Protokoll der Sitzung vom 25.01.2012

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Der Schutz der Kommunen zum Beispiel!)

Ich meine, dass wir drei Bausteine berücksichtigen müssen.

Der erste Baustein ist schon genannt und diskutiert worden. Das ist das sogenannte Neuverschuldungsverbot.

Der zweite Baustein muss die implizite Verschuldung berücksichtigen. Wir sind in Sachsen inzwischen sehr weit. Wir haben den Generationenfonds eingeführt, um die implizite Verschuldung zu begrenzen. Das Problem ist, dass wir den Generationenfonds vor einer zweckwidrigen Verwendung verfassungsmäßig absichern müssen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es kann nicht sein, dass Geld, das wir für die junge Generation zurückgelegt haben, von anderen genutzt wird, um zwischendurch das eine oder andere zu finanzieren. Das muss verhindert werden!

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Der dritte Baustein beinhaltet eine vernünftige Haushaltsvorsorge. Die Lebenserfahrung zeigt, dass die Einnahmen

nicht immer nur nach oben gehen, sondern wir es hin und wieder auch mit Einnahmeneinbrüchen beispielsweise durch konjunkturelle Abschwünge zu tun haben.

Um solche Probleme zu kompensieren, brauchen wir eine atmende Haushaltsrücklage, damit man nicht sofort bei den kleinsten Einnahmenschwankungen in die Neuverschuldung gehen muss.

Wenn ich mir in den letzten Tagen die Diskussion zur Schuldenbremse anschaue, dann bemerke ich, dass die Schuldenbremse – so wird es zumindest von einigen beschrieben – nicht nachteilig auf die kommunale Finanzlage wirken soll. Wenn ich ehrlich sein soll: Die Diskussion habe ich nicht ganz verstanden.

Wenn ich mir die Praxis in den Kommunen in Sachsen anschaue – da gibt es wenige Ausnahmen –, dann fahren unsere Kommunen in der Regel eine ähnliche Haushaltspolitik wie wir hier im Freistaat auch. Deshalb ist die Verschuldung unserer sächsischen Kommunen deutschlandweit am unteren Ende.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Das Zweite ist: Wir haben die Sächsische Verfassung. Die Sächsische Verfassung definiert ziemlich eindeutig, dass die Finanzzuweisungen an die Kommunen nicht reduziert werden können, um einen Haushaltsausgleich ohne Kredit auf Landesebene zu erreichen.

Schauen wir uns den Artikel 87 an. Im Artikel 87 wird der Freistaat verpflichtet, eine angemessene Finanzverteilung sicherzustellen, damit die kommunalen Träger auch die Selbstverwaltung finanzieren können. Der Artikel 85 sieht vor, dass, wenn Aufgaben auf die kommunale Ebene gereicht werden, hierzu ein Mehrbelastungsausgleich zu zahlen ist. Das heißt: Ein Neuverschuldungsverbot gefährdet nicht die angemessene Finanzausstattung unserer Kommunen. Deren Ansprüche sind verfassungsrechtlich verankert.

Ich darf kurz zusammenfassen: Das Neuverschuldungsverbot sollte meines Erachtens drei Komponenten beinhalten: einmal das Neuverschuldungsverbot per se und dann zwei ergänzende Regelungen, einmal zum Generationenfonds und zum anderen zur Haushaltsrücklage.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Damit ist die 1. Aktuelle Debatte beendet. Ich rufe auf die

2. Aktuelle Debatte

Kein Eintrittsgeld in den Schlosspark Pillnitz – Schlösser, Burgen, Gärten als

Staatsbetrieb erhalten: Privatisierung und Kommerzialisierung verhindern!

Antrag der Fraktionen DIE LINKE und der SPD

Antragsteller sind DIE LINKE und die SPD. Sie haben auch als Erste das Wort. Herr Dr. Külow, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vom Thema Schuldenbremse zum Schlosspark Pillnitz ist nicht nur wegen der gleichen Anfangsbuchstaben eigentlich gar kein so weiter Weg, wie mancher hier im Saal vermeinen mag. Die Zukunft des Staatsbetriebes Sächsische Schlösser, Burgen und Gärten ist ein Thema, das die Gemüter im Land derzeit stark erhitzt, wenn man allein an die in den letzten Tagen emotional hoch aufgeladene Debatte um die geplante Einführung der Eintrittsgelder in Pillnitz denkt. Auch die gut besuchte Empore zeugt von dem starken öffentlichen Interesse.

Es geht uns aber heute nicht nur um Pillnitz. Dazu wird meine Dresdner Fraktionskollegin Annekatrin Klepsch gleich etwas genauer sprechen. Es geht uns um die 19 Einrichtungen des Staatsbetriebes von der Albrechtsburg Meißen bis zum Dresdner Zwinger und um diesen wichtigen Bestandteil des kulturellen Erbes im Schlösserland Sachsen und dessen Zukunft.

DIE LINKE hat dazu eine klare Position: Wir halten die angekündigte Änderung der Rechtsform für überflüssig und lehnen sie strikt ab. Deshalb gibt es auch unseren entsprechenden Antrag vom 18. November 2011. Privatisierung ist kein Allheilmittel für knappe Haushalte. Der Staatsbetrieb ist für DIE LINKE eine kulturelle Perle und keine Zitrone, die man durch rigide Finanzpolitik beliebig ausquetschen kann.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Seit Mitte November 2011 spukt durch den Staatsbetrieb wieder einmal das Gespenst der Privatisierung, ein Gespenst, das bekanntlich mit einer gewissen Regelmäßigkeit vom sächsischen Finanzminister losgelassen wird. Ihr Vorgänger, Herr Metz, hatte schon 2006 den ersten Testballon gestartet. Dann wurde 2007 und 2008 parlamentarisch heftig darum gekämpft. Es gab viele Kleine Anfragen meiner Kollegen Hilker und Hahn und dann im Juni eine Debatte zu dem gemeinsamen Antrag von LINKEN und GRÜNEN gegen die Privatisierung. Herr Prof. Unland, Sie werden sich wahrscheinlich noch gut daran erinnern. Das war ja Ihre Jungfernrede am 19. Juni 2008.

Sie haben die Privatisierung damals verteidigt. Sie kamen zum Glück nicht durch, weil sich die SPD quergestellt hat. Wir fordern bis heute Auskünfte zum Wirtschaftlichkeitsgutachten. Wir bekommen seit Jahren immer die Alibifloskel: Es gehört zum Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung. Solange wir nicht eine belastbare

Zahl haben, wird man mit uns dort nicht ins Geschäft kommen.

Es gab dann Entwarnung, am 30. April 2009 von Herrn Striefler, und ich nehme an, der Brief war mit Ihnen abgestimmt, Herr Prof. Unland. Weil er so interessant ist, will ich kurz zwei Auszüge aus diesem Brief, der an die „lieben“ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Staatsbetriebes gerichtet war, zitieren. Das hätte von uns geschrieben werden können: „Das Sächsische Staatsministerium der Finanzen hat mich gebeten, Ihnen mitzuteilen,“ – also den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, über 200 – „dass nach umfangreicher Abwägung aller relevanten Gesichtspunkte entschieden wurde, den Staatsbetrieb Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten in seiner bisherigen Organisationsform als Staatsbetrieb weiterzuführen. Die vorhandenen Potenziale sollen in der bestehenden Rechtsform ausgeschöpft werden. Die Rahmenbedingungen dafür sollen weiter optimiert werden.“ Der Abschlusssatz: „Ich begrüße es“, also Herr Dr. Striefler, „dass nunmehr endlich im Finanzministerium“, also bei Ihnen, Herr Unland, „eine Entscheidung in dieser Angelegenheit getroffen wurde.“

So weit, so gut. Leider wurde relativ schnell von diesen klugen und richtigen Bemerkungen abgerückt. Ein Jahr später haben wir dann schon im Entwurf des Doppelhaushaltes den Verweis darauf, dass jetzt endlich 223 Stellen mit der geplanten Änderung der Rechtsform gestrichen werden können.

Der Staatsbetrieb ist bekanntlich am 01.01.2003 gegründet worden. Es steht jetzt wirklich infrage – so groß war die Gefahr noch nie wie heute –, ob er in elf Monaten das jungfräuliche und blühende Alter von zehn Jahren überhaupt erreichen wird. Ich denke, Herr Unland, Sie werden dazu noch etwas sagen.

Wir, die Linksfraktion, sind den Beschäftigten sehr dankbar, dass in einer Erklärung, die von über 90 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter von einer Großzahl der Schlossleiter, ganz klar artikuliert wurde, welche Gefahr durch die drohende Privatisierung ausgeht, nicht zuletzt für sie selber. Auch dazu möchte ich mir ein Zitat aus diesem Brief erlauben, der allen Landtagsabgeordneten zugegangen ist: „Die Bediensteten werden aus der Zone des öffentlichen Dienstes entlassen und rücksichtslos in fragwürdige Haustarife gepresst.“ Was das heißt, haben wir bei den Landesbühnen Sachsen gesehen, wo jetzt nur noch 77 % gezahlt werden.

Es ist eine alte Forderung der LINKEN, Herr Prof. Unland, Frau Prof. Schorlemer, den Staatsbetrieb dem SMWK zuzuordnen und dessen Fach- und Rechtsaufsicht zu unterstellen, weil im SMF naturgemäß immer finanzi

elle Gesichtspunkte Oberhand gewinnen. Das war im 19. Jahrhundert schon einmal anders. Darum erlaube ich mir zum Schluss eine Empfehlung.

Leider ist der Kollege Ulbig nicht da. Er ist sehr traditionsbewusst und hat auf seiner Internetseite eine sehr nette Ahnentafel der sächsischen Innenminister. Dort ist auch Richard von Friesen aufgeführt. Das werden Sie vielleicht wissen, Herr Prof. Unland: Er war zunächst Innenminister, 1849 bis 1852, dann fast 18 Jahre Finanzminister und davon auch noch zehn Jahre Außenminister. Er hat in Freiberg an der Bergakademie studiert. Das wissen Sie wahrscheinlich. Er hat sich für ein neues Berggesetz eingesetzt. Er hat übrigens private Eisenbahnen angekauft, also verstaatlicht.

Bitte zum Ende kommen!

Er war dann 1869 – jetzt kommt die Pointe – vor allem der Leiter der Sammlung für Kunst und Wissenschaft und damit gewissermaßen der Vorgänger oder Gründungsvater der SKD. Er hat – –

Herr Külow, bitte, ich muss darauf achten, dass die Zeit eingehalten wird.

– in der „Allgemeinen Deutschen Biografie“ auch einen netten Eintrag bekommen. – Alles klar, Frau Präsidentin!

Sie können nachher noch einmal wiederkommen.

Nein, das macht dann die Frau Klepsch. Ich will beenden. In Wikipedia sind Sie ja sehr nüchtern aufgeführt. Aber wenn Sie einen solchen Eintrag haben wollen wie Herr von Friesen, dann müssen Sie im Grunde genommen nur beim Staatsbetrieb SGB unseren Intentionen folgen, dann haben Sie einen netten, schönen Lexikoneintrag. Ich weiß, dass Sie uneitel sind, aber über einen schönen Lexikoneintrag kann man sich immer freuen.

Herr Külow, bitte!

(Beifall bei den LINKEN)

Frau Dr. Stange von der SPD-Fraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer vor wenigen Tagen bei der Bürgerversammlung in Pillnitz dabei gewesen ist – und ich hätte es Ihnen geraten, Herr Unland –, konnte spüren, wie die Pillnitzer und nicht nur die Pillnitzer, sondern auch viele Zugereiste, viele Touristinnen und Touristen, ihr Pillnitz lieben und wie sie sich gegen die Einführung der Gebühren am Schlosspark Pillnitz zur Wehr setzen.

Wir haben gerade eine Debatte gehört, und Sie, Herr Prof. Unland, haben deutlich gemacht, wie wichtig es ist, dass der Freistaat in den nächsten Jahren solide Finanzen hat. Wenn blindes Sparen allein die Politik des Freistaates und der Mehrheitsfraktionen des Freistaates ist, dann erleben wir gerade in Pillnitz einen Vorboten der Folgen davon: nämlich, dass das, was der Freistaat nicht mehr bezahlen kann und nicht mehr bezahlen will, auf die Bürgerinnen und Bürger übertragen wird, und das, was die Kolleginnen und Kollegen von der FDP den Hoteliers an Steuern geschenkt haben, fehlt uns jetzt beim Eigenbetrieb.