Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012

(Beifall bei der NPD)

Für die einbringende NPD-Fraktion sprach der Abg. Schimmer. – Als Nächstes spricht für die CDU-Fraktion der Kollege Heidan.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der NPD-Fraktion! Ihr Antrag, den Sie dem Sächsischen Landtag vorgelegt haben, ist längst überrollt. Das haben Sie eben mit Ihrem Redebeitrag bewiesen. Sie müssen noch einen Änderungsantrag nachschieben.

(Dr. Johannes Müller, NPD: Das war doch angekündigt!)

Mit dem ersten Antrag haben Sie den Beweis geliefert, wie sehr Sie in Ihrer Polemik und in Ihrer Einfallslosigkeit

(Dr. Johannes Müller, NPD: Sie wissen doch, wie Einreichungsfristen sind!)

sowie fehlendem demokratischen Gestaltungswillen

verhaftet sind.

(Jürgen Gansel, NPD: Das müssen gerade Sie sagen!)

Ich muss Ihnen auch deutlich sagen: Die Plamag war noch nie Zulieferbetrieb. Erst seit – –

(Jürgen Gansel, NPD: Aber jetzt wird sie es!)

Lassen Sie mich doch einmal ausreden, ich habe Ihnen doch auch gerade zugehört. – Erst im vergangenen Jahr fiel die Managemententscheidung, Zulieferbetrieb für Augsburg zu sein. Das ist auch gerade das Problem, das Sie durchaus in Ansätzen beschrieben haben und das der Wahrheit entspricht, weil Sie es aus der Zeitung abgeschrieben haben. Aber Sie haben keine Ahnung, was dort abläuft; das sage ich Ihnen. Zulieferbetrieb war nie das Hauptgeschäft. In Plauen sind von Anfang bis Ende Druckmaschinen gebaut und auch auf dem Weltmarkt verkauft worden. Erst seit der Entscheidung des Managements im Konzern, nämlich seit Anfang vorigen Jahres, hat sich das geändert. Deswegen wurden auch die Maschinen aus Plauen nach Augsburg umgesetzt.

Sie haben zwar in Ihrer Begründung versucht, die Lage auf dem Weltmarkt zu analysieren, aber zu den richtigen Erkenntnissen konnten Sie offensichtlich nicht finden. Oder denken Sie ernsthaft, dass der Staat bessere Ergebnisse erzielen könnte als die bisherigen Eigentümer von der Manroland-Gruppe? Hier sind Sie von Ihren das Volkseigentum predigenden Kollegen der LINKEN nur unwesentlich entfernt, meine Damen und Herren.

(Zuruf: Was soll denn der Unsinn?)

Es sind strukturelle Probleme. – Sie erzählen doch immer, wie der Staat sich in marktwirtschaftliche Probleme einbringen soll. – Hier gibt es strukturelle Probleme, mit denen sich die Druckindustrie schon länger herumschlagen musste und muss, zum einen aufgrund der technischen Neuerungen – Stichwort Internet – und zum ande

ren wegen der daraus resultierenden Überkapazität am gesamten Weltmarkt.

Sie sind ernsthaft der Meinung, dass der Staat, der bei solchen Fällen immer gleich gerufen wird, die Probleme besser managen kann? Das kann man Ihnen so nicht abnehmen. Immerhin haben die Alteigentümer – das wissen Sie vielleicht nicht – in den letzten Jahren pro Jahr circa 200 Millionen Euro zuschießen müssen. Der Markt, meine Damen und Herren von der NPD, geht mit Überkapazitäten genauso gnadenlos um wie mit Fehlentscheidungen auf der Managerebene in Führungsfragen.

Ich darf noch einmal auf Ihren Antrag zurückkommen. Was wollen Sie mit Ihrer folgenden Feststellung? Ich zitiere wörtlich, es sind Ihre Worte: „Eine Volkswirtschaft, die so extrem exportorientiert ist wie die deutsche und die es nach dem Willen der politischen Klasse auch bleiben soll, muss aber gerade in Zeiten von Konjunktureinbrüchen und Überkapazitäten dafür sorgen, dass ihr Vorsprung durch Technologie und Spareffekte erhalten bleibt.“

Was wollen Sie uns mit dieser Feststellung denn überhaupt suggerieren? – Sie wollen suggerieren, dass der Staat alles besser machen kann und dass die betroffenen Menschen wieder in Arbeit finden. Das kann eben Politik nicht. In der sozialen Marktwirtschaft wie der unseren schafft die Politik nur die besten Rahmenbedingungen, um der Wirtschaft technologisch und hinsichtlich der Marktdurchdringung Spitzenplätze im Weltmaßstab zu ermöglichen. Wir versuchen im Freistaat Sachsen seit 1990, den Unternehmen zu helfen, die sich in Schwierigkeiten befinden. Dies hat unser Ministerpräsident unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Insolvenzantrages zugesichert. Und das war bereits am 26. November des vergangenen Jahres. Die örtlich verantwortlichen Politiker haben das auch den Menschen immer wieder angeboten und vermittelt.

Lassen Sie mich vielleicht noch ein Zitat von Ludwig Erhard erwähnen: „Ebenso wie beim Fußballspiel der Schiedsrichter nicht mitspielen darf, hat auch der Staat nicht mitzuspielen. Die Zuschauer würden es den Spielpartnern auch außerordentlich übelnehmen, wenn diese vorher ein Abkommen geschlossen und dabei ausgehandelt hätten, wie viele Tore sie dem einen oder anderen zubilligen. Die Grundlage aller Marktwirtschaft bleibt die Freiheit des Wettbewerbs.“ So das Zitat von Ludwig Erhard von 1963.

(Arne Schimmer, NPD: Wem wollen Sie zuschauen? Dem Sterben einer ganzen Region?)

Genau das ist der Punkt bei Ihrem Antrag. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Insolvenz nicht durch die Politik abzuwenden ist, wir aber jetzt als Politiker gefragt sind, Rahmenbedingungen zu schaffen, die den betroffenen Menschen der Plamag Plauen wirklich zu Arbeit verhelfen. Unser Ansatz ist, dass das vorhandene Potenzial an Können, Ideen und Fachwissen erhalten bleibt und gemeinsam zu neuen Arbeitsplätzen generiert werden

kann. Ihr Ansatz ist der falsche. Wir werden auch alles Mögliche unterstützen. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass ich morgen Nachmittag wieder um 14 Uhr mit unserem Landrat, mit dem Oberbürgermeister der Stadt Plauen bei den Beschäftigten der MAN Plamag bin, um weitere Wege zu beraten.

Wir halten Ihren Antrag für nicht zustimmungsfähig und werden ihn ablehnen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Abg. Kind, bitte.

Frau Präsidentin! Ich will es ganz kurz machen. Ich hätte mich mit dem Antrag sonst gern inhaltlich auseinandergesetzt,

(Zuruf von der NPD)

aber ich habe meine Redezeit meinem Kollegen Bartl beim Tagesordnungspunkt 6 abgegeben, weil es an der Stelle für mich wichtiger war.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Gibt es jetzt weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Möchte sich die Staatsregierung äußern? – Das ist auch nicht der Fall. Ich komme jetzt zum Schlusswort.

(Zurufe von der NPD: Zweite Runde!)

Ich habe doch gerade aufgerufen, meine Herren, da müssen Sie mir zuhören.

(Holger Apfel, NPD: Das haben wir nicht gehört.)

Ich habe gerade abgefragt, wer noch sprechen möchte.

(Holger Apfel, NPD: Wir haben uns verhört, Entschuldigung!)

Bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Heidan, für uns ist es natürlich keine Polemik, wenn man sich für den Erhalt sächsischer Industriestrukturen oder sächsischer Arbeitsplätze einsetzt. Das unterscheidet uns.

Die deutsche Druckmaschinenindustrie beherrscht etwa 60 % des Weltmarktes und erzielt etwa 80 % ihres Umsatzes im Exportgeschäft. Sie ist weltweit technologisch führend und galt lange Zeit als Vorzeigebranche der deutschen Maschinenbauindustrie. Ihre drei größten Unternehmen, die Heidelberger Druck, die Koenig & Bauer AG und die Manroland AG, über die wir heute sprechen, beschäftigen zusammen annähernd 30 000 Mitarbeiter.

Der Erfolg der deutschen Druckmaschinenindustrie resultiert in erster Linie aus der langen Tradition, die ihr

bisher einen technischen Vorsprung vor ausländischen Konkurrenten garantierte, sowie aus Skaleneffekten durch immer größere Umsätze.

Solange es der Markt hergibt, wirkt ein Sog zu immer mehr Größe. Jetzt ist die internationale Nachfrage nach Druckmaschinen dramatisch eingebrochen, seit 2008 um die Hälfte. Das hat verschiedene Ursachen, zunächst ein gewisses zyklisches Investitionsverhalten der Kunden. Die letzte große Anschaffungswelle liegt erst vier Jahre zurück. Deutsche Druckmaschinen laufen aber mittlerweile zehn Jahre und länger. Zudem geht es vielen großen Abnehmern wie etwa Zeitungshäusern wirtschaftlich schlecht, sodass sie Bestellungen ohnehin immer mehr hinauszögern müssen. Deswegen bleibt die deutsche Druckmaschinenindustrie auf großen Überkapazitäten sitzen, die sie wegen ihrer Exporterfolge aufgebaut hat.

Dadurch entsteht jetzt ein umgekehrter Sog hin zu Verlusten, fallenden Börsenwerten und Existenzkrisen. Plötzlich können Finanzinvestoren, Firmenhändler und andere, die über das nötige Kleingeld verfügen, die Spitzenunternehmen und insbesondere deren Spitzentechnologie zum Ramschwert einkaufen. Die Spitzenunternehmen haben sich durch ihren Exporterfolg gewissermaßen selbst zum Abschuss freigegeben, da sie allein auf grenzenlose Expansion gesetzt haben bzw. im herrschenden globalen Wirtschafts- und Finanzsystem so handeln mussten.

Den Unternehmen wie der ganzen Wirtschaft fehlt ein nachhaltiges raumorientiertes Wirtschaftskonzept. Wenn es einzelnen exportlastigen Unternehmen passiert, ist es deren Pech – so könnte man sagen. Aber was ist, wenn es einer ganzen, extrem einseitig exportlastigen Volkswirtschaft wie der deutschen passiert?

Für die deutsche Druckmaschinenindustrie könnte diese Entwicklung sehr bald zum Todesstoß werden. Zum Nachfragerückgang kommt für sie die zunehmende Konkurrenz aus den Schwellenländern, vor allem aus China, hinzu. Diese hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass in Ostasien und anderen Schwellenländern die größten Absatzmärkte sind. Existenzbedrohend ist diese Konkurrenz dank des deutschen technologischen Vorsprungs zwar noch nicht, das könnte sich aber schnell ändern, wenn etwa die Chinesen durch Unternehmensübernahmen Zugriff auf deutsche Technologie bekommen.

Genau diese Gefahr besteht nun durch die ManrolandInsolvenz, und zwar wegen der Entwicklung am Standort Offenbach. Dort werden technisch hochstehende Bogendruckmaschinen produziert. Damit verdient auch die Heidelberger Druck ihr Geld, und zwar zum größten Teil in China.

Chinesische Druckmaschinenunternehmen versuchen

zwar, ihren Heimatmarkt selbst zu beackern und würden den Deutschen auch gern auf dem Weltmarkt Konkurrenz machen, allerdings ist dafür die technologische Überlegenheit einfach noch zu groß.

Das Offenbacher Bogendruckmaschinenwerk von

Manroland soll nach der Entscheidung des Gläubigerrates von einer Auffanggesellschaft übernommen werden, hinter der noch ein unbekannter Investor steht, der nach Ansicht vieler Kommentatoren und Branchenkenner niemand anderes als der chinesische Staatskonzern Shanghai Electric sei, der sich von Anfang an für dieses Werk interessiert hat. Genau mit dem soll der Insolvenzverwalter Werner Schneider bei einem Besuch in China bereits verhandelt haben. Sollten die Chinesen tatsächlich die Kontrolle über das Manrolandwerk in Offenbach bekommen, würde dies zu einem katastrophalen Umsatzeinbruch bei Heidelberger Druck und nach Einschätzung der „Börsenzeitung“ zu einer Talfahrt der Aktie führen. Das Unternehmen, das ohnehin krisengeschüttelt ist und gerade die Streichung von 2 000 Arbeitsplätzen angekündigt hat, wäre ohne Übertreibung in seiner Existenz bedroht. Dort geht es dann nicht um 500 Arbeitsplätze wie bei der Plamag, sondern um 15 000.