Protokoll der Sitzung vom 24.11.2011

(Beifall bei der CDU und der FDP)

In der ersten Runde Qualitätspakt Lehre konnten sieben Anträge erfolgreich platziert und 36 Millionen Euro in 2011 eingeworben werden. In der zweiten Runde machen wir uns berechtigte Hoffnungen auf noch einmal insgesamt 15 Millionen Euro bei zehn weiteren Anträgen. Das hieße in der Summe bis zu 50 Millionen Euro, eingesetzt für eine Steigerung der Qualität der Lehre. Das ist doch ein beachtlicher Erfolg unserer Hochschulen!

(Beifall bei der CDU, der FDP und vereinzelt bei der SPD – Beifall des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Zweitens – die Forschung. Sie ist wiederum der Kernbereich in einer alternden und schrumpfenden Gesellschaft. Sie ebnet den Weg zu Innovationen und hält Antworten auf neue Fragen in der immer komplexer werdenden Gesellschaft bereit. Daher ist es nicht nur ein Kernanliegen, die Exzellenzbereiche zu stärken und die möglichen vorhandenen Pfade dafür zu nutzen, sondern auch die Ergebnisse der Forschung, wo immer es sich anbietet, für die Gesellschaft nutzbar zu machen. Deshalb liegt ein weiterer Schwerpunkt des Hochschulentwicklungsplanes auf dem Wissenstransfer.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir fordern von den Hochschulen, dass sie sich künftig noch aktiver als heute darum kümmern, dass das Wissen der Hochschulen von Wirtschaft und Gesellschaft genutzt werden kann. Und wir unterstützen sie dabei.

Meine Damen und Herren! Die Vernetzung der Hochschulen mit anderen wichtigen Handelnden der Wissensgesellschaft ist ein weiteres Kernanliegen der Hochschulentwicklungsplanung. Wir bieten den Hochschulen mit den neuen Wissenschaftsregionen die notwendigen Plattformen, um sich intensiv mit anderen Hochschulen, mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen und mit Vertretern von Wirtschaft und Kultur auszutauschen und abzustimmen.

Natürlich bestehen auch heute schon Kooperationen zwischen den Hochschulen und den anderen Akteuren der Wissensgesellschaft. Aber diese sind zumeist vereinzelt, sie sind meist ausschließlich auf die Forschung fokussiert und oft genug auch nur von einzelnen engagierten Personen abhängig. Das heißt, wir wollen eine breite Basis der Vernetzung und eine Verstetigung.

Uns geht es darum, die Wissenschaftsregion insgesamt zu vernetzen, ihr Potenzial sichtbar zu machen, und wir wollen unsere Hochschulen auf den zunehmend weltweiten Wettbewerb um Köpfe und Wissen vorbereiten. Daher fordern wir eine enge Zusammenarbeit, um Lücken im Austausch, im Angebot, aber auch in der Infrastruktur zu identifizieren und zu schließen und dabei die vorhandenen Ressourcen bestmöglich zu nutzen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Staatsministers Prof. Dr. Roland Wöller)

Neben den einzelnen Wissenschaftsregionen unterstützen wir als Staatsregierung auch auf Landesebene die Maßnahmen zur stärkeren Sichtbarmachung unserer Hochschullandschaft, auch zur internationalen Sichtbarmachung. Es sollen gelungene Kooperationsprojekte aus den einzelnen Wissenschaftsregionen landesweit schnell

bekannt gemacht und darüber hinaus der Wissenschaftsstandort Sachsen auf nationaler und internationaler Ebene verstärkt beworben werden.

Meine Damen und Herren! An diesen hier in aller Kürze skizzierten Leitlinien des Sächsischen Hochschulentwicklungsplanes orientieren sich die Hochschulen bei der Erstellung ihrer eigenen Entwicklungspläne. Diese werden dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst bis Ende dieses Jahres vorgelegt. Aufbauend auf den Entwicklungsplänen der Hochschulen und flankiert durch die strategische Hochschulentwicklungsplanung der Staatsregierung werden wir im nächsten Jahr, 2012, Zielvereinbarungen aushandeln und abschließen.

Dadurch sind wiederum für beide Seiten – die Hochschulen und die staatliche Seite – die Erwartungshaltungen klar gelegt und benannt, die Anforderungen und auch die realistischen Möglichkeiten zur Umsetzung und für Verbesserungen.

Die Zielvereinbarungen, meine Damen und Herren, sind der gesetzlich vorgeschriebene Weg, um die Umsetzung von inhaltlichen Zielen – beginnend bei Profilschärfung bis hin zur Geschlechtergerechtigkeit – zu gewährleisten. Die Zielvereinbarung ist unter anderem auch das, was die SPD in ihrem Antrag als Monitoring einfordert.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen aber keine weiteren neuen Strukturen, auch weitere administrative Belastungen wollen wir vermeiden. Wir denken nicht, dass es sinnvoll ist, dem Hochschulbereich ein zusätzliches Monitoring aufzupfropfen. Qualitätssicherung ist eine andere Frage.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Unser Hochschulgesetz gibt uns alle Instrumente an die Hand, um unsere autonomen Hochschulen zu geleiten und zu begleiten. Lassen Sie uns mit diesem vorhandenen Instrument weiter arbeiten.

(Beifall bei der CDU)

Zurück zum Stichwort Planungssicherheit. Geklärt haben wir auch, mit welchen personellen Mitteln die Hochschulen für ihre Arbeit rechnen können, aber natürlich auch für die Umsetzung der gemeinsam vereinbarten Ziele. Genau dieses Vorgehen ist sinnvoll. Wenn wir stattdessen die Hochschulen in das Korsett der zweijährigen Haushaltsvereinbarungen zwingen würden, dann nähmen wir ihnen die Freiheit, sich planvoll auf die zu erwartenden Veränderungen einzustellen und ihre Strukturen langfristig anzupassen. Daher ist auch der personelle Rahmen, der bereits jetzt mit den Entscheidungen zum Doppelhaushalt bis zum Ende des Jahres 2020 klar abgesteckt ist, der richtige Weg, damit die Hochschulen langfristige Planungssicherheit erhalten und auch Gewissheit über ihre Personalressourcen haben.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Staatsministers Prof. Dr. Roland Wöller)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Das Schlusswort hat die Fraktion der SPD. Herr Abg. Mann, bitte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Ich will nur kurz auf zwei Argumente eingehen, die hier kamen, weil uns die Redezeit an anderer Stelle dafür fehlt.

Zum Ersten. Das einigermaßen Lächerlichmachen über Fragen wie Gender Studies wird ein Thema für Sachsen. Wenn Sie sich die aktuellen Zahlen des Bundesamtes ansehen, ist es so, dass deutschlandweit der Anteil von weiblichen Studierenden um 10 % steigt, in Sachsen rutscht er auch am Anteil ab. Wir haben hier ein Problem und sagen gleichzeitig, wir wollen mehr Frauen insbesondere in die MINT-Fächer holen. Genau dafür wäre so ein Studiengang und das Schauen danach, wie man das fördern kann, Stichwort Kaskadenmodell, wichtig.

Zum Zweiten. Sie haben mehrfach versucht zu wiederholen – insbesondere eine der Wissenschaftsministerinnen –, dass es ein Erfolg wäre, dass die Hochschulen die 300 Stellen 2011 und 2012 nicht abbauen mussten. Ich sage es noch einmal: Das ist die Grundlage der Hochschulpaktvereinbarung gewesen, dass die Hochschulen für das Vorhalten dieser Kapazitäten oder für die Attraktion dieser Studierenden diese Mittel erhalten. Das ist also weder ein Erfolg in den Haushaltsverhandlungen, wie Sie es versucht haben darzustellen, noch eine Besonderheit Ihrer Politik, sondern es entspricht den reellen Verhältnissen.

Wir haben derzeit ein Studierendenhoch in Sachsen. Zur Wahrnehmung dieser Zahl und dieses Faktes sollte die Debatte noch einmal dienen. Wir haben Studierendenzahlen, die lange nicht so stark abfallen, wie es Ihre Prognosen, die Grundlage für diese Hochschulentwicklungsplanung und Grundlage für Ihren Doppelhaushalt waren, gesagt haben. Wir haben derzeit 15 000 Studierende mehr in Sachsen eingeschrieben, als Ihre Prognosen sagten.

Zum Dritten. Es sind nicht nur Einmaleffekte, es sind auch mittel- und langfristige Entwicklungen. Sowohl die Übergangsquote als auch die Studierquote sind in den letzten Jahren angestiegen. Das heißt, mehr Leute machen ein Studium, und dem müssen auch Landesstrukturen und die Ressourcenplanung Rechnung tragen.

Zu guter Letzt will ich noch einmal ausdrücklich dafür werben. Das war ja auch ein Angebot jenseits des gelben Ärgernisses in Ihrer Koalition. Es gibt auf Bundesebene aktuell Bestrebungen, dem Hochschulpakt mit einem Hochschulpaktplus für 50 000 Studierende mehr Mittel bereitzustellen. Es gibt das Angebot, dass wir die Kooperation auf Bundesebene verstärken, indem wir das Kooperationsverbot aussetzen. Es gibt den erklärten Willen des Bundes, mehr im Hochschulbereich zu tun. Dafür müssen die CDU-Länder und auch Sie in dieser Koalition mitmachen. Das ist eine Chance für Sachsen, eine Chance zur Sicherung des Fachkräftebedarfs und eine Chance, dem demografischen Wandel zu begegnen.

Unsere Hochschulen, insbesondere die in den großen Städten, die Universitäten, werden weiter attraktiv sein und können und wollen das leisten, wenn Sie ihnen die Ressourcen lassen. Deswegen, zu guter Letzt, wenn das

ein Angebot gewesen sein sollte, der Verweis darauf, dass 2011/2012 ja schon ein Moratorium war, dann verlängern Sie dieses Moratorium wenigstens in den Haushaltsverhandlungen 2013/2014. Die Situation drängt dazu.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/7462 zur Ab

stimmung. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür hat der Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden und ist nicht beschlossen. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Aussetzung der Verkaufsaktivitäten für die ehemalige

Justizvollzugsanstalt Chemnitz – Diskussion über zukünftige

Nutzung des Gebäudekomplexes ermöglichen

Drucksache 5/7435, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: GRÜNE, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Es beginnt die Fraktion GRÜNE. Frau Abg. Giegengack, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon eigenartig, aber wenn Sie so wollen, sind meine Geschwister und ich mit diesem Gefängnis, um das es hier heute geht, aufgewachsen; denn in unmittelbarer Nachbarschaft dieser Untersuchungshaftanstalt ChemnitzKaßberg liegen zwei Schulen, die wir besuchten, zum einen die Erweiterte Oberschule „Friedrich Engels“, von der aus man den Gefängniskomplex überblicken konnte, und zum anderen die Bezirksmusikschule Karl-MarxStadt direkt gegenüber dem Gefängnis.

Wir haben dort häufig Häftlingsbusse gesehen. Das war für uns nichts Ungewöhnliches, wussten wir doch, dass die Untersuchungsgefangenen nach ihrer Verurteilung in die JVA Chemnitz-Reichenhain am anderen Ende der Stadt gebracht wurden. Dass von dieser Haftanstalt aus auch Busse in genau die entgegengesetzte Richtung starteten, nämlich in Richtung Autobahn, um Häftlinge über die Grenze in den Westen zu bringen, wussten wir damals natürlich nicht. Damit bin ich auch bei dem Alleinstellungsmerkmal der Untersuchungshaftanstalt

Chemnitz-Kaßberg, die mittlerweile geschlossen wurde und zum Verkauf steht.

Sie war über viele Jahre die letzte Station all der Häftlinge, die von der Bundesrepublik freigekauft wurden; sie war die letzte Station auf ihrem Weg in die Freiheit. Zwischen 1963 und 1989 wurden insgesamt 3,5 Milliarden D-Mark ausgegeben für 33 000 Häftlinge, die dadurch in den Westen kamen, und das durchaus auch zum Teil gegen ihren eigenen Willen, wie zum Beispiel bei Roland Jahn.

Der Häftlingsfreikauf zählt zu den schwierigen Kapiteln unserer jüngsten deutschen Geschichte. Viel ist dazu bereits geschrieben und auch wissenschaftlich gearbeitet worden. Doch einen authentischen Gedenkort dafür gibt es in Deutschland bisher nicht. Ich persönlich halte dies jedoch aus eigener Erfahrung für außerordentlich wichtig, denn nur so kann man Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes wirklich begreifen.

Bitte, verstehen Sie mich nicht falsch. Ich möchte hier auf keinen Fall irgendwelche Parallelen ziehen, sondern nur verdeutlichen, weshalb ich authentische Gedenkorte für so wichtig halte, meine Damen und Herren. Es ist so, dass keine Schulstunde, kein Lehrbuchaufsatz oder keine Fernsehdokumentation mir als Kind die Gräuel des Nationalsozialismus so vergegenwärtigt hat wie der gemeinsame Besuch mit meinen Eltern im Konzentrationslager Majdanek. Mein jahrelanges Engagement später bei „Aktion Sühnezeichen“ rührt aus dieser Erfahrung her. Deshalb bin ich zutiefst davon überzeugt, dass wir Orte brauchen, wo unsere Geschichte unmittelbar erfahrbar wird.

Mit der Untersuchungshaftanstalt Chemnitz-Kaßberg haben wir einen solchen Ort sogar in mehrfacher Hinsicht, denn bereits 1933 bis 1945 sind dort unzählige Menschen durch die Gestapo inhaftiert und gefoltert worden.

Wenn Sie in einer dieser Zellen stehen, meine Damen und Herren, wie ich vor Kurzem, ist Geschichte auf einmal nicht mehr abstrakt. Es ermöglicht eine Ahnung von dem, was Menschen dort in beiden Diktaturen erleben und erleiden mussten.