Meine Damen und Herren, die Fraktion der NPD hat nun doch Redebedarf; Herr Gansel, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich hatte die NPDFraktion keinen Redebeitrag angekündigt; aber einige wenige Worte nötigt mir das Gehörte doch ab.
Sie kennen bekanntlich unsere Position zum immer wieder rituell vorgetragenen Homo-Zirkus; deshalb kann ich mich wirklich denkbar kurzfassen.
Das, was wir vorhin an rosaroter Larmoyanz aus der linken Ecke gehört haben, erweckt ja regelrecht den Eindruck, als würden wir in Sachsen in einer reaktionären Hetero-Diktatur leben. Das ist linkes Illusionstheater, mit dem in bekannter Manier auf der Weinerlichkeitsklaviatur herumgespielt wird, um Lobby- und Interessenpolitik zu betreiben.
Wie Sie wissen, lehnt die NPD aus ganz grundsätzlichen Erwägungen auch die rechtliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mit der Ehe von Mann und Frau ab, und zwar nicht nur deswegen, weil Ehe und Familie unter dem Schutz des Grundgesetzes stehen, sondern weil es für uns auch um kulturelle Fragen geht, um sozialethische Standards und um das Empfinden der Mehrheitsbevölkerung.
Auch wenn es auf der linken Seite vielleicht bedauert wird, ist die große Mehrheit der Deutschen immer noch heterosexuell veranlagt, und Heterosexualität ist zum Glück immer noch kein evolutionsbiologisches Auslaufmodell. Insofern wissen wir uns als NPD mit unserer Ablehnung der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften mit dem traditionellen Institut der Ehe einig mit einer übergroßen Mehrheit des deutschen Volkes und auch der Sachsen.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. – Gibt es Redebedarf für eine weitere Runde? – Das vermag ich nicht festzustellen. Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Dr. Martens; bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es vorweg klarzustellen: Rosa Papier wird in meinem Haus grundsätzlich verwendet, und zwar als Manuskriptpapier; das andere sind die berühmten Weißausdrucke. Herr Kollege Mackenroth weiß auch Bescheid. Das ist keine besondere Spezialität für diese Debatte, meine Damen und Herren.
Wenn man den vorliegenden Antrag gelesen hat, denkt man sich in der Tat: „Das kenne ich doch schon.“ Erst Ende Mai hatte die Fraktion der GRÜNEN einen Entschließungsantrag gleichlautenden Inhalts eingebracht.
Die Antragsteller haben hinsichtlich ihres Ausgangspunktes völlig recht: Die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie der EU verbietet Benachteiligungen aufgrund der sexuellen Orientierung eines Menschen. Das Bundesverfassungsgericht hat am 7. Juli 2009 festgestellt, dass die Ungleichbehandlung von Ehegatten und Lebenspartnern in der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes unvereinbar ist. Generell besteht nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts bei jeder Ungleichbehandlung von Ehepartnern und Lebenspartnern ein „gesteigerter Rechtfertigungsbedarf“, weil sie das personenbezogene Merkmal der sexuellen Orientierung betrifft.
Die Entscheidungen des europäischen Gesetzgebers und des Bundesverfassungsgerichts sind richtig und wichtig. Es sind wichtige Meilensteine auf dem Weg zur Beseitigung von Ausgrenzung, Benachteiligung und Diskriminierung von Schwulen und Lesben.
Natürlich wird die Staatsregierung, sofern dies nicht längst geschehen ist, die notwendigen Anpassungen im Landesrecht vornehmen. Das geschieht auch. In meinem Ressort zum Beispiel besteht kein Anpassungsbedarf mehr; das ist geregelt. Deswegen tragen Sie insofern bezüglich meines Hauses Eulen nach Athen. Im Übrigen seien Sie darauf hingewiesen, dass die bundesrechtlich verbürgten Gleichstellungen von Lebenspartnerschaften auch in Sachsen geltendes Recht sind.
Wenn man die gesamte Diskussion auf ihren eigentlichen Kern reduziert, dann stellt sich die Frage, welcher Weg der Umsetzung dieser Gleichstellung eingeschlagen werden soll: Soll der verbleibende Anpassungsbedarf in einem Artikelgesetz zusammengefasst oder, in Einzelgesetze eingebettet, in den jeweiligen Fachgesetznovellen abgearbeitet werden?
Die Staatsregierung hat sich, wie Sie wissen, für die Erledigung dieser Anpassungen in Einzelgesetzen ausgesprochen. Dafür gibt es gute Gründe. Einige hat etwa der Staatsrechtler Prof. Degenhart in der Sachverständigenanhörung im Innenausschuss des Landtages im Januar 2010 genannt.
Auch wenn Sie, meine Damen und Herren Antragsteller, in immer wieder gleichen Anträgen ein Artikelgesetz fordern, wird die Begründung dafür nicht stichhaltiger. Auch der Fahrplan für die Anpassungen seitens der Staatsregierung ist schon geschrieben. Sie können ihn in der Antwort der Staatsregierung auf Ihre Große Anfrage in der Drucksache 5/5009 nachlesen. Wenn Sie sich die dortige Bestandsaufnahme vornehmen, werden Sie feststellen, dass der Anpassungsbedarf, der wirklich
besteht, gar nicht einmal so groß ist. Jedenfalls ist der Aktionismus, den Sie hier mit Ihren Entschließungsanträgen verbreiten, deutlich größer als der tatsächlich verbliebene Anpassungsbedarf.
Der Kern des verbleibenden Anpassungsbedarfs bezieht sich vor allen Dingen auf das Beamtenrecht, nicht auf das Standortegesetz, wie es vorhin im Rahmen der Staatsmodernisierung angesprochen wurde. Die Staatsmodernisierung umfasst auch das Besoldungs-, Dienst- und Versorgungsrecht. Die Anpassungen, die im Wesentlichen vorzunehmen sind, werden im Beamtenrecht vorgenommen. Die Staatsregierung arbeitet daran. Man sollte die Änderungen dort einpassen, wo sie hingehören.
Nicht neu ist die Forderung, zusätzliches Geld in die Hand zu nehmen, damit Aktionspläne gegen Diskriminierung finanziert werden können. Dabei finden Sie im Kampf gegen Diskriminierung und Homophobie auch die Unterstützung der Staatsregierung. Der Freistaat engagiert sich bereits in verschiedenen Projekten. Kollegin Clauß hat sie am 26. Mai 2011 in diesem Haus dargestellt; Einzelheiten können Sie der Antwort auf die Große Anfrage entnehmen.
Meine Damen und Herren Antragsteller, im Übrigen schießen Sie mit Ihrem Antrag allerdings weit über das angegebene Ziel hinaus. Das gilt insbesondere für die Forderung nach weiteren Aktionsplänen. Hier ist es wieder einmal der Staat, der alles richten soll. Er soll Pläne aufstellen, Beamte beschäftigen und damit Respekt und Akzeptanz für andere Lebensweisen hervorrufen, quasi verordnen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, wenn der Antrag den Umgang mit Nichtheterosexuellen zum Gegenstand sogenannter „Erwachsenenqualifizierung“ machen will. Was um Himmels willen stellen Sie sich denn darunter vor? Was möchten Sie mit diesem Ausdruck – übrigens eine Vokabel aus der DDRVolksbildung – erreichen? Sollen Erwachsene an Umschulungsmaßnahmen teilnehmen? Sollen sie Sexualkundeunterricht erhalten und Toleranzfähigkeit einüben? Bei allem Ärger über Homophobie – mit solchen Maßnahmen werden Sie diejenigen, die Sie erreichen wollen, mit Sicherheit nicht erreichen. Der verlangte Aktionismus geht fehl.
Für die absolute Mehrheit der Bürger in Sachsen spielt die sexuelle Orientierung ihrer Mitmenschen keine Rolle. Sie nehmen andere so, wie sie sind. Die in der Antragsbegründung als Kronzeugin bemühte Frau Dr. Stichs hat in ihrer Untersuchung übrigens festgestellt, dass bei jungen Menschen in Sachsen Homophobie im deutschlandweiten Vergleich sogar besonders gering ausgeprägt ist. So schlecht kann also die Arbeit an den Schulen in Sachsen nicht sein.
Die anderen, die verdeckt oder offen homophob sind – häufig ältere Menschen –, werden Sie mit den von Ihnen gewünschten staatlichen Interventionen kaum erreichen, geschweige denn, dass Sie ihre Haltung gegenüber Homosexuellen damit verändern. Es ist der linke Wunschtraum, mit staatlichen Maßnahmen tief eingeprägte
Haltungen und Verhaltensweisen des Menschen verändern zu können. Das werden Sie damit nicht schaffen.
Was aber die rechtlichen Rahmenbedingungen angeht, so können Sie davon ausgehen, dass diese Staatsregierung die Gleichstellung umsetzen wird, und zwar in Einzelgesetzen. Wir sind uns in dem Ziel weitgehend einig; der Weg, den wir beschreiten wollen, ist ein anderer. Aber den sollten Sie uns auch gehen lassen. Deswegen lehnt die Staatsregierung Ihren Antrag ab.
Meine Damen und Herren! Mir ist mitgeteilt worden, dass im Rahmen der allgemeinen Aussprache zu diesem Antrag noch das Wort gewünscht wird. Deshalb frage ich zunächst die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will es nicht verpassen, Ihnen noch ein paar Antworten zu geben, zumindest aber einige Darstellungen, die Sie hier breitgetreten haben, ins rechte Licht zu rücken.
Wenn hier ein Abgeordneter der Koalitionsfraktionen fragt: „Warum diese Eile?“, dann sage ich Ihnen: Für diese 23 000 Menschen, die von Benachteiligungen unter anderem im Dienstrecht betroffen sind, sind das schlichtweg Benachteiligungen für ihr Leben und natürlich auch für ihr Einkommen. Wenn Sie fragen: „Warum diese Eile?“, muss ich Ihnen die Gegenfrage stellen – auf eine Antwort bin ich gespannt –: Sind Sie bereit, diese Nachteile auch rückwirkend auszugleichen, wenn Sie darauf verweisen, Sie hätten noch ein paar Jahre Zeit?
Über Studien und Zahlen können wir gerade hier nicht streiten; das ist ein anderer Punkt. – Wenn hier darauf verwiesen wurde, sogar vom Herrn Minister selbst, dass es in den ländlichen Regionen wohl mehr Menschen geben werde, die sich nicht offen zur Homosexualität bekennen – wir wissen doch, dass es die Szenen eher in den sächsischen Großstädten gibt –, dann hat das natürlich einen Grund: Homosexualität wird in Sachsen eben nicht akzeptiert und auch nicht in dem Maße toleriert, wie das vielleicht anderswo der Fall ist.
Ein Beispiel: Auf dem alljährlich stattfindenden CSD in Leipzig war dieses Jahr zum wiederholten Mal eine Gruppe von bekennend schwulen bzw. lesbischen Polizeibeamten vertreten. Sie haben dort artikuliert: Wir kommen gern hierher und zeigen gern Flagge. Wir hätten das auch gern zusammen mit sächsischen Kollegen getan. Allein, sie trauen sich nicht. Wir haben niemanden gefunden, der sich offen zu seiner schwulen oder lesbischen Neigung bekennt.
Da können Sie jetzt behaupten, den gebe es in der ganzen Polizei in Sachsen nicht. Ich selbst kenne Beispiele und weiß, dass das gerade in diesem Bereich durchaus ein Problem sein kann.
Eine andere Sache war die Frage vom Staatsminister, wie Sie sich denn die Aufklärung vorstellen. Es gibt Projekte in Sachsen, die auch Aufklärung durchaus an Schulen tun, dass schwul zu sein nichts negativ Besetztes sein muss, die in einer Phase sehr wichtig ist, in der Jugendliche versuchen, ihre Sexualität zu finden und in der teilweise offene oder verdeckte Diskriminierung dazu führt, dass sie in massive Konflikte mit diesem Prozess kommen oder mit dem, was wir gemeinhin unter Outing verstehen. Und dies, glaube ich, ist keine natürliche Entwicklung.
Diese Initiativen, die da versuchen zu sensibilisieren, versuchen zu verhindern, dass auf Schulhöfen Leute ausgegrenzt werden, dass Leute verbal, aber auch teilweise unter Anwendung körperlicher Gewalt diskriminiert werden, das dürfte doch auch ein Anliegen aller Demokraten und aller sein, die dafür sorgen, dass das kein Grund ist, dass sich Menschen in Sachsen ausgegrenzt fühlen.