Meine Damen und Herren! Wir brauchen Einstellungsmöglichkeiten auch im Blick auf Junglehrer. Wir werden es sicherlich nicht mit einem Mal stemmen, 8 000 Stellen im Haushalt einzustellen. Aber wir müssen deutliche Botschaften in die Gesellschaft in Sachsen senden, dass wir willens sind, dem Problem des Lehrermangels, der sich abzeichnet, und dem Problem der Überalterung unserer Lehrer letztlich auch gerecht zu werden.
Meine Damen und Herren! Das ist keine politische Ermessensentscheidung. Das ist einfach eine dringende und eine zwingende Notwendigkeit. Meine Damen und Herren, ich sage in aller Deutlichkeit und vielleicht begebe ich mich damit auch ein Stück weit in Kontroverse zu den Finanzpolitikern dieses Landtages: Diese Aufgabe hat mindestens den gleichen Stellenwert wie eine solide Haushaltspolitik.
Meine Damen und Herren! Ich kann nicht über die Zukunftsfähigkeit eines Landes im Zusammenhang mit einer soliden Haushaltspolitik allein diskutieren. Zukunftsfähigkeit dieses Landes macht sich an jungen Menschen fest, die gut gebildet sind, die gute Betreuungsangebote im Jugendbereich haben und die sich in diesem Land wohlfühlen. Daran macht sich auch Zukunft fest.
die bisherige solide Finanzpolitik unserer Fraktion und der Staatsregierung infrage stellen. Ich bin nicht derjenige – auch wenn mir das teilweise unterstellt wird – der an den Vorgaben vorbeiziehen will. Das will ich nicht. Es ist eine Notwendigkeit im Blick auf die Zukunft dieses Landes, die Prioritäten deutlicher zu verschieben, deutlicher für die Bildung zu setzen.
Meine Damen und Herren! Wir müssen, wie gesagt, zeitnah handeln. Das ist das Problem, das ich sehe. Dies
findet bislang nicht statt, Frau Giegengack, leider nicht. Da gebe ich Ihnen recht. Ich freue mich nicht, das hier so feststellen zu müssen; ich finde das traurig. Ich will auch niemanden hier vorführen. Ich fühle mich mit in der Verantwortung. Das möchte auch nicht falsch verstanden werden.
Meine Damen und Herren! Es ist das Gebot der Stunde zu handeln. Deshalb müssen die Diskrepanzen, die zwischen den beiden Häusern, insbesondere zwischen dem Kultus- und dem Finanzministerium, vorhanden sind, abgebaut werden. Ich kann beim besten Willen in der Öffentlichkeit nicht darstellen, dass wir ein hochbrisantes politisches Problem haben. Das ist die größte Baustelle, die diese Koalition zu bearbeiten hat. Ich gehe davon aus, dass dem so ist. Wir können es nicht daran scheitern lassen bzw. gegen die Wand fahren, weil wir nicht in der Lage sind, Zahlen abzugleichen und uns zu verständigen, was an Bedarfen an Stellen da ist.
Meine Damen und Herren! Zeitnahes Handeln ist notwendig. Ich gehe davon aus, dass das einsetzt, auch seitens der Staatsregierung. Patrick Schreiber wird noch einmal darauf eingehen, was wir als Fraktion bereits als Maßnahmenstrauß verabschiedet haben, um dieses Problems Herr zu werden. Es geht also nur noch um die Umsetzung.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch eine persönliche Anmerkung. Ich denke, es bedarf in einer Demokratie nicht unbedingt des Mutes, um unterschiedliche Positionen innerhalb der eigenen Partei auszuhalten und auch öffentlich zu machen. Das hält die Demokratie aus. Das hält auch eine demokratische Partei aus.
Insofern glaube ich, dass es weniger darum geht, ob wir uns intern auch möglicherweise zu unterschiedlichen Positionen verständigen und das auch öffentlich machen. Das ist nicht das Thema. Entscheidend ist, dass wir die Probleme lösen und nicht aussitzen und damit vor allen Dingen auch Politikverdrossenheit entgegenwirken.
Für die CDU-Fraktion sprach Herr Kollege Colditz. – Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Frau Kollegin Falken.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sehe mit Begeisterung, dass in der CDU-Fraktion offensichtlich Bewegung ist. Leider sehe ich das beim Kultusminister, dem Kultusministerium und dem Finanzministerium noch nicht. Ich gehe heute einmal davon aus – und ich hoffe, dass das der erste Auftakt sein wird –, dass wir nicht nur die Maßnahmen aus der CDU-Fraktion – vielleicht auch
ein bisschen was aus der FDP-Fraktion – hören, sondern dass wir vielleicht heute auch einmal vom Kultusminister hören, wie das Kultusministerium dieses Problem des Lehrermangels angehen wird. Aber – das kann ich Ihnen heute wirklich nicht ersparen, werte Kollegen der CDU – der Lehrermangel ist ein hausgemachtes Problem. Die Verantwortung dafür trägt ganz eindeutig die CDU.
Wir haben seit Jahren als Fraktion DIE LINKE, aber auch die Gewerkschaften und andere Parteien und Fraktionen hier im Hohen Hause, darauf hingewiesen, dass das auf uns zukommen wird, was wir jetzt ganz deutlich sehen – den Lehrermangel. Wir brauchen ein Personalentwicklungskonzept. Das brauchen wir auch, wenn wir jetzt Sofortmaßnahmen einleiten müssen. Diese Verantwortung müssen Sie hier in diesem Hohen Hause tragen, weil Sie es versäumt haben, vor mindestens zehn Jahren im Freistaat Sachsen und auch in der Bevölkerung darauf hinzuweisen, wie wichtig und notwendig es ist, junge Lehrer im Freistaat Sachsen zu halten bzw. auszubilden.
Wir reden vom Lehrermangel. Der Lehrermangel kommt nicht irgendwann, sondern er ist bereits vorhanden. An den Grundschulen existiert der Lehrermangel in Größenordnungen. Im Grundschulbereich sind in diesem Schuljahr bereits Gymnasiallehrer eingestellt, die im Grundschulbereich unterrichten, auch in 1. und 2. Klassen. Es sind Personen eingestellt, die überhaupt keine pädagogische Ausbildung haben. Es sind auch Rentner wieder eingestellt, um den Unterricht an Grundschulen überhaupt absichern zu können.
Die Schülerzahlen steigen bis zum Jahre 2013/2014. Die Prognose aus dem Kultusministerium sagt es ganz klar: Bis 2020 werden die Schülerzahlen gleichbleibend sein. Dann will und wird der Finanzminister – zumindest hat er es angekündigt – einen Stellenabbau im Lehrerbereich von 5 341 Stellen betreiben. Wir wissen aber genauso gut – Herr Colditz hat es gerade in seinem Redebeitrag benannt –, dass bis 2020 zwischen 8 000 bis 10 000 Pädagogen aus dem Dienst ausscheiden. Das heißt, wir haben einen extrem hohen Bedarf an Lehrerinnen und Lehrern hier im Freistaat Sachsen.
Der Personalabbau, wie er im Freistaat Sachsen angedacht ist, muss unbedingt gestoppt werden, koste es, was es wolle. Wir müssen das Geld in den Schulbereich, in die Lehrerausbildung stecken. Anders funktioniert es gar nicht. Wir haben heute von meinen Vorrednern schon mehrfach gehört, dass wir damit aufhören müssen, nur darüber zu reden – wie wir es jetzt eigentlich Woche für Woche hier im Freistaat tun –, sondern es muss gehandelt werden.
Ich habe mit großer Begeisterung gesehen, dass die CDU geklatscht hat, als es um die Lehramtsstudierenden ging. Ganz hervorragend, wunderbar! Aber dann erwarten wir auch, dass die Stellen, die dafür vorgesehen waren, auch wirklich im Haushalt eingestellt werden. Für 2011 sind 900 Lehramtsanwärter eingestellt. Für 2012 waren
573 Lehramtsanwärter avisiert. Ihre Zahl wurde nun auf 193 heruntergekürzt. Das ist aus unserer Sicht überhaupt nicht zu verantworten. Wir brauchen jährlich
1 500 Lehramtsanwärter, um den zukünftigen Bedarf im Freistaat Sachsen decken zu können. Das ist eine Aufgabe, die wir hier im Freistaat lösen müssen. Ich glaube, dass diese Aufgabe, die vor uns steht, unbedingt gelöst werden muss. Das wird allerdings nur dann gelingen, wenn alle Kräfte gemeinschaftlich daran arbeiten und wenn gemeinschaftlich eine Lösung gefunden wird. Diese Aufgabe haben wir hier im Hohen Haus, und die müssen wir auch gewährleisten.
Präsident, Dr. Matthias Rößler: Für die Fraktion DIE LINKE war das die Abg. Falken. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die Abg. Frau Dr. Stange.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich hätte man nach der Rede von Herrn Colditz einen Punkt setzen und die Staatsregierung zum Nachdenken nach Hause schicken sollen.
Frau Giegengack hat fast alles schon gesagt. Ich möchte ihre Rede nur in einem Punkt ergänzen: Ich fordere nicht nur den Minister, sondern auch den Ministerpräsidenten auf, endlich dieses Problems Herr zu werden.
Die Zukunft unseres Landes entscheidet sich am Umgang mit den Kindern. Der Umgang mit den Kindern hängt ganz stark davon ab, wie die Bildungseinrichtungen in der Lage sind, die Kinder, die wir noch haben – und es sind nur noch halb so viele –, zu bestmöglicher, höchster Bildung zu bringen.
Ich kann es nicht verstehen, dass ein Minister während der Anhörung verschwindet, wenn es um den Lehrerbedarf geht. Ich kann es nicht verstehen, dass ein Ministerpräsident verschwindet, wenn es um diese Zukunftsfrage des Landes geht, die nicht allein vom Kultusministerium, vom Finanzministerium oder vom Wissenschaftsministerium gelöst werden kann. Dafür fehlt mir jegliches Verständnis.
Wir haben unsere Forderungen zu den Maßnahmen im Juni 2011 vorgelegt. Wir haben vor wenigen Tagen eine klare Anhörung gehabt. Ich will nur einige Punkte nennen, was dringend nottut.
Bis zum Ende dieses Jahres, Herr Wöller, muss Klarheit darüber herrschen, wie viele Stellen tatsächlich im Haushalt sind, wie viele Stellen wir bis 2020 haben. Was jetzt
mit dieser seit einem halben Jahr arbeitenden Arbeitsgruppe passiert, ist eine immense Verunsicherung der Studierenden, der Referendare, die nach wie vor das Land wechseln, weil sie nicht wissen, ob sie hier eine Einstellung bekommen. Wir haben vorgerechnet bekommen, dass wir im Jahr 2020 aufgrund der steigenden Schülerzahlen mindestens 30 000 Lehrkräfte brauchen. Dabei wurde noch nicht einmal darüber nachgedacht, ob wir das Thema Inklusion in den Schulen damit umsetzen können. Wie kann man darüber spekulieren, dass es vielleicht auch mit 7 000 Stellen weniger geht, Herr Unland? Ich glaube, Sie sollten einmal in eine Schule gehen und sich vor 30 Schüler stellen. Dann werden Sie vielleicht kennenlernen, was das bedeutet.
Genau in diese Situation kommen wir. Wir haben sie bereits heute an den Schulen, insbesondere an den Grundschulen.
Ich will nur einmal die Zahlen für Dresden nennen. Die Förderschulen haben eine Abdeckung im Grundbereich von 98 %, und wir haben null Stellen für Vertretung bei gleichzeitig neun Langzeiterkrankten an den Förderschulen. Versuchen Sie einmal, auf diese Art und Weise vernünftigen Unterricht an Förderschulen zu machen! 10 % unserer Schüler gehen in diese Schulen.
Wir haben im vergangenen Jahr über den Lehrerüberhang an Gymnasien und Mittelschulen gesprochen. Diese Lehrkräfte arbeiten heute fast zu 100 % in den Schulen. Wir haben keine Reserve mehr. Wir haben die Reserve nicht. Die Zahlen, die aus dem Kultusministerium kommen, sind schlicht und ergreifend falsch, sie sind schöngerechnet.
Wir fordern bis Ende des Jahres ein klares Konzept und ein klares Signal an die Studierenden. Endlich Verhandlungen zum veränderten Anwärtergrundbetrag! Wir brauchen den Ausgleich zwischen den Anwärtern in den westlichen Bundesländern und bei uns, damit unsere Referendare hier bleiben. Bei uns im Land gibt es kein Beamtentum. Wir haben Richtlinien. Sie könnten also eine eigene Richtlinie für die Besoldung der Anwärter erlassen.
Wir brauchen ein echtes Seiteneinsteigerprogramm. Sachsen ist eines der wenigen Länder, in denen nach wie vor kein Seiteneinsteigerprogramm existiert. Stattdessen werden unqualifizierte Personen in der Schule beschäftigt, ohne dass sie derzeit eine Chance bekommen, eine Qualifikation im Bereich des Lehramtes zu erhalten.
Wir brauchen dringend eine Aufstockung der Lehramtsausbildung. Die Verhandlungen mit den Universitäten zu den Zielvereinbarungen laufen. Wir haben die Hochschulpaktmittel. Sie können eingesetzt werden, damit endlich eine schnellere Besetzung der Hochschullehrer