Vielen Dank. – Herr Heinz, ich wollte Sie fragen, ob Sie wissen, dass im Gentechnikgesetz genau geregelt ist, was eine Züchtung ist und was GVO-Pflanzen sind?
Ich möchte jetzt weiter fortfahren, die zehn beliebtesten Mythen und Irrtümer der Gentechnik zu erklären.
Der nächste Mythos ist, dass nur Gentechnik Artgrenzen überwindet. Wir alle wissen, dass auch die Pflanzenart Triticale eine beliebte Kultur im Ökolandbau ist, und Triticale ist eine Kreuzung aus Weizen und Roggen. In diesem Falle haben wir auch mit natürlichen Züchtungsmethoden die Artgrenzen schon überwunden; es ist also kein Kennzeichen der Gentechnik.
Dazu, dass Deutschland gentechnikfrei bzw. nicht gentechnikfrei ist, hat Kollege Schmidt schon etwas gesagt. Auch die Legendenbildung um Percy Schmeiser und Herrn Glöckner zeigen, dass bei näherer Betrachtung all das, was in Amerika an rechtlichen Würdigungen von Herrn Schmeiser passiert ist, nicht stattgefunden hat.
Ein weiteres beliebtes Vorurteil ist, dass durch Gentechnik mehr Insekten sterben als durch konventionellen Pflanzenbau. Die Alternative zur Verwendung von gentechnischem Mais ist dann halt der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, welche nicht gezielt gegen den Schädling vorgehen, sondern das ganze Spektrum der dort vorhandenen Insekten vernichten; und das kann doch wohl auch nicht das Wahre sein.
Außerdem fällt immer noch die Behauptung, dass Monsanto mit seinen Patenten nach der Weltherrschaft greift. Wir haben jetzt schon bei Mais und Raps Hybridsaatgut, das jährlich neu erzeugt werden muss, was der Bauer selbst nicht erzeugen kann. Es ist im Prinzip auch schon üblich, dass der Landwirt in vielen Fällen sein Saatgut nicht mehr selbst erzeugen kann.
Ich wollte noch weiter fortfahren und Sie auf einige Widersprüchlichkeiten Ihres eigenen Antrages hinweisen. Wir haben am Anfang sehr überlegt, ob man nicht dem Punkt 3 zustimmen kann, nämlich: Gewährleistung einer kritischen Begleitung von Genehmigungsverfahren zur Freisetzung und dem Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Pflanzen. Das ist genau das, was wir auch wollen: eine kritische Begleitung. Wir haben dann aber die Begründung durchgelesen, und dort steht nichts mehr von kritischer Begleitung, sondern dort steht etwas von
Sie fordern weiter in Punkt 2 die Einführung von Mindestabständen um Schutzgebiete. Diese Forderung ist längst erfüllt: In der sächsischen Pflanzennutzungsverordnung sind deutlich weitere Schutzabstände um diese Gebiete vorgesehen als im Bundesrecht.
Sie wollen gezielte Förderung der gentechnikfreien pflanzenökologischen Forschung. Hierzu kann ich Ihnen nur sagen, dass die Fördermittel, die wir für den ökologischen Landbau ausgeben, ungefähr das Hundertfache dessen sind, was wir für die Forschung – im Wesentlichen ist das Sicherheitsforschung – für gentechnisch veränderte Organismen ausgeben.
Ansonsten keine Zulassung von Gentechnikveränderungen. Hier kann ich nur vor 0,0-Grenzwerten warnen. Es hat uns schon verschiedentlich eingeholt, dass ganze Schiffsladungen wegen geringfügigster Verunreinigungen zurückgeschickt werden mussten. Wir haben heute eine sehr, sehr ausgefeilte Messtechnik, die ständig besser wird, und ich kann nur empfehlen, praktikable Grenzwerte einzuführen.
Wir werden den Antrag natürlich ablehnen. Ich möchte noch einmal klarstellen – wie es schon Thomas Schmidt in seiner Kurzintervention getan hat –: Wir wollen nicht für den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen werben, sondern dafür, eine Zukunftstechnologie nicht vorbeugend zu verbieten, wie es gelegentlich versucht wurde.
Sie alle kennen die Geschichten, über die man dann so schmunzelt, wenn man die ersten Bedenken bei der Einführung der Eisenbahn oder des Automobils oder des Telefons gehört hat, und heute sind das selbstverständliche Technologien, die wir alle nutzen, und die Bedenken von damals rufen heute nur noch ein Schmunzeln hervor. Ich hoffe, Ihnen bleibt das erspart.
Das war Herr Heinz für die CDU-Fraktion. – Meine Damen und Herren, mir liegen von den Fraktionen keine weiteren Wortmeldungen vor. – Es wird doch das Wort gewünscht; Herr Gansel, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Hinweis meines Fraktionskollegen Delle aufgreifen, dass die antragstellenden Fraktionen von LINKEN, SPD und GRÜNEN auch in dieser Debatte ein kapitales politisches Glaubwürdigkeitsproblem haben.
Als unlängst – es ist gerade einmal zwei Wochen her – im Meißner Kreistag eine Debatte über ein sogenanntes Leitbild stattfand, hat die NPD-Fraktion, bestehend aus fünf Kreisräten, einen Änderungsantrag eingebracht mit
dem Ziel, dass der Landkreis Meißen im Rahmen dieser Selbstverständigungs- und Selbstverpflichtungsdebatte auf den Einsatz von Gentechnik verzichtet. Die entsprechenden Fraktionen – ich spreche von LINKEN, SPD und GRÜNEN – haben gegen den Änderungsantrag der NPDKreisräte gestimmt, und damit hat diese grün lackierte Heuchelbande gegen das gestimmt, – –
Wie man dann als Gast und Kreisrat miterleben konnte, haben die genannten Fraktionen gegen etwas gestimmt, was sie sonst zu vertreten immer vorgeben.
Ich will die Gelegenheit nutzen, Ihnen den Antragstext der NPD-Kreisräte zur Kenntnis zu geben, damit Sie alle wissen, wogegen SPD, GRÜNE und LINKE im Meißner Kreisrat gestimmt haben. Der Wortlaut unseres Änderungsantrages im Rahmen der Leitbilddebatte lautete: „Der Landkreis Meißen lehnt einen Anbau gentechnisch manipulierter Pflanzen, insbesondere von Genmais, auf seinem Gebiet und auf dem Gebiet des Freistaates Sachsen ab. Die mit dem Anbau verbundenen absehbaren wie noch nicht absehbaren Risiken für Mensch und Natur verpflichten uns dazu, auf einen landes- und bundesweiten Verzicht dieser Technik hinzuwirken. Bis dahin strebt der Landkreis Meißen eine freiwillige Selbstverpflichtung seiner Landwirte zur Gentechnikfreiheit an.“
Das ist der kurze und aussagekräftige Antragstext, den die NPD-Kreisräte im Landkreis Meißen gestellt haben, und die drei Fraktionen zur Linken, die sich hier als große Gegner der grünen Gentechnik sehen, haben dagegen votiert.
Deshalb ist es immer wieder sinnvoll, das Abstimmungsverhalten in Kreistagen zu beobachten, weil dann Ihr kapitales Glaubwürdigkeitsproblem deutlich zutage tritt.
Meine Damen und Herren, ich wiederhole mich: Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wünscht dennoch jemand das Wort? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Kupfer, bitte; natürlich haben Sie das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Staatsregierung hat erhebliche fachpolitische und rechtliche Bedenken gegen den vorliegenden Antrag. Denn die Staatsregierung setzt auf Wahlfreiheit statt auf Bevormundung, auf Koexistenz statt auf Ausgrenzung und Stigmatisierung; und die Staatsregierung setzt auf Einzelfallbewertung statt auf generelle Verbote.
Die Forderung dieses 8-Punkte-Pogramms steht ganz und gar nicht im Einklang mit einer wesentlichen Zielsetzung des Gentechnikgesetzes. Es soll dort nämlich Koexistenz der verschiedenen landwirtschaftlichen Nutzungsformen gewährleistet werden, das heißt, der Landwirt soll selbst darüber entscheiden können, welche Nutzpflanzen er anbaut und welche eben nicht. Die sächsischen Landwirte sind schon bisher sehr verantwortungsbewusst mit neuen Produktionsverfahren umgegangen.
Unstrittig ist: Die Gentechnik ist kein Allheilmittel. Aber auf die Möglichkeiten dieser Technologie zu verzichten wäre so, als ob wir auf ein Ticket in die Zukunft verzichteten.
Das geforderte Verbot der grünen Gentechnik passt überhaupt nicht zu einem auf Hochtechnologie orientierten Land wie dem Freistaat Sachsen.
Es wäre geradezu sträflich, in der Heimat von Leibniz, Schubert und Ardenne eine Technologie abzulehnen, die wichtige Beiträge leisten kann: zur Optimierung und Nutzung nachwachsender Rohstoffe; zur Anpassung von Pflanzen an den Klimawandel; zur Herstellung von biologischen Materialien, zum Beispiel von Biokunststoffen; zur Versorgung mit Futtermitteln; zur Versorgung mit Lebensmitteln für die Weltbevölkerung, die im Jahr 2050 bei neun Milliarden Menschen liegen wird. Auch wenn Sie von der Opposition das nicht hören wollen – es ist ein Fakt.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie haben immer wieder das Argument gebracht, dass die Mehrheit der Bevölkerung GVO ablehne. Das ist richtig. Aber Sie müssen auch die Frage beantworten, warum die Menschen GVO ablehnen. Der Grund ist: Sie wissen darüber nicht Bescheid.
Ich nenne Ihnen zwei Zahlen, die das verdeutlichen: Bei einem Verzicht auf GVO wäre die Versorgung der Landwirtschaft mit Futtermitteln aktuell nicht gewährleistet. 93 % des Rinder- und des Schweinemischfutters sowie 89 % des Geflügelmischfutters sind gentechnisch verändert oder enthalten GVO-Bestandteile.
Wenn immer wieder die Forderung nach Kennzeichnung von Lebensmitteln, die irgendwo in der Produktionskette mit GVO in Verbindung gekommen sind, erhoben wird, dann sage ich dazu: Ich würde mich darüber freuen. Das würde der Bevölkerung die Augen öffnen, dass GVO überall im täglichen Leben schon Realität sind. Mit dem Verzicht auf GVO würden wir auf innovative gentechnisch hergestellte Tierarzneimittel ebenso verzichten wie auf – unter Einsatz der Gentechnik hergestellte! – qualitativ hochwertige Enzyme, Aminosäuren oder Vitamine.
Mir kommt es darauf an, die Menschen sachlich zu informieren. Dazu gehört der Fakt, dass die große Mehrheit der Wissenschaftler GVO für unbedenklich hält. Die EU-Kommission hat vor vier Monaten eine Studie veröf
fentlicht. Darin ist zu lesen, dass bisher keine wissenschaftlichen Hinweise existieren, dass GVO eine größere Gefahr für die Umwelt oder die Lebensmittel- und die Futtermittelsicherheit darstellen als herkömmliche Pflanzen bzw. Organismen. Die Studie fasst die Forschungsergebnisse der vergangenen 25 Jahre zur Sicherheit von GVO zusammen. Es haben 500 – ich betone: 500! – Forscherteams daran gearbeitet.
Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat in den vergangenen 20 Jahren Projekte zur biologischen Sicherheitsforschung an gentechnisch veränderten Pflanzen gefördert. Diese erbrachten ebenfalls keine Belege für ökologische Schäden infolge des Anbaus von GVO.
Meine Damen und Herren! Wir dürfen den Blick vor der Realität nicht verschließen. Weltweit werden von Landwirten 148 Millionen Hektar mit gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut. Das ist mehr als die gesamte Ackerfläche Europas. Wenn man der Argumentation, die ich heute von einigen gehört habe und die ich schon von manchen Umweltverbänden kenne, folgte, dann wären das alles potenzielle Selbstmörder oder potenzielle Attentäter. Aufgabe der Politik – dazu gehört auch die Opposition – ist es, den Bürgern Realitäten zu vermitteln, statt ihnen eine gentechnikfreie Welt vorzugaukeln.
Nicht hinnehmbar ist auch Ihre Forderung nach einer „kritischen Begleitung von Genehmigungsverfahren“ für gentechnisch veränderte Pflanzen. Was Sie unter „kritischer Begleitung“ verstehen, ist der Begründung Ihres Antrags zu entnehmen. Demnach soll sich die Staatsregierung „stets gegen derartige Genehmigungen aussprechen“, unabhängig davon, ob diese fachlich oder rechtlich begründet sind. Diese Auffassung befremdet.