Protokoll der Sitzung vom 23.11.2011

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN sowie des Abg. Henning Homann, SPD)

Vielen Dank, Frau Herrmann. – Nun für die NPD-Fraktion Frau Abg. Schüßler. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Im Zuge der hektischen Wendungen, die die Politik von Kanzlerin und CDU kennzeichnen, wurde zum 30. Juni 2011 die Wehrpflicht abgeschafft. Angeschoben wurde diese Idee von einem Verteidigungsminister, der sich möglicherweise am Wissen anderer bedient hatte und deshalb zum Schluss gehen musste. Im Ergebnis dieser unüberlegten und aus unserer Sicht auch unverantwortlichen Maßnahme verschwand auch der Zivildienst. So kam erst nach dem Beschluss die Frage auf, wer denn die fehlenden Soldaten und Zivis ersetzen solle. Soldaten kann man ja mit Geld locken, auch wenn damit der Holzweg zum Söldnertum eröffnet wird. Aber was sollte jetzt an die Stelle des Zivildienstes treten? Nun könnte man in Altenheimen und sozialen Einrichtungen feste Arbeitsplätze schaffen, das Personal dafür ausbilden und natürlich ausreichend bezahlen. Da das Geld aber angesichts diverser Rettungsschirme immer knapper wird, musste eine kostengünstigere Variante her. So kam die Idee auf, einen Bundesfreiwilligendienst einzurichten.

Der vorliegende Antrag ist im ersten Teil einer der von den Koalitionsfraktionen gewohnten Berichtsanträge. Im zweiten und dritten Teil wird auf Freiwilligkeit gesetzt. Dort wird gesagt, wie er begleitet und abgesichert werden soll. Wie es in der Antragsbegründung so schön heißt, sollen nun Menschen, ob jung oder alt, ob Frau oder Mann, sich bewerben können. Geklärt wurde im Vorfeld vieles nicht, was für die Bewerber wichtig sein könnte. Der Antrag der Koalition führt deshalb auch die Auswirkungen auf Studienzulassung, Kindergeldzahlung und Wechselwirkungen mit anderen Formen des Freiwilligendienstes, wie das FSJ und FÖJ, an, die noch der rechtlichen Klärung bedürfen.

Auf den Seiten des Bundesfreiwilligendienstes kann man sich informieren, wo welche Stellen für den künftigen „Bufdi“ zur Verfügung stehen. Dabei will ich gar nicht weiter auf die Stellen im Ausland eingehen. Es hat sicher auch seine Reize, in einer Tierauffangstation in Ecuador zu arbeiten, auch wenn der Nutzen für Deutschland dort nur marginal sein dürfte. Aber auch in Deutschland selbst haben neben zahlreichen karitativen und sozialen Einrichtungen andere Organisationen Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieses Dienstes aufkommen lassen. In Sachsen kann das FSJ Politik in Form des Bundesfreiwilligendienstes absolviert werden. Einsatzstellen im FSJ Politik sind unter anderem Arbeitsfelder, in denen Parlamentarier agieren und an politischen Entscheidungen mitwirken, zum Beispiel auch in den selbsternannten demokratischen Fraktionen des Sächsischen Landtages, weiter auch in Einrichtungen, in denen politische Interessengruppen wirksam werden, wie „politisch aktive Vereine und Initiativen“ und – was natürlich nicht fehlen darf – „Initiativen und Vereine, die Aufklärungsarbeit gegen Rechts

extremismus und für Demokratie“ leisten. Das heißt also, die bekannten antifaschistischen Sozialbiotope sollen nun auch unter dem Vorzeichen des Bundesfreiwilligendienstes gehegt und gepflegt werden.

Sie erwarten sicher nicht, dass sich die NPD-Fraktion diesen Bestrebungen anschließt. Wir haben deshalb einen Änderungsantrag eingebracht, der den Missbrauch des Bundesfreiwilligendienstes verhindern soll.

Ich möchte Ihnen die Zustimmung zu diesem Antrag empfehlen und danke für die Aufmerksamkeit.

(Vereinzelt Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Besteht bei den Fraktionen der Wunsch nach einer weiteren Runde? – Das vermag ich nicht festzustellen. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Herr Staatsminister Kupfer, Sie vertreten heute das Ministerium für Soziales und Verbraucherschutz.

Herr Präsident, morgen auch noch.

Viel Erfolg dabei.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schreiber hat ja wirklich eine regierungstragende Rede gehalten, sodass ich meine Rede zu Protokoll geben kann.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Die Aussprache ist beendet. – Wir kommen zum Schlusswort. Frau Schütz, Sie halten es für die Koalitionsfraktionen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Freiwilligen und ihr gespendetes Jahr brauchen adäquate Motivation und gute Anerkennung. Am Ende muss für alle Freiwilligen gelten: Der Einsatz muss interessant sein, motivierend und er kann Lernprozesse anstoßen. Im Ergebnis sollte es einfach eine tolle Sache gewesen sein.

Ich sehe im Bundesfreiwilligendienst eine große Chance, und im Gegensatz zum ehemaligen Zivildienst richtet er sich ja an Jung und Alt, auch ohne Rücksicht auf das Geschlecht. Der Bundesfreiwilligendienst bietet deutlich mehr Einsatzfelder als der bisherige Zivildienst. Jetzt sind auch die Bereiche Kultur, Bildung, Sport sowie Integration möglich.

Wenn wir auf die Zahlen schauen, hat sich in Sachsen letztlich schon viel bewegt. Die Träger berichten von großer Nachfrage. Alle Plätze werden gebraucht. Ich kann es für Görlitz sagen: Im Städtischen Klinikum sind nahezu 30 Stellen bereits besetzt.

Dass die Einführung des Bundesfreiwilligendienstes weiter konsequent voranschreitet, dazu wollen wir mit unserem Antrag beitragen. Uns ist es wichtig, dass ehrenamtliches Engagement anerkannt ist. Die Rahmenbedingungen, beispielsweise was das Kindergeld betrifft, stimmen. Da sind wir bereits auf Bundesebene einen großen Schritt weitergegangen. Der Bundestag hat die entsprechende gesetzliche Regelung, die vorsieht, dass es künftig auch beim Bundesfreiwilligendienst Kindergeld für junge Menschen bis 25 Jahren geben soll, bereits Ende Oktober verabschiedet. Der Bundesfreiwilligendienst, abgekürzt Bufdi – damit Sie zum Abschluss dieser Debatte noch den entsprechenden Lerneffekt haben –, soll gleichzeitig den fest etablierten Länderdienst nicht gefährden.

Ich bitte in diesem Zusammenhang um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Schütz. – Meine Damen und Herren! Bevor wir zur Abstimmung über den Antrag kommen, müssen wir über den Ihnen vorliegenden Änderungsantrag der NPDFraktion in der Drucksache 5/7530 abstimmen.

(Dr. Johannes Müller, NPD: Er ist selbsterklärend!)

Er ist eingebracht. Ich bitte um die Dafür-Stimmen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Meine Damen und Herren, dem Antrag ist mehrheitlich nicht entsprochen worden.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Drucksache 5/7468. Wer ihr zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke sehr. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen ist dem Antrag mehrheitlich zugestimmt worden und damit ist die Drucksache beschlossen.

Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Erklärungen zu Protokoll

Mit dem Aussetzen der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 wird eine langjährige Forderung der FDP auf Bundesebene umgesetzt. Das Aussetzen der Wehrpflicht und die damit verbundene Aussetzung des Zivildienstes war für die Bundesregierung unmittelbarer Anlass, den Bundesfreiwilligendienst ins Leben zu rufen. Damit geht einer der größten Veränderungsprozesse der letzten Jahre einher mit direkter Auswirkung nicht nur auf die Bundeswehr, sondern auch auf die soziale Infrastruktur unserer Gesellschaft. Sowohl im Wehrdienst als auch im Zivildienst und im Freiwilligen Sozialen Jahr haben junge Menschen das erste Mal Verantwortung für unser Land übernommen.

Diesen Gedanken, für eine gewisse Zeit das Gemeinwesen zu unterstützen, haben die Jugendfreiwilligendienste und nun der Bundesfreiwilligendienst aufgenommen. Mit dem neuen Bundesfreiwilligendienst wurde die Möglichkeit geschaffen, dass zukünftig möglichst vielen Menschen der Einsatz für die Allgemeinheit und die positiven Erfahrungen von bürgerschaftlichem Engagement offenstehen.

Gerade am Anfang wurde viel spekuliert: über die Interessentenlage oder über das organisatorische Verfahren. Reichlich vier Monate nach dem Start des Bundesfreiwilligendienstes engagieren sich bereits 20 000 Personen im Rahmen des Freiwilligendienstes. Dass diese Zahl von Monat zu Monat kontinuierlich wächst, bestätigt, dass die Bundesregierung auf dem richtigen Weg ist. Es gibt bei jüngeren und älteren Menschen eine große Bereitschaft, sich im Freiwilligendienst für andere Menschen einzusetzen.

Durch das gemeinsame Engagement von Bund und Ländern, vor allem aber der Trägerverbände und der Freiwilligen selbst ist es gelungen, die Grundsteine dafür zu legen, dass sich der BFD dauerhaft durchsetzen und erfolgreich etablieren kann. Gerade in Sachsen höre ich, wie die Verbände eine positive Bilanz ziehen und versucht wird, gerade den generationenübergreifenden Ansatz, auch älteren Menschen Möglichkeiten freiwilligen Engagements zu öffnen, auszubauen. Im Klinikum Görlitz sind zum Beispiel 30 Stellen besetzt. Das Interesse ist groß. In den unterschiedlichen Bereichen sind sehr spannende Einsatzfelder möglich: vom Kindergarten über die Schule, kulturelle Einrichtungen bis hin zu Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.

Der Bundesfreiwilligendienst, angelegt als Freiwilligendienst aller Generationen, eröffnet zahlreiche Handlungsfelder für gesellschaftliches Engagement.

Dieser Bundesfreiwilligendienst ist kein Konkurrenzunternehmen zu den Jugendfreiwilligendiensten, und daran darf sich nach unserer Auffassung nichts ändern. Dazu gehört, dass es sich Interessenten selbst aussuchen sollen, ob sie sich im Rahmen der Länderdienste – Freiwilliges Soziales Jahr und Freiwilliges Ökologisches Jahr – engagieren wollen oder im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes eingesetzt werden. Nicht die Einführung einer Quote als vorgegebene Pflicht des Staates ist der richtige Weg, sondern ein gleichberechtigtes Nebeneinander der Freiwilligendienste, bei dem jeder der Dienste um seine Zukunftsfestigkeit und Akzeptanz bemüht ist.

Im Zusammenhang mit freiwilligem Engagement kommt immer wieder das Thema Anerkennung zur Sprache.

Dazu zählt aus unserer Sicht eben auch, dass den Freiwilligen keine Nachteile bei der Studienzulassung entstehen, so wie es beim Wehr- und Zivildienst der Fall war, oder auch, dass der Kindergeldanspruch gesetzlich geregelt wird. Hier sind wir bereits einen großen Schritt weitergegangen. Der Bundestag hat diese Regelung, die vorsieht, dass es künftig auch beim Bundesfreiwilligendienst Kindergeld für junge Menschen bis 25 Jahre geben soll, bereits Ende Oktober verabschiedet. Diese Regelung wird rückwirkend gelten, sodass alle Anspruchsberechtigten, die schon seit Juli ihren Freiwilligendienst leisten, Kindergeld erhalten werden. Ende November befasst sich der Bundesrat abschließend damit. Diesen Schritt wollen wir nun noch gehen und damit auch zur Anerkennung des Bundesfreiwilligendienstes beitragen.

Stimmen Sie daher unserem Antrag zu!

Jetzt ist es auch bei den Regierungsfraktionen angekommen. Glückwunsch! Der neue Freiwilligendienst – er holpert. Der Weg zur Erkenntnis ist lang.

Doch warum holpert der Bundesfreiwilligendienst? Er wurde als Lückenfüller für den wegfallenden Zivildienst konzipiert. Dabei war die Herangehensweise jedoch grundfalsch: Für die schwarz-gelbe Bundesregierung stand die Infrastruktur im sozialen und pflegerischen Bereich im Vordergrund, und nicht die jungen Menschen.

Jugendfreiwilligendienste sollten aber in erster Linie Rettungsdienste und eine besondere Form des bürgerschaftlichen Engagements sein. Eine stärkere Förderung der bestehenden Jugendfreiwilligendienste, ein Platzausbau, mehr Anerkennung und rechtliche Verbesserungen wären die richtigen Schritte zur Stärkung der Zivilgesellschaft gewesen. Doch diese Chance wurde vertan.

Der Wegfall des Zivildienstes hätte durch sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze im gesamten sozialen Bereich kompensiert werden sollen. Teure Werbekampagnen für den neuen Bundesfreiwilligendienst sind da zu kurz gesprungen. Jetzt haben wir den Schlamassel.

Dass mittlerweile Träger erpresst werden, dass die FSJStellen in BFD-Stellen umzuwidmen seien, dazu fehlen mir die Worte. Es wurde zwar bei der Einführung des BFD immer wieder betont, dass dieser nicht in Konkurrenz zu den vorhandenen Stellen zu sehen sei. Diese Behauptungen halten dem Praxistest aber nicht stand.

Das Gesetz zur Einführung des Freiwilligendienstes wurde erst am 24. März 2011 beschlossen. Diese Zeit war vor allem für die Träger viel zu kurz, um einen reibungslosen Start am 1. September 2011 sicherzustellen. Jetzt zeigt sich, dass die Reform auf Bundesebene ein Schnellschuss war. Anstatt auf den bewährten Strukturen des Freiwilligendienstes aufzubauen, wurden überschüssige Parallelstrukturen geschaffen.

Sie tun in Ihrem Antrag so, als ob Sie an der bestehenden Situation keine Schuld träfe. Dies ist mitnichten der Fall. Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfrakti

onen, hätten diese Situation auf Bundesebene verhindern können und müssen. Immerhin haben Sie jetzt den Mist, den Murks, der beim Ausstieg aus der Wehrpflicht und beim Einstieg in den Freiwilligendienst passiert ist, zu kritisieren.

Ob sich die bestehenden Probleme durch den vorliegenden Antrag lösen lassen, daran habe ich meine Zweifel. Aber im Interesse der Träger, die mit den bestehenden Schwierigkeiten nicht alleingelassen werden dürfen, stimmen wir Ihrem Antrag zu.

Die Etablierung des Bundesfreiwilligendienstes ist ein wichtiges Anliegen der Staatsregierung – aus zwei Gründen.

Erstens, weil die Reform der Bundeswehr im Frühjahr 2010 und die damit verbundene Aussetzung der Wehrpflicht auch den Wegfall des Zivildienstes zur Folge hatte. Da musste schnell eine gute und nachhaltige Lösung gefunden werden, denn bundesweit gab es 90 000 Zivildienstleistende, die insbesondere in sozialen Aufgabenfeldern eine wichtige und ergänzende Unterstützung in unserer Gesellschaft waren.

Hier setzt der neue Dienst des Bundes an. Mit dem Gesetz über den Bundesfreiwilligendienst wurde am 28. April 2011 aus einem Pflichtdienst für junge Männer ein Freiwilligendienst für Jung und Alt, für Männer und Frauen.

Und damit bin ich schon beim zweiten Grund. Der Bundesfreiwilligendienst eröffnet uns die Möglichkeit,

noch mehr Freiwillige einzubinden als vorher und