Protokoll der Sitzung vom 20.04.2011

(Beifall bei der FDP)

Genehmigungsverfahren sind rechtskonform durchzuführen; erforderlich sind ergebnisoffene Prüfungen. Es ist also in jedem Einzelfall zu bewerten, ob die EU-rechtlich vorgegebenen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt werden – oder eben nicht. Mit Ihrer Forderung, generell alle Genehmigungsanträge abzulehnen, verletzen Sie rechtsstaatliche Prinzipien.

Meine Damen und Herren, Sie rennen bei mir offene Türen ein mit Ihrer Forderung nach Förderung der pflanzenökologischen Forschung. Die Staatsregierung hat in der Vergangenheit zahlreiche landwirtschaftliche und naturschutzfachliche Projekte der Pflanzenforschung mit ökologischem Bezug unterstützt. Wir werden das auch in Zukunft tun.

Ich befürworte die Begleitung des GVO-Anbaus aus Vorsorgegründen. Sicherheitsforschung und begleitendes Umweltmonitoring sind beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen geboten. Die daraus resultierenden Fakten sollen dann aber bitte auch diejenigen zur Kenntnis

nehmen, die stets nur die Gefahren der Gentechnik heraufbeschwören.

Zum Ökolandbau auch noch eine Argumentation: Der Ökolandbau in Sachsen ist bestens versorgt, auch wenn die jüngste Pressemitteilung der Opposition wieder einmal den Eindruck geschürt hat, als ob genau das Gegenteil der Fall sei. Von 2007 bis 2010 sind etwa 340 000 Euro in Forschungsprojekte der grünen Gentechnik – das meiste davon in die Sicherheitsforschung – geflossen. Im gleichen Zeitraum wurde der ökologische Landbau allein im Rahmen der Agrar-Umwelt-Maßnahmen mit 23,3 Millionen Euro unterstützt. Es ist regelrecht grotesk, daraus eine strikte Politik zugunsten der Gentechnik-Lobby und zulasten des Umwelt- und Verbraucherschutzes ableiten zu wollen.

Wenig nachvollziehbar ist auch die in dem Antrag erhobene Forderung nach Verträglichkeitsprüfungen beim Anbau von GVO oder bei Freisetzungsversuchen in FFHGebieten. Nach geltendem Naturschutzrecht sind Erheblichkeitsabschätzungen und Verträglichkeitsprüfungen verbindlich vorgeschrieben. Sachsen hat übrigens als erstes Bundesland solche Erheblichkeitsabschätzungen aus Vorsorgegründen sogar bis zu einem Abstand der GVO-Felder zu FFH-Gebieten von 1 000 Metern durchgeführt. Damit gehen wir deutlich über die Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes und auch anderer Bundesländer hinaus.

Das von den LINKEN in ihrer Pressemitteilung als vorbildlich dargestellte Vorgehen in Brandenburg ist für mich grenzwertig. Stets und ohne vorherige Prüfung von einer Schädigung des Naturhaushaltes durch den Anbau von MON 810 rund um Naturschutzgebiete auszugehen steht weder im Einklang mit dem Naturschutzrecht, noch ist dies aus wissenschaftlicher Sicht gerechtfertigt.

Meine Damen und Herren, ich mahne Sie zur Sachlichkeit bei diesem wirklich schwerwiegenden und die breite Masse der Bevölkerung interessierenden Thema.

Ich freue mich über die Signale aus den Koalitionsfraktionen, dass dieser Antrag abgelehnt werden soll. Ich kann die Ablehnung nur unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Schlusswort. Haben sich die einreichenden Fraktionen darauf verständigt, wer es hält? – Frau Dr. Pinka für alle drei Fraktionen. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, Herr Schmidt: Alle Jahre wieder ist es notwendig, dass wir uns über durch Gentechnik hervorgerufene Veränderungen in der Landwirtschaft unterhalten. Die Notwendigkeit hat auch die heutige Debatte gezeigt; denn alle Jahre wieder ändern sich auch die Rahmenbedingungen, wie ich das in meiner Einbringungsrede darzustellen versucht habe. Wir

haben veränderte Rahmenbedingungen in der EU, aber auch hier in der Bundesrepublik.

Wir können dadurch auch veränderte Rahmenbedingungen in Sachsen herbeiführen. Allerdings – das war meine Zwischenfrage vorhin an Herrn Heinz – ist er zwar Landwirt und spricht womöglich dann anderen die Kompetenz ab, aber wenn ich noch nicht einmal die Grundlage der Gentechnik und der Genmanipulation kenne und den Unterschied zwischen Züchtung und gentechnisch veränderten Pflanzen weiß, dann, muss ich sagen, ist bei mir die Glaubwürdigkeit an einer Grenze angelangt.

Ich danke allen Oppositionsfraktionen für die sehr gute Zusammenarbeit bei der Einbringung dieses Antrages. Wir haben in acht Punkten, die konkret und auch umsetzbar sind, Handlungsempfehlungen für unser Land aufzeigt, und eigentlich haben wir Klientelpolitik für eine solide Landwirtschaft in Sachsen aufgemacht. Diese Klientelpolitik ging von unseren Fraktionen aus, mehr als manche Landwirte in diesem Land glauben.

Wir haben auch festgestellt, dass in der Bevölkerung gentechnisch veränderte Lebensmittel nicht gut ankommen. Aber da haben Sie, Herr Kupfer, offensichtlich in den letzten Jahren wenig für Informationen in der Bevölkerung gesorgt. Wenn Sie der Meinung sind, wir müssten stärker informieren und wir debattieren alle Jahre wieder, dann fangen Sie doch einfach einmal an, die Bevölkerung zu informieren, wenn Sie das anders sehen.

Wir haben eine sachliche Debatte über ökologische Auswirkungen, Kennzeichnungspflicht und den Verbraucherschutz sächsischer Bürgerinnen und Bürger geführt, aber auch über die Bewahrung der Schöpfung – übrigens im Anschluss an eine Debatte zur Bedeutung der Reformation für Sachsen. Da ist ja zum Beispiel die evange

lisch-lutherische Kirche Sachsens schon weit voraus, die ihren Pächtern nicht erlaubt, gentechnisch verändertes Saat- und Pflanzgut auf der Pachtfläche auszubringen bzw. anzubauen.

Wir haben über Forschungsaktivitäten gesprochen und möglicherweise vom Land weniger Mittel, die ausgereicht werden, weil einfach Klientelforschung durch Drittmittelausreichung von der Industrie stattfindet, sodass das Land einfach keine Forschungsgelder mehr ausreichen muss.

Herr Heinz, ich würde Ihnen gern, da wir ja nicht über die Begründung abstimmen, eine punktweise Abstimmung anbieten, wenn Sie da mitgehen wollten. Dann könnten Sie dem Punkt 3 zustimmen. Ansonsten bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Pinka. Das war kein Antrag, den Sie an mich gestellt haben. Deshalb kann ich den Antrag so zur Abstimmung bringen.

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/5321 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke sehr. Stimmenthaltungen? – Bei vielen Stimmen dafür hat der Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden und ist damit nicht beschlossen.

Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Zukunftsfähige Hochschulentwicklungsplanung für Sachsen – wissenschaftliche Ressourcen erhalten

Drucksache 5/5548, Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Fraktionen können wie folgt Stellung nehmen: SPD, GRÜNE, CDU, DIE LINKE, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Wir beginnen mit der Aussprache. Herr Abg. Mann für die Fraktion der SPD, Sie haben das Wort.

Danke schön. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gemeinsam legen meine Fraktion der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN einen Antrag zur sächsischen Hochschulentwicklungsplanung vor. Diesen werde ich Ihnen gleich in Details vorstellen, aber vor dem Hintergrund der zunehmend chaotisierten Debatte sind ein paar Worte zum Agieren des Regierungslagers notwendig.

Das, was wir nämlich in den letzten Wochen erlebt haben, legt alles nahe, aber nicht, dass die Koalitionsfraktionen über ein oder gar gemeinsames Konzept verfügen, was sie in der Hochschulentwicklung eigentlich wollen. Während die Wissenschaftsministerin am 21. Januar Pläne zu Wissenschaftsräumen vorstellte, haben wir erleben müssen, wie einzelne Vertreter der Koalitionsfraktionen die Staatsministerin dafür danach mehrfach in der Öffentlichkeit attackierten.

Während der von Ihnen selbst am 20. Mai vergangenen Jahres auf die Tagesordnung gesetzte Antrag die Staatsregierung auffordert, „Doppelangebote aufzuzeigen und Angebote zu konzentrieren“, sind CDU-Abgeordnete zum Beispiel in Reichenbach eifrig dabei, Bündnisse für den Erhalt von Außenstellen zu gründen. Ganz zu schweigen

davon, dass CDU und FDP zwar die Vorlage der Hochschulentwicklungsplanung bis zum 31. Dezember letzten Jahres einforderten, aber offensichtlich im Hintergrund alles, aber auch wirklich alles dafür tun, dass dies nicht möglich war und bis heute ist. Als wäre das alles nicht genug, platzt die FDP kurz vor ihrem Parteitag mit der Fantasterei zu einer sächsischen Universität heraus.

Ich, meine Damen und Herren, erkenne da keine Linie. Die einzige, die ich erkenne, ist der Drang der FDP in die Newsline. Zu mehr als Überschriften reicht es aber nicht. Aber ich will mich nicht an der FDP abarbeiten. Der Vorschlag ist es nicht wert und entbehrt jeder Substanz.

Viel mehr bewegt mich, dass selbst die Sprecher der CDU nicht mit einer Stimme sprechen. Während so vom hochschulpolitischen Sprecher der CDU, Prof. Mackenroth, in der „SZ“ zu den Wissenschaftsräumen am 14.04. zu lesen ist, wir dürften nicht zu kleinteilig denken, mit einer ganzen Wissenschaftsregion für Sachsen sei er aber einverstanden, verteidigt sein Kollege für Wissenschaft, Herr Prof. Schneider, am gleichen Tag die Vorschläge in der „LVZ“ wie folgt: „Bei den von der Ministerin ins Gespräch gebrachten Räumen geht es um eine bessere Vernetzung der Hochschulen mit Wirtschaftspartnern und anderen Wissenschaftseinrichtungen in den jeweiligen Regionen.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren! So jedenfalls ist keine politische Debatte zu führen und so hoffe ich, dass Sie heute Klartext reden. Denn das, was wir Ihnen vorlegen, ist ein Vorschlag, der benennt, was die Voraussetzungen sind, um die Zukunft für die Hochschulen zu gestalten.

Der Erste und sicherlich Wichtigste ist ein Stellenmoratorium, um Sachsens Hochschulen bei den Betreuungsrelationen vom vorletzten Platz zu holen und eben auch Reserven für die Forschung zu heben. Dieses kann und sollte in Verbindung mit den Altersabgängen auch genutzt werden, um den akademischen Mittelbau an den sächsischen Hochschulen zu stärken.

Zum Zweiten sollten wir uns bei der Grundmittelausstattung wenigstens am Durchschnitt der Bundesländer orientieren. Vor allem aber, meine Damen und Herren, muss Schluss sein mit dem Schlechtreden der Perspektiven der sächsischen Hochschulen. Während die FDP von um 40 % weniger – das hieße genau 43 000 – Studierenden spricht, ist tatsächlich nur davon auszugehen, dass die Studienanfängerzahl bis 2014 um 2 000 Studierende pro Jahr zurückgeht, danach aber wieder ansteigt und wir ein Saldo von 90 000 Studierenden nicht unterschreiten werden.

Deshalb fordern wir, dass sich die Planung zu den Studierendenzahlen mithin der Hochschulentwicklungsplanung oberhalb der Kultusministerreferenzlinie des Hochschulpaktes orientiert. Meine Fraktion hat dazu ein umfangreiches Positionspapier vorgelegt, und auch die neuesten Zahlen bestätigen, dass wir auf vorhandene Potenziale setzen können; denn die Strategien zur Gewinnung von Frauen, Studierenden aus den alten Bundesländern und

dem Ausland bieten sowohl die Chance, den sächsischen Fachkräftebedarf zu decken als auch der demografischen Entwicklung wirksam entgegenzuwirken.

Zusammen mit der Einführung von Teilzeitstudien und der Ausweitung des berufsqualifizierenden Zugangs ist nicht auszuschließen, dass wir entgegen den Prognosen, die auch schon in der Vergangenheit falsch lagen, nicht von einem Rückgang der Studierendenzahlen sprechen müssen, sondern mehr junge Leute nach Sachsen und an seine Hochschulen ziehen können. Dies aber, meine Damen und Herren, erfordert einen politischen Ansatz, den ich bei Ihnen bisher vermisse.

Weitere Detailforderungen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bestehen darin, einen Innovationspool einzurichten, der tatsächlich mit neuen Stellen ausgestattet wird; denn ich kann mir keine Motivation der Hochschulen zur Bewerbung für einen solchen Innovationspool vorstellen, der sich hier erst aus vorher zu kürzenden Stellen speist.

Wir wollen zudem eine geschlechtergerechte Entwicklung in allen Personalstellen über das Kaskadenmodell, ein Monitoring, das Fächerspektrum zur Begleitung von Strukturveränderungen und eine nachfrageorientierte Mittelausstattung. Aber dazu wird Herr Dr. Gerstenberg später etwas sagen.

Vor allem aber sehen wir Reserven im Feld der Qualitätssicherung. Diese für die Lehre und Forschung zu heben und zusammen mit der demografischen Dividende zu nutzen, braucht es, damit Sachsens Hochschulen im Wettbewerb bestehen können.

Zuletzt ein Wort zu den Wissenschaftsräumen. Sie sind nach unserer Meinung nicht die Lösung einer Hochschulentwicklungsplanung, sondern bestenfalls ein Element. Das Konzept ist in sich nicht ganz stimmig und enthält inzwischen Konstrukte, wie den sogenannten assoziierten Wissenschaftsraum Freiberg.

In Ihren strukturpolitischen Gesprächskreisen, den sogenannten Wissenschaftsforen, sollten neben den Vertretern der Wirtschaft, der Hochschulen und Forschungsinstitute wenigstens auch Vertreter der Sitzkommunen der Universitäten, die Mitarbeiter der Hochschulen, die Studierendenwerke und Studierende eine Stimme und einen Platz haben.