitungen stehen, die dafür sorgen, dass der Strom vom Erzeuger zum Verbraucher gebracht wird. Das müssen wir einfach akzeptieren. Das ist auch Bestandteil eines solchen Konsenses hin zu mehr erneuerbaren Energien.

Lassen Sie mich noch ein Wort zum Thema Erdkabel sagen. Erdkabel verursachen beim Verlegen zunächst einmal einen wesentlich stärkeren Eingriff in die Natur, als die Verlegung von Hochspannungsleitungen verursacht. Dann muss man auch sehen – ich komme aus der Branche –, dass im laufenden Betrieb zum Beispiel eine Gas-Pipeline eine wesentlich geringere Beeinträchtigung darstellt als meinetwegen ein 110-kV-Erdkabel. Denn durch ein 110-kV-Erdkabel haben Sie eine beträchtliche Wärmeentwicklung, die Sie auch an der Oberfläche feststellen. Bei den klimatischen Verhältnissen in Sachsen liegt über der 110-kV-Trasse im Winter kein Schnee. Das ist eine Konsequenz und es ist auch ein Eingriff in die Umwelt, den wir uns überlegen sollten. Auch hierbei ist es nicht so einfach zu sagen „Wir verlegen mal ein Kabel, dann ist alles gelöst“, sondern auch das muss man sich gut überlegen.

Liebe Kollegen von den GRÜNEN! Der beste Energieträger, um das Problem der Unstetigkeit der erneuerbaren Energien auszugleichen, ist momentan das Gas, denn Gaskraftwerke können Sie relativ schnell zuschalten und relativ schnell wieder abschalten.

Es ist natürlich auch unter dem Thema Leitungsbau viel sinnvoller, mit dezentralen Einheiten die Lücke regional zu schließen, denn dann braucht man keine großen Übertragungsnetze.

Nur, wenn wir das machen, lieber Kollege Lichdi, ist eben Erdgas die momentan ideale Energiequelle. Was allerdings an Erdgas nach Ihrer Definition erneuerbar sein soll, ist mir bisher auch noch nicht klar geworden. Also auch hier sollten wir versuchen, uns einer fachlichen Diskussion zuzuwenden.

Im Ergebnis, sehr geehrte Damen und Herren: Die Staatsregierung setzt nach wie vor auf einen Energiemix, der auch aus einem deutlich erhöhten Anteil regenerativer Energien besteht, wozu auch Erdgas und die heimische Braunkohle gehören.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Johannes Lichdi, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Herr Lichdi.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Herr Morlok, ich bin Ihnen für Ihren Redebeitrag außerordentlich dankbar. Wir haben gerade einer historischen Stunde beigewohnt. Es war das erste Mal, dass ein Mitglied der Staatsregierung versucht hat, inhaltlich auf unsere Ausbaustudie einzugehen. Ich gratuliere Ihnen sehr herzlich, und ich möchte dazu noch ein paar Worte verlieren.

Unsere Studie hat das wissenschaftlich-technische Potenzial erörtert und nicht Umsetzungsfragen, die Sie, Herr Staatsminister, zu Recht angesprochen haben. Wir haben immer betont, dass natürlich die Frage der Netze und die Frage der Diskontinuität noch zu lösen sind. Da besteht überhaupt kein Dissens. Wir haben in unserer Studie auch versucht – und das ist auch einer ihrer Vorteile –, annähernd zu ermitteln, wie viel Dachfläche und wie viel Windenergieanlagen wir eigentlich brauchen. Das haben wir uns nicht selber ausgedacht, sondern da haben wir auf Studien gefußt, die schon vorlagen, teilweise auch vom Freistaat Sachsen in Auftrag gegeben.

Gas ist klar. Die Gaskraftwerke sind für uns die Brückentechnologie. Gas-GuD-Kraftwerke sind die Brückentechnologie. Wir werden sie wahrscheinlich in gewissem Umfang noch für die nächsten 20 Jahre brauchen, und dann können wir tatsächlich völlig auf die EE umschalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Staatsminister, möchten Sie auf die Kurzintervention antworten? – Nein.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Frau Dr. Pinka, Sie nutzen sicherlich auch das Instrument der Kurzintervention.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Herr Morlok, Sie sprachen mich persönlich an. Was ich gemeint habe, ist, dass wir derzeit unsere Energiekonzeption darauf aufbauen, dass wir über Bedarf Strom produzieren und ein Drittel des von uns erzeugten Stromes aus dem Land exportieren. Das ist meiner Meinung nach der immensen Braunkohlenverstromung geschuldet. Wir könnten also durchaus jetzt aktuell ein Konzept aufbauen, in dem das Stromaustauschsaldo ausgeglichen ist. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, inwieweit wir Stromnetze über Ländergrenzen hinweg zum Austausch benötigen.

Sie möchten darauf antworten, Herr Staatsminister?

Ich möchte gerne darauf antworten, weil ich noch einmal die Problematik deutlich machen möchte.

Selbstverständlich könnten wir als Freistaat Sachsen – nicht wir, aber die entsprechenden Kraftwerksbetreiber – entscheiden, entsprechend weniger Braunkohlenstrom herzustellen und dann eben nicht mehr zu exportieren. Die Frage ist aber: Welchen Vorteil hätten wir, auch andere, daraus,

(Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE)

dass wir die CO2-Bilanz verbessern unter der Maßgabe, dass der entsprechende Strom auch tatsächlich woanders erzeugt wird? Das ist genau die Frage. Dann wäre das möglich. Ansonsten besteht ein entsprechender Vorteil nicht.

Ich sage, es ist gerade angesichts der Diskussion, die wir führen, ob oder wie viele Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden sollen, sehr sinnvoll, dass wir hier im Freistaat Sachsen den entsprechenden Braunkohlenstrom haben; denn wenn wir zu schnellen Atomausstiegsszenarien kämen, wären wir, glaube ich, insgesamt in Deutschland sehr froh darüber, dass wir diesen sächsischen Braunkohlenstrom haben, um ihn zumindest kurz- und mittelfristig auch als Ersatz für Atomenergie zur Verfügung zu stellen.

Was ich deutlich machen möchte, ist, dass wir international eine viel stärkere Vernetzung im Bereich der Energieversorgung, im Bereich der Stromversorgung benötigen. Das wird dazu führen, dass wir als Sachsen zu bestimmten Zeitpunkten nach wie vor Stromexporteur sein werden. Zu anderen Zeiten werden wir Stromimporteur sein. Nur wenn wir diesen Ausgleich insgesamt hinbekommen, werden wir auch eine Chance haben, den dramatischen Ausbau der erneuerbaren Energien zu erreichen, den wir uns gemeinsam wünschen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Ich darf darauf reagieren?)

Nein, leider nicht mehr. Sie haben als Fraktion zweimal die Möglichkeit zu einer Kurzintervention. Sie haben auch keine Redezeit mehr.

Redezeit hat nur noch die CDU-Fraktion. Ich frage die CDU-Fraktion. – Die CDU-Fraktion möchte nicht mehr sprechen.

Meine Damen und Herren, die Debatte ist abgeschlossen, der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich unterbreche die Sitzung, wie im Präsidium abgesprochen, für 45 Minuten. Das heißt, wir beginnen um 13:30 Uhr mit dem nächsten Tagesordnungspunkt.

(Unterbrechung von 12:45 bis 13:30 Uhr) Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

Tourismusstrategie für Sachsen entwickeln

Drucksache 5/4502, Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, FDP, DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile den Fraktionen CDU und FDP als Einreicherinnen das Wort. Frau Windisch für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Tourismus nach der Mittagspause reißt nicht alle Fraktionen vom Hocker. Die Einreichenden sind wenigstens an Bord, und das ist auch ein Ausdruck dafür, dass uns der Tourismus in Sachsen sehr, sehr wichtig ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Tourismusjahr 2010 war für Sachsens Tourismuswirtschaft das bisher erfolgreichste. Dafür möchte ich im Namen meiner Fraktion allen ganz herzlich danken, die zu diesem Superergebnis auf vielfältige Art und Weise und auf verschiedenen Ebenen beigetragen haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Insgesamt hat Sachsen mit 5,1 % mehr an Gästen und 3,4 % mehr an Übernachtungen, über 16,3 Millionen an der Zahl, das bisher beste Jahresergebnis zu verzeichnen. Damit wurde erstmals das bisherige Alljahreshoch im Jahr der Einweihung der Frauenkirche 2006 um circa 292 000 Gäste und 416 000 Übernachtungen übertroffen. Den höchsten Gästezuwachs hatte mit 9,8 % Dresden. Auch die Anzahl der ausländischen Gäste ist mit 14,5 % gegenüber dem Vorjahr erfreulich stark gewachsen.

Das ist eine Entwicklung, die sich sehen lassen kann, insbesondere auch im Vergleich mit anderen bisher sehr erfolgreichen Bundesländern wie – um nur einige zu nennen – Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, BadenWürttemberg oder Rheinland-Pfalz, die Rückgänge oder nur ganz minimale Steigerungsraten zu verzeichnen hatten.

Das ist ein gutes Ergebnis für den Sachsen-Tourismus, aber bekanntlich ist das Gute der Feind des Besseren. Deshalb stellen wir diesen Antrag und haben klar definierte Aufträge. Deshalb gibt es die Intention, die bisherigen Leitlinien für die Tourismusentwicklung in Sachsen, die Grundzüge der sächsischen Tourismuspolitik von 2004, zu überarbeiten, dabei den Zeithorizont bis 2020 zu fassen und sie den neuen Rahmenbedingungen anzupassen.

Meine Damen und Herren! Die Megatrendsetter im Tourismus sind gegenwärtig die Globalisierung, der Klimawandel und der demografische Wandel. Unsere Wettbewerber schlafen nicht. Ich will nur einige wenige

Beispiele nennen. Österreich hat neue Förderrichtlinien für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Kraft gesetzt und will ein noch effizienteres Förderungssystem mit klaren Kriterien und weniger Verwaltungsaufwand schaffen. 2011 wird Mecklenburg-Vorpommern kräftig investieren. In diesem Jahr steht die Eröffnung von Hotels und Herbergen mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 250 Millionen Euro an. Bayern setzt auf Innovationen. Es hat einen Innovationspreis in Höhe von 50 000 Euro ausgelobt und veranstaltet das ganze Jahr über Innovationsseminare. Die Topmarke Allgäu investiert mehr als eine Million Euro für das gemeinsame Marketing in den Urlaubsthemen Winterwandern, Rad und Städte und die Produktlinie Musikhochgenuss. Auch eine Wertekampagne ist ins Leben gerufen worden, nämlich im Brandnertal unter dem Motto „Berge spürbar machen“. Das soll zur Schärfung des Tourismusbewusstseins der Bevölkerung und der Tourismusmitarbeiter beitragen, um an einem Strang zu ziehen, damit die Gäste einen einzigartigen Urlaub in einer besonderen Umgebung erleben. – Das waren nur einige Beispiele aus dem nationalen und internationalen Umfeld.

Für uns in Sachsen gilt es, die tourismuspolitischen Ansätze neu zu beleuchten, um vor dem Hintergrund geringer werdender staatlicher und kommunaler Zuschüsse mit einem Maßnahmebündel eine optimale Nutzung der Wachstumspotenziale des Sachsen-Tourismus zu ermöglichen. Die Devise lautet: Anpassung mit Wachstum verbinden.

Meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion ist der Tourismus ein ganz wesentlicher Wirtschaftsfaktor.