Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Jennerjahn, auch Ihnen möchte ich eine zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2 geben.
Sie haben eine Frage zu einem bestimmten Paragrafen des künftigen Glücksspielstaatsvertrages an die Staatsregie
rung gerichtet. Der derzeit geltende Staatsvertrag, den die Länder 2008 geschlossen haben, läuft bekanntlich zum Jahresende aus. Die Regierungschefinnen und -chefs der Länder arbeiten seit geraumer Zeit intensiv an einer entsprechenden Anschlussregelung.
Da im vergangenen Jahr das Bundesverwaltungsgericht und der Europäische Gerichtshof richtungweisende Entscheidungen zum derzeit geltenden Staatsvertrag verkündet haben, ist es besonders wichtig, im künftigen Vertragstext die unions- und verfassungsrechtlichen Vorgaben der Gerichte fest im Blick zu haben. Hinzu kommt, dass der Vertrag unter den 16 Bundesländern abgestimmt werden muss – ein Vorgang, der erfahrungsgemäß sehr zeitintensiv ist.
Der Staatsvertrag liegt daher nach wie vor lediglich in einer Entwurfsfassung vor. Die gesamte Gremienabstimmung, sowohl länderübergreifend als auch hier im Freistaat, ist noch nicht abgeschlossen. Ihre Anfrage zu einer bestimmten Passage des künftigen Vertragstextes kommt daher zu einem so frühen Zeitpunkt, dass eine Antwort darauf schlicht noch nicht gegeben werden kann. Ich bitte Sie daher um Verständnis und Geduld. Die Damen und Herren Abgeordneten werden im parlamentarischen Verfahren noch Gelegenheit haben, zu den künftig für Deutschland vorgesehenen Regelungen des Glücksspielrechts entsprechend Stellung zu nehmen.
Sie haben zum Ausdruck gebracht, dass sich die Verhandlungen noch im Prozess befinden. Daraus resultiert meine Nachfrage: Ist der Zeitplan der geplanten Vertragszeichnung – 9. Juni 2011 – überhaupt noch haltbar? Wenn ja, wann ist eine abschließende Kabinettsbefassung seitens der Sächsischen Staatsregierung zu erwarten?
Ich habe Ihnen die Schwierigkeiten geschildert, die die Abstimmungen zwischen den Ländern mit sich bringen. Wir hoffen, dass wir entsprechend dem Zeitplan die Abstimmungen noch hinbekommen. Ob das gelingt, kann ich Ihnen heute noch nicht sagen. Je nachdem, wie das Ergebnis ausfällt, wird die Befassung im Kabinett und im parlamentarischen Verfahren erfolgen.
Meine Damen und Herren! Die Fragen unter den Nummern 1, 2, 10, 5 und 12 der Drucksache 5/5824 sollen von der Staatsregierung bitte schriftlich beantwortet werden.
Nukleare Belastung von Wildbret und Pilzen mit dem Cäsium-Isotop 137 (Cs-137) im Freistaat Sachsen (Frage Nr. 1)
Durch die sich infolge des Atomunfalls vor 25 Jahren im April 1986 in Tschernobyl (Ukraine) ausbreitenden Radionuklide wurde auch der Freistaat Sachsen neben anderen Teilen Europas belastet. Wegen seiner relativ langen Halbwertszeit von 30 Jahren ist das Cäsium-Isotop 137 (Cs-137) von besonderer Bedeutung. Da die unterirdisch wachsenden und von Wildschweinen bevorzugten Hirschtrüffel außerordentlich hoch kontaminiert sind (zehnmal höher als Speisepilze) , kann Wildschweinfleisch deutlich mehr Cs-137 enthalten als das Fleisch anderer Wildtierarten. Daher lautet eine Empfehlung des Bundesamtes für Strahlenschutz, die Verbraucher mögen zur Verringerung ihrer persönlichen Strahlenexposition auf den Genuss selbsterlegten Wildes und selbst gesammelter Pilze verzichten.
1. Welche Aussage kann die Staatsregierung treffen über die nukleare Belastung von Wildbret und Pilzen mit dem Cäsium-Isotop 137 (Cs-137) im Freistaat Sachsen?
2. Durch welche Behörden wird in welchem Turnus die nukleare Belastung von Wildbret und Pilzen mit dem Cäsium-Isotop 137 (Cs-137) im Freistaat Sachsen überprüft?
Zur Frage 1 nehme ich wie folgt Stellung: Die radioaktive Belastung von Pilzen ist in Sachsen als außerordentlich gering einzuschätzen.
Untersuchungen im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung sind deshalb auf – aus bestimmten osteuropäischen Staaten stammende – Wildpilze konzentriert, da allenfalls dort auch heute noch mit erhöhter radioaktiver Belastung gerechnet werden muss. Ware aus diesen Regionen unterliegt strengen Einfuhrbestimmungen. Bei entsprechenden Untersuchungen im Jahr 2010 wurden keine Überschreitungen der Höchstmenge festgestellt.
Für Wildpilze aus Sachsen gilt, dass aus Gründen des Naturschutzes das Sammeln von etlichen Speisepilzen, zum Beispiel Steinpilzen, Maronen und Pfifferlingen, nur für den privaten Gebrauch erlaubt ist. Untersuchungen im Rahmen der Strahlenschutzvorsorge haben auch hier keine Überschreitung der Höchstmenge ergeben.
Zur Belastung von sächsischem Wildbret mit dem Cäsium-Isotop 137 kann die Staatsregierung derzeit noch keine zuverlässigen Aussagen treffen.
Seit mehreren Jahren gibt es ein Untersuchungsprogramm, in Verantwortung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft und in Abstimmung mit meinem Hause. Die Untersuchungen im Bereich Sachsenforst finden vornehmlich im Vogtlandkreis
statt und werden an Reh- und Schwarzwild durchgeführt. Die Untersuchungen ergaben, dass es dort bei Schwarzwild vereinzelt zu Höchstwertüberschreitungen bei Cäsium-137 kommt. Diese Überschreitungen treten jahreszeitabhängig auf und sind möglicherweise auf die Aufnahme hochbelasteter Wintertrüffel zurückzuführen.
Es ist vorgesehen, dieses Untersuchungsprogramm auf Schwarzwild zu fokussieren und auszuweiten, um belastbarere Ergebnisse zu erhalten.
Zur Frage 2: Die turnusgemäßen, umfangreichen Kontrollen zur Strahlenschutzvorsorge werden in Verantwortung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft durchgeführt. An dem zugrunde liegenden, jährlich mit dem SMS abgestimmten Probenahme- und Untersuchungsplan wirken die sächsischen Lebensmittelüberwachungsbehörden mit. Insbesondere entnehmen die Mitarbeiter der örtlich zuständigen Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter die Proben für die entsprechenden Untersuchungen.
Darüber hinaus führen die Behörden der amtlichen Lebensmittelüberwachung zusätzlich stichprobenartig risikoorientierte Überprüfungen und Untersuchungen der radioaktiven Belastung von Lebensmitteln durch.
Die EU-Kommission hat zu Beginn des Monats April 2011 eine freiwillige Vereinbarung mit der Industrie, der Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) sowie mit europäischen Datenschutzeinrichtungen unterzeichnet. Danach dürfen Funketiketten die Privatsphäre der Verbraucher nicht verletzen. Sie sind nach dem Kauf automatisch, unverzüglich und kostenlos zu deaktivieren.
1. Welche Informationen liegen der Staatsregierung vor über den Einsatz von Funketiketten (RFID-Chips) bei welchen Waren und Dienstleistungen im Freistaat Sachsen?
2. Mit welchen Maßnahmen wird im Freistaat Sachsen dafür Sorge getragen, dass zur Durchsetzung der EUVereinbarung die Privatsphäre der Verbraucher durch Deaktivierung der Funketiketten gewahrt bleibt?
Zu Frage 1: Die RFID-Technik hat inzwischen Einzug in die verschiedensten Lebensbereiche genommen (zum Beispiel Produktion, Logistik, Diebstahlsicherung, Warenetikett – im Test, Kunden- und Bezahlkarten in Kantinen, Mensen, Schwimmbädern, Diskotheken, Zeiterfassungssysteme, Zutrittssysteme, Rückverfolgbarkeit und Identifikation von Arzneimitteln und Blutkonserven, Identifizierung und Lokalisierung von Patienten in Kliniken, Wegfahrsperren, Mauterfassungssysteme, Zeitkartensysteme im öffentli
chen Personennahverkehr, Organisation der Ausleihe in Bibliotheken und Büchereien, Kennzeichnung von Haus- und Nutztieren, Anwendung als Eintrittskarte und Berechtigungskarte bei Veranstaltungen).
Abgesehen vom Einsatz von RFID-Chips im elektronischen Reisepass und Personalausweis liegen der Staatsregierung keine Informationen darüber vor, in welchen der genannten zumeist nicht öffentlichen Bereiche im Freistaat Sachsen Funketiketten eingesetzt werden.
Die Frage, ob diese Selbstverpflichtung im Freistaat Sachsen tatsächlich eingehalten und umgesetzt wird bzw. ob über die Funketiketten dennoch entgegen geltendem Bundesdatenschutzrecht Daten erhoben und verarbeitet werden und so der gebotene Schutz der Privatsphäre der Verbraucher beeinträchtigt wird, ist eine Kontrollaufgabe des Sächsischen Datenschutzbeauftragten.
1. Wie viele Empfänger von Fördermitteln des Freistaates Sachsen haben die sogenannte Extremismus-Klausel bisher unterschrieben?
Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Ich könnte Ihre Frage mit einem kurzen Satz beantworten: Im Freistaat Sachsen wird keine „Extremismus-Klausel“ von Empfängern öffentlicher Fördermittel abgefordert.
Ich weise an dieser Stelle, wie bereits in der Vergangenheit mehrfach begründet, darauf hin, dass im Freistaat Sachsen keine „Extremismus-Klausel“ Anwendung findet.
Sollte Ihre Frage jedoch auf das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland abzielen, so meinen Sie sicher die Sächsische Demokratieerklärung. Für die Förderprogramme des Freistaates Sachsen, in denen die Demokratieerklärung angewendet wird, haben bisher alle Zuwendungsempfänger, die einen Bescheid erhalten haben, die Demokratieerklärung unterzeichnet. Ausdrückliche Verweigerungen zur Demokratieerklärung liegen den Bewilligungsstellen derzeit nicht vor.
1. Welchen konkreten Inhalt (Wortlaut der Gesetzesinitia- tive, des Prüfauftrages, Zeitplan der Umsetzung u. a.) hat die Initiative des Freistaates Sachsen zur Einführung/Erweiterung eines räumlichen Distanzgebotes zum
2. Inwiefern unterstützt der Freistaat Sachsen die Initiative zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) – sogenannte elektronische Fußfessel – in der Führungsaufsicht, insbesondere a) im Hinblick auf den Staatsvertrag über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder, b) die Verwaltungsvereinbarung über den Betrieb und die Nutzung eines Systems der EAÜ und c) für welche weiteren Fälle (Bewäh- rungsstrafe oder anderes), neben der Überwachung von Personen, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden müssen?
Zur Frage 1: Die Initiative Sachsen ging zunächst dahin, eine bundesweite Arbeitsgruppe mit dem Ziel zu gründen, einen konkreten Gesetzgebungsvorschlag zu erarbeiten, welche Regelungen in das Strafrecht aufgenommen werden müssen, um zum Schutz der Opfer von Straftaten gegen höchstpersönliche Rechtsgüter die Anordnung eines räumlichen Distanzgebotes gegen den Täter zu ermöglichen. Damit soll erreicht werden, dass der Straftäter das soziale Umfeld des Opfers verlassen muss und nicht wie bislang häufig das Opfer gezwungen ist, durch Wegzug dem Täter aus dem Weg zu gehen.
Für die Opfer von Sexual- und Gewaltdelikten ist die Straftat nicht mit dem Ende der eigentlichen Handlung oder der Verurteilung des Täters abgeschlossen. Vielmehr verbleiben in der Regel langjährige Traumatisierungen. In der Praxis kommt es dabei immer wieder vor, dass das Opfer solcher Straftaten weiterhin permanent dem Täter ausgesetzt ist, weil dieser im unmittelbaren Umfeld des Opfers wohnt, arbeitet oder sich sonst dort aufhält. Der unvermeidbare Umgang mit einem Täter führt bei dem Opfer regelmäßig zu einer fortdauernden psychischen Belastung, gegen deren Ursache es sich nicht in allen Fällen allein zur Wehr wird setzen können. Dies gilt insbesondere für missbrauchte Kinder und Jugendliche. Ein räumliches Distanzgebot schafft auch den notwendigen Freiraum, um die Wirksamkeit von Maßnahmen der Jugendfürsorge oder einer psychologischen bzw. psychiatrischen Betreuung wesentlich zu erhöhen.