Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

die mit ihrer Arbeit und ihrer Arbeitskraft die sächsische Wirtschaft stärken, insbesondere natürlich danke ich den Beamten und Angestellten für ihre Bereitschaft, unter anderem private Pkws zur Erfüllung ihrer Dienstaufgaben teilweise zur Verfügung zu stellen bzw. zu nutzen.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Nun liegt ein Gesetzentwurf der LINKEN auf dem Tisch, der in den Kernpunkten beinhaltet, die jeweilige Wegstreckenentschädigung um 10 Cent zu erhöhen. Dazu komme ich aber im Einzelnen später. Ich werde auch Herrn Tischendorf noch einmal aufklären, was dort gelaufen ist. Sicherlich ist der Denkansatz für die Betroffenen löblich, wenn nicht das Aber wäre. Um fachgerecht urteilen zu können, sind Anhörungen ein wichtiges Instrument. Diese hat am 21.11.2011 mit fünf Sachverständigen stattgefunden. Ich hatte im Ergebnis der Anhörung das Gefühl, dass die fachlich fundierten – ich betone: fachlich fundierten – Argumente bzw. Aussagen der gehörten Sachverständigen gegen eine solche pauschale Erhöhung überwiegen. Auch laut Protokoll. Aber jeder scheint etwas anderes aufzufassen. Das haben wir gerade von Herrn Tischendorf gehört. Selbst beim Durcharbeiten des Protokolls kam ich zum gleichen Ergebnis.

Ich wollte zwar heute keine Namen nennen, aber im Vergleich der Aussagen der Sachverständigen punktete natürlich Herr Maschke über die emotionale Schiene. An dieser Stelle, Herr Tischendorf, möchte ich noch einmal das Problem aufgreifen, um das es dabei ging. Wir haben gemeinsam das Gefühl gehabt, so auch Herr Michel, dass der Kollege Maschke irgendwie frustriert ist und nicht zufrieden mit dem Arbeitgeber.

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Meine Frage war, ob es in anderen Landkreisen auch der Fall ist, dass sich die Kollegen über diesen Zustand derart beschweren. In diesem Zusammenhang habe ich gesagt, mir ist nichts bekannt. Das kann man auch nachlesen. In Auswertung dieser Anhörung habe ich in meinem Landkreis nachgefragt. Es kam die Aussage von der Verwaltung, dass es bei uns diese Probleme nicht gibt. Das war der Kern unserer Fragestellung in der Anhörung.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage? – Herr Tischendorf, bitte.

Mich würde interessieren, an welcher Stelle der Frust bei Kollegen Maschke auftrat. Sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass ich, bevor ich den Kollegen von der Lebensmittelüberwachung eingeladen habe, mit Landrat Vogel über das Anliegen dieser Anhörung gesprochen habe und er als Dienstherr dem zugestimmt hat. Sind Sie bereit, das zu akzeptieren und nicht zu behaupten, dass Frust da war.

Das akzeptiere ich voll und ganz, aber ich werde trotzdem das Gefühl nicht los, dass in dieser Anhörung ein bestimmter Frust rübergebracht

wurde. Das tut mir leid, es ist so. Andere Beispiele im Freistaat zeigen das Gegenteil.

Die Rechenbeispiele des weiteren Befürworters konnte ich ebenfalls nicht richtig nachvollziehen: Dass bei 2 % Inflationsrate, auf den Betrag von 30 Cent, über sieben Jahre gerechnet, der Betrag weit über 35 Cent liegen soll, kann ich mathematisch einfach nicht nachvollziehen. Sie hatten auch ein paar mathematische Formeln hier angebracht, da kann ich das eben auch.

Aber wenn ich gerade bei Rechenbeispielen bin: Weder im vorliegenden Gesetzentwurf der LINKEN noch in der Begründung im selbigen kann ich erkennen, warum nun gerade um 10 Eurocent angehoben werden soll und nicht 12 oder 8 Eurocent oder um einen anderen Betrag. Ich zumindest bin es gewohnt, Kostenänderungen auf der Basis einer fundierten Kalkulation zu begründen und danach zu verabschieden.

(Beifall bei der CDU)

Folgendes Gedankenbeispiel: Nehmen wir einmal an, unser Freistaat würde zu den Geberländern gehören.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Darf ich erst zu Ende führen? – Was würden Sie wohl sagen, wenn das Niveau der Wegstreckenentschädigung bei dem Nehmerland über dem unserem läge, meine Damen und Herren? Auf diese Diskussion wäre ich gespannt. Wenn wir selbst Geberland wären und es sind noch 3,6 Millionen Euro – der Finanzminister wird die Zahl auch noch nennen – oder 4 Millionen Euro oder mehr Millionen Euro übrig, könnte natürlich eine solche Erhöhung verabschiedet werden, aber bis dahin haben wir, glaube ich, noch einen weiten und steinigen Weg vor uns.

Gestatten Sie jetzt die Zwischenfragen? – Es sind inzwischen zwei.

Ja, bitte.

Frau Jähnigen.

Schönen Dank, Herr Kollege. – Dass Sie Kostenänderungen nur auf der Basis präziser Kalkulation entscheiden wollen, finde ich gut. Gilt das auch für das Standortegesetz der Staatsregierung?

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Ich dachte, wir sprechen jetzt über Wegstreckenentschädigung.

Herr Pecher, bitte.

Herr Kollege, um Ihr Bild vom Geberland aufzugreifen: Wie würden Sie es empfinden, wenn mit unseren Krediten ein Nehmerland seine Schulden tilgt?

Soll ich darauf antworten? – Ich antworte nicht darauf.

Nein, die Realität ist aber anders. Das wissen wir und das brauche ich niemandem zu erklären. Wir sind eben Nehmerland.

Die Auswirkungen eines solchen Gesetzes –

Herr Tischendorf hat es vorhin auch gesagt – auf die Ebene der Landkreise sind bei den soeben genannten Zahlen noch nicht mit eingerechnet. Dass unsere sächsischen Landkreise vor großen finanziellen Herausforderungen stehen, dürfte wohl allen bekannt sein. Eine zusätzliche finanzielle Belastung wäre ein falsches Signal.

Aber – das erklären die LINKEN – das ist überhaupt kein Problem. Da gibt es ja in dem Gesetz den Artikel 2. Das FAG soll ja die entstandenen Mehrkosten ausgleichen.

Meine Damen und Herren! Ist denn das die richtige Reihenfolge? Zuerst sollen wir hier im Sächsischen Landtag ein Gesetz beschließen. Erst danach wird die Auswirkung auf den Haushalt des Landes und die Haushalte der kommunalen Ebene geprüft und plötzlich muss das FAG herhalten, das ja bekannterweise vorhandene Strukturen besitzt, die eben einen Boden und einen Deckel haben, und über definierte Geldmittel verfügt.

Bald hätte ich es vergessen: Die Dienstrechtsreform steht ja auch noch an. Diese kommt im nächsten Jahr, und dann – kann ich Sie beruhigen – fangen wir mit den Diskussionen wieder von vorn an.

Nein, meine Damen und Herren, das ist nicht der Arbeitsstil der CDU/FDP-Koalition. Wir werden diesen Entwurf ablehnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Abg. Pecher, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mir jetzt weitere Bilder ersparen. Das ist immer ein bisschen gefährlich, wenn man das herausgreift.

Zu dem Gesetzentwurf selbst: Ich denke einmal, zehn Jahre Zeitraum – jeder weiß, dass die Kosten gestiegen sind – ist allein schon ein Grund, sich darüber Gedanken zu machen, in diesem Bereich die Kilometerpauschalen anzupassen. Man kann natürlich kräftig darüber streiten, ob es 10, 12 oder 14 Cent sind. Das hat auch die Anhörung relativ offengelassen. Entscheidend ist ja, dass Sie sich an dieser Diskussion überhaupt nicht beteiligen, sondern ständig mit der Ankündigung der Dienstrechtsreform abblocken.

Ich muss auch mein Gefühl jetzt von der Anhörung wiedergeben. Ich fand, dass man Sachverständige hatte, die aus den unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft kommen. Ich fand es schon bemerkenswert, dass sich ein betroffener Arbeitnehmer als Sachverständiger vorn

hingesetzt und das aus meiner Sicht auch gut gemacht hat. Er hat aus seiner Sicht seine Argumente fundiert dargelegt. Mein Empfinden war, als die Frage nach dem Arbeitgeber gestellt wurde, dass das völlig daneben war. Ich konnte seine Argumente und auch die der anderen verstehen.

Ich glaube, dass es in Zeiten zukünftigen Fachkräftemangels auch in den öffentlichen Verwaltungen eine ganz entscheidende Rolle spielen wird, wie die Motivation gestaltet wird, damit sich die Menschen in dieser Gesellschaft für diesen Job einsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Dazu gehört es, wenn sie schon die Bereitschaft aufbringen, mit ihrem eigenen Pkw Arbeitsleistungen für den Arbeitgeber und die Gesellschaft zu erbringen, wobei sie das Risiko durch Unfall, von Nachteilen und von Stress tragen und dadurch einen Mehrwert schaffen – das haben ja auch die Sachverständigen herausgearbeitet –, weil wir ja keine Fahrzeuge in den Verwaltungen vorhalten müssen, finde ich schon richtig, dass sie zumindest ihre Kosten ausgeglichen bekommen. Deshalb stimmen wir diesem Antrag zu.

Eine letzte Bemerkung: Ich kann es schon nicht mehr hören, wenn erst einmal mit Krokodilstränen den Arbeitnehmern gedankt und dann das Geld aus der Tasche genommen wird.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Die FDP-Fraktion, Herr Abg. Tippelt, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Wenn Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes für dienstliche Fahrten ihr privates Kraftfahrzeug nutzen, erhalten sie pro gefahrenen Kilometer einen finanziellen Ausgleich. Dieser sollte natürlich möglichst kostendeckend sein und die Kostenentwicklung beispielsweise für Kraftstoffe und Unterhaltung berücksichtigen. Das steht außer Frage.

Die Wegstreckenentschädigung hat aber auch eine andere Funktion. Sie soll Anreize setzen, dass die Mitarbeiter dort, wo es möglich ist, bei Dienstreisen auf die Nutzung ihres eigenen Pkws verzichten und auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Das betrifft vor allem ganz normale Dienstreisen, bei denen es keinen triftigen Grund gibt, nun gerade den eigenen Pkw zu nutzen. Hier beträgt die Wegstreckenentschädigung derzeit 15 Cent. Eine pauschale Erhöhung auf 25 Cent halte ich hier weder für eine reale Anpassung noch für sinnvoll.

Leider habe ich Ihrem Gesetzentwurf auch nicht entnehmen können, wie Sie die Erhöhung um 10 Cent unterlegen. Das ist nicht nachvollziehbar. Was wäre die Konsequenz? Die Konsequenz wäre, dass trotz guter ÖPNVVerbindung gerade der eigene Pkw verstärkt genutzt würde. Genau das soll ja bei der ersten Stufe der Wegstreckenentschädigung vermieden werden. Unter anderem

gibt es deswegen auch eine Staffelung in der Entschädigungshöhe. An dieser Stelle können wir Ihrem Gesetzentwurf nicht folgen. Er setzt die falschen Anreize.

Auch die Anhebung der anderen Sätze um jeweils 10 Cent von 25 auf 35 Cent und von 30 auf 40 Cent können wir nicht nachvollziehen. Gerade im Vergleich mit den Wegstreckenentschädigungen anderer Bundesländer sind Ihre Sätze zu hinterfragen. Nicht einmal große Flächenländer, wie Nordrhein-Westfalen, zahlen einen Entschädigungssatz von 40 Cent. Auch andere Länder, beispielsweise Bayern, liegen nicht auf diesem Niveau, das DIE LINKE uns hier vorschlägt.

Wenn wir Ihrem Gesetzentwurf folgen und damit deutschlandweit die höchste Wegstreckenentschädigung zahlen würden, müssten wir uns die berechtigte Frage der Geberländer gefallen lassen; denn sie fragen zu Recht, warum wir mit ihrem Geld Entschädigungen zahlen, die sie selbst nicht einmal an ihre Bediensteten zahlen.