Protokoll der Sitzung vom 07.03.2012

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: CDU-Mitglied!)

Auch ein CDU-Mitglied, richtig. Es ging uns um namenhafte Persönlichkeiten. Es sind Namen genannt worden. Das ist nachlesbar im Antrag, nachlesbar im Protokoll und auch nachlesbar in den Medien. Das ist einfach eine falsche Darstellung von Ihnen.

Zweitens. Es wird nicht der Ausschuss der drei Fraktionen sein – das wissen Sie sehr wohl, Sie sind Jurist –, sondern es ist immer der Untersuchungsausschuss des Parlaments. Das Parlament ist die Herrin über den Untersuchungsausschuss. Der Untersuchungsausschuss ist ein Hilfsorgan des Parlaments.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

So einfach können Sie sich das nicht machen.

Drittens. Sie sind zumindest partiell an der Tätigkeit des 2. Untersuchungsausschusses beteiligt gewesen. Wir haben als 2. Untersuchungsausschuss heute noch den Beyer/Irrgang-Bericht, der seinerzeit das Landesamt für Verfassungsschutz, dessen Tätigkeit des Referats 33/34 untersucht hat, vorliegen, der zu gut einer Hälfte aus geschwärzten Seiten besteht.

Herr Bartl, ich bitte Sie, zum Ende zu kommen.

– weil jedwede sensible inhaltliche Aussage in diesen Dokumenten, die auf Quellen, Strukturen und Arbeitsweisen hindeutet, immer mit einem Sperrvermerk des Innenministers versehen ist, und das wird auch hier so sein. Deshalb ist es einfach eine unwahre Behauptung und Desinformation der Öffentlichkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr

Prof. Schneider.

Herr Bartl, Sie meinen den veröffentlichten Bericht. So wie er in den Gremien bekannt geworden ist, waren darin, soweit ich informiert bin, keine Schwärzungen enthalten.

(Widerspruch der Abg. Klaus Bartl und Dr. André Hahn, DIE LINKE)

Im Übrigen werden, was die Aktenarbeit dieses Untersuchungsausschusses betrifft, die Akten in entsprechend geheimen Sitzungen des Untersuchungsausschusses offen zugänglich gemacht werden.

(Widerspruch von den LINKEN und der SPD – Christian Piwarz, CDU: Sie wissen doch, wie die Praxis ist, Herr Bartl!)

Aber natürlich. Sie nehmen damit in Kauf, dass – – Aber Herr Bartl, Sie wissen doch auch, wie die Praxis tatsächlich läuft. Das müssen Sie doch wissen.

(Zurufe von den LINKEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, dies ist eine Kurzintervention, und es kann jeder noch im Rahmen seiner Redezeit sprechen. Ich bitte nun, Herrn Prof. Schneider aussprechen zu lassen. Meine Damen und Herren, wenn Sie mir keine Möglichkeit geben, meine Arbeit zu verrichten, dann muss ich die Sitzung kurz unterbrechen. Ich denke, dies liegt nicht in Ihrem Interesse.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich stelle fest, dass Sie überhaupt nicht gewillt sind, meine Antwort inhaltlich zur Kenntnis zu nehmen. Ich sage noch einmal: Die Akten, die in diesem Untersuchungsausschuss eingebracht werden, sind jedem einzelnen Mitglied im vorgelegten Umfang kenntlich zu machen.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Nein, sie sind geschwärzt! – Christian Piwarz: Das stimmt doch nicht, Herr Hahn!)

Aber selbstverständlich.

Meine Damen und Herren, wir führen die Debatte weiter fort. Die nächste Fraktion ist die Fraktion der FDP. Herr Biesok, Sie haben nun das Wort. Danach rufe ich zu weiteren Runden auf.

(Starke Unruhe im Saal)

Ich darf noch einmal bitten, dem Redner die Gelegenheit zu geben, seine Rede vorzutragen. Herr Biesok, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal Frau Herrmann danken, dass sie es geschafft hat, wieder etwas Sachlichkeit in die Debatte hineinzubringen. Wir unterhalten uns über den richtigen Weg, wie wir mit den Geschehnissen rund um den NSU umgehen und wie wir verfahren, um Aufklärung zu schaffen. Wir sollten eines bei dieser Diskussion nicht tun: Sie gleich bei dieser ersten Auftaktveranstaltung des bevorstehenden Untersuchungsausschusses in politischen Klamauk ausarten zu lassen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. André Hahn, DIE LINKE: Warum klatscht Herr Schneider da?)

Ich möchte für meine Fraktion unsere Erwägungen darstellen, weshalb wir uns dem Untersuchungsauftrag nicht angeschlossen haben, und ich möchte vorher bereits deutlich sagen: Wir haben sehr sorgfältig darüber diskutiert. Wir haben ein Aufklärungsinteresse, aber wir sehen andere Wege.

Meine Damen und Herren! Demokratie lebt von Öffentlichkeit und Transparenz. Wenn es Verfehlungen gegeben hat – sei es bei den Verfassungsschützern, bei Justizorganen, bei der Polizei oder auch bei Politikern –, müssen diese aufgeklärt werden. Aber wir müssen auch aufpassen, dass wir keine falschen Erwartungen wecken. Der Untersuchungsausschuss soll den Vorwurf entkräften, eventuelle Fehler bei Verfassungsschützern, der Polizei oder der Justiz blieben ohne Ahndung. So soll verloren gegangenes Vertrauen in den Staat mit seinen Organen sowie seinen Gewaltmonopolen wieder zurückgewonnen werden. Herr Kollege Lichdi hat ausdrücklich auf dieses Vertrauen hingewiesen.

Wir müssen uns aber überlegen: Kann ein solcher Untersuchungsausschuss das bei einer nüchternen Betrachtungsweise wirklich leisten? – Ich glaube nicht. Frau Friedel, Sie erwecken mit dem, was Sie vorgetragen haben, Erwartungen in der Bevölkerung. Frau Herrmann hat gerade gesagt, was die Bevölkerung in Zwickau denkt. Sie wecken Erwartungen, die dieser Untersuchungsausschuss nicht leisten kann.

Selbst die Antragsteller dürften nicht davon ausgehen, dass Frau Zschäpe zu Beweiszwecken dort auftritt und erzählt, wie sie es geschafft hat, die Behörden hier in Sachsen zu linken.

(Sabine Friedel, SPD: Das will doch auch gar keiner! – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Sie hat ausdrücklich gesagt, dass sie es nicht tun wird. Auch die anderen Beschuldigten im NSU-Komplex werden nicht als Zeugen aussagen, sondern von ihren Zeugnisverweigerungsrechten Gebrauch machen. Wegen der laufenden Ermittlungen wird auch der Generalbundesanwalt die Ermittlungsakten dem Ausschuss nicht zur Verfügung stellen. Er wird sie bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens bei sich behalten. Meine Damen und Herren von der Opposition, deshalb ist es meines Erachtens eine Fehleinschätzung, wenn Sie glauben, dass Sie diesen Untersuchungsausschuss in dieser Legislaturperiode noch beenden könnten. Beamte anderer Länder werden möglicherweise als Zeugen aussagen können, wenn sie eine entsprechende Aussagegenehmigung bekommen. Ich hoffe, sie bekommen diese.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Biesok?

Selbstverständlich.

Bitte, Herr Bartl.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, vielen Dank, Herr Kollege Biesok. – Herr Kollege Biesok, entnehmen Sie irgendeiner Stelle dieses Einsetzungsauftrages einen Hinweis bzw. ein Indiz, dass wir vorhätten, diejenigen, deren Handlungen durch die Untersuchungsbehörden, durch den Generalbundesanwalt oder durch Kriminalisten zu vollziehen sind, die strafrechtliche Verantwortlichkeit feststellen, hier anzuhören, oder ist klar erkennbar, dass wir Behördenversagen, Amtshandeln oder Organisationsversagen untersuchen wollen? Ist das im Einsetzungsauftrag nicht ausdrücklich betont?

Herr Kollege Bartl, der Einsetzungsauftrag ist sehr umfänglich, und er soll alle Facetten beleuchten, die möglicherweise zu beleuchten sind. Daher halte ich es für konsequent, wenn man diese Personen als Zeugen anhören würde, auch wenn sie nicht ausdrücklich in dem Untersuchungsauftrag benannt sind.

Das hat keiner beantragt.

Von daher widerspricht meine Aussage nicht Ihrem Einsetzungsauftrag.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dann könnten wir es beantragen.

Ich möchte noch sagen, dass es anderen Behörden, die wir hier untersuchen wollen, nicht zugänglich ist. Wir haben hier schon diskutiert, dass es sich nur um die sächsischen Behörden handeln kann, mit denen wir uns befassen. Aber wir haben es nun einmal damit zu tun, dass das Landeskriminalamt Thüringen die führende Behörde war, als es um die Fahndungsmaßnahmen ging. Das ist nun einmal eine Tatsache.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Die sächsische Polizei hat lediglich in Amtshilfe gehandelt. Das sind die üblichen Verfahrensweisen unter Bundesländern, wenn es sich um Straftaten handelt, die mehrere Bundesländer umfassen.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Selbstverständlich.

Herr Lichdi.

Vielen Dank, Herr Kollege Biesok. – Warum können Sie nicht den Ansatz eines Versagens sächsischer Behörden – hier des Landeskriminalamtes Sachsen – erkennen, wenn das Landeskriminalamt Sachsen in die Beobachtung dieser drei Straftäter eingebunden ist? Wenn auch zunächst der Zugriff unter Federführung des LKA Thüringen nicht klappt, dann weiß doch das LKA, dass sich gefährlichste Straftäter auf dem

Territorium des Freistaates Sachsen aufhalten. Glauben Sie nicht, dass in einem solchen Fall das Landeskriminalamt in eigener Zuständigkeit dafür sorgen muss, dass diese Verbrecher in den Knast gebracht werden?