Jana Pinka

Sitzungen

5/8 5/10 5/12 5/13 5/18 5/19 5/21 5/27 5/29 5/33 5/34 5/35 5/45 5/47 5/49 5/51 5/52 5/54 5/55 5/57 5/58 5/60 5/62 5/64 5/67 5/68 5/69 5/70 5/72 5/73 5/74 5/76 5/77 5/78 5/79 5/81 5/82 5/84 5/86 5/87 5/89 5/90 5/91 5/92 5/94 5/96 5/97 5/98 5/101

Letzte Beiträge

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ganz bewusst hat unsere Fraktion am letzten Plenartag der 5. Legislaturperiode des Sächsischen Landtags diesen Antrag „Forschungsprogramm für einen Strukturwandel in der Lausitz“ auf die Tagesordnung gesetzt. Ich bin jetzt schon auf die Diskussion gespannt, auch wenn wir in der Zeit fortgeschritten sind.
Warum ist uns dieser Antrag so wichtig? – Ich darf dazu den Kollegen Krauß vom Dezember des letzten Jahres zitieren, als er unserer Fraktion nicht zum ersten Mal in der Diskussion über den Ausstieg aus der Braunkohlenverstromung Folgendes vorwarf:
„Ich würde mir mehr Realismus wünschen; denn es geht nicht darum, Arbeitslose zu schaffen, wie das offensichtlich Ihr Ziel ist, sondern es muss darum gehen, dass wir gut bezahlte Arbeitsplätze bei uns in der Region erhalten können.“
Genau diesen Vorwurf haben wir aufgegriffen und zunächst recherchiert, welche Forschungsarbeiten in den vergangenen Jahren international in Bergbaufolgelandschaften erstellt wurden, um den Nach-Bergbau in all seinen Facetten so zu gestalten, dass es in den Regionen weitergehen kann, damit sogenannte Locked-in-Effekte vermieden werden können.
Viel wichtiger aber war uns der erlangte Kenntnisstand zum Lausitzer Raum; denn uns allen im Hohen Haus muss eigentlich klar sein, dass die Lausitz durch die derzeit dominierende wirtschaftliche Ausrichtung auf den Braunkohlenbergbau und auf die Braunkohlenverstromung durch ein unvorbereitetes Ende dieses Wirtschaftszweiges in erhebliche Turbulenzen geraten würde. Dabei
ist es aus meiner Sicht zunächst unerheblich, ob ein solcher Ausstieg spätestens im Jahr 2040, also in 26 Jahren, oder zu einem anderen Zeitpunkt erfolgt. Eher ist ausschlaggebend, ob ein Ende des Bergbaugeschehens geplant ist und von weiterreichenden Maßnahmen flankiert wird oder abrupt eintreten wird.
Ehrlich gesagt, ich war persönlich sehr erschrocken, dass die seit gefühlt ewigen Zeiten regierende CDU nachweislich keinerlei Ideen entwickelt hat, wie die Lausitzer Braunkohlenregion in Gänze nach dem Ende der Braunkohlenverstromung wirtschaftlich entwickelt werden kann.
Ob die touristischen Vorstellungen von einer der größten von Menschenhand geschaffenen Wasserlandschaften Europas aufgehen und damit dauerhaft gut bezahlte Arbeitsplätze entstehen, ist völlig offen. Was einige hier hoffen, steht in krassem Widerspruch zu den Realitäten in der Lausitz. Ich weise nur darauf hin, dass den zehn Badeseen in der gesamten Lausitz, in denen das Baden sicher möglich ist, 101 Seen gegenüberstehen, die vollständig gesperrt oder nur eingeschränkt nutzbar sind.
Möglicherweise ist an manchen Seen der Bädertourismus zielführend, wie am Bärwalder See; aber folgen wir der Spree weiter nordwestlich, holen uns alle Probleme, die insbesondere von unserer Fraktion in den letzten fünf Jahren angesprochen wurden, als Bergbaufolge wieder ein: der Grundwasserwiederanstieg, großräumige Sperrungen setzungsfließgefährdeter Kippen, die Versauerung des Grundwassers, die Verockerung der Spree.
Wir sollten die Augen davor nicht verschließen: Auch der jetzt aktive Braunkohlenbergbau wird irgendwann Sanierungsbergbau sein.
Die inhaltlichen Vorstellungen des Antrags und damit eines Lausitzer Forschungsprogramms wird Ihnen meine Kollegin Dr. Runge in der nächsten Runde darlegen. Zunächst nur so viel: Die Energiewirtschaft in Sachsen braucht verlässliche politische Rahmenbedingungen, um
den Prozess des Braunkohlenausstiegs sowohl für die beteiligten Unternehmen als auch für die Beschäftigten planbar und die begleitenden Entwicklungen gestaltbar zu machen. Wir schätzen den monetären Forschungsbedarf auf circa 2 Millionen Euro für vier Jahre.
Was wir nie wieder aus den Regierungsreihen hören wollen, sind Äußerungen wie vom Chef der Sächsischen Staatskanzlei Johannes Beermann in einer MDRDiskussionsrunde vom 5. Mai 2014: dass die Lausitz ohne Kohle tot sei. Dies spiegelt eindrucksvoll die gängige Meinung der derzeit politisch Verantwortlichen wieder.
Ich fasse für mich noch einmal zusammen. Erstens. Ob es von der CDU gewünscht ist oder nicht, das Ende des Kohlezeitalters wird über kurz oder lang auch in der sächsischen Lausitz ankommen.
Zweitens. Eine stoffliche Nutzung der Kohle scheidet nach derzeitigem Wissensstand aus, da die Kohlequalitäten – anders als vielleicht im mitteldeutschen Revier – nicht ausreichend sind.
Drittens. Die Staatsregierung hat keine Perspektive für die Lausitz, außer: Weiter wie bisher! In der wirtschaftlichen Monostruktur würde sich das katastrophal auswirken.
Viertens. Wir tun gut daran, vorauszudenken und nicht erst dann nachzudenken, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Das verstehe ich unter anderem auch als meine Aufgabe hier als Abgeordnete. Dazu haben wir Ihnen Vorschläge auf den Tisch gelegt. Unsere Fraktion setzt nicht auf eine Devastierung der Lausitz und auch nicht allein auf einen Ökolandbau, wie in der „Lausitzer Rundschau“ falsch dargestellt wurde, sondern auf eine strategische Vorausschau und die gezielte Entwicklung mit den Menschen und für die Region.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Sachsen hat wie jedes andere Bundesland gemäß § 20 des Bundesnaturschutzgesetzes den Auftrag, 10 % der Landesfläche für einen Biotopverbund zur Verfügung zu stellen. Daher ist die Frage, wo auf diesem Weg wir derzeit stehen, schon eine spannende, die es zu beantworten gilt.
Sehr geehrter Herr Dr. Meyer, alles Gute zum Geburtstag! Ich werde am 18.06.2015 nachfragen, ob Sie die 10 % wirklich erreicht haben.
270 FFH-Gebiete und 77 europäische Vogelschutzgebiete sind der Europäischen Kommission bisher gemeldet worden. Sie nehmen 15,9 % der Landesfläche ein. Teilweise gibt es Überschneidungen mit den 2,8 % der Landesfläche einnehmenden Naturschutzgebieten oder den 0,5 % der Landesfläche einnehmenden Nationalparks. Tja, alles wieder einmal richtig gemacht im Umweltministerium?
Worum geht es beim Biotopverbund und der Biotopvernetzung? Das ist in wenigen Worten erläutert.
Der zunehmende Nutzungsdruck auf die Landschaft führt zu einem Verlust an wertvollen Biotopen. Diese verlieren nicht nur insgesamt an Fläche, sondern werden in isolierte Einzelteile zerlegt. Die störenden Einflüsse und Randeffekte auf die kleinen Flächen nehmen zu. Die verbleibenden Biotopinseln sind für viele Arten zu klein, und ihre Isolation erschwert den Austausch von Individuen zwischen den Gebieten. Dies führt zu einer genetischen Verarmung der Populationen und gefährdet ihr dauerhaftes Überleben.
Durch das bisherige Schutzgebietssystem können lediglich 30 bis 40 % der heimischen Arten in überlebensfähigen Populationen erhalten werden. Um das Überleben eines wesentlichen Teils der heimischen Fauna und Flora zu ermöglichen, müssen deshalb auch außerhalb von Schutzgebieten die Voraussetzungen für Ausbreitung und Wanderung der Arten verbessert werden.
In § 21 Bundesnaturschutzgesetz ist dazu weiterhin erläutert, die Kernflächen, Verbindungsflächen und Verbindungselemente des Biotopverbundes sind insbesondere durch rechtliche Unterschutzstellung, planungsrechtliche Festlegungen und langfristige vertragliche Vereinbarungen rechtlich zu sichern. Da hilft auch der Verweis auf die 15,9 % Natura-2000-Gebiete nicht weiter. Hier geht es um einen landesweiten Verbund.
Darüber hinaus sind laut Bundesnaturschutzgesetz zu sichern und weiterentwickeln: Randstreifen, Uferzonen und Auen oberirdischer Gewässer sowie in von der Landwirtschaft geprägten Landschaften lineare und punktförmige Elemente, insbesondere Hecken und Feldraine sowie Trittsteinbiotope. All diese Anforderungen sind seit 2002 im Bundesnaturschutzgesetz verankert. Die ersten Forderungen nach einem Biotopverbund stammen aus dem Jahr 1985 in der alten Bundesrepublik, wo der Sachverständigenrat für Umweltfragen in einem Sondergutachten „Umweltprobleme der Landwirtschaft“ so etwas gefordert hat.
Was ist nun in Sachsen zu dem Thema geschehen? Im Jahr 2007, fünf Jahre nach der entsprechenden Bundesregelung, beginnt eine Projektpilotphase, die nun nach sieben Jahren wohl abgeschlossen ist. Die Staatsregierung sieht die Einrichtung und Erhaltung eines Biotopverbundes in Sachsen bereits jetzt als erfüllt an. Damit besteht im Grunde kein Handlungsbedarf mehr. Die deutsche Umwelthilfe erhält im Jahr 2010 auf eine konkrete Anfrage nach dem Umweltinformationsgesetz die Antwort aus dem Umweltministerium, dass die fachlichen Arbeitsgrundlagen für einen landesweiten Biotopverbund erarbeitet wurden und rund 29 % der Landesfläche zu einem Suchraum gehören. Diesen Stand haben wir in etwa heute noch, vier Jahre nach der Anfrage.
In einzelnen Landkreisen gibt es bereits feinmaßstäbliche Karten, die jedoch von der Führung des Umweltministeriums eigentlich nicht gewollt sind. Die Behörden kommen durch die Verwaltungsreform mit der Umsetzung nicht hinterher. Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung hat ermittelt, dass wir noch lange nicht am auferlegten 10-%-Ziel sind, sehr geehrter Herr Dr. Meyer. Auf nur circa 8 % der Landesfläche wurden FFH-Lebensraumtypen unter Schutz gestellt. Dabei kann noch keine Rede von weitreichender funktionaler Vernetzung sein.
Und es geht noch weiter. Unter dem Motto „Naturkapital Sachsen verspielen wir unsere Zukunftsfähigkeit“ stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dar: Von den etwa 150 000 Hektar Fläche waren 140 000 Hektar pflegerelevant, wovon nur 120 000 Hektar finanziell für Pflegemaßnahmen abgesichert sind. Sie beziffern die Lücke der Ist-Förderung zum notwendigen Soll im Jahr 2009 mit 35 Millionen Euro. In der nun beginnenden Förderperiode wird diese Lücke nach meiner Prognose größer werden.
Im März 2014 stellten BUND und Nabu eine Analyse zum Schutz der biologischen Vielfalt in den Ländern als Vergleich vor. In Sachsen steht die Ampel auf Rot. Es ist offensichtlich, dass der Naturschutz nicht die Stärke von Sachsens Umweltminister ist. Tatsächlich finden sich auf seiner Homepage unter dem Stichwort Biotopverbund – Frau Kallenbach sagte es – auch Unterlagen zu fachlichen Arbeitsgrundlagen. Allerdings sind diese uralt. Dazu habe ich eingangs etwas gesagt. Pilotphase seit 2007 – nun mehr oder weniger folgenlos.
Die planerische Sicherung oder Instrumente bzw. Pilotprojekte zur Umsetzung des Biotopverbunds aufbauend auf den fachlichen Arbeitsgrundlagen für einen landesweiten Biotopverbund im Freistaat Sachsen und den bis 2007 erarbeiteten FFH und SPA-Managementplänen – kaum etwas davon wurde eingelöst. Ich habe nach dem von BUND und Nabu einzig positiv Erwähnten, nämlich der Umsetzung von Managementplänen für die FFHGebiete nachgefragt. Die Antwort auf meine Kleine Anfrage, Drucksache 5/13617, war, dass die von der oberen Naturschutzbehörde erlassene Rechtsverordnung zur Bestimmung der FFH-Gebiete als besondere Schutzgebiete keine Ge- und Verbote enthält und somit unverbindlich bleibt. Auswirkungen auf die Biodiversität sind in größerem Umfang erst durch die Umsetzung der Managementpläne der FFH-Gebiete zu erwarten. Weil jedoch kaum systematisch erfasstes Wissen über die Umsetzung dieser Maßnahmen vorliegt, sind die Aussagen darüber spärlich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN! Wir stimmen Ihrem Antrag zu. Allerdings halte ich für mich fest, dass Ihr Erwachen in dieser 5. Legislaturperiode schon recht spät kommt. Ich kann mich nicht erinnern, dass die letzten großen Entscheidungen in diesem Hohen Haus in Bezug auf den Biotopverbund durch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geprägt waren. Ich erinnere mich zum Beispiel an die Stellungnahmen zum Landesentwicklungsplan im letzten Jahr. Da haben Sie zwar die Einrichtung eines Biotopverbundes auf 15 % der Landesfläche gefordert, aber keine konkreten Wege dahin aufgezeigt, wie Sie es jetzt im Antrag fordern.
Unsere Fraktion hingegen hat bereits vor zwei Jahren gefordert, dass in den Bereichen effiziente Flächennutzung und Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme auf Regelungen nicht verzichtet werden sollte. Wir hatten gefordert, dass als Ziele formuliert werden, dass beispielsweise ausgehend von einer Darstellung übergeordneter Anforderungen an bzw. Vorkommen von Wanderungskorridoren, von Arten, Zielarten für den Biotopverbund und den bislang flächenbezogen verfolgten Biotopverbund im Landschaftsprogramm in den regionalen Strukturen zu identifizieren und darzustellen sind, für die besondere Bedarfe, unter anderem hinsichtlich Biotopverbund, aber auch aus anderen Planungsbereichen wie Hochwasserschutz und Aufwertung der Landschaft bestehen. Diese Flächen wären durch gezielten Flächenerwerb über Vorkaufsrechte oder den von uns vorgeschlagenen Bodenfonds zu erwerben gewesen. An diesen Regelungen haben Sie irgendwie herumgekrittelt, ohne selbst konkret zu werden, wie das gehen könnte.
Weiterhin wollten wir als Ziel festlegen, dass Flächenneuversiegelungen allgemein nur bei flächengleicher Entsiegelung zugelassen werden können. Des Weiteren wollten wir, Herr Dr. Meyer, in unzerschnittenen verkehrsarmen Räumen in Größenordnungen über
100 Quadratkilometer und in Gebieten, die von Straßen mit geringer Verkehrsbelegung zerschnitten sind und
Größen von 40 bis 70 Quadratkilometern aufweisen, Straßenneu- und -ausbau nicht zulassen.
Alle diese Vorschläge wurden nicht übernommen, aber hier gehören Ihre Forderungen hin, nämlich in die Landesentwicklungsplanung. Deshalb ist Ihr mit Zeitverzögerung vorgelegter Antrag hochlöblich, für diese Regierung aber wie Perlen vor die Säue geworfen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ganz am Anfang möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung und der verschiedenen Fraktionen danken, die in diesem Untersuchungsausschuss eine immense Arbeit geleistet haben. Ich denke, das ist auch im Sinne der CDU-Kollegen.
Ich möchte zunächst mit einem Zitat aus der Zeugenvernehmung von Umweltminister Kupfer am 10. März 2014 vor dem Untersuchungsausschuss beginnen: „Eine Ablehnung des Importes einer begrenzten Menge von Siedlungsabfällen aus Kampanien zu Beginn des Jahres 2008 im Rahmen einer bundesdeutschen Nothilfemaßnahme wäre kein gutes Zeichen im Sinne europäischer Solidarität gewesen. Solche Zeichen von Solidarität stehen dem abfallwirtschaftlich hervorragend aufgestellten Freistaat Sachsen durchaus gut zu Gesicht. Mit der Solidarität war es dann jedoch abrupt im November 2008 vorbei, nachdem im Fernsehen Berichte über Unregelmäßigkeiten ausgestrahlt wurden. Das sächsische Samaritertum ist also gewissermaßen in die Klauen krimineller Machenschaften geraten und unverschuldet missbraucht worden.“
So die Geschichte von Staatsminister Kupfer. Dabei wird jedoch komplett ausgeblendet, wer hier im Lande welche Aufgabe hat und dass die sachgerechte Überwachung von Abfallanlagen zum Tagesgeschäft einer Umweltverwaltung gehört.
Aber die Erzählung geht noch weiter. Ich fasse die Interpretation der CDU zum Abfall-Untersuchungsausschuss einmal kurz zusammen; sie ist ja gerade widergespiegelt worden:
Erstens. Die zuständigen Behörden haben alles richtig gemacht.
Zweitens. Behördliche Maßnahmen bei dennoch auftretenden Unregelmäßigkeiten im Abfallsektor wurden unverzüglich eingeleitet.
Drittens. Schuld sind immer die anderen und krimineller Energie kann kaum Einhalt geboten werden.
Doch ein Ereignis lässt immer mindestens zwei verschiedene Interpretationen zu. Bei unserer Analyse der Vorgänge sind wir streng beweisgestützt vorgegangen. Das können Sie im Minderheitenvotum sehen und nachvollziehen.
Unser Ergebnis in aller Kürze – wie gesagt, es ist nachweisbar und belegbar –:
Erstens. Die zuständigen Behörden sind aufgrund von überbordenden Aufgabenzuweisungen teilweise nicht in der Lage, die ihnen übertragenen Aufgaben sachgerecht zu erfüllen.
Zweitens. Die zuständigen Behörden haben zumindest zeitverzögert gehandelt.
Drittens. Der Informationsaustausch in den Behörden war äußerst mangelhaft.
Viertens. Die Schuld lässt sich nicht so einfach einseitig auf die Unternehmen der Abfallwirtschaft abwälzen. Wichtig ist unseres Erachtens bei der Bewertung der Umstände nämlich auch eine Betrachtung der Strukturen
und Handlungsweisen sowie der Zwänge, denen die Akteure ausgesetzt sind.
Ich möchte nun an einigen Beispielen erläutern, wie selektiv die Wahrnehmung der CDU ist und wie Fakten auch wiederholt durch Staatsminister Kupfer zielgerichtet geschönt und verdreht werden. Doch zunächst eine Ausführung zu atmosphärischen Zuständen in der sächsischen Verwaltung. Ich habe nämlich in der letzten Zeit wiederholt mit Behörden telefoniert. Interessiert hat mich unter anderem, wo ich in der Behörde die Überwachungsergebnisse für überwachungspflichtige Anlagen einsehen könnte. Sie müssen dazu wissen, dass es eine Verpflichtung, die Ergebnisse der Überwachung bestimmter Anlagen öffentlich zu machen, seit 2006 aufgrund des Sächsischen Umweltinformationsgesetzes gibt.
Zunächst meist betroffenes Schweigen am anderen Ende der Telefonleitung, dann der Hinweis, dass man ein Gespräch mit einer Abgeordneten anzeigen und aufzeichnen müsse,
und schlussendlich die Auskunft: Da gibt es nichts Öffentliches. – Auf Nachfrage, dass in der neuen Fassung des Überwachungskonzeptes für den Freistaat Sachsen von 2013 stünde, dass die Ergebnisse der Überwachungen spätestens am 31.03. des Folgejahres im Internet veröffentlicht werden sollen, hatte ich den Eindruck, mein Gegenüber würde gern auflegen wollen. Ein Mitarbeiter fragte mich dann geradeheraus, wann er das denn auch noch machen solle.
So viel zu den Strukturen. Es läuft nichts rund in Sachsens Verwaltung. Es herrscht Unzufriedenheit, teilweise Angst, Überforderung wegen zu vieler und immer neuer Aufgaben, und gleichzeitig ist der Umgangston, insbesondere mit dem Staatsministerium, sehr, sehr rau.
Immer neue Forderungen ohne adäquate Mittelausstattung und Fachkräfte in den Behörden. Die Schuld und Verantwortung werden nach unten abgewälzt, obwohl die Fehler oben gemacht wurden bzw. die strukturellen Gegebenheiten oben angelegt wurden. Die Ergebnisse liegen meines Erachtens auf der Hand: Auch wenn in der Abfallwirtschaft den Marktkräften freie Bahn gelassen werden soll, ist eine funktionierende behördliche Kontrolle unerlässlich, sonst entwickeln sich die Wissensstände der Kontrollierenden und der zu Kontrollierenden teilweise weit auseinander.
Um handlungsfähig zu sein, müssen Behörden sinnvoll strukturiert, ihren Aufgaben entsprechend organisiert und mit fachkundigem Personal ausgestattet sein. Was wir als Ergebnis einer mangelhaften Strukturorganisation immer wieder identifiziert haben, ist Folgendes: Eine bedeutende Rolle spielt dabei die „Feuerwehrtaktik“, sprich: Behördenhandeln findet erst dann statt, wenn problematische
Ereignisse im Licht der Öffentlichkeit erscheinen. Frühe Warnungen aus der Bevölkerung, zum Beispiel über Geruchsbelästigung – den Leuten stinkt irgendetwas –, werden zu oft und zu lange ignoriert bzw. laufen die Behörden im Vollzug den Entwicklungen noch viel zu lange hinterher.
Überwachungen an sich helfen nicht, wenn sie nicht mit dem nötigen Überblickswissen durchgeführt bzw. die Ergebnisse und Erkenntnisse nicht weitergegeben werden, vielleicht noch zur Kenntnis genommen, aber nicht weiter diskutiert werden.
Beispielsweise standen im Fall der Westsächsischen Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft mbH, kurz: WEV, die Behördenvertreter im Januar 2008 und auch später direkt neben den Lkws, die den Abfall nach Sachsen-Anhalt transportiert haben. Das war damals und ist auch heute noch rechtlich nicht zulässig. Vertreter der WEV haben diesen Behördenvertretern umfassend und klar dargestellt, dass der Abfall weitertransportiert wird. Das steht auch so in den Überwachungsprotokollen. Davon gewusst haben will die zuständige Landesdirektion jedoch erst im November 2008.
Es gibt eine Reihe von Anhaltspunkten, Überwachungsberichte und eine E-Mail aus dem Umweltministerium, die belegen, dass der Umstand seit Langem bekannt sein musste. Aber, mit Verlaub, das Verschleiern und Lügen geht bis heute weiter. Selbst Staatsminister Kupfer hat den Umweltausschuss nachweislich falsch informiert. Bei seiner Zeugenvernehmung im Untersuchungsausschuss habe ich mir, ehrlich gesagt, aber dann die Frage gestellt: Weiß er wirklich von nichts und seine Beamten führen ihn hier vor, oder ist das nur Bluff, und er stellt sich dumm?
Wichtige Äußerungen bleiben wegen der Nichtöffentlichkeit dieser Umweltausschusssitzung, wie gesagt, weiterhin nicht öffentlich.
Ich halte allerdings für mich fest, dass Minister Kupfer offenbar nicht die Stärke hat, öffentlich zu äußern, dass ihn seine Behörden zu seinem Amtsantritt falsch oder gar nicht informiert haben. Er hat nicht die Kraft dazu zu stehen, dass er möglicherweise Konsequenzen aus seinen Fehlern ziehen musste. Ich habe nicht den Eindruck, dass er wirklich über den Dingen seines Ministeriums im Abfallwirtschaftsbereich steht und die Zügel in der Hand hält.
Ich fasse zusammen: Eine Frage im Komplex Behördenhandeln war für uns, wann die zuständigen Stellen wie gehandelt haben. Der Mehrheitsbericht spricht hier davon, dass „unverzüglich“ gehandelt worden sei. Das Wort „unverzüglich“ bedeutet „ohne selbst verschuldetes Verzögern“.
Halten wir fest: Eine Anzeige gegen die WEV wegen eines rechtswidrigen Abfallverbringens im Zusammenhang mit den italienischen Abfällen wurde am
19. Dezember 2008 durch die Landesdirektion erstattet, also knapp anderthalb Jahre nach Beginn des Tatzeitraumes und elf Monate nach einem aktenkundigen Bekanntwerden gegenüber den fachlich zuständigen Behörden. Dabei hätte eine korrekt durchgeführte Plausibilitätskontrolle bereits im Rahmen des Antragsverfahrens zur Notifizierung des Abfalls aus Italien mit der Schlüsselnummer 19 05 01 zu einer eingehenderen Prüfung führen müssen, die den gesamten Vorgang sicherlich nicht hätte zustande kommen lassen.
Der Abfall war komplett falsch deklariert. Die österreichischen Behörden haben das Problem zutreffend bereits im Juni 2007 auf den Punkt gebracht. Die sächsischen Behörden haben irgendetwas geantwortet, um den Transport nicht zu verzögern, aber die Angelegenheit nicht weiter geprüft.
Im CDU-Bericht ist zu dem Sachverhalt ausgeführt – ich zitiere –: „Die WEV in Cröbern hat Teile des Abfalls 19 05 01 aus Italien entgegen den Notifizierungen nach Naundorf zu der Sortierungs- und Vermarktungsgesellschaft (SVG) in Sachsen-Anhalt abgesteuert. Dies entsprach nicht den gesetzlichen Vorschriften. Die staatlichen Behörden in Sachsen haben den Vorgang ermittelt und die Staatsanwaltschaft hat entsprechend reagiert. Ein Fehlverhalten staatlicher Behörden ist daraus nicht herzuleiten.“
Mit anderen Worten: Keinerlei Unrechtsempfinden, obwohl erheblich zeitverzögert gehandelt wurde, dabei die gesamte Information vorlag und der gesamte Vorgang bei einer vernünftig durchgeführten Plausibilitätskontrolle gar nicht erst so weit fortgeschritten wäre.
Ein anderes Beispiel zum zeitverzögerten Handeln gefällig? Bei der S. D. R. Biotec kam es erst fünf Jahre nach einer umfangreichen Nachgenehmigung der Anlage, bei der die Frage nach dem Handlungsprozedere hätte gestellt werden müssen, zur ersten Untersagungsverfügung und ein Jahr später zur Einstellung des Betriebes. Auslöser waren hier jahrelang ignorierte Hinweise aus der Bevölkerung, die irgendwann nicht mehr ignoriert werden konnten, als Proben von der Deutschen Umwelthilfe vorlagen. Weitere Beispiele finden sich in unserem Bericht.
Unverzügliches Handeln sieht für mich anders aus. Die Behauptung, dass sächsische Behörden in allen betrachteten Fällen nicht frühzeitig hinreichende Hinweise gehabt hätten, die eine eingehendere Prüfung hätten nach sich ziehen müssen, ist meines Erachtens nicht haltbar.
Ich komme zum nächsten Punkt. Eine Behauptung im Bericht der Mehrheit lautet: „Der Untersuchungsausschuss hat bei der Vernehmung der Zeugen und der Sichtung der Akten festgestellt, dass die weit überwiegende Mehrheit der Unternehmer sich an die gesetzlichen und sonstigen Regelungen hält.“
Diese Behauptung kann von uns überhaupt nicht nachvollzogen werden. Wie können Sie eigentlich beweisen, dass sich die weit überwiegende Mehrheit der Unternehmer an die gesetzlichen und sonstigen Regelungen hält? Schließlich haben wir nur eine Handvoll von Unternehmen betrachtet. Bei all diesen als Entsorgungsfachbetrieb zertifizierten Unternehmen können wir diverse Missstände beweisen. Ich kann und will die Branche gar nicht unter Generalverdacht stellen, aber die von Ihnen aufgestellte Behauptung ist doch etwas kühn. Sie hätte zumindest als Vermutung gekennzeichnet werden müssen.
Noch etwas zu den Ungereimtheiten im CDU-Bericht. Ich zitiere: „Der 1. Untersuchungsausschuss hat nach einer Besichtigung der Anlage in Cröbern, der Anhörung zahlreicher Zeugen sowie der Sichtung zahlreicher Unterlagen festgestellt, dass sowohl die Zentraldeponie Cröbern als auch die MBA“ – die Mechanisch-Biologische Abfallbehandlungsanlage – „am gleichen Standort nicht überdimensioniert sind.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Rufen Sie doch einmal bei der WEV an und fragen Sie, wie die MechanischBiologische Abfallbehandlungsanlage denn so läuft. Die Antwort ist, dass diese MBA seit geraumer Zeit nur noch im Einschichtbetrieb betrieben werden kann, weil die Abfälle fehlen. Ich weiß nicht, wie Sie so etwas nennen. Für mich entspricht dieser Tatbestand einwandfrei der Überdimensionierung einer Anlage. Das ist eine Tatsache, die nicht wegzudiskutieren ist. Auch dafür lagen frühzeitig Warnungen vor. Andere Bundesländer haben sich rückblickend klüger als Sachsen angestellt. Sie haben die Entwicklungen gesteuert und sich mit der Abfallwirtschaft ausgetauscht.
Was wir hier in Sachsen haben, ist kein Marktversagen, sondern der Markt wird perfekt. Die Leidtragenden sind die Bürgerinnen und Bürger, die ihre Gebühren dafür hergeben müssen, dass Vattenfall mit der Müllverbrennungsanlage schwarze Zahlen schreiben kann. So viel auch zum „Partner der Region“.
Noch ein letztes Beispiel aus dem CDU-Bericht. Zitiert werden ungeeignete Zeugen, die nicht vor Ort waren und die zu untersuchenden Proben gar nicht selber genommen, sondern von der Abfallfirma entgegengenommen haben.
Ich rede von der Frage, ob und inwiefern das sogenannte Immobilisierungsverfahren überhaupt funktionieren
konnte. Der Nachweis der dauerhaften Beständigkeit des Immobilisats ist hierbei die zentrale Frage. Ein von ihnen ignorierter Zeuge, Prof. Bidlingmaier, hat die Anlage vor Ort untersucht und kommt zu einem vernichtenden Ergebnis.
Und es geht noch weiter: Behörden anderer Bundesländer, die seit 1999 wiederholt nachfragen, ob und wie das Verfahren überhaupt funktioniert, werden mit weitgehend ungeprüften Angaben des Anlagenbetreibers wieder weggeschickt.
Ein Jahr später, nämlich 2008, nachdem die öffentlichen Hinweise und die Medienberichterstattung erdrückend geworden sind, handeln die Behörden und stellen kritische Fragen. Dann kann es dem Umweltministerium einerseits nicht schnell genug gehen, andererseits hätte ich mir mehr fachliche Unterstützung für das Landratsamt gewünscht, zumal ein Mitarbeiter des ehemaligen Sächsischen Landesamtes für Umwelt und Geologie, heute beschäftigt im Referat Wertstoffwirtschaft des Umweltministeriums, einige Expertisen dazu besitzen sollte.
Im Jahre 2002 wurde in einem Forschungsvorhaben in Zusammenarbeit mit der Thüringer Landesanstalt für Umwelt die Mobilisierbarkeit von Schadstoffen in immobilisierten Abfällen in Form einer konzeptionellen Methodik bewertet. Sämtliche Forschungsergebnisse waren jedoch sechs Jahre später offenbar vergessen.
Die CDU findet das angewandte Verfahren offenbar immer noch unfehlbar, obwohl der Nachweis auf Nichtgefährlichkeit des Ergebnisses dieses Immobilisierungsverfahrens misslingt.
Das stimmt, Herr Hippold, darüber können wir uns gern noch einmal draußen unterhalten.
Ich komme zum Schluss.
Erstens. Die zuständigen Behörden waren teilweise nicht in der Lage, alles richtig zu machen.
Zweitens. Maßnahmen bei auftretenden Unregelmäßigkeiten im Abfallsektor wurden teilweise mit erheblicher Verspätung eingeleitet.
Drittens. Die Schuld liegt nicht nur bei den anderen. Im Gegenteil: Das einseitige Schuldabwälzen ist ein gewollt schlauer, aber hilfloser und für mich gescheiterter, weil durchsichtiger Schachzug.
Was wir aus der Analyse der Fehler der letzten 20 Jahre im Bereich der Abfallwirtschaft als Probleme vor uns hertragen, wird uns noch viel Geld kosten. Ich denke an den Rückbau von Abfallanlagen und möglicherweise neue Funktionalreformen. Die bitterste Schlussfolgerung für die Bürgerinnen und Bürger dieses Freistaates ist aber wohl, dass Gebührensteigerungen wohl auch in Zukunft ohne staatliches Steuern in der Abfallwirtschaft allein zu deren Lasten gehen werden.
Summa summarum scheint es so, dass unsere Fraktion gemeinsam mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diejenige Kraft in Sachsen ist, die über die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses hinaus aufzeigt, was getan werden muss, damit bis zum Jahre 2020 – dem Zeitpunkt, zu dem zahlreiche Anlagen abgeschrieben und bestehende Verträge beendet sind – im Rahmen eines Gesamtkonzeptes die Verwertung der Siedlungsabfälle und die stoffliche Verwertung im Interesse der Erfüllung
der Abfallhierarchie und einer Gebührenentlastung für die Bürgerinnen und Bürger neu zu organisieren sind. Denn das müsste eigentlich unser gemeinsames Ziel sein.
Ja; wir haben noch ein anderes Immobilisierungsverfahren. Wie gesagt, wir haben ja nur wenige Unternehmen geprüft, die Immobilisierungsfahren anwenden. Ein zweites war die ETU. Sie können sich erinnern, dass auch dort dieses Immobilisierungsverfahren nicht funktioniert hat und dass man sich später davon wieder getrennt hat. Also können wir zumindest schon bei zwei von zwei untersuchten Unternehmen nachweisen – das ist übrigens eine Quote von 100 % –, dass das Immobilisierungsverfahren nicht funktioniert. Deshalb habe ich gesagt, wir können uns draußen unterhalten, weil Sie und ich von der Chemie ein bisschen was verstehen. Da können wir auch mal im Detail darüber sprechen, warum das nicht gehen kann.
Ich danke natürlich auch Ihnen, Herr Präsident, und den Damen und Herren, dass Sie bemerkt haben, dass noch ein Entschließungsantrag vorliegt.
Ich möchte am Anfang noch Folgendes sagen: Herr Mackenroth, ich glaube nicht, dass es gerechtfertigt ist, dass Sie Herrn Lichdi so Maß nehmen. Wir haben als Minderheit die sachliche Notwendigkeit dieses Untersuchungsausschusses belegt. Er hat zu Recht gesagt, dass die Öffentlichkeit unser Minderheitenvotum einmal zur Kenntnis nimmt und die Schlussfolgerungen selbst nachvollziehen kann, die wir getroffen haben.
Es bedarf einer behördenübergreifenden Zusammenarbeit und gewisser Steuerungskonzeptionen in einem Land, um eine Abfallwirtschaft in Sachsen ordentlich auf den Weg zu bringen. Ich sage dies nicht nur so daher. Wir haben noch eine Zukunft vor uns. Wir haben aufgezeigt, dass
eine falsche Staatsorganisation in der Umweltverwaltung, Ignoranz bei Sachverhalten oder fehlenden Informationsflüssen dazu führt, dass es Missstände in Sachsen gibt. Ich glaube schon, dass dieser Untersuchungsausschuss gerechtfertigt war. Sie sagten, dass Sie das Instrument nicht angreifen möchten. Selbst wenn ein positives Ergebnis für die Staatsregierung in einem Untersuchungsausschuss herausgekommen wäre, rechtfertigt es das Instrument immer.
Mit unserem Entschließungsantrag möchten wir Ihnen eine Perspektive aufzeigen. Es heißt darin wie folgt: Wir fordern die Staatsregierung auf, Maßnahmen bis zum Jahr 2020 zu ergreifen. Es macht keinen Sinn, weiterhin Stellen im Umweltbereich abzubauen. Wir sollten ebenfalls darüber nachdenken, was wir bis zum Jahr 2020, wenn die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger wieder in Verhandlungen treten, in Sachsen neu organisieren müssen. Wir möchten die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf diesem Weg stärken. Wir möchten Informationswege besser aufbauen und – last but not least – auch irgendwann einmal hier im Landtag eine gemeinsame Novelle unseres Sächsischen Abfallwirtschafts- und Bodenschutzgesetzes besprechen. Angekündigt wurde uns das. Es wurde viel versprochen. Es ist leider bis zum Ende der Legislaturperiode nicht gehalten worden. Die nächste wird es dann wahrscheinlich bringen. Genau dazu benötigen wir diesen Entschließungsantrag. Eigentlich können Sie diesem nur zustimmen, meine Damen und Herren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für mich ist es ein Logo, ich rede, weil es nur einmal in diesen fünf Jahren einen Umweltbericht gibt, und da sollten alle meine Botschaften hören.
Auch Sie, Herr Kupfer; denn leider wiederholt sich Geschichte. 25 Jahre nach dem Ende der DDR wird mit Umweltinformationen wieder Politik gemacht. Das lässt sich am folgenden Umweltbericht nämlich sehr deutlich feststellen. Ich bringe gern zu Beginn einige Beispiele.
Beispiel 1, die Umweltallianz. Diese passt gut zur schöngeredeten Dauersendung aus dem Umweltministerium, zum angeblich kooperativen Umweltschutz, der Kooperationsansatz in der Umweltallianz würde durch zahlreiche Aktivitäten belegen, dass sich ökonomische und ökologische Belange prima vereinbaren. Konstatiert der Bericht zum Ende 2011 aber noch 1 000 Mitglieder in der Umweltallianz, sinkt deren Zahl kontinuierlich und beträgt aktuell nur noch 877 Mitglieder. Im Internet findet man keinerlei Aktivitäten aus den Jahren 2013 oder 2014. Die jüngsten Veranstaltungen datieren aus dem Jahr 2012, der letzte Newsletter vom September 2012. Irgendwie erscheint mir das Ganze nicht vital und zukunftsweisend.
Beispiel 2, Radon in Häusern. Auf der Homepage des Umweltministers finden sich Karten zum Beispiel zur Überschreitungswahrscheinlichkeit von Radon im Erdgeschoss in Aufenthaltsräumen von über 300 Becquerel je Kubikmeter. Das wird voraussichtlich der zulässige Grenzwert sein, festgelegt von der Europäischen Union.
In den Gebieten um Johanngeorgenstadt oder Schneeberg haben wir auch heute noch die bundesweit höchsten Radonkonzentrationen in der Luft. Wir wissen, dass Radon krebserregend ist und dass dort bemerkenswerte Krebsraten festgestellt werden. In Ihrem aktuellen Umweltbericht ist bei dem Thema die Rede von Experimentierkoffern für den Schulunterricht. Eine wirkliche Lösung wird nicht angepackt, wie ich aus vielen Kleinen Anfragen erfahren musste.
Beispiel 3, der Ausbau der Windenergie. Sprach man 1998 im Umweltbericht davon, dass bis 2005 die aus Windkraft erzeugte Energie auf 1 000 bis 1 500 Gigawattstunden anwachsen könnte – bei diesem Wert waren wir dann erst 2010 statt 2005 angelangt –, so tritt die Staatsregierung jetzt auch noch massiv auf die Bremse.
Die Folgen des „Baum-ab-Gesetzes“ für unser Land wären im Übrigen die Krönung des Ganzen. So viel zum Thema Berichterstattung durch Weglassen von Informationen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist an der Zeit, in diesen Umweltberichten Sonderkapitel für übergreifende Problembereiche einzuführen. Mein Vorschlag für diesen Bericht für dieses Jahr wären wahrscheinlich
die Auswirkungen der Braunkohleverstromung in Sachsen auf die Schutzgüter Luft, Klima, Wasser, Boden, Landschaft und Mensch.
Ich hätte dann darauf hingewiesen, wie infolge der zunehmenden Verstromung der sächsischen Braunkohle der Kohlendioxidausstoß angestiegen ist. Das ist seit einigen Jahren der Fall und insbesondere, seit der Emissionshandel quasi außer Funktion ist. Im vorliegenden Bericht wird das komplett ausgeblendet. Bei Bergbaufolgen werden die absehbar entstehenden Schäden ignoriert.
Zum Schutzgut Wasser hätte ich, da mir ja die neuen Braunkohlefolgenprobleme der Versauerung und der Verockerung in der Lausitz am Beispiel der Kleinen Spree seit spätestens 2008 bekannt sind, darüber berichtet, in welchem räumlichen und zeitlichen Umfang absehbar welche Schäden hinzunehmen sind und wie ich meinen Nachbarn Brandenburg und sein Schutzgebiet Spreewald vor nachhaltigen Schäden zu bewahren versuche. Der Problemkomplex tritt im Bericht jedoch, gemessen am Umfang der negativen und auch dauerhaften Veränderungen, nur untergeordnet in Erscheinung.
Auch hatte ich durch meine Rohstoffgeologen Kenntnis davon, dass die sächsische Braunkohle quecksilberreich ist, sodass das Kraftwerk Lippendorf im Jahre 2010 mit einem Ausstoß von 1 160 Kilogramm Quecksilber Spitzenreiter aller Industriebetriebe in Deutschland war. Wahrscheinlich hätte mich dann noch interessiert, ob denn diese 1 000 Kilogramm dauerhaft Auswirkungen über die Deposition auf das Schutzgut Boden und insbesondere auch Auswirkungen auf die dort lebenden Menschen haben kann.
Und, last but not least, hätte ich als Umweltministerin aus den vorgenannten Gründen auch versucht, in meiner Regierung einen schrittweisen Ausstieg aus der Braunkohle bis spätestens 2040 hinzubekommen, damit ich keine weitere Devastierung oder Umsiedlungen von Menschen mehr verantworten muss, weil mir die negativen Umweltfolgen eben bekannt sind, die ich absehbar ansonsten nicht in den Griff bekommen kann oder deren negative Folgen dann noch länger anhalten werden.
All das kommt in diesem Umweltbericht nicht vor. Schade, dass Ökologie in Sachsen nicht den Stellenwert hat – eben auch 25 Jahre nach dem Ende der DDR nicht –, den sie verdient.
Da ich annehme, dass Herr Minister Kupfer mich gemeint hat, möchte ich gern
gegen den Halbsatz, den er mir dargeboten hat, argumentieren, dass ich in meiner Rede gesagt habe, dass ich mir 25 Jahre nach dem Ende der DDR für die Ökologie in Sachsen einen anderen Stellenwert wünsche. Ich habe überhaupt kein Wort dazu gesagt, inwieweit ich die, sagen wir einmal so, DDR-Ungereimtheiten
und Verschmutzungen billige. Ich habe in keinem Satz gesagt, dass ich die Verschmutzungen – – –
Doch, es ist so! Ich habe mit meiner Analyse 1990 angefangen. Diesen Stellenwert haben wir immer noch nicht.
Wir haben kein nachhaltiges Sachsen. Das müssen wir hier einfach einmal so festhalten. Ich habe das am Beispiel der Braunkohle festgemacht. Ich habe es, wie gesagt, an der Quecksilberkontamination, an der Versauerung und an der Verockerung festgemacht. All das spielt keine Rolle. Das tut mir einfach nur leid.
Vielen Dank, Herr Kollege Stange. – Ist Ihnen bekannt, dass es im Landkreis Mittelsachsen einen Beschluss gibt, zu dem sich Herr Kreisrat Karabinski auch positioniert hat?
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Kupfer! Vor langer, langer Zeit – nämlich 2008 – wurde hier im Sächsischen Landtag ein Enquetebericht mit dem Titel „Demografische Entwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensbereiche der Menschen im Freistaat Sachsen sowie ihre Folgen für die politischen Handlungsfelder“ verabschiedet. Die ländlichen Räume spielten dabei leider nur eine untergeordnete Rolle.
Es bleibt uns also bei der Prüfung des neuen Entwicklungspogramms nur eine begrenzt objektive Betrachtungsweise, ob in der Förderperiode von 2007 bis 2013 die richtigen Weichen für eine verlässliche, aber insbesondere zukunftsweisende Politik in Sachsen gestellt wurden. Denn, Herr Minister Kupfer, Sie müssen – genau wie wir – die Realität zur Kenntnis nehmen.
Auf Landkreisebene werden der Erzgebirgskreis und der Landkreis Görlitz bis 2025 beispielsweise reichlich 19 % an Bevölkerungsverlust aufweisen. Nur für Dresden und Leipzig mit ihrem Umland wird noch eine stabile bzw. wachsende Bevölkerung in Sachsen prognostiziert. Das ist die Herausforderung, aber von
der angestrebten Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse entfernen wir uns in bestimmten Teilräumen immer mehr.
Die Frage steht doch: Lässt sich diese Entwicklung durch das vorliegende Europäische Programm für den ländlichen Raum, den EPLR, bewusst steuern? Der ländliche Raum steht vor großen Herausforderungen. Es geht um Globalisierung, Europäisierung, Strukturwandel in der Landwirtschaft, Umbruch unserer Industriegesellschaft zu einer Wissensgesellschaft und nicht zuletzt – wie gerade angesprochen – den demografischen Wandel.
Minister Kupfers Forsa-Studie dokumentiert, dass die ländliche Bevölkerung gern im Dorf wohnt, weil sie in der Natur sein will, die sie umgebende Landschaft liebt oder die Ruhe genießt. Aber ihr Landleben ist eben nicht ungetrübt. Negative Aspekte, wie fehlende Arbeitsplätze und Lehrstellen, schlechte ärztliche Versorgung oder auch die angesprochene Landflucht, spielen bei der Bewertung des ländlichen Raums eine Rolle. Aber über diese Details spricht Minister Kupfer dann doch nicht so gern.
Auch Nachfragen zur Bedeutung von Infrastruktur in dieser Studie zeigten, was vielleicht außer der Kirche noch im Dorf sein sollte. Als sehr wichtig empfanden die Befragten Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf. In Ortsteilen von knapp einem Viertel der sächsischen Gemeinden im ländlichen Raum ist es derzeit nicht mehr oder nur teilweise möglich, Waren des täglichen Bedarfs im Ort zu erwerben.
Einkaufen ist nicht alles, auch die Versorgung mit Ärzten und Krankenhäusern, die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, Spielmöglichkeiten, Möglichkeiten zum Ausgehen und selbstverständlich auch Grundschulen halten sie für wichtig.
Ich stelle daher nochmals die Frage, ob sich mit dem Ansatz des Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum der Koalition hier tatsächlich eine Perspektive für die Zukunft bietet, in der wir ohne üppige Fördermittel auskommen müssen; denn immerhin reden wir hier von 45 % unserer sächsischen Bevölkerung.
Im Übrigen, Herr Minister Kupfer: Natürlich sind 1,1 Milliarden Euro sehr viel Geld aus Brüssel. Ich möchte das nur einmal in einen Rahmen setzen: Wir haben gerade 1,1 Milliarden Euro nach Baden
Württemberg gezahlt, nämlich als Garantiezahlung für die Landesbank.
Zunächst möchte ich also feststellen, dass die Fachregierungserklärung schon im Ansatz sehr kurzsichtig ist. Für 83 % der Landesfläche sprechen Sie nur von einem Fonds, denn selbstverständlich werden auch die Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, dem EFRE, sowie dem Europäischen Sozialfonds, dem ESF, dort ausgereicht. Sie, Herr Minister Kupfer, meinen, dass wir mit dem Europäischen Landwirtschaftsfonds, dem ELER, dort weitermachen
sollen, wie das bislang der Fall war. Aber die Gesamtheit dieser europäischen Mittel soll zusammengedacht und stärker zielgerichtet ausgegeben werden. Denn auch wenn wir als LINKE-Fraktion nicht alles in der Europa-2020-Wachstumsstrategie der Europäischen Union gutheißen können, sind der geforderte integrale Ansatz und dessen Umsetzung in den Förderprogrammen unbestritten.
Dieser strategische Rahmen der EU-Fonds soll dazu dienen, mit den richtigen länderspezifischen Investitionsprioritäten eine Neuausrichtung von Forschung und Innovation, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, zu erlangen, eine qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildung zu ermöglichen, Klimaziele zu verwirklichen und Ressourceneffizienz im Blick zu haben, aber auch den sozialen Zusammenhalt innerhalb einer Region zu gewährleisten.
Die Europäische Union formuliert hierzu den Anspruch, die Mittel tatsächlich zielgerichteter auszugeben, und zwar im Umwelt- und Klimaschutz sowie bei der Ausgestaltung von Ressourceneffizienz, bei der Förderung der Chancengleichheit, zur Vermeidung von Diskriminierung und bei der Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen. Mit anderen Worten: Die Zeit des Gießkannenprinzips ist vorbei, und mit dem Ressortdenken in der Regierung bezüglich der Mittelbewirtschaftung muss endlich Schluss sein. Zum Wohl des ländlichen Raums muss viel mehr ineinandergreifen, als das jetzt der Fall ist.
Daher hätte ich mir persönlich gewünscht, dass ELER, EFRE und ESF aus einem Guss entstanden wären. Dem Vernehmen nach allerdings hat es bei ESF und EFRE eine starke Beteiligung mehrerer Ministerien gegeben. Der EPLR ist ein mehr oder weniger autarkes Produkt Ihres Ministeriums, Herr Minister Kupfer. Erst im Kabinettsverfahren habe es eine Abstimmung gegeben. Aber immerhin wurde es als Erfolg verkauft, dass es jetzt bei gleichen Sachverhalten in den Fachförderprogrammen der einzelnen Ressorts bei gleichen Fördertatbeständen auch gleiche Fördersätze gebe. Für die CDU ist eben ein Erfolg, wenn alles beim Alten bleibt, auch wenn sich die Zeiten ändern.
Ich bin nicht sicher, ob die Integrationsvorstellungen der Europäischen Union mit der Handhabung hier in Sachsen übereinstimmen. EU-Ziel war es, passgenau auf die Bewältigung spezifischer, territorialer Herausforderungen reagieren zu können, auch durch eine Kombination der Fonds. In Sachsen ist mir da noch zu viel parallel nebeneinander geplant und nur durch Ressortbrillen betrachtet. Festzuhalten ist, dass beispielsweise der Klimaschutz und die Reduktion der Treibhausgase wiederholte und zentrale Punkte sind – in allen Fonds. Bei Sachsen habe ich da in Bezug auf die Braunkohleverstromung so meine Probleme. Was
davon mühsam aufgebaut wird, wird hinten wieder gnadenlos eingerissen.
Mit dem ELER selbst sollen insbesondere nach den Vorstellungen der Partnerschaftsvereinbarung Deutschlands mit der Europäischen Kommission für die Umsetzung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds folgende Ziele im Fokus stehen: die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft, die nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen, der Klimaschutz und die ausgewogene räumliche Entwicklung der ländlichen Gebiete.
Ich möchte auf diese Schwerpunkte und deren Umsetzung im sächsischen EPLR-Programm eingehen. Sachsens ländlicher Raum ist von einem größeren Teil struktureller Arbeitslosigkeit geprägt. Die Erwerbstätigkeit beschränkt sich im Wesentlichen auf das Baugewerbe, Dienstleistungen und Landwirtschaft. Viele Menschen müssen aus dem ländlichen in den Verdichtungsraum zur Arbeit pendeln. Trotz der vielzähligen Werbekampagnen für „grüne Berufe“ hat es also nicht gefruchtet, dass zum Beispiel Jugendliche in der Landwirtschaft ihre Perspektive gesucht haben. Eine Landwirtschaft, die aber weiter auf intensive Produktionsweisen setzt, braucht auch weniger Arbeitsplätze. Da besteht ein gewisser Zielkonflikt.
Geringe Bezahlung ist ebenso für junge Menschen ein Grund, das Dorf oder die Kleinstadt zu verlassen. Dennoch ist die Landwirtschaft nach wie vor der entscheidende Stabilisator der ländlichen Räume und gewinnt mit wachsender Ausdünnung der Wirtschaft dort immer mehr an Bedeutung. Oftmals stellt sie sogar den einzigen Bereich der Wertschöpfung oder der Schaffung von Arbeitsplätzen dar. In vielen Gemeinden und insbesondere in den größeren personell und stark verwurzelten Betrieben der Landwirtschaft sind sich die Menschen dessen bewusst, dass es zur Stabilisierung und Verbesserung des Alltagslebens der Dörfer nötig ist, die vorhandenen Potenziale gemeinsam zu nutzen.
Ich kann hier auch gern einmal aktuelle Beispiele aus meinem Landkreis Mittelsachsen nennen. Seit Kurzem gibt es die Möglichkeit, Gewässerunterhaltungsverbände zur Pflege kommunaler Gewässer zu gründen, und die Agrargenossenschaft Memmendorf war die erste, die mich anfragte, wie sie sich hier für Oederan einbringen kann. Es gibt eine Reihe von Nahwärmenetzen, die von landwirtschaftlichen Betrieben ausgehen, zum Beispiel bei mir im Landkreis aus Burkersdorf bei Frauenstein. Das sind die Synergieeffekte, die ich bereits angesprochen habe. Also müssen wir uns doch Gedanken machen, wie wir diesen eigenverantwortlichen Wunsch der Zusammenarbeit stärken.
Eine der sechs Prioritäten der Europäischen Union für die Entwicklung des ländlichen Raums zielt auf die Förderung einer Organisation der Nahrungsmittelkette einschließlich des Tierschutzes. Die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaftsbetriebe soll
durch die bessere Einbeziehung in die Nahrungsmittelkette, durch Qualitätsregelungen, durch Absatzförderung auf lokalen Märkten und kurze Versorgungswege durch starke Erzeugergemeinschaften erreicht werden. Für mich heißt das: Mehr Wettbewerbsfähigkeit durch bessere Standards und Risikovorsorge durch Qualität statt Masse. Darauf, was in Sachsen schließlich daraus gemacht wird, komme ich später noch einmal zu sprechen.
Zunächst möchte ich an dieser Stelle begrüßen, dass es LEADER-Strukturen geben wird, in denen mit dem übertragenen Budget eigenverantwortlich gestaltet und verwaltet werden kann. Einige Korrekturen wünsche ich mir dennoch an den beabsichtigten GovernanceStrukturen. Problematisch finde ich die weißen Flecken auf der jetzt geltenden ILE-LEADER-Landkarte. Strukturbedeutende Städte wie Markranstädt, Döbeln, Freital oder Reichenbach im Vogtland oder große Kreisstädte wie Torgau, Freiberg, Plauen, Meißen und Zwickau gehören zu keiner Region, sollten aber Kernzellen für gute Stadt-Umland-Beziehungen sein. An diesen Orten ist dann offen, wie beispielsweise der Breitbandausbau bewerkstelligt wird, wenn Fachförderprogramme solches nicht hergeben.
Freiwilligkeit in allen Ehren, aber ich hätte mir schon einige Mindestvoraussetzungen gewünscht, damit diese Regionen die komplexen Aufgaben der Daseinsvorsorge wirklich meistern können, denn – hier komme ich zum nächsten Punkt – von den 12 aktuellen LEADER- und 23 ILE-Regionen, insgesamt also 35 Regionen, lassen sich Größenklassen bilden. In 37 % der Regionen leben weniger als 50 000 Einwohner, bei der Größenklasse bis 100 000 sind es 29 % der Regionen, und in 20 % der Regionen wohnen mehr als 100 000 Einwohner.
Wenn Herr Minister Kupfer davon spricht, dass in jeder Region im Durchschnitt 85 000 Einwohner leben, dann erinnert mich das ein wenig an das Beispiel des Teichs, der im Durchschnitt nur einen Meter tief war, in dem die Kuh jedoch trotzdem ertrunken ist. Tatsächlich sind die Streubreiten groß. Es gibt aktuell außergewöhnlich große, aber auch sehr kleine LEADER-Regionen. Dem Vernehmen nach gibt es jetzt freiwillige Neustrukturierungen auf den Aufruf des Umweltministeriums hin. Es soll also künftig 29 Regionen geben; sechs Regionen müssen sich neu orientieren.
Nach meinem Dafürhalten reicht das aber nicht. Ich habe die Sorge, dass die tatsächlich anstehenden Aufgaben durch das Klein-Klein nicht erfüllt werden können. In Sachsen haben wir es bekanntlich mit zehn Landkreisen und drei kreisfreien Städten zu tun. Die LEADER-Grenzen gehen teilweise auch über die Landkreisgrenzen hinweg. Meines Erachtens wäre es gut gewesen, Sie hätten die Landkreise direkt gestärkt, denn viele Aufgaben liegen auf der Landkreisebene. Offenbar hat das Umweltministerium jedoch Angst vor zu mächtigen Landkreisen.
Jetzt bedarf es einer deutlich aufwendigeren Koordinierung zwischen den Regionen, um die Funktionstüchtigkeit zu gewährleisten, und bestimmte Stadt-UmlandBeziehungen können gar nicht geknüpft werden.
Ich bin der Meinung, dass regionale Verantwortungsgemeinschaften entstehen sollten, in denen die Erhaltung und Verbesserung gleichwertiger Lebensverhältnisse organisiert werden können. Das bedarf aber eines Gleichklangs mit den Erfordernissen der Raumordnung. Idealerweise könnten hier revolvierende Fonds, gespeist aus EU-Mitteln, eingesetzt werden. Das System hätte dann einen raumordnerischen Bezug, und im Rahmen eines bestimmten Kontingents könnte vor Ort selbst entschieden werden, für welche Zwecke Mittel verwendet werden könnten.
Einen solchen integrativen Ansatz haben Sie aber leider nicht gewählt. Wir haben es im vorliegenden Modell mit einer Nichteinräumigkeit der Verwaltung zu tun und mit Mitteln aus dem ELER kann nur eingeschränkt Daseinsvorsorge betrieben werden. Daher bleibt uns jetzt erst einmal nichts weiter übrig, als die Entwicklung in den LEADER-Regionen weiter interessiert zu verfolgen.
Bevor ich auf die eigentlichen Schwerpunkte des EPLR im Bereich Natur und Landwirtschaft eingehe, möchte ich daher ein paar Worte zur Bildungsstruktur als zentrales Daseinsvorsorgeproblem im ländlichen Raum verlieren. Da können wir wahrscheinlich gemeinschaftlich festhalten, dass es dabei in Sachsen gewaltig schiefgegangen ist. Es ist offensichtlich, dass in kreisfreien Städten öfter die allgemeine Hochschulreife und seltener ein Realschulabschluss erworben wird als in Landkreisen.
Die Bildungschancen sind hierzulande ungleich verteilt, und zwar sozial und regional. Die Ungleichheit der Bildungschancen droht sich zu verstärken. Es macht offensichtlich einen Unterschied in Sachsen aus, ob jemand auf dem Land oder in der Stadt wohnt. Das ist eine direkte Folge der vom Kultusministerium betriebenen Ausdünnung des Schulnetzes. Sie selbst haben das zwischenzeitlich auch erkannt und klopften sich 2010 gegenseitig auf die Schultern und feierten ein Schulschließungsmoratorium.
Ein Jahr später war das Moratorium kurz Makulatur. Wie gehabt, drückte der Freistaat Schulschließungen durch, auch dort, wo Eltern, Kommunen und Landkreise um einen Stopp kämpften. Die meisten im Raum werden sich an die legendäre Pressekonferenz der Minister für Kultus und für Umwelt und Landwirtschaft, Frau Kurth und Herrn Kupfer, am 20. September 2013 erinnern. Beide Minister kündigten ein Maßnahmenpaket für den Erhalt von Schulen im ländlichen Raum an, ohne willens zu sein, das Schulgesetz zu ändern. Erst unsere Fraktion hat Ihnen sowohl mit einem Schulstandortsicherungsgesetz als auch mit einem Schulwegekostenfreiheitsgesetz aufge
zeigt, was getan werden muss, um gute Bildung in Stadt und Land zu ermöglichen.
Bei der Befassung mit dem Landesentwicklungsplan hatten wir darauf gedrungen, dass für die Definition der zumutbaren Entfernungen in den ländlichen Räumen als Orientierung für die Organisation des öffentlichen Nahverkehrs eine maximale Fahrzeit von 30 Minuten verstanden werden soll. Seitens der Staatsregierung wird der ländliche Raum immer Pkw-erschließbar gedacht. Im Landesentwicklungsplan fehlt daher eine entsprechende Zeitvorgabe für Grundzentren. Erst im März musste aufgrund von Finanzierungsengpässen die Bahnverbindung von Döbeln nach Nossen eingestellt werden.
Traurige Realität ist es, dass an Wochenenden und in Ferienzeiten kaum öffentliche Nahverkehrsangebote im ländlichen Raum existieren. Da helfen vielen Menschen auch die hübschesten Häuser nicht weiter.
Nun zum eigentlichen Kern des Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum, den Vorstellungen zu Landwirtschaft und Naturschutz.
Verlierer und Gewinner sind einfach auszumachen. Um das Verfahren für die Verwaltung einfacher zu gestalten, fällt der Naturschutz hinten herunter.
Gewinner ist die Landwirtschaft. Hier gibt es neue und in der Regel mehr Fördermittel. Das ist der Unterschied. Es gibt mehr Fördermittel als für den Naturschutz. Das möchte ich näher belegen.
Bei der konkreten Fördermittelvergabe in der jetzt startenden Förderperiode bis 2020 sollen nach dem Willen der Europäischen Union Mittel für Investitionen im ländlichen Raum vor allem für wirklich innovative Investitionen verwendet werden, innovativ insbesondere in Bezug auf eine umweltschonende sowie tierschutzgerechte Tierhaltung. Damit ist gesagt, dass förderungswürdige Verfahren in jedem Fall über die Grundsatzanforderungen der Tierschutznutztierhal
tungsverordnung hinausgehen sowie in besonderem Maße erhöhten Anforderungen an Ressourcen- und Energieeffizienz entsprechen müssen. Tatsache ist aber, dass bundesweit von den in der Praxis üblichen Haltungsverfahren das Normalverhalten der Tiere bei 57 % eingeschränkt und 26 % der Verfahren stark eingeschränkt ist. Die Realität entspricht also weit überwiegend nicht der gesellschaftlich gewünschten tierschutzgerechten Nutztierhaltung.
Der Landesbauernverband fordert allerdings in einem Positionspapier zur investiven Förderung in Sachsen eine weitgehende Aufweichung der bundesweit anerkannten Kriterien im Basisförderungs- und Prämienbereich. Ich hoffe sehr, dass sich dieser Standpunkt nicht durchsetzen wird. Der Sächsische Landesbauernverband spricht sich auch dafür aus, dass es keine pauschale Übernahme des auf Bundesebene verbindlich anzuwendenden Katalogs zu den baulichen Anforderungen an eine tiergerechte Haltung geben darf, sondern dass hierbei Unterschreitungen möglich sein sollen.
Freilich wollen auch wir die Wettbewerbsfähigkeit der viehhaltenden Betriebe in Sachsen nicht aufs Spiel setzen. Aber auch in unserer Großen Anfrage zur Tierhaltung in Sachsen, Drucksache 5/6292, und in der dazu durchgeführten Expertenanhörung konnten wir deutlich zeigen, dass ein Ritt immer enger an den gesetzlichen Vorgaben entlang nicht dazu führt, die Betriebe besserzustellen und langfristig wettbewerbsfähig zu machen. Die derzeitige Situation ist einfach nicht zufriedenstellend. Doch gerade diese aus verschiedenen Gründen nicht zufriedenstellende Realität soll durch den Förderansatz fortgesetzt werden.
Ich komme zu den unterschiedlichen Vorstellungen in Bezug auf den Ökolandbau. Ich möchte eingangs feststellen, dass insbesondere der ökologische Landbau zur Verbesserung der Bodenqualität vor allem im Hinblick auf die Steigerung der organischen Bodensubstanz beitragen kann. Auch in Bezug auf die Biodiversität gibt es hier deutlich positive Impulse bis hin zum Beispiel zum Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel. Die Umstellungsförderung auf Ökolandbau soll entfallen. Schlimmer noch wirkt, dass der Unterschied zur Förderung der konventionellen Wirtschaftsweise zunehmend zusammenschmilzt, trotz der wirklich guten Förderhöhe im Ökolandbaubereich.
Daher ist es auch kein Wunder, wenn Sachsen bei der Ökofläche nach wie vor unter dem Bundesdurchschnitt liegt und durch diese Förderpolitik wahrscheinlich 2020 noch liegen wird.
Die Vorgaben der guten fachlichen Praxis sind in jedem Fall unzureichend und zu wenig konkret gefasst. Das heißt, Sachsen sollte unter Verwendung von EUMitteln nicht Maßnahmen und Projekte fördern, die bereits eine gute fachliche Praxis realisieren, sondern die, die darüber hinausgehen.
Kommen wir zur Schnittstelle zwischen Landwirtschaft und Naturschutz.
Das bislang vertretene Kooperationsprinzip und das Zurückstellen des Ordnungsrechts zugunsten einer Beratung sowie der freiwilligen Maßnahmenumsetzung ist an seine Grenzen gelangt. Wir können die Umweltqualitätsziele, angefangen von Erosion und Gewässerqualität bis hin zu Biodiversität, offensichtlich nicht
mehr erreichen. Hinzu kommt, dass die Wirksamkeit der Mittelverwendung oftmals nicht geprüft werden kann. Es ist nicht abschätzbar, ob und inwiefern Maßnahmen zu einer Verbesserung des Umweltzustandes beitragen, abgesehen von allgemeinen Einschätzungen. Der Erfolg der verschiedenen Maßnahmen bei der Anlage von Gewässerschutzstreifen zur Reduzierung der Nährstoffeinträge im Bereich der Landwirtschaft zum Beispiel und der guten fachlichen Praxis in Bezug auf die Erreichung der Ziel der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie sind derzeit nicht quantifizierbar.
Zu meiner Kleinen Anfrage, Drucksache 5/12090, wurde mir geantwortet, dass Maßnahmen in der Landwirtschaft zum Gewässerschutz etwa 70 % der Gesamtminderungspotenziale bei Stickstoff und 14 % der Gesamtminderungspotenziale bei Phosphor aufweisen. Unbekannt ist bislang, inwiefern sie zu einer tatsächlichen Stoffeintragsminderung beitragen. Das wird jetzt hoffentlich endlich einmal geprüft.
Wichtige Indizes wie der Feldvogelindex und der Erhaltungszustand der landwirtschaftlichen Lebensräume im Grünland, um nur zwei davon zu nennen, können nur mit dem Bundeswert angegeben werden. Der Trend, unter anderem beim Feldvogelindex als Biodiversitätsindex, ist eindeutig abnehmend, und zwar trotz der hohen Fördermitteleinsätze in der Vergangenheit. So ist die Aussage des Berichtes zur Halbzeitbewertung der EPLR-Förderperiode bis 2013.
Das Problem: Die Kenntnis des Bestandstrends der Feldvogelpopulation erlaubt keinen direkten Rückschluss auf die Wirkung der Agrarumweltmaßnahmen. Sie ist dennoch von zentraler Bedeutung, um einzuschätzen, in welchem Maß die generellen Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums Einfluss auf die Agrarbiotope nehmen und damit die Zielerreichung der Agrarumweltmaßnahmen unterstützen oder behindern. Mit anderen Worten: Wir sehen, dass wir nichts sehen, es aber wichtig wäre, wir würden es sehen.
Wie ich das einschätze, ist das aber auch so gewollt. Denn die zur Verbesserung der Datenbasis erforderlichen Schritte wurden nicht eingeleitet. Ich zitiere hier aus der EPLR-Halbzeitbewertung aus dem Jahr 2010: „Ob das Ziel des Programms erreicht wird, den Rückgang des Feldvogelindex bis zum Ende der Förderperiode umzukehren, ist voraussichtlich nicht einmal in der Ex-post-Bewertung festzustellen, denn dafür müsste entweder eine neue Brutvogelkartierung 2013 auswertbare Daten bereitstellen oder die Stichprobenflächen des sächsischen Feldvogelindex müssten eine verlässliche Datenbasis liefern. Dies ist aber bereits in vier von sieben Programmjahren nicht der Fall.“
In diesem Zusammenhang komme ich auf ein weiteres Problem bei der beabsichtigten Förderung im Rahmen des EPLR zu sprechen. Minister Kupfer hatte vorhin
den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel erwähnt. Der Einsatz von Totalherbiziden wird aber weiter gefördert und auch die hochgeförderten Blühstreifen bringen absehbar kaum etwas für die Biodiversität in unseren Feldfluren.
Mehrfache Anfragen unserer Fraktion hatten bis dato zur Antwort: Die bisherige Agrarumwelt-Fördermaßnahme S3, „Dauerhaft konservierende Bodenbearbeitung/Direktsaat“, soll im neuen AgrarumweltFörderprogramm nicht mehr angeboten werden. Das ist korrekt; denn die Maßnahme heißt nicht mehr „Dauerhaft konservierende Bodenbearbeitung/Direktsaat“,
sondern „Streifensaat/Direktsaat“. Aber auch bei Streifensaat/Direktsaat als Anbausystem ist der Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln in der Regel systembedingt vorausgesetzt. Das sagen mir die Praktiker. In der vergangenen Förderperiode wurde diese Maßnahme auf knapp einem Viertel der sächsischen Ackerfläche gefördert. Das ist an und für sich schon viel zu viel; aber dafür auch noch öffentliche Mittel aufzuwenden, ist wirklich schwierig.
Das Umweltbundesamt hat erst vor einer Woche wieder einmal vor dem flächendeckenden Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gewarnt. Es beruft sich dabei auf eine aktuelle Studie. Ich zitiere: „Der großflächige Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft gefährdet zunehmend Vögel auf Feldern.“
Darin ist auch nachzulesen, dass insbesondere die indirekten und die Nahrungsketteneffekte eine verheerende Wirkung haben. Das Umweltbundesamt fordert daher einen Mindestanteil von Flächen, auf denen dauerhaft nicht gespritzt wird. Auf solchen Blühstreifen und Brachen fänden Feldvögel, Schmetterlinge und Bienen genügend Nahrung.
Apropos Blühstreifen: Das Thema kennen wir aus der Bienen-Anhörung in der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses. Bei der Blühstreifenmaßnahme ist ab dem 15. September der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wieder gestattet. Dafür gibt es dann 911 Euro pro Hektar für die Landwirte, aber die Bienen fliegen dann dennoch bis zum Frost. Damit wird sich bewahrheiten, was der eine Sachverständige gesagt hat: Wenn Blühstreifen gefördert werden und dann die Feldspritze darüberfährt, dann erreichen Sie eher die gegenteiligen Effekte. Was wir brauchen, sind tatsächlich pflanzenschutzmittelfreie Gebiete. Das kann derzeit nur der Ökolandbau leisten.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Neben der verstärkt biodiversitätsorientierten Bewirtschaftung auf der gesamten Fläche muss der Umsetzung der Managementpläne für die Natura-2000-Gebiete eine deutlich höhere Priorität beigemessen werden. Dies sollte durch eine gezielte Naturschutzberatung für Landwirtschaftsbetriebe umgesetzt werden.
Ich hatte auch dazu eine Kleine Anfrage gestellt, Drucksache 5/13617. Laut Umweltministerium sind in Natura-2000-Gebieten im Landeswald nur 8 % der Erhaltungs- und nur 7 % der Entwicklungsmaßnahmen vollständig umgesetzt worden. Im Übrigen werde eine Statistik aller bereits umgesetzten bzw. noch nicht umgesetzten Einzelmaßnahmen nicht geführt. Mit anderen Worten kann davon ausgegangen werden, dass über den Erfolg der ausgereichten Fördermittel wieder keine Aussagen gemacht werden können.
Stattdessen wird die große Gießkanne über Sachsen ausgeschüttet. Der Effekt wird sein: Die besser ausgestatteten Maßnahmen werden in landwirtschaftlich ungünstigen Räumen verstärkt angenommen werden. An den Hochertragsstandorten, an denen erhebliche Probleme für die Biodiversität bestehen, werden diese Maßnahmen aber eben nicht angenommen werden.
Ich komme zum Schluss noch einmal auf die LEADER-Region zurück. Wenn die Menschen in den LEADER-Aktionsgruppen abwägen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen, dann ist es naheliegend, dass sie die Antworten wählen werden, die ihnen plausibel erscheinen. Das werden vermutlich die alten Lösungsvorschläge sein, die nicht unbedingt zu den aktuellen und insbesondere künftigen Problemen passen. Die konkrete Lösung, Herr Minister Kupfer, kenne ich auch nicht. Ich sehe aber, dass die alten Antworten nicht mehr zu den neuen Fragen passen.
Vor allem bei den Rahmenbedingungen für gut bezahlte und attraktive Arbeitsplätze im ländlichen Raum – möglicherweise auch in bis dato unbekannten Wirtschaftszweigen wie der Kultur- und Kreativwirtschaft – sehen wir Potenziale, um Menschen im Land zu halten. Ansonsten, sehr geehrter Herr Minister Kupfer, wachsen dauerhaft eben nur Leipzig und Dresden.
Ich würde gern eine Kurzintervention machen.
Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Windisch, es ist nicht in meinem Sinne gewesen, hier darzustellen, dass Mitbestimmungsrechte nicht wichtig sind. Die sind mir sehr wichtig, auch vor Ort.
Ich wollte vielmehr darstellen, dass wir eine gewisse Periode vor uns haben. Wir werden am Ende dieses
Jahrzehnts weniger Bundesmittel haben. Wir werden am Ende der europäischen Strukturfondsförderperiode nicht mehr so üppige Fördermittel haben. Deshalb brauchen wir Strukturen, die effizient sind. Nun haben wir – das wollte ich damit sagen – zwei unterschiedliche Verwaltungsstrukturen, die wir aufbauen. Das eine sind die Landkreisstrukturen, die nach unserem Landesentwicklungsplan mit dem Zentrale-Orte-Konzept verbunden sind und damit die Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnehmen sollen. Jetzt werden wir mit dem EPLR 29 neue Regionen haben. Da gibt es Überschneidungen. Es bedarf deutlich mehr Absprachen. Es gibt nicht mehr nur eine einzige Governancestruktur. Es kann also sein, dass wir bestimmte Dinge, die wir bis 2020 erreichen wollen, durch diese Strukturen behindern.
Inwieweit wir trotzdem eine gewisse Freiwilligkeit zur Bildung dieser Strukturen auf Landkreisebene hätten erwirken können, weiß ich nicht. Ich war daran nicht beteiligt. Das ist sicherlich eine exekutive Aufgabe. Ich meine nur, dass wir vielleicht an mancher Stelle effizienter hätten vorgehen können, um dieses Ziel, eigenständiger und von den Finanzmitteln anderer Bundesländer und Europas unabhängiger zu werden, zu erreichen.
Nichts weiter wollte ich sagen. Ich glaube, das wird so nicht gelingen.
Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden dem Entschließungsantrag der CDU nicht zustimmen können. Ich bin der Meinung, dass Sie den Entschließungsantrag an der falschen Stelle eingebracht haben, nämlich zur Fachregierungserklärung. Eigentlich gehen Sie in manchen Forderungen auf den EPLR selbst ein und hätten diesen Antrag möglicherweise im nächsten Tagesordnungspunkt als Entschließungsantrag einbringen müssen, so wie das richtigerweise die GRÜNEN und wir getan haben. Das ist aber nur Formalismus.
Ich möchte auf zwei, drei Punkte eingehen: Unter II. a) steht eine Umsetzung eins zu eins europäischer Vorgaben. Meines Erachtens ist das aber falsch und geht an den tatsächlichen Gegebenheiten vorbei; denn die Vorgaben auf EU-Ebene sind eigentlich sehr allgemein, sodass jeder Mitgliedsstaat seine Forderungen selbst geltend machen und anwendbar gestalten muss.
Eine Verschärfung zum Beispiel im Sinne des Erosionsschutzes oder der Nährstoffeinträge ist ja sachlich geboten. Das hatte ich bereits in meinem Redebeitrag gesagt.
Zu Nummer c): Eine investive Förderung halten wir selbstverständlich auch für notwendig, aber uns ging es darum, dass wir insbesondere bei Qualität und nicht nur bei Masse ansetzen würden.
Umweltziele und Agrarmaßnahmen unter e): Mir reicht das in meiner Rede Dargestellte noch nicht aus. Wir müssen einfach einmal die Förderungsstrukturen an dieser Stelle überprüfen, ob man nicht über bestimmte Qualitätsziele hinausgehen muss, um eine Grundförderung zu erhalten.
Über die Verstärkung des ÖPNV hatte ich ebenfalls gesprochen. Ich hatte Ihnen gesagt, dass wir im Landesentwicklungsplan bei den Grundzentren keine Margen gesetzt haben. Sie fangen jetzt selbst an, dort gewisse Korrekturen herbeizureden, indem man die Oberzentren zu sehr stärkt.
Unter m) bringen Sie einen Strauß von Maßnahmen, der eigentlich im EPLR Niederschlag finden müsste.
Bei g) kommen sie sogar selbst zu den Forschungs- und Technologiezentren zurück. Ich hätte mir gewünscht, dass wir alle ESI-Fonds gemeinsam betrachten und jetzt, wenn Sie in die Technologieförderung gehen, findet sie nun eben mal im EFRE statt und nicht im EPLR. Von daher ist es an dieser Stelle auch noch sachlich falsch.
Ja. Der Entschließungsantrag der GRÜNEN enthält natürlich Grundsätze, die eine
Teilmenge unserer eigenen Entschließungen sind. Ich möchte trotzdem noch einmal feststellen, dass ich es bedauere und es schmerzt, dass außer der LINKEN keiner erkannt hat, dass diese ESI-Fonds-Ansätze durchaus etwas Neues im Vergleich zur letzten Förderperiode sind und keiner das wirklich aufgegriffen hat. Deshalb werden wir uns bei Ihrem Antrag enthalten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sagte es bereits: Möglicherweise bekommen wir ein letztes Mal in der Existenz des Freistaates Sachsen derart hohe Fördermittel aus der Europäischen Union zugebilligt. Unser Ziel muss es sein, bis 2020 tragfähige Strukturen im ländlichen Raum zu entwickeln.