Abgelehnt und mehr oder weniger verworfen mit der Erklärung, dass – ich gebe es kurz wieder, 14.11.2011 in der Stellungnahme der Staatsregierung – kein Grund bestehe, an der Gewissenhaftigkeit zu zweifeln, mit der sächsische Polizei und sächsischer Verfassungsschutz die Vorgänge um die NSU aufarbeiten. Im Übrigen wurde erklärt, dass der Freistaat Sachsen – Zitat – „die geplante Regierungskommission unterstützen werde, die sich mit der Überprüfung der Tätigkeit der verschiedenen Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern befassen wird, sodass man keinen Grund sehe, hier in Sachsen ein weiteres eigenständiges Gremium einzurichten.“
Sie haben das Gegenteil getan. Sie unterstützen eben nicht die Bundesgremien. Sie haben keine Aussagegenehmigung für sächsische Beamte erteilt. Sie haben teilweise Dokumente vorenthalten und dergleichen mehr.
Nachdem dann buchstäblich Tag für Tag vor allem durch das verdienstvolle Recherchieren von Medien neue Fakten auf den Tisch kamen, neue Enthüllungen, nachdem diese immer mehr klar machten, dass es ein schlichtes, plumpes Ablenkungsmanöver ist, von der „Thüringer Terrorzelle“ zu sprechen, vom „Jenaer Trio“ und dergleichen mehr, nachdem klar wurde, dass sich diese drei hier in Sachsen seit circa zehn Jahren angesiedelt haben, aufgehalten haben, untergetaucht sind, und zwar offenkundig auch deshalb, weil sie hier auf andere neonazistische Strukturen gestoßen sind, mit deren Unterstützung sie rechnen konnten – wobei diese Netzwerke im Rahmen dieses Untersuchungsausschusses aufgeklärt werden
sollen –, haben wir wieder gesagt: Wir wollen jetzt, dass das Parlament seine Verantwortung übernehmen kann, mit ins Boot genommen und mitgenommen wird in den Aufklärungsprozessen, und zwar in Gestalt des Vorschlags, der in der 46. Sitzung des Sächsischen Landtages behandelt wurde, eine gemeinsame unabhängige Untersuchungskommission von Landtag und Staatsregierung zur Thematik „Aufklärung der Mitverantwortung sächsischer Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden für das ungehinderte Wirken der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund“ einzusetzen. Auch das wurde abgelehnt und in völlig destruktiver Art und Weise weggestimmt.
Ich zähle jetzt einmal nicht auf, was parallel die beiden anderen demokratischen Oppositionsfraktionen in vielfältigsten Formen in gleicher Richtung unternommen haben. Ich lasse auch die Schilderungen weg, wie wir immer wieder in den zuständigen Fachausschüssen, also im Innenausschuss, im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss, appellierten, doch aufzuhören zu mauern, sich auf das Erklärungsmonopol des Generalbundesanwalts und dessen Deutungshoheit zurückzuziehen und permanent so zu tun, als ob dem Freistaat Sachsen im gesamten Komplex neonazistischer Mord- und Terroranschläge keinerlei herausgehobene Verantwortung zukommt, obgleich
zwischenzeitlich die handfesten Ermittlungspannen auch sächsischer Sicherheitsbehörden buchstäblich überall nachzulesen waren. Ich darf zum Beispiel an das dilettantische Scheitern der Observationsmaßnahmen im Mai oder im Zeitraum September/Oktober 2000 in Chemnitz erinnern. Der „Spiegel“ sprach in diesem Zusammenhang in seiner Ausgabe Nr. 1 des Jahrgangs 2012 vom 16.01.2012 als Überschrift vom „Desaster von Chemnitz“. Im Übrigen unter Bezugnahme auf den vorliegenden ersten geheimen Untersuchungsbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz hat das gleiche Magazin kommentiert: „Das Dokument ist ein Zeugnis von Staatsversagen.“
Ich erwähne nur noch die sich häufenden Unmutsäußerungen auch der Mitglieder der fünfköpfigen Parlamentarischen Kontrollkommission, von denen immerhin drei den regierungstragenden Fraktionen angehören, angesichts der offensichtlich – ob nun tatsächlich oder nur vorgespielt – frappierenden Naivität der Spitze des Landesamtes für Verfassungsschutz im Umgang mit dem NSU bzw. wegen fehlender Bereitschaft, zumindest die geheim tagenden PKK-Mitglieder mit den entsprechenden Erkenntnissen vertraut zu machen, zum Beispiel mit dem auf Bundesebene längst dem Parlament vorliegenden Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz.
Nachdem Sie am 25. Januar 2012 unseren Dringlichen Antrag abgelehnt haben, sich diesen 3. Untersuchungsausschuss zu sparen, indem wir den Einsetzungsauftrag des 2. Untersuchungsausschusses erweitern, der sich mit der Tätigkeit der Referate 33 und 34 des Landesamtes für Verfassungsschutz – Beobachtung der organisierten Kriminalität – befasst und für die es eine Kernaufgabe gewesen wäre, den NSU ins Visier zu nehmen, blieb uns keine andere Wahl, und zwar auch deshalb nicht, weil inzwischen der Deutsche Bundestag am 24.01.2012 einen Untersuchungsausschuss eingesetzt hat und der Thüringer Landtag am 21.12.2011 die Einsetzung parlamentarischer Ausschüsse beschlossen hatte.
Bund und Thüringen setzten doch die Untersuchungsausschüsse nicht ein, weil nichts im Fernsehen war oder weil sie generell ein Grundmisstrauen gegenüber dem Generalbundesanwalt und dessen Ermittlungsgremien haben. Sie setzten diese Untersuchungsausschüsse ein, weil uns kein Staatsanwalt, kein Generalbundesanwalt, kein Leitender Oberstaatsanwalt, kein Kriminalist, kein Ermittlungsrichter aufklären wird, welches staatliche Organisa
tionsversagen den Boden dafür geschaffen hat, dass der NSU über ein Jahrzehnt in dieser Art und Weise umgehen konnte, in dieser Art und Weise morden, brandschatzen, sprengen konnte und nicht gestellt worden ist.
Nachdem Sie, meine Damen und Herren der CDU und der FDP, sich schließlich auch dem Appell der demokratischen Fraktionen verschlossen haben, analog einen gemeinsamen Untersuchungsausschuss mit einem abgestimmten Einsetzungsauftrag auf den Weg zu bringen, um gemeinsam dafür zu sorgen, dass das Parlament hier seiner Aufgabe gerecht wird, blieb uns tatsächlich nur der Weg, Ihnen heute diesen Einsetzungsauftrag zu unterbreiten.
Wir offerieren Ihnen einen Einsetzungsauftrag, von dem wir überzeugt sind, dass er in jeder Hinsicht verfassungskonform und stringent auf Sachverhalte, auf Fragestellungen, auf Untersuchungsgegenstände beschränkt ist, die die Verantwortung sächsischer Sicherheits-, Justiz- und sonstiger Behörden, zum Beispiel auch Kommunalbehörden, und zumindest aus Sicht der Reichweite der Rechts- und Dienstaufsicht die Verantwortung der Sächsischen Staatsregierung dafür beleuchtet, dass neonazistische Terroristen über einen derart immens langen Zeitraum ungestört, unentdeckt und nicht ausschließbar durch behördliches Handeln begünstigt in und von Sachsen aus schwerste Straftaten begehen konnten.
Wir setzen mit diesem Antrag letztlich nichts anderes als das um, was CDU, FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und unsere Fraktion in der Gemeinsamen Entschließung vom 23.11.2011 im Zusammenhang mit der Regierungserklärung des Staatsministers des Innern gegenüber der Öffentlichkeit als Bekenntnis und Verpflichtung zugesagt haben, nämlich, dass wir auch in der Schuld und in der Verantwortung gegenüber den Opfern und ihren Hinterbliebenen entschlossen sind, sowohl die politisch-gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Rechtsextremisten und ihren Verbündeten vertieft fortzusetzen als auch – so wörtlich in der Gemeinsamen Entschließung – „die unabdingbaren Konsequenzen für die Arbeit der Sicherheitsbehörden rasch zu ziehen“. Im nächsten Satz heißt es dort: „Dazu ist eine umfassende Fehleranalyse unverzichtbar. Aus Fehlern müssen die richtigen Schlüsse gezogen und umgesetzt werden.“ Genau das ist das Anliegen dieses parlamentarischen Ausschusses.
Wir haben uns – auch das sei letztlich noch hervorgehoben – in Inhalt und Umfang des Untersuchungsgegenstandes bzw. der Fragestellungen auf das beschränkt, was in der Legislaturperiode, also bis zum Frühsommer 2014, abarbeitbar ist. Es ist ein Untersuchungsgegenstand, ein Einsetzungsauftrag, der vollständig abgearbeitet werden kann und gewährleistet, dass dem Hohen Hause zum
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem wir nunmehr die Situation haben, dass wir auch den von CDU und FDP für bedenklich erachteten Regelungsgegenstand in Ziffer 14 aus dem ursprünglichen Entwurf, der am vorigen Mittwoch im Präsidium informativ vorgelegt worden ist, herausgenommen haben, sind wir der festen Überzeugung, dass es keinerlei Grund gibt, diesem Einsetzungsauftrag nicht zuzustimmen. Wir hoffen also auf das Ja auch der regierungstragenden Fraktionen. Wir hoffen auf Ihre Zustimmung und erwarten zumindest, dass Sie die Einsetzung des Untersuchungsausschusses am heutigen Tag nicht behindern werden.
Es ist unangenehm, es ist schlimm, es ist nicht gut, dass wir morgen nicht, wie es an sich regelmäßige Gepflogenheit bei derartigen Untersuchungsausschüssen ist und wie wir es bei zwei Untersuchungsausschüssen getan haben, direkt dazu kommen können
wie es in den letzten zwei Legislaturen der Fall war –, am Tag nach der Einsetzung auch die entsprechenden Entscheidungen über die Struktur des Ausschusses zu treffen, seine Mitglieder zu wählen und die entsprechenden Funktionen zu besetzen. Das kann nach den Erklärungen der Fraktion der CDU nicht getan werden, weil das Personal noch nicht ausgewählt ist.
Wir unterstellen nicht, dass das irgendeine Blockadeabsicht ist. Das will ich an dieser Stelle überhaupt nicht sagen. Allerdings ist es natürlich ein Offenbarungseid; denn dass es den Ausschuss geben wird, ist nunmehr seit Wochen definitiv gewissermaßen in jeder Zeitung – nicht nur in Sachsen – nachlesbar. Es war absehbar, und es ist keinesfalls überraschend gekommen.
Abgesehen davon, dass wir damit in eine weitere Verzögerung kommen – im Verhältnis zu dem Arbeitsstand vom Bundestags- und Thüringer Untersuchungsausschuss, wenn sie zu gemeinsamen Beratungen zusammenkommen, die Dokumente austauschen, die gemeinsamen Beweisbeschlüsse abstimmen – und weiter in Verzug geraten, müssen wir die Situation, so wie sie ist, hinnehmen. Wir versprechen, dass wir die Zeit bis zur Einsetzung Anfang April nutzen werden, in konzentrierter Form ein Kompendium an Untersuchungs- und Beweisbeschlüssen entsprechend vorzubereiten, um dann sofort zur Aufarbeitung zu kommen.
Wir bitten heute noch einmal darum, zu bedenken: Es geht in dieser Frage um ein Thema, das von der Bevölkerung mit hoher Sensibilität, mit hoher Anteilnahme, mit hohen Erwartungen begleitet wird, und zwar von Menschen nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch von Menschen, die vom Ausland aus betrachten, ob und wie in Sachsen mit dem Thema umgegangen wird.
Mein letzter Satz: Kollege Günther, ich habe heute zur Kenntnis genommen, dass es nichts Dümmeres gebe, als
diesen Ausschuss einzusetzen. Ich will mir jetzt verkneifen zu bewerten, inwieweit Sie von der Thematik Ahnung haben.
Ich sage nur eines: Die NPD sitzt nicht nur im Innen- und im Rechtsausschuss; sie nimmt auch an allen Sitzungen teil. Die NPD sitzt auch im 2. Untersuchungsausschuss, der auch in Hülle und Fülle Dokumente des Verfassungsschutzes beigezogen hat –
geheime Dokumente, und zwar auch zu Komplexen, die die Frage der Tätigkeit des Rechtsextremismus untersuchen.
Sie wissen ganz genau, dass wir überall dort, wo Erkenntnisse zu Struktur, Vorgehen, Arbeitsweise und Quellen des Landesamtes für Verfassungsschutz auch nur im Ansatz erkennbar werden, seitenweise geschwärzte Dokumente bekommen.
Ich bitte darum, sich jetzt davon zu distanzieren und endlich sachlich und konstruktiv mit dem Einsetzungsauftrag umzugehen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Entschließungsantrag vom November letzten Jahres
nein, Herr Piwarz, hören Sie zu, der Entschließungsantrag! – ist gerade angesprochen worden. Ich möchte noch einmal daraus vorlesen; denn es ist ein Antrag, der von allen fünf demokratischen Fraktionen beschossen worden ist. Dieser Antrag trägt die Unterschriften der fünf Vorsitzenden dieser demokratischen Fraktionen. Als wir alle miteinander diesen Antrag beschlossen haben, sind bei der Abstimmung nicht nur in diesen Reihen Hände nach oben gegangen, sondern es sind auch die 58 Hände der CDUFraktion nach oben gegangen.
Ich denke, es ist gut, Sie noch einmal daran zu erinnern. Wir haben dort gemeinsam beschlossen: „Wir sind entschlossen, sowohl die politisch-gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten und ihren Verbündeten vertieft fortzusetzen, als auch die unabdingbaren Konsequenzen für die Arbeit der Sicherheitsbehörden rasch zu ziehen.“ – Rasch. Im November. Jetzt haben wir März. – „Dazu ist eine umfassende Fehleranalyse unverzichtbar. Aus Fehlern müssen die richtigen Schlüsse gezogen und umgesetzt werden.“
Das haben wir alle miteinander im November beschlossen – mit Ihren Stimmen, auch mit den Stimmen der FDP.
Kollege Bartl hat noch einmal sehr ausführlich dargelegt, was wir in den letzten Monaten alles versucht haben, um mit Ihnen gemeinsam diesen Entschließungsantrag wirklich umzusetzen und mit Leben zu erfüllen, dafür zu sorgen, dass wir die Worte nicht Lügen strafen müssen, dafür zu sorgen, dass das Papier, auf dem dieses Bekenntnis steht, wirklich etwas wert ist.
Nicht eines davon ist in den vergangenen Monaten gelungen. Nicht einen kleinen Hauch haben Sie dazu beigetragen, dass eine umfassende Fehleranalyse passiert. Nicht einen kleinen Hauch haben Sie dazu beigetragen, dass die unabdingbaren Konsequenzen für die Arbeit der Sicherheitsbehörden auch wirklich rasch gezogen werden können.
Ich verstehe es nicht. Ich verstehe gar nicht Ihr Motiv, ich verstehe gar nicht Ihre Interessenslage. Warum wollen Sie nichts dazu beitragen? Warum wollen Sie nicht dafür sorgen, dass die Fehler analysiert und die Konsequenzen gezogen werden?
Sie verstecken sich jetzt hinter der Ausrede mit der NPD – völlig klar. Okay. Aber: Was hat Sie in den Monaten zuvor gehindert? Was hat Sie in den Monaten zuvor gehindert, eben keinen Untersuchungsausschuss mit einzusetzen, dafür aber eine Untersuchungskommission, bzw. mit den anderen Gremien zusammenzuarbeiten oder wenigstens Aussagegenehmigungen zu erteilen?