Protokoll der Sitzung vom 19.04.2011

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Dabei das Beispiel Bayern zu wählen zeugt nur von purer Unkenntnis, weil Sie wissen dürften, dass die bayerischen Gemeinden eine deutlich höhere Gewerbesteuereinnahme haben als sächsische Gemeinden und deshalb wesentlich besser in die Kultur finanzieren können, als das die Stadt Radebeul oder der Landkreis Meißen können.

Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat so: Mit dem Doppelhaushalt 2011/2012 sind leider die Weichen gestellt worden, die Landesbühnen in ein kommunales Theater oder eine GmbH, wie immer dann die Rechtskonstruktion aussehen soll, zu überführen. Damit ist auch von diesem Zeitpunkt aus – das ist noch einmal ein Hinweis an die LINKEN – klar gewesen, dass es zu einer Fusion der beiden Orchester kommen wird, denn – auch das gehört zur Wahrheit – es sind zwei oder drei Partner, die hier an den Tisch gehören. Es sind eben nicht nur das Land und das Wissenschafts- und Kunstministerium, sondern es ist die Stadt Radebeul, die ihre Bereitschaft erklärt hat, für die Landesbühnen einzustehen, und es ist ein Kulturraum, der von zwei Landräten regiert wird und ein Kulturkonvent, die offenbar Kultur gerade einmal schreiben, aber nicht mit Finanzen untersetzen können.

Entschuldigen Sie die etwas drastischen Worte, aber die Finanzierung des Kulturraumes Meißen, Elbtal, Sächsische Schweiz krankt seit Jahren an Unterfinanzierung. Was jetzt passiert heißt schlicht und ergreifend, dass zwei Orchester gegeneinander ausgespielt werden sollen, nämlich das Orchester der Landesbühnen gegen ein permanent unterfinanziertes Orchester der Novum GmbH, die Elbland Philharmonie. Wer sich hier einen schlanken Fuß macht, ist ein Landrat, der gleichzeitig in diesem Kulturraum Konventvorsitzender ist und damit versucht, seine Probleme mit der Novum GmbH zu lösen. Das Land reicht ihm die Hand. Das Land sagt, dieses Orchester soll zukünftig auch nur noch 72 Musiker haben, ohne zu bedenken, dass das enorme Einnahmen und Qualitätsverluste für die zukünftigen Landesbühnen bedeutet.

Frau Fiedler, meine Frage hatte einen Hintergrund gehabt. Sie können nämlich nicht einfach einmal Musiker in eine neue Rechtskonstruktion mitnehmen. Das wissen Sie so gut wie ich, weil wir das nämlich im Workshop diskutiert hatten.

Es wird eine GmbH aus Landesbühnen ohne Orchester gegründet. Das Landesbühnenorchester wird abgewickelt und die Orchestermusiker können sich wieder bei der bereits existierenden Orchester GmbH der Novum GmbH

bewerben. Das ist die unfairste und gemeinste Lösung, die man sich nur vorstellen kann.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden vermutlich an der Fusion nicht vorbeikommen, denn die Weichen sind mit dem Doppelhaushalt gestellt worden. Das Land hat sich zum großen Teil aus seiner Verantwortung zurückgezogen.

(Robert Clemen, CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Es stimmt. Es stimmt, dass es sich zurückgezogen hat, Herr Clemen. Und Sie wissen das. Sie wissen, dass Sie die Last den Kommunen aufdrücken und diese nicht bereit sind, das zu finanzieren.

Ich möchte Sie auf noch etwas hinweisen. Die Kommunen werden es vermutlich gerade in Ihren Wahlkreisen wunderbar zu spüren bekommen. Die Kürzungen der Kulturraummittel um 3,5 Millionen Euro, die bereits jetzt in die Landesbühnen geflossen sind, spüren sie jetzt. Jetzt werden nämlich die Förderbescheide an die Kultureinrichtungen, an die soziokulturellen Einrichtungen, an die Theater, Orchester, Museen im ganzen Land rausgeschickt, die unter den Sparmaßnahmen des Landes zu leiden haben.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist keine komfortable Situation für das Orchester der Landesbühnen. Ich beneide die Musiker momentan nicht. Ich bin sehr dankbar, dass es heute eine breite Solidaritätsbewegung auch gegenüber diesen Musikern gegeben hat, die hier letztlich am kürzeren Hebel sind. Die Orchester und Kulturräume im Land sind im Moment nicht so gut auf diese Situation zu sprechen.

(Zuruf des Abg. Robert Clemen, CDU)

Herr Clemen, wenn Sie ein mentales Problem mit diesen Kürzungen haben, können Sie gern ans Mikrofon gehen und mich etwas fragen.

(Robert Clemen, CDU, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Die Kürzungen treffen zurzeit unter anderem auch die Denkmalschmiede Höfgen oder eine Bibliothek in Klingenthal. Fragen Sie mal in Ihren Wahlkreisen nach, welche Kultureinrichtungen jetzt wegen dieser Kürzungen nicht mehr gefördert werden können.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich habe ihn ja aufgefordert. Bitte.

Die Aufforderung nehme ich gerne an. Frau Dr. Stange, wo waren Sie denn, als Ihr Kollege Reiche in Brandenburg die Orchesterlandschaft so hervorragend als Gärtner bearbeitet hat, dass es mittlerweile dort kein einziges Ballett mehr gibt und dass auch die Orchester mittlerweile extrem ausgedünnt sind? Dazu habe ich von Ihnen wenig gehört.

Herr Clemen, ich glaube, Sie wissen, dass ich immer noch in Sachsen lebe und politische Verantwortung trage und nicht in Brandenburg.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde den Antrag der LINKEN zwar emotional berechtigt, aber, was die Fusion angeht, ist der Zug leider bereits in Gang gesetzt. Deswegen werden wir einen Änderungsantrag gemeinsam mit der Fraktion GRÜNE einbringen. Dieser Antrag versucht, eine vernünftige Konzeption zu dem zu unterlegen, was in den nächsten Monaten hoffentlich im Ministerium erarbeitet wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Ich rufe die FDPFraktion auf. Herr Abg. Tippelt, bitte.

Gibt es zuvor noch eine Kurzintervention? – Bitte, Frau Fiedler.

Ich würde gern drei Punkte richtigstellen. Zum einen habe ich mit den 8,5 Millionen Euro nur den Haushalt zitiert. Frau Dr. Stange, das wissen Sie auch. Zum anderen haben Sie offensichtlich mehr Kenntnisse als unsere Fraktion, da Sie von Abwickeln und Möglichkeit der Neubewerbung sprachen. Diese Konzepte sind uns bislang nicht bekannt. Des Weiteren haben Sie die Aussagen zum Freistaat Bayern nur auf die Finanzkraft bezogen. Meine Anregung war vielmehr, dass der Freistaat Bayern, der wesentlich höhere Steuereinnahmen hat als unser Freistaat, kein Kulturraumgesetz hat und seine Landesbühnen wesentlich geringer finanziert als wir das tun.

(Beifall bei der CDU)

Frau Dr. Stange, bitte.

Frau Fiedler, Sie waren genau wie ich in dem Workshop gewesen, wo wir über das weitere Vorgehen informiert worden sind. In diesem Workshop wurde ziemlich klar und deutlich von den Vertretern des Ministeriums gesagt, dass es sich um zwei GmbHs handelt: eine Landesbühnen GmbH ohne Orchester, teilweise sogar ohne Chor gedacht – das ist hoffentlich vom Tisch – und eine Orchester GmbH, die sich vermutlich aus der Novum GmbH bildet. Genau das wurde im Workshop uns beiden zur Kenntnis gegeben.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Herr Abg. Tippelt für die FDP-Fraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der linken Fraktion! Lassen Sie mich gleich zu Beginn noch einmal die Fakten zu den Landesbühnen Sachsen darstellen. Mit der Verabschiedung des Doppelhaushaltes für den Freistaat Sachsen für die Jahre 2011 und 2012 wurde die seit vielen Jahren diskutierte und notwendige kommunale Beteiligung an den Landesbühnen Sachsen festgeschrieben, weil man die Landesbühnen als Institution erhalten und diese angesehene Kultureinrichtung nicht abwickeln will.

Das wiederum bedeutet, dass die Stadt Radebeul als Sitzgemeinde der Landesbühnen finanziell gefordert ist, denn natürlich profitiert sie in erster Linie vom vielfältigen und anspruchsvollen Programm der Landesbühnen. Zum Vergleich: Die Stadt Zwickau unterstützt ihr Theater in diesem Jahr mit 5,3 Millionen Euro. Von Radebeul wird im Haushalt in diesem Jahr 300 000 Euro und im nächsten Jahr 600 000 Euro Unterstützung gefordert – nur um mal die Relationen zu sehen.

Außerdem muss und darf auch der gesamte Kulturraum Sächsische Schweiz/Osterzgebirge/Meißen nicht außer Acht gelassen werden. Immerhin ist einer der zwei Kulturräume, die auch zukünftig verstärkt Angebote der Landesbühnen Sachsen in Anspruch nehmen werden, dieser Kulturraum.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der LINKEN! Die Thematik Neue Elblandphilharmonie Riesa liegt nicht in der Zuständigkeit der Staatsregierung. Hier sind natürlich die Kulturräume selbst gefragt. Schon allein deswegen ist es schier unmöglich, Ihrem Antrag zuzustimmen. Bitte stellen Sie sich nicht als Bewahrer der sächsischen Kultur hin. Zahlreiche Fachleute führen mit großer Ernsthaftigkeit Gespräche mit allen Beteiligten, agieren als Vermittler bei der Konsensfindung, unterstützen die Konzepterstellung mit ihrem Fachwissen allein mit dem Ziel, ein wohlüberlegtes, ausgewogenes und modernes Konzept für die Landesbühnen zu entwickeln.

Ich selbst möchte natürlich gern, dass die Landesbühnen Sachsen ihre hart erarbeitete künstlerische Qualität, ihre Präsentationsvielfalt, ihre hervorragende Arbeit mit Kindern und Jugendlichen beibehalten und auf dem aktuell wirklich sehr hohen Niveau weiterführen können. Mir erscheint es wichtig, dass die Landesbühnen neben dem klassischen Angebot Musicals, Gegenwartsstücke und Tanztheater anbieten, eben ein modernes Spielangebot, welches auch die jüngere Generation im Blick hat. Doch ich weiß auch, dass bei dieser anspruchsvollen Zielstellung der inhaltlichen Ausgestaltung der Landesbühnen Sachsen viele Partner gefragt sind.

Zusammenfassend bin ich mir sicher, dass alle Beteiligten gemeinsam das gleiche Ziel haben, nämlich das kulturelle

Angebot in seiner Vielfalt mit den vorhandenen Mitteln auf hohem Niveau zu bewahren und zu gestalten. Linkspopulistischer Anträge bedarf es dabei sicherlich nicht.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Glauben Sie mir, die FDP-Fraktion will mitnichten unsere super ausgebildeten Musiker auf die Straße setzen. Jetzt ist das Ministerium gefragt, für die Landesbühnen ein tragfähiges Konzept vorzulegen. Der seit Jahren zögerlich vorangetriebene Prozess der Finanzierung und Strukturierung der Landesbühnen muss endlich im Interesse des Publikums und natürlich auch im Interesse aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Landesbühnen Sachsen beendet werden.

Sehr geehrte Frau Ministerin Schorlemer, auch wenn Sie das Thema mit Ihrem Amtsantritt genau wie die FDP erst vor anderthalb Jahren geerbt haben, so ist es für die Kunstabteilung des Ministeriums kein neues. Seit mehr als zehn Jahren hat Ihr Haus – auch unter SPD-Führung – vergeblich versucht, die Kommunen bei der Finanzierung mit ins Boot zu nehmen. In allen anderen Bundesländern ist dies bereits seit Anbeginn gelebte Praxis für Landesbühnen. Ich kann Ihnen auch genau sagen, weshalb es stets Widerstände gab und aktuell immer noch gibt. Noch immer fehlt es an einem schlüssigen Gesamtkonzept. Ganz ehrlich – im SMWK kommt es jetzt darauf an, endlich den nötigen Druck zu machen. Machen Sie endlich die Arbeit, die Ihre zuständige Abteilung bereits in den vergangenen zehn Jahren hätte machen müssen, und binden Sie alle notwendigen Partner mit ein, auch die Gewerkschaften!

Letztendlich möchte ich erneut an die Verantwortung der Stadt Radebeul und des Kulturraumes selbst appellieren. Sie müssen sich die Frage stellen, was ihnen der Erhalt der künstlerischen Vielfalt der Landesbühnen wert ist. Die Zeit des Pokerns ist ein für alle Mal vorbei.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Als Nächster spricht Herr Dr. Gerstenberg für die Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU/FDP-Koalition hat in den Haushaltsberatungen für die Landesbühnen Sachsen eine Kommunalisierung mit der Brechstange eingeleitet. Die Landesbühnen haben sich gezwungenermaßen der Realität des Haushaltsgesetzes gestellt und mit ihrem Konzept „Mobiles Theater für Sachsen“ eine schlüssige Zielperspektive vorgelegt.

Das Konzept umfasst hochwertige Angebote sowohl im Kernspielbetrieb als auch ergänzend in anderen Kulturräumen. Insbesondere theaterpädagogische Angebote sollen ausgebaut werden. In dieser Situation kann man nicht einfach, meine Damen und Herren von der CDU/FDP-Koalition, kurzfristig ein Struktur- und Finanzierungskonzept verlangen, nachdem das Orchester der

Landesbühnen kurzerhand zerschlagen würde. Offensichtlich haben Sie erst im Haushalt einen Zuschussbetrag festgelegt, und jetzt schauen Sie zu, welche Folgen das hat.