Protokoll der Sitzung vom 08.03.2011

die ersten 20 Jahre garantierten Einspeisevergütungen weiter erhalten.

Was heißt das? Nichts anderes, als dass der heutige politische Streit zwar der Solarindustrie schaden kann, jedoch bei der angeblichen Belastung der Verbraucherpreise gerade einmal mit einem Zehntelprozentbetrag ins Gewicht fällt.

Viel sinnvoller wäre es stattdessen, die durch die erneuerbaren Energien an den Strombörsen preissenkenden Effekte endlich an die Privatkunden weiterzugeben sowie die Ausnahmen bei den Nutzungsentgelten und die Befreiungen von der EEG-Umlage für immer weitere Teile der Industrie – dieser Privilegiertenkreis hat sich in den letzten Jahren verzehnfacht – zu überdenken. Dies würde endlich die Endverbraucherpreise für Mittelstand und Privatkunden wirklich senken.

Um einen konkreten Bezug zu Sachsen herzustellen: Weshalb wird beispielsweise der Braunkohlebergbau, der nicht unter internationalem Wettbewerbsdruck steht – so die ursprüngliche Begründung für die Umlagebefreiung –, durch Vergünstigungen subventioniert? Selbst der Staatsregierung dürfte bekannt sein, dass die sächsische Solarwirtschaft mehr Beschäftigungsverhältnisse aufweist als der Braunkohlebergbau. Erklären Sie doch bitte einmal – unter diesem Lichte betrachtet – Ihre Haltung dazu!

Herr Ministerpräsident Tillich, Herr Staatsminister Morlok, tragen Sie dazu bei, dass die derzeitigen Planungen der Herren Rösler und Röttgen verworfen werden! Legen Sie ein besser durchdachtes Konzept vor, über das wir dann reden können! 30 % Kürzung für Solarparks, die doch eine gute Flächeneffizienz aufweisen und bekanntlich Innovationstreiber in der Branche sind, sind zu viel. Tragen Sie dazu bei, dass sich hier bewegt wird! Vergessen Sie bitte nicht, dass man neben der Beachtung der Aspekte Energiesparen und Energieeffizienz die Ausbauziele für erneuerbare Energien anheben muss, wenn man aus der Kernenergie aussteigen will, und nicht andersherum.

Insofern ist den drei Forderungen im vorliegenden Antrag der GRÜNEN zum jetzigen Zeitpunkt zuzustimmen.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Die erste Runde ist absolviert. Gibt es weiteren Redebedarf? – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abg. Lichdi. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde jetzt nicht zum ich weiß nicht wievielten Male die Eigenheiten der Strompreisbildung unter Einfluss der EEG-Umlage und der Förderung der erneuerbaren Energien erklären.

(Andreas Storr, NPD: Das wäre mal notwendig!)

Das ist sinnlos bei Ihnen. Sie hören nicht zu.

(Andreas Storr, NPD: Wir hören doch zu!)

Was man aber sagen kann – für Sie ganz kurz –: Es ist die Wahrheit, dass wir keinen oder nur mangelnden Wettbewerb zwischen den vier Großkonzernen haben, die immer noch 80 % des Stromes fossil-konventionell bereitstellen. Es sind die erneuerbaren Energien, die diesen OligopolMarkt aufbrechen und schon heute massiv zur Strompreissenkung beitragen. Insbesondere die Einspeisung von Sonnenstrom führt in der Mittagszeit – dort liegt die Verbrauchsspitze – zu einer Glättung und dazu, dass der Strompreis insoweit sinkt.

Es ist die schlichte Wahrheit, dass die EEG-Umlage im Jahr 2011 von der Bundesregierung falsch berechnet wurde.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Sie wurde falsch – zu hoch – angesetzt. Im Oktober 2011 ist das nicht, wie versprochen, rückgängig gemacht und als Absenkung der EEG-Umlage an die Verbraucher weitergegeben worden. Vielmehr hat wieder einmal die Klientelpolitik der FDP zugeschlagen. Es wurden nämlich – zulasten der kleinen Stromverbraucher! – die großen Betriebe von der EEG-Umlage befreit, weshalb diese nicht sinken konnte. Sie sorgen seit Jahren dafür, dass die aus Fotovoltaik erzeugte erneuerbare Energie zum Sündenbock für ganz andere Dinge gemacht wird. Es ist bedauerlich, dass Ihnen immer noch viel zu viele Menschen glauben.

Frau Dr. Runge, ich bin schon sehr erstaunt. Bisher glaubte ich, dass wir, die GRÜNEN, und Sie von den LINKEN in dieser Frage an einem Strang ziehen. Die Rede, die Sie heute gehalten haben, hat mich in dieser Überzeugung nachhaltig erschüttert.

(Beifall des Abg. Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU)

Ich muss mich schon sehr wundern. Sie haben anscheinend nicht kapiert, dass es jetzt um den Bestand der sächsischen Solarindustrie geht. Sie sprachen über den Netzausbau und die Markttransparenzstelle – Sie haben recht, dass das alles wichtige Themen sind; darüber haben wir in diesem Haus tausendmal diskutiert –, aber jetzt geht es um etwas anderes!

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Ich erwarte von Ihnen, dass Sie jetzt auch Ihrer Verantwortung gerecht werden und klarmachen, dass Sie hinter den sächsischen Beschäftigten der Solarindustrie stehen. Das haben Sie heute versäumt.

Kommen wir zu Ihren Aussagen: Sie haben gesagt, wegen der Fotovoltaik sei ein teurer Netzausbau nötig. Das pure Gegenteil ist der Fall! Für die Fotovoltaik brauchen wir keinen Netzausbau. Wo fängt Fotovoltaik an? In den urbanen Räumen, in den Ballungsräumen, auf den Dächern – dort wird zugebaut. Wir haben schon ein entsprechend ausgebautes Netz.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Beschäftigen Sie sich damit! Es ist einfach nicht die Wahrheit, was Sie sagen. Sie gehen den interessierten Kreisen der Netzbetreiber auf den Leim.

Meine Damen und Herren! Es geht hier um etwas anderes, nämlich um die Frage: Soll es in Deutschland noch eine Modulindustrie mit vor- und nachgelagerter Wertschöpfungskette geben? Es wurde schon angesprochen – ich glaube, von Kollegen Jurk –, dass die Bundesregierung für das nächste Jahr die Absenkung des jährlichen Zubaus auf 2,5 Gigawatt plant. Hier wird immer behauptet, es werde übertrieben, aber Fakt ist: Die Solarbranche hat sich für einen Zubau um 5 Gigawatt ausgesprochen. Wir haben schon gehört, dass es in den letzten zwei Jahren 7,5 Gigawatt waren. Die Branche selbst ist also bereit, einen vernünftigen Weg einzuschlagen.

Frau Dr. Runge, was bedeutet denn die Reduzierung des Zubaus auf 2,5 Gigawatt? Wir haben in Deutschland Kapazitäten von 4,5 Gigawatt. Das ist ein staatlich verordnetes Schrumpfungsprogramm für die deutsche Solarindustrie und für deutsche – und damit auch für sächsische – Arbeitsplätze!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich kann Sie von den LINKEN wirklich nur auffordern, Ihre Politik an der Stelle zu überdenken.

An dieser Stelle mache ich Schluss; ich habe ja noch das Schlusswort.

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich bin sehr gespannt, was unser Wirtschaftsminister zu dem Problem zu sagen hat. In den letzten drei Minuten werde ich mich ganz Ihnen widmen, Herr Morlok.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Meine Damen und Herren! Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. – Doch. Herr Abg. Von Breitenbuch, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf einige Punkte hinweisen.

Herr Jurk, uns geht es nicht um Sabotage. Es geht darum, dass die Politik viel zu lange einen Zustand hat laufen lassen, der jetzt eingefangen gehört. Die Frage lautet: Wie?

Dass die Anpassungsprozesse äußerst schwierig sind, ist doch allen hier im Saal klar. Wir machen es uns mit diesen Entscheidungen nicht leicht. Sie merken, wie in der Bundesregierung und der Fraktion gerungen wurde, damit ein Kompromiss – es ist ein Kompromiss – dargestellt werden kann. Das Gleiche passiert noch einmal mit den Ländern. Ziel ist es, einen klugen Weg zwischen

Scylla und Charybdis zu finden. Wir müssen schauen, wie möglichst viel von unserer Solarindustrie erhalten werden kann und wie sie die Veränderung bewältigen kann. Gleichzeitig darf der Stromkunde nicht durch eine Wahnsinnsentwicklung – wie bisher – belastet werden.

Ich will deutlich sagen: Es geht bei diesen Verhandlungen um Tage. An jedem Tag, der noch offen ist – vor der Absenkung –, werden Großanlagen projektiert und Spatenstiche vollzogen. Das hat ein ganz anderes Volumen als eine Solaranlage, die auf ein Einfamilienhaus gesetzt wird. Wir reden hier von 50 Millionen Euro Investitionssumme im Solarpark bei Halle mit 28 Megawatt, der jetzt eröffnet wurde. Das ist eine Sache, die das ganze Schiff sehr schnell zum Überborden bringt.

Die deutsche Solarindustrie kann diese Paneele gar nicht so schnell liefern. Das heißt, die Materialien kommen aus China im Container von Rotterdam und werden hier aufgestellt. Fertig. Nur so läuft das.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Sie liegen auf Halde!)

Genau, sie sind im Container dort gelandet und liegen auf Halde. Die Frage ist, ob sie noch aufgebaut werden oder nicht. Jeder Kompromiss bringt das Ganze weiter.

Selbstverständlich, Herr Jurk, der Wirkungsgrad, auf den in der Vergangenheit gar nicht mehr geachtet werden musste, weil es nur noch um den zu erreichenden Stichtag ging, ist wichtig und wir hoffen, dass die Effizienz weiter steigt und unser Know-how im Lande groß genug ist, damit zurechtzukommen.

Ich habe Bedenken, wenn Verschwörungstheorien ins Land gestreut werden. Das hat Frau Dr. Runge – nehmen Sie mir es nicht übel – im Hinblick auf die Spekulanten, die Sie benennen wollten, gemacht und auch Herr Lichdi.

(Unruhe im Saal – Glocke des Präsidenten)

Diese Verschwörungstheorien kennen wir. Das bringt uns nicht weiter. Wir müssen sehen, wie wir nach vorn kommen und diese Probleme sachlich lösen können.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Sven Morlok)

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das kann ich nicht sehen. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Herr Staatsminister Morlok, bitte.