Protokoll der Sitzung vom 08.03.2011

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist so, wie es der Ministerpräsident gestern in der Regierungserklärung deutlich gemacht hat: Sachsens Stimme wird gehört in Deutschland. CDU und FDP, der Ministerpräsident und ich, wir haben uns in der Diskussion über die Energiewende massiv dafür eingesetzt, dass bei allen Dingen, die auf der Bundesebene beschlossen wurden, nicht aus den

Augen verloren werden darf, dass Strompreise ein wichtiger Standortfaktor für Unternehmen und eine wichtige Größenordnung für private Haushalte sind und die Höhe des Strompreises nicht außer Acht gelassen werden kann.

Wir haben uns in Sachsen für niedrige Strompreise eingesetzt. Wir werden das auch weiterhin tun, und die Entscheidungen, die die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Solarförderung getroffen hat, ist ein Beitrag dazu. Wir fühlen uns als Sachsen in unserer Intention bestätigt.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Es ist richtig und verschiedene Debattenredner haben darauf hingewiesen, dass die Höhe des Strompreises nicht allein durch die EEG-Umlage bestimmt wird. Dass es andere Faktoren gegeben hat, die stärker als die EEGUmlage zur Erhöhung des Strompreises beigetragen haben, bestreite ich nicht.

(Widerspruch des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Dennoch ist die Erhöhung der EEG-Umlage ein Teil der Strompreissteigerung. Das sollte man bei aller Fairness in der Diskussion zugeben. Herr Kollege Lichdi, ich wollte das Thema Wettbewerb auf dem Strommarkt nicht von mir aus ansprechen, aber da Sie das Thema Oligopol in die Debatte eingeführt haben, möchte ich mit ein paar Worten darauf eingehen. In der Koalition von SPD und GRÜNEN wurde damals mit einer Ministererlaubnis die Elefantenhochzeit im Energiebereich möglich.

(Tino Günther, FDP: Ach so? – Johannes Lichdi, GRÜNE: Das war ein Fehler!)

Wenn ich mich richtig daran erinnere, war Kollegin Hermenau zu diesem Zeitpunkt Mitglied des Deutschen Bundestages. Liebe Frau Hermenau, als Widerstandskämpferin gegen die Elefantenhochzeit sind Sie mir damals nicht aufgefallen.

(Beifall bei der FDP – Antje Hermenau, GRÜNE: Ich war schon in der Politik, da hatten Sie noch keine Ahnung!)

Ziemlich scheinheilig, ziemlich scheinheilig, sich hier gegen das Oligopol auszusprechen und es in ihrer Verantwortung im Bundestag zuzulassen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir uns die Situation in Sachsen genau anschauen, dann müssen wir ehrlicherweise feststellen – auch das ist in der Debatte bereits angesprochen worden –, dass bei den Freiflächenanlagen inzwischen über 80 % der Module aus dem Ausland kommen. Wir haben in Deutschland FotovoltaikUnternehmen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Dann können Sie sich ungefähr vorstellen, wie hoch der Marktanteil der Fotovoltaik-Unternehmen in Sachsen denn sein wird, nämlich relativ gering. Es ist mitnichten so, sehr geehrter Herr Lichdi, Sie waren es wohl gewesen, dass alle Freiflächenanlagen in urbanen Räumen aufgestellt werden.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Das habe ich nicht gesagt!)

Sie haben gesagt, die Fotovoltaik ist kein Problem beim Netzausbau, weil diese Anlagen in urbanen Räumen aufgestellt werden.

Das trifft nur für die sogenannten Dachanlagen zu, die aber den geringsten Anteil der Solarproduktion darstellen. Die große Masse entfällt auf die Freiflächenanlagen. Deswegen ist Ihre Aussage falsch, dass ein vermehrter Zubau der Fotovoltaik problemlos für die Netze zu verkraften wäre. Auch hier wäre ein bisschen mehr Sachlichkeit der ganzen Debatte dienlich.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir hatten vor zwei Jahren eine ähnliche Diskussion bei der Absenkung der Einspeisevergütung. Ich habe mich damals massiv gegen die Hauruck-Aktion von Minister Röttgen ausgesprochen, der frisch ins Amt gekommen war und ohne jede Vorwarnung die Einspeisevergütung kappen wollte. Eines ist ganz klar: Die Hersteller brauchen Planungssicherheit. Die war damals nicht gegeben. Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, sehr geehrte Damen und Herren, dass es seit zwei Jahren einen Zielkorridor für den Zubau der entsprechenden Leistungen im Bereich der Fotovoltaik gibt. Dieser Zubaukorridor ist nicht neu und auch nicht, wie im Antrag der GRÜNEN formuliert, plötzlich abgesenkt worden. Mitnichten, er ist seit vielen Jahren bekannt und alle in der Branche konnten sich darauf einstellen. Das heißt, das Marktvolumen von Fotovoltaikanlagen in Deutschland war bekannt. Der Markt war im letzten Jahr größer als das vorgegebene Marktvolumen, aber es kann sich niemand darüber beklagen, dass die Bundesregierung jetzt anstrebt, dieses Marktvolumen auf dem Zielkorridor von 2,5 bis 3 Gigawatt zu halten.

Wir haben im letzten Jahr einen Zubau von ungefähr 7,5 Gigawatt gehabt. Davon sind allein 3 Gigawatt in den letzten beiden Monaten des vergangenen Jahres zugebaut worden. Das heißt, wir hatten die typische Jahresendrallye, die wir in dieser Branche öfter gehabt haben. Deswegen ist es sinnvoll, zu einer monatlichen Absenkung der Einspeisevergütung zu kommen. Ich habe das vor zwei Jahren, als diese Diskussion lief, schon vorgeschlagen, aber konnte mich leider noch nicht durchsetzen. Ich bin froh, dass die Bundesregierung diese Anregung jetzt endlich aufgegriffen hat. Das führt zu noch mehr Planungssicherheit für die Hersteller, aber auch für die Investoren.

Natürlich sind Vergütungsabsenkungen immer problematisch für Unternehmen. Wenn jemand am Markt pro Stück seines Produktes weniger erlösen kann, ist das für den Unternehmer nicht erfreulich. Das ist die Tatsache, die ich auch nicht beschönigen möchte. Allerdings muss man fairerweise zugeben, dass die Fotovoltaikunternehmen in Deutschland sich in ihren Strategien sehr unterschiedlich entwickelt haben. Manche Unternehmen haben sich ausschließlich auf den deutschen Markt konzentriert. Diese sind natürlich von den Entscheidungen der Bundesregierung besonders betroffen. Im Freistaat Sachsen gibt

es aber auch Unternehmen, die einen sehr hohen Exportanteil haben. Diese Unternehmen haben klug diversifiziert und sind von diesen Entscheidungen deutlich weniger betroffen. Auch dieser Fakt gehört zur Ehrlichkeit dazu.

In der Debatte wurde angesprochen, dass der Ministerpräsident gestern in seiner Regierungserklärung das Beispiel Heliatek erwähnt hat. Das ist ein gutes Beispiel für die Unterscheidung der Unternehmen in der Fotovoltaikbranche. Es gibt in der Branche im Freistaat Sachsen Innovationstreiber, die mit ihren neuen Produkten, aber auch ihren neuen Fertigungsverfahren an der Spitze stehen.

Ich kann hier neben Heliatek auch ein Unternehmen aus dem Leipziger Süden, Solarion, nennen. Dazu gehören aber auch die Großen hier in Dresden, SOLARWATT mit der neuen Fertigungsstrecke, vor eineinhalb Jahren eingeweiht, oder auch SolarWorld in Freiberg. Das sind genau diese Unternehmen.

Es gibt aber auch andere Unternehmen, die in den letzten fünf, sechs Jahren nichts anderes gemacht haben als Produktionsausweitung, dasselbe Produkt mit derselben duplizierten Fertigungsstrecke einfach zu produzieren. Dort hat eben keine Innovation stattgefunden, weder im Produkt noch in der Fertigungstechnologie. Dass solche Unternehmen am Markt Schwierigkeiten haben, ist doch selbstverständlich. Die hätten sie auch ohne die Entscheidungen auf der Bundesebene. Einige dieser Unternehmen, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten derselben, sind schon bekannt geworden, lange bevor man auf der Bundesebene über eine zusätzliche Absenkung der Einspeisevergütung geredet hat. Auch das gehört zur Ehrlichkeit in der politischen Diskussion dazu.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie, Herr Kollege Lichdi, hier in der Debatte anführen, dass in bestimmten Bereichen die Einspeisevergütung schon geringer wäre als der Strompreis, kann ich die Aufregung nicht nachvollziehen. Wenn die Einspeisevergütung – wie Sie so sagen – geringer ist als der Strompreis, also man am Markt für den mit Fotovoltaik erzeugten Strom mehr erlösen kann als durch die Einspeisevergütung, warum soll dann bitte, Herr Lichdi, die Absenkung derselben ein Problem darstellen? – Das müssen Sie uns bitte noch einmal erklären!

(Beifall bei der FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir hatten auf Einladung des Chefs der Staatskanzlei, nachdem die Entscheidungen auf der Bundesebene bekannt gemacht wurden, ein Gespräch mit den relevanten Firmen hier im Freistaat Sachsen in dieser Branche. Natürlich gab es dort Kritik an den Entscheidungen der Bundesregierung. Das will ich hier auch gar nicht beschönigen. Wir haben darüber diskutiert, wo die Probleme tatsächlich liegen. Wenn ich Ihnen sage, dass wir inzwischen einen Importanteil von 80 % in der Branche haben und diese Importe insbesondere aus Asien, aus China, kommen, zeigt das, wo eigentlich das Hauptproblem liegt.

(Zuruf von der NPD: Genau!)

Uns ist sehr wohl bekannt, dass auch die Unternehmen in China momentan rote Zahlen schreiben, dass diese aber dort durch entsprechende Mechanismen ausgeglichen werden. Wir haben in einem intensiven Gespräch mit der Fotovoltaikbranche über das Thema Local Content gesprochen. Die entsprechenden Regelungen aus Italien, aus Frankreich sind hier in der Diskussion bereits angesprochen worden.

Wir sind weiter in Kontakt mit den Beteiligten aus der Fotovoltaikbranche, und wir werden uns auch – wenn sich praktikable Lösungen finden lassen – in diesem Zusammenhang bei der Bundesregierung dafür einsetzen, dass wir auch in Deutschland zu solchen Local-ContentRegelungen kommen, weil wir faktisch ein Problem, eine Überkapazität auf dem Weltmarkt haben und eines internationalen – ich sage einmal – Handelskrieges im Bereich der Fotovoltaik, der aus China induziert wird.

Wenn es uns gelänge, marktkonforme, EU-konforme Lösungen zu finden, die dies unterbinden würden, dann – denke ich – wäre den Unternehmen aus der Fotovoltaikbranche mehr geholfen als mit der Diskussion über die Höhe der Absenkung der Einspeisevergütung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Meine Damen und Herren! Die Aussprache ist beendet. Das Schlusswort hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Abg. Lichdi, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Wirtschaftsminister hat lange geredet und wenig gesagt. Es war allerdings eine Botschaft deutlich: Er ist nicht bereit, jetzt in der Frage zugunsten der sächsischen Solararbeitsplätze zu intervenieren. Das ist die Botschaft, die übrig bleibt. Ich hoffe, dass diese Botschaft im Lande bekannt wird. Ich hoffe auch, dass der eine oder andere Redebeitrag – jetzt vielleicht nicht Ihrer, der war durchaus mit ein paar Kenntnissen gefüttert, aber das kann man ja nicht für alle Koalitionsredner sagen – im Lande bekannt wird. Dann hoffe ich, dass hier auch einmal deutlich wird, wer sich für welche Interessen einsetzt und wer nicht.

Ich möchte aber vielleicht zum Schluss noch einmal auf ein Argument eingehen, auch um das etwas zu verklaren, die vielen Worte, die Sie und die Koalitionsredner hier gemacht haben. Die sächsische Solarindustrie und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben sich nie dagegengestellt, dass die Solarvergütung abgesenkt wird. Es war von Anfang an das rot-grüne Konzept von 2000, dass das durchgeführt wird, und es ist wichtig, hier darauf hinzuweisen, dass das als einziges Instrument, das mir in der deutschen Wirtschaftsgeschichte bekannt ist, tatsächlich auch so durchgehalten wurde. Sonst hatten wir nämlich

immer nur Dauerförderungen. Das ist keine Subvention, deswegen rede ich nicht von Subvention.

Jetzt ist die entscheidende Frage: In welchem Umfang muss denn die Degression stattfinden? – Dazu sagen alle Wirtschaftspolitiker: in dem Umfang, wie eine ambitionierte Kostensenkung entlang der gesamten Wertschöpfungskette möglich ist. Dann schauen wir uns an: Wie war denn die Senkung an der Wertschöpfungskette in den letzten Jahren? – Die lag zwischen 10 bis 15 % in den letzten Jahren. Jetzt gehört es einfach zur Wahrheit dazu, Herr Morlok, dass wir sagen: Bisher stand schon im Gesetz: Absenkung um 15 % zum 01.01. dieses Jahres und weitere 15 % zum 01.07. des Jahres 2012, also allein in einem Jahr 30 %. Was Sie jetzt machen, ist eine Absenkung bis zu 58 %.

Dann sage ich: Wie soll ein wirklich technologisches Spitzenunternehmen bei einer Kostensenkungskurve von 10 % auf Knall und Fall eine Absenkung von fast 60 % verdauen? – Das kann kein Unternehmen! Ich halte es für schäbig, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen: Die Unternehmen haben sich falsch aufgestellt, sie haben falsch gewirtschaftet, sie haben in die falsche Technologie investiert. Das ist schäbig! Das ist der staatliche Genickschuss, kann ich fast schon sagen, für eine gesamte Industrie, und das machen Sie, weil Sie die Energiewende nicht wollen. Sie wollen die Energiewende nicht!

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Wir brauchen einen stärkeren Zubau. Und weil genau jetzt die Fotovoltaik am Abheben ist, genau an dem Punkt ist, wo sie wirklich Erfolg hat, genau deswegen –

Bitte zum Schluss kommen.

– kommt jetzt dieser Grätschschritt in die Knie. Nein, meine Damen und Herren, ich glaube diese Debatte war für manche sehr erhellend. Es war wieder eine Debatte, bei der sich der Ministerpräsident gedrückt hat. Aber das sind wir ja mittlerweile gewöhnt. Es war eine Debatte, in der Sie, Herr Morlok, einmal wieder Ihrer Aufgabe nicht gerecht geworden sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/8391 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Vielen Dank. Wer enthält sich? – Bei zahlreichen Stimmen dafür hat der Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden. Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Die Finanzdiktatur verhindern – Nein zum

europäischen Stabilitätsmechanismus ESM

Drucksache 5/8371, Antrag der Fraktion der NPD