Protokoll der Sitzung vom 12.10.2011

Zunächst haben die antragstellenden Fraktionen CDU und FDP das Wort. Die weitere Reihenfolge lautet: DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht. Das Wort hat zunächst die einbringende Fraktion der CDU, Herr Kollege Hartmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vom 13. bis 15. Februar 1945 kam es zu mehreren Luftangriffen britischer und amerikanischer Verbände auf die Stadt Dresden. Damit teilte Dresden das Schicksal vieler deutscher Städte. Die Dresdner Innenstadt wurde völlig zerstört – circa 25 000 Menschen fanden den Tod. Der

Krieg, den Deutschland über Europa und die Welt gebracht hatte, traf nun Deutschland selbst.

(Andreas Storr, NPD: Als gerechte Strafe, oder wie?)

Nach dem Krieg begann der Wiederaufbau der Stadt. Dabei sind vor allen Dingen die Leistungen der Trümmerfrauen und ihr aufopferungsvolles Handeln unvergessen. Die Zerstörung der Stadt hat tiefe Wunden gerissen, die nur langsam heilen. Seit über 60 Jahren gedenken die Dresdnerinnen und Dresdner der Toten und der Zerstörung, aber auch der Leistungen des Wiederaufbaus. Der 13. Februar ist ein Tag des Erinnerns an die Schrecken und die Opfer des Krieges, eine Mahnung an das Leid und

die Opfer nationalsozialistischer Herrschaft. Der Gedenktag ist auch ein Zeichen gegen Krieg, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und vor allem Gewalt.

In den letzten Jahren haben wir eine zunehmende politische Instrumentalisierung dieses Gedenkens erleben müssen, auch und vor allem durch rechtsradikale und rechtextremistische Gruppierungen. Dies bewirkte verschiedene zum Teil rechtswidrige und gewalttätige Aktionen linker Gruppierungen. Der friedliche Protest, das friedliche Gedenken traten in einen Wettbewerb um die politische Deutungshoheit. Gesellschaftlich und politisch Beteiligte aller Lager konnten sich bisher auf kein gemeinsames Vorgehen einigen. Der erste richtige Impuls war die durch die Oberbürgermeisterin der Stadt Dresden initiierte Menschenkette. Der 13. Februar 2010 und auch der 13. Februar 2011 sendeten ein deutliches und friedliches Signal aus Dresden.

Anders jedoch am 19. Februar dieses Jahres. Aufmärsche der Rechtsextremen und Gegenaktionen linker Gruppierungen führten zu einem schwarzen Tag für Dresden. Bilder der Gewalt und der Zerstörung prägten das Stadtbild und die öffentliche Berichterstattung. Viele Bürgerinnen und Bürger hatten Angst um ihr Leben, um Leib und Eigentum. Ich war vor Ort und habe diese Gewalt gesehen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das möchte ich in dieser Stadt und in Sachsen nicht noch einmal erleben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Versammlungsrecht ist ein Recht für jedermann. Es bedingt ein friedliches und gewaltfreies Handeln. Es ist kein Recht auf Gewalt. 500 000 Dresdnerinnen und Dresdner dürfen nicht wegen 20 000 Demonstranten in ihren Rechten eingeschränkt werden. Die Ereignisse um den 13. und den 19. Februar müssen in der Tat sachlich aufgearbeitet werden.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Handydaten!)

Die Polizei hat ihre Aufgabe erfüllt und darf jetzt nicht zum Täter gemacht werden. Das, was passiert ist, passierte in erster Linie zum Schutz der Bevölkerung. Die laufenden Ermittlungen dürfen die notwendige Debatte für das Handeln im kommenden Jahr nicht überlagern. Wir müssen mit den gegenseitigen Schuldvorwürfen und den Vorwürfen aufhören.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Wettbewerb um den besten Antifaschisten in dieser Stadt muss beendet werden. Gemeinsame Positionen müssen herausgearbeitet werden. Das Einende und nicht das Trennende muss im Mittelpunkt der Diskussion stehen.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Die CDU-Fraktion möchte heute ein deutliches Signal für einen gemeinsamen Dialog senden. Der 13. Februar ist

ein Tag des friedlichen Gedenkens, ein Signal für ein friedliches und weltoffenes Land. Die politische Instrumentalisierung muss gemeinsam durch alle Demokraten verhindert werden. Rechtsextremistischen Aufmärschen muss entgegengetreten werden, aber friedlich und gewaltfrei.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das bedingt auch für die CDU-Fraktion in diesem gemeinsamen Dialog die Bereitschaft, Protest auf Sicht- und Hörweite zuzulassen.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung – Zuruf des Abg. Andreas Storr, NPD)

Die CDU unterstützt jede Form von gewaltfreien und gesetzeskonformen Protestaktionen. Dabei stellt durchaus das Avenarius-Lamers-Papier einen guten Ansatz dar. Gemeinsam mit Gewerkschaften, Kirchen, SPD und GRÜNEN müssen wir eine große gemeinsame gesellschaftliche Basis für ein geschlossenes Handeln finden

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

und ich füge hinzu: Auch nach dem pawlowschen Reflex eines Kreisvorsitzenden Muskulus in Dresden, der ein erstes Gesprächsangebot abgelehnt hatte, auch mit den Linken sind wir bereit, diesen Dialog zu führen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Grenzen findet das Ganze aber im rechtsstaatlichen Handeln, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Andreas Storr, NPD: Daran fehlt es ja schon!)

Deswegen werden auch für diesen Protest Sitzblockaden und gewalttätiges Handeln von uns abgelehnt. Ich möchte damit auch die Aufforderung –

Ihre Redezeit ist abgelaufen, Herr Kollege!

– an die Mitglieder des Hohen Hauses verbinden, sich zukünftig nicht mehr an solchen Protestaktionen zu beteiligen. – Die fünf Minuten sind abgelaufen. Es ist schwierig, das alles in einem Redebeitrag unterzubringen. Aber ich komme wieder an das Pult.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Das war für die eine einbringende Fraktion der Kollege Hartmann.

(Jürgen Gansel, NPD, steht am Mikrofon.)

Bevor die nächste einbringende Fraktion der FDP mit Herrn Kollegen Karabinski das Wort erhält, sehe ich hier am Mikrofon 7 den Wunsch nach einer Kurzintervention,

wenn mich das nicht täuscht. Ist das der Fall, Herr Gansel?

Herr Präsident! Das ist der Fall. Ich wollte mit meinem Wortbeitrag eigentlich warten, bis die mentalen Steinewerfer Hahn, Lichdi und Friedel hier das Wort ergreifen, aber der Wortbeitrag meines Vorredners nötigt mir doch an dieser Stelle schon einige Bemerkungen ab. Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass sich die CDU-Fraktion hier wieder in der Law-and-orderPose gefällt. Insofern bin ich durchaus überrascht, dass mein Vorredner ein unverblümtes Konsens- und Friedensangebot an die vereinigte LINKE in diesem Landtag unterbreitet und gerade noch alibiweise, fast entschuldigend darauf hingewiesen hat, dass es mit moralischer Unterstützung dieser Linksfraktionisten zu massiven Rechtsbrüchen am 13. und 14. Februar in Dresden gekommen ist.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch einmal daran erinnern, dass sowieso alle CDU-geeichten Erklärungen gegen Gewalt hochgradig doppelmoralisch und verlogen sind; denn keine andere Partei als die CDU hat seit 2004 beim erstmaligen Einzug der NPD in den Sächsischen Landtag ein Anti-Rechts-Programm aufgelegt, mit dem seit 2004 jedes Jahr zwei Millionen Euro in den Kampf gegen Rechts investiert werden.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Damit ist die CDU – der Applaus verrät es – seit 2004 maßgeblich dafür mitverantwortlich, dass mit Steuergeldern ein linksradikales Sozialbiotop herangezüchtet wird und dieses Sozialbiotop mittlerweile die Dreistigkeit hat,

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Gesetzesbrüche an der TU Dresden zu üben. Mit sächsischem Steuergeld wird von Antifa-Gruppen an der Linksradikalisierung der Gesellschaft gearbeitet, und die CDU unterstützt das. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch daran erinnern, dass der linksradikale Fußballverein „Roter Stern Leipzig“ 2009 aus der Hand des sächsischen CDU-Ministerpräsidenten den sogenannten sächsischen Förderpreis für Demokratie erhalten hat, dotiert mit 15 000 Euro, aus der Hand dieses verkappten Antifaschisten auf der Regierungsbank!

(Starke Unruhe)

Herr Gansel, die Zeit für die Kurzintervention ist abgelaufen.

Der CDU-Ministerpräsident prämiert gewaltbereite Linksextremisten, und die CDU finanziert das!

Ihre Zeit ist abgelaufen, Herr Kollege Gansel!

(Starke Unruhe)

Herr Gansel, eine Kurzintervention darf den vorgegebenen Zeitraum von zwei Minuten nicht überschreiten. Auf die Kurzintervention kann reagiert werden, übrigens ebenfalls im Zeitraum von zwei Minuten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich weiß nicht, ob ich die volle Zeit brauchen werde. Herr Gansel, dazu ist eines zu sagen: Die CDU lehnt jegliche Form von Gewalt ab, sowohl von rechts als auch von links.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe der Abg. Andreas Storr und Jürgen Gansel, NPD)

Herr Gansel, Sie werden uns nicht dazu bekommen, dass wir irgendeine Akzeptanz Ihrer angeblichen Friedfertigkeit zur Kenntnis nehmen. Das, was am 19. Februar in dieser Stadt passiert ist, ist auch in Ihrer Verantwortung passiert.

(Zuruf des Abg. Andreas Storr, NPD)