Wir wollen die Menschen nicht in Maßnahmen parken, wir wollen sie in dem ersten Arbeitsmarkt in Arbeit integrieren. Das ist die Position der Staatsregierung.
Wir haben mit dieser Position auch Erfolg, weil wir nämlich erkennen können, dass wir auch bei den Langzeitarbeitslosenzahlen eine entsprechende Abnahme im Rahmen dieses wirtschaftlichen Aufschwunges haben.
Es ist vollkommen richtig, dass ein Teil des Rückgangs im Bereich der Langzeitarbeitslosen auch der Demografie geschuldet ist, das heißt den Abgängen in die Rente. Das ist gar keine Frage. Aber selbst wenn Sie diesen Teilabgang in die Rente abziehen, haben wir die Situation, dass Langzeitarbeitslose wieder vermehrt Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt finden. In einer solchen Situation ist es vollkommen richtig, dass der Staat nicht als Wettbewerber durch den Kommunal-Kombi auftritt, sondern dass die Leute tatsächlich in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden.
Vielen Dank, Herr Präsident, dass ich die Möglichkeit habe, noch eine weitere Zwischenfrage zu stellen.
Ich habe verstanden, dass Ihnen Langzeitarbeitslosigkeit und Integration in den ersten Arbeitsmarkt wichtig sind. Dafür gibt es sicherlich die Möglichkeit, Programme auszugestalten. Können Sie mir ein Programm nennen, das Sie in Ihrer Funktion als Wirtschafts- und Arbeitsminister zur Integration von Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt auf den Weg gebracht haben?
Gern kann ich das tun, Herr Kollege Brangs. Ich habe Ihnen ja gesagt, dass es die Politik der Staatsregierung ist, genau diese Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Wir sind als Staatsregierung der Auffassung, dass wir dazu maßgeschneiderte Maßnahmen benötigen und keine allgemeinen staatlichen Förderprogramme.
Wir haben daher im letzten Jahr einen Ideenwettbewerb für Programme zur Integration von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt gestartet. Da haben Sie noch in einer Debatte hier im Landtag ausgeführt – ich weiß nicht, ob Sie es persönlich waren oder ein Kollege Ihrer Fraktion –, dass wir keine Ideen hätten und deswegen einen Ideenwettbewerb auflegen müssten.
Wir sind der Auffassung, dass wir als Staatsregierung einfach ein Stück weiter weg an den Problemen der Menschen sind als konkret diejenigen vor Ort, die Unternehmen auch in der Region haben. Deswegen haben wir diesen Ideenwettbewerb aufgelegt. Wir haben die besten Ideen übernommen und inzwischen in die Regelförderung überführt, Herr Kollege Brangs. Dafür sind inzwischen bereits 5 Millionen Euro in diesem Förderprojekt zur Integration von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt bewilligt worden. Das ist der Weg, den die Staatsregierung geht, und diesen Weg werden wir gemeinsam fortsetzen.
Es ist vollkommen richtig, Arbeit zu finanzieren statt Arbeitslosigkeit und ein Nebeneinanderher von Erwerbseinkommen und Transfereinkommen zu ermöglichen. Es geht nämlich gerade darum, die Grenze zwischen den Arbeitsplatzbesitzern und den Arbeitslosen aufzuheben; denn wir wissen, dass sich die Menschen, die auch mit geringeren Vergütungen erstmals den Einstieg in den Arbeitsmarkt schaffen, dann in ihrer beruflichen Tätigkeit weiterentwickeln, weil sie nämlich am Arbeitsplatz beweisen können, was sie können, und dann auch zu höherer Vergütung kommen. Das ist der richtige Weg, anstatt sie von vornherein aus dem Arbeitsmarkt auszugrenzen.
Wie Sie wissen, ist es so, dass die Vergütungen gerade in jungen Jahren, in den ersten Jahren des Erwerbslebens, geringer sind als in den späteren Jahren. Es ist auch richtig, wenn wir über Mindestlohn reden, dass, wenn der Mindestlohn nur einen geringen Prozentsatz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfasst, die volkswirtschaftlichen Folgen, also Arbeitsplatzverluste, gering sind. Er bringt dann aber auch relativ wenig, wenn ein hoher Anteil Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfasst werden soll. Dann sind die volkswirtschaftlichen Effekte, nämlich Arbeitsplatzverlust oder Arbeitslosigkeit, besonders hoch.
Ich habe mir aus Anlass des Antrages in dieser Debatte einmal die Zahlen zum Thema Jugendarbeitslosigkeit in Europa zusammensuchen lassen. Ich habe mir die Zahlen der internationalen Arbeitsorganisation genommen, weil die nationalen Zahlen durchaus unterschiedlich erhoben werden.
Wir haben die Situation, dass wir in Deutschland – das war im September 2011 – eine Jugendarbeitslosigkeit bei 15- bis 24-Jährigen von 9,2 % hatten. Das ist zu hoch. Darüber gibt es keine Diskussion. Wenn wir uns aber anschauen, wie die Situation in Ländern mit Mindestlohn aussieht, dann wird deutlich, dass dieser Mindestlohn die falsche Politik ist.
Frankreich – Kollege Herbst hat es bereits angeführt – hat einen Mindestlohn. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 24 %. Spanien hat ebenfalls einen Mindestlohn. Hier liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei 48 %.
Aber schauen wir doch einmal nach Großbritannien – das Land, das uns immer als Beispielland gepriesen wird, wenn es um den Mindestlohn geht –: Großbritannien hatte im September 2011 eine Jugendarbeitslosigkeit von 21,9 %.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist Aufgabe der Staatsregierung, dafür zu sorgen, dass solche Verhältnisse, nämlich eine Jugendarbeitslosigkeit von 21 %, hier im Freistaat nie eintreten werden.
Wir werden daher im Interesse unserer jungen Menschen und im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Freistaat Sachsen einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn ablehnen.
Für die Staatsregierung sprach Herr Staatsminister Morlok. – Bevor wir zur Abstimmung kommen, hat die einbringende Fraktion DIE LINKE ein Schlusswort. Es wird erneut vom einbringenden Kollegen Kind vorgetragen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich ganz herzlich für diese muntere Debatte zu später Stunde bei den interessierten Fraktionen bedanken.
Herr Krauß, ich finde es wirklich sehr erkenntnisreich, mit welchen neuen Ideen und Überlegungen sowie gesellschaftlichen Betrachtungen Sie an die Sache herangehen. Das beeindruckt mich sehr.
Dazu wollte ich eigentlich anregen. Ich finde es toll, dass dies so viel Interesse gefunden hat. Das ist wirklich angenehm. Ich streite mich gar nicht um den Begriff, ob Mindestlohn oder Lohnuntergrenze. Ich halte es nur damit, wie wir es schon früher gelernt haben, dass in der Werkstatt auf den Gefäßen das draufstehen sollte, was darin enthalten ist. Wenn Benzin drauf steht, kann nur Benzin drin sein und nicht eventuell Limonade, und wenn man das Mindestlohn nennt und die Welt das so versteht, dann soll es auch Mindestlohn heißen. Aber darum streiten wir nicht, wie der Begriff am Ende ausgeht. Hauptsache, im Ergebnis ist das enthalten, was die Leute mit wenig Einkommen heute von der Gesellschaft erwarten.
Um Missverständnisse auszuräumen: Es geht uns nicht um den im Gesetz festgeschriebenen Mindestlohn, der laut DGB 8,50 Euro und laut LINKE 10,00 Euro betragen soll. Wir haben immer gesagt – das können Sie nachlesen, das ist eine veröffentlichte und niedergeschriebene Meinung –, im Verlauf der Legislaturperiode, also bis 2013, müsste der Mindestlohn eine Höhe von 10,00 Euro erreichen. Das ist schlichtweg abgeleitet aus der Europäischen Sozialcharta, die vorsieht, 60 % des Durchschnittsgehalts als Mindestlohn festzusetzen.
Dass dieser Mindestlohn in einer Kommission real ausgehandelt und seine Höhe dort durch die entsprechenden Dachorganisationen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Politik und Wissenschaft entwickelt wird, ist unstrittig. Das ist gar kein Thema. Der Mindestlohn muss angepasst werden. Es ist doch völlig klar, dass er zu dynamisieren ist und dass das über eine Kommission, über Fachleute entsprechend umgesetzt werden muss. Das ist kein Streitthema, überhaupt nicht.
Es geht nur vor allem darum, darüber zu diskutieren, welche gesellschaftliche Funktion so ein Mindestlohn hat. Daher kommen die unterschiedlichen Festlegungen, wobei der DGB über die Pfändungsgrenze auf 8,50 Euro kommt, während wir das an der Europäischen Sozialcharta festmachen und dabei auf 10,00 Euro im Verlauf der Legislaturperiode kommen. Das ist der Grund.
Wenn Sie sich an die Eingangsdiskussion erinnern, wissen Sie, dass wir damals keinen Lohn unter 8,00 Euro gefordert haben. Das ist eine Dynamisierung, die sich wirtschaftlich ergeben hat. Wenn wir uns darüber einig sind, dann, denke ich, können wir auch über politische Grenzen hinweg solche Beschlüsse fassen. Ich fordere Sie daher noch einmal auf, diesen Beschluss gemeinsam zu fassen und unseren Antrag zu unterstützen, damit Sachsen sich dafür einsetzt, das, was Sie auf dem Parteitag beschlossen haben, zu qualifizieren und für Deutschland Initiative zu ergreifen, um zu erreichen, dass es keine Unterschiede mehr zwischen Ost und West, keine regionalisierten Unterschiede gibt und flächendeckend ein allgemeiner Mindestlohn in Deutschland Realität werden kann. Bitte unterstützen Sie unseren Antrag.
Meine Damen und Herren, ich stelle nun die Drucksache 5/7429 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung
um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist die Drucksache 5/7429 nicht beschlossen.
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, FDP, DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht.