Protokoll der Sitzung vom 08.03.2011

Die Redezeit geht zu Ende.

Ohne höheres Qualifikationsniveau haben wir in Sachsen bald einen Fachkräftemangel und eine Unterbeschäftigung.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Das war für die Fraktion GRÜNE der Abg. Weichert. – Jetzt spricht für die NPDFraktion Herr Storr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung in Sachsen – Ausbau Ost wirkt“. Wieder einmal wird eine Aktuelle Stunde der Regierungsfraktionen dazu benutzt, im Grunde genommen einseitig Erfolge herauszustellen, ohne auch die Schattenseiten, die in den letzten 22 Jahren auch hier

in Sachsen zu verzeichnen sind, klar beim Namen zu nennen. Ich will mich also nicht auf die Erfolge, die es unbestreitbar gibt, beschränken, sondern auch die negativen Dinge herausstellen.

Ein Aspekt, der immer wieder unausgesprochen bleibt, wenn man sich vermeintlicher Erfolge rühmt, ist, dass die wirtschaftliche Lage in Sachsen allein deshalb besser ist, weil 1990 hier ein industrielles Erbe übernommen worden ist, wie es das in anderen neuen Bundesländern in dieser Form nicht gab. Insofern ist die heutige wirtschaftliche Lage Sachsens nicht nur ein Ergebnis der Regierungspolitik der CDU und ihrer Koalitionäre, sondern eben auch Ergebnis eines industriellen Erbes.

Man muss auch sagen, dass nach 1990 trotz dieses industriellen Erbes in Sachsen eine Deindustrialisierung ohnegleichen stattgefunden hat. Über diesen Substanzverlust müsste man eigentlich auch einmal sprechen, denn die Deindustrialisierung auch hier in Sachsen, die zwar keine vollständige, aber eine nachhaltige war, hat auch dazu geführt, dass wir bis heute mit einer Abwanderung zu kämpfen haben. Die Abwanderung kam deshalb zustande, weil Arbeitsplätze, die hier verloren gegangen sind, im Westen neu entstanden sind und viele Sachsen einfach den Arbeitsplätzen hinterherwandern mussten und im Westen die Arbeitsplätze gefunden haben, die hier verloren gegangen sind.

Eines muss man auch sagen: 1989 war die Wirtschaft der alten Bundesrepublik durchaus auch in einer Krise, und die Wiedervereinigung war nicht nur mit einem Aufbau Ost verbunden, sondern sie war vor allem ein riesiges Wirtschafts- und Konjunkturprogramm für den Westen der Republik, von dem die westlichen Bundesländer heute noch profitieren. Insofern ist es falsch, wenn wir uns selbst immer als Transferempfänger darstellen und die positiven Wirkungen, die auch im Westen da sind, einfach verschweigen. Wenn wir heute zwar unbestrittenerweise die schönen Städte, das bessere Straßennetz hier sehen und als Erfolg verkaufen, dürfen wir vor den Entwicklungen, die gegenwärtig ablaufen bzw. in der Zukunft stattfinden, nicht die Augen verschließen.

Hier werden zum Beispiel oft die Mikroelektronik und die Fotovoltaik als positive Beispiele für die wirtschaftliche Entwicklung angeführt. Aber ich sage, heute ist doch wieder sichtbar, dass genau diese positiven Entwicklungen gefährdet sind, und zwar nicht nur dadurch, dass die Förderung der Fotovoltaik gekürzt wird, sondern ganz einfach deshalb, weil diese Produkte, die in Sachsen hergestellt werden, zunehmend auch in China oder in anderen ostasiatischen Staaten hergestellt werden, und zwar viel preiswerter, sodass wir – dessen bin ich mir ziemlich sicher – in den nächsten zwei Jahren erleben werden, wie die Fotovoltaikindustrie hier in Sachsen einen Niedergang ohnegleichen erleben wird, nicht nur wegen der gestrichenen Förderung, sondern vor allem auch deshalb, weil es eine ostasiatische Billigkonkurrenz gibt. Die Förderung, die hier in Deutschland gezahlt wird,

fließt letztlich auch an diese ostasiatischen Hersteller, und über diese Dinge müssen wir einfach reden.

Wir müssen nach wie vor auch feststellen – es ist interessant, dass ich dazu heute gar nichts gehört habe –, dass wir uns derzeit auch in einer Schuldenkrise ohne ein absehbares Ende befinden. Wenn man über die Schulden spricht, muss man auch über die Exportwirtschaft sprechen; denn Verschuldung und Export, auch die Exportüberschüsse der Bundesrepublik Deutschland, stehen in einem ursächlichen Verhältnis zueinander. Wenn es nicht über Jahrzehnte Staaten wie Griechenland gegeben hätte, die exorbitante Schulden anhäufen, um damit nicht nur, aber auch die Exporte, die aus Deutschland nach Griechenland stattgefunden haben, zu bezahlen, dann wären wir heute gar nicht der Exportweltmeister, als den wir uns immer selbst feiern. Die große Gefahr ist ja auch, dass dann, wenn dieses Schuldenmachen nicht mehr weiter fortgeführt werden kann, natürlich auch die finanzielle Grundlage für die Exporte entzogen ist, die wir heute noch in viele europäische Länder machen. Es stellt sich die Frage, ob dann nicht auch bei uns wieder die Lichter ausgehen und ob wir dann nicht mehr eine positive wirtschaftliche Entwicklung haben, wie sie sich heute darstellt.

Ihre Redezeit geht zu Ende.

Darüber müsste man eigentlich reden. Man müsste sich mit den Problemen der Zukunft und nicht mit den Erfolgen der Vergangenheit beschäftigen.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Für die Fraktion NPD sprach der Abg. Storr. – Wir sind jetzt am Ende der ersten Rednerrunde und treten in eine zweite Runde ein. Die Staatsregierung ergreift in dieser Runde nicht das Wort. Das Wort hat erneut die einbringende Fraktion der CDU. Es spricht Herr Kollege Krauß.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wirtschaftspolitik ist kein Selbstzweck, sondern sie dient dazu, dass Menschen in Arbeit kommen, dass sie sich selbst entfalten können.

(Beifall des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Herr Jurk stimmt zu, das freut mich. – Deswegen möchte ich auf den Arbeitsmarkt näher eingehen.

Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote seit 20 Jahren. Wir haben derzeit 236 000 Arbeitslose – immer noch zu viele, keine Frage. Aber wenn wir einmal zurückschauen, dann stellen wir fest, dass wir 2005 über 400 000 Arbeitslose bei uns im Freistaat Sachsen hatten.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Wie viele sind in den Westen gegangen?)

Wir haben mittlerweile das erste westdeutsche Bundesland überholt. Wir sind besser als Bremen. Wir sind auf einem ganz guten Weg, dass die Arbeitslosenquote weiter sinkt.

Nun gibt es zwar den Vorwurf, dass man sagt: Also Leute, die schummeln doch bei der Statistik. Die haben doch irgendetwas gedreht. Deswegen ist die Arbeitslosenquote so niedrig. – Also schauen wir uns einmal an, wie es bei den Arbeitsplätzen, die geschaffen worden sind, aussieht. Wie viele sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse sind hinzugekommen? Wenn wir das für den Freistaat Sachsen anschauen, stellen wir fest, dass im letzten Jahr 30 000 neue Arbeitsplätze bei uns im Freistaat Sachsen entstanden sind. Über 80 pro Tag mehr;

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Wie viel Prozent?)

die meisten Vollzeit.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Was?)

Und dann schauen wir uns einmal deutschlandweit an, was in der letzten Zeit passiert ist; da haben wir die gleiche Regierungskonstellation wie bei uns auf Landesebene: 2010 sind täglich in Deutschland 1 100 neue Arbeitsplätze entstanden, 2010 täglich 1 100 neue Arbeitsplätze! 2011, im vergangenen Jahr, täglich rund 1 500 neue Arbeitsplätze in Deutschland.

(Zuruf von der NPD: Zu welchen Lohnverhältnissen?)

Dann erlauben Sie mir, dass wir auch einmal zurückblicken, wie es war, als Rot-Grün regiert hat. Dort sind jeden Tag 2 000 Arbeitsplätze verloren gegangen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir haben mittlerweile nur eine halb so hohe Arbeitslosenquote wie in Europa. Deutschland ist der Musterschüler in der Europäischen Union. Ich kann Ihnen sagen: Wenn Sie unter Rot-Grün die gleiche wirtschaftliche Entwicklung gehabt hätten, wie wir sie jetzt unter Schwarz-Gelb haben, dann hätten Sie bis ins letzte Dorf ein Denkmal für Gerhard Schröder aufgestellt. Dessen bin ich mir relativ sicher.

(Beifall und Lachen bei der CDU und der FDP – Zuruf von den GRÜNEN: Niemals!)

Jetzt gehen wir doch einmal auf die einzelnen Redebeiträge ein. Ich habe mich gefreut, dass DIE LINKE gezwungenermaßen – man hat es gemerkt – nicht drum herumkam, auch zu loben, dass die wirtschaftliche Entwicklung nun einmal positiv ist und dass wir die üblichen Kassandrarufe am Anfang zumindest nicht gehört haben.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Dazu hat Morlok aber nichts beigetragen!)

Und dann schauen wir uns aber bitte einmal die Energiepolitik an. Sie beklagen, dass die Energiepreise steigen, was auch stimmt und in der Tat eine Herausforderung für die Wirtschaft ist.

(Zuruf von den LINKEN: Wir sorgen für gute Stimmung!)

Wir haben in Sachsen eine heimische Energiequelle, die wir sehr stark nutzen – das ist die Braunkohle –, wo die Entstehungspreise pro Kilowattstunde bei ungefähr 2 oder 3 Cent liegen, in der Größenordnung etwa, eher bei 2 als bei 3 Cent. Dann sagen Sie uns aber, die Solarenergie müsse weiter ausgebaut sein. Da reden wir dann darüber, dass das über 20 Cent pro Kilowattstunde sind, zum Teil bis an 30 Cent je Kilowattstunde heran, also deutlich teurer. Da kann ich nur sagen: Wenn Sie die erneuerbaren Energien weiter ausbauen wollen, dann müssen Sie den Leuten gleichzeitig sagen, dass es teurer wird. Das ist der Umkehrschluss, den es bedeutet. Da können Sie von der LINKEN sich dann bitte schön nicht über steigende Energiepreise beschweren. Das passt nicht zusammen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie beklagen die Investitionsunsicherheit für Energieunternehmen – auch das ist richtig festgestellt. Nur: Was macht denn DIE LINKE? Es gibt ein Nachbarbundesland – Sachsen-Anhalt –, das über ein Bergbauunternehmen mit uns verbunden ist, die in Profen ein neues Kraftwerk bauen wollen. Die sind natürlich auf Planungssicherheit angewiesen, weil ein Kraftwerk eben nicht nur zehn Jahre, sondern 40 Jahre läuft. Wenn Sie von der LINKEN sagen „2040 muss Schluss sein für die Braunkohle“, dann ist doch klar, dass keine Investitionssicherheit für dieses Kraftwerk besteht.

(Zuruf von den LINKEN: Doch!)

Wir müssen denen Zusagen geben, dass es sinnvoll ist, dort zu investieren, und dass die Braunkohle eine Zukunft hat. Sie können sich übrigens am Wirtschaftsminister von Brandenburg, Herr Christoffers, ein Beispiel nehmen, der auch die Nutzung der Braunkohle unterstützt und übrigens eine gleich verbohrte Linkspartei bei sich im Land hat. Aber zumindest als Wirtschaftsminister hält er dort die Fahne hoch und bekennt sich zur Braunkohle.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

(Zuruf von der SPD: Hui!)

Frau Kollegin Köpping hat richtigerweise festgestellt, dass die Arbeitslosenquote in Thüringen ein klein wenig niedriger ist als bei uns in Sachsen. Ich empfehle mal zu schauen, an welchen Landesgrenzen Thüringen liegt: Hessen, Bayern – Bayern ist schon ein Bundesland, in dem es Vollbeschäftigung gibt, da ist die Arbeitslosenquote relativ niedrig. Mich würde es freuen, wenn Sie als Vorbild auch einmal SPD-geführte Länder bringen würden oder den Vergleich dazu. Sie bringen immer nur CDU-geführte Länder wie Thüringen,

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

worüber wir uns freuen.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Ja, Sie sind leider noch nicht so lange in der Regierung, dass Sie dort irgendetwas wirtschaftspolitisch bewegen können. Aber schauen Sie sich das einmal an, dann werden Sie feststellen: Überall dort, wo die Union regiert, wo bürgerliche Parteien regieren, ist die Arbeitslosenquote deutlich niedriger als in den Ländern, in denen RotGrün regiert.

Vielen Dank.