Protokoll der Sitzung vom 08.03.2011

Gleich. – Ich hoffe, dass auch endlich einmal die sächsische Justiz in Dresden – ich muss es leider sagen – aufhört, diese Verfahren zu verschleppen, sondern endlich einmal ansetzt – –

Herr Lichdi, möchten Sie eine Zwischenfrage zulassen? – Ja oder Nein?

Ich lasse die Frage gleich zu, wenn ich den Satz beendet habe, Herr Präsident. – Okay. Herr Nolle, bitte.

Herr Lichdi, jetzt haben Sie noch die Kurve bekommen.

Mitten im Satz ist unglücklich.

Sie lassen die Zwischenfrage zu?

Jetzt hat Herr Nolle die Möglichkeit, seine Zwischenfrage zu stellen.

Herr Kollege Lichdi, der Beschluss des Amtsgerichtes zur Funkzellenüberwachung, konkret drei Beschlüsse, die sich auf die Funkzellenüberwachung am 18. und 19. Februar beziehen, wurde am 25. Februar, also sechs Tage nach dem 19. Februar, auf den Weg gebracht, vom Richter unterschrieben. Können Sie mir bitte sagen, auf welche konkreten Straftatbestände vom 18. oder 19. Februar sich die drei Beschlüsse, die im Wortlaut identisch sind, beziehen? Auf Straftatbestände, die am 18., 19. Februar begangen wurden – und da gab es erhebliche, die man hätte aufführen können – oder auf ein Ermittlungsverfahren aus dem August 2010?

Herr Nolle, mir sind die Beschlüsse nur auszugsweise bzw. nur einzelne davon bekannt. Ich weiß nicht, ob es sich dabei um alle Beschlüsse handelt. Was mir bekannt ist – auch aus dem Bericht des Datenschutzbeauftragten –, ist, dass es einmal die Antragstellung des Landeskriminalamtes wegen Verfolgung der Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 gibt und zum anderen wegen schwerem Landfriedensbruch nach § 125 a. Es ist mir auch bekannt, dass diese Beschlüsse wiederum an Beschlüsse anknüpfen, die schon vorher erfolgt sind, eben zur Verfolgung dieser angeblichen kriminellen Vereinigung. Diese Beschlüsse reichen nach meiner Kenntnis bis in den April 2010 zurück.

Herr Lichdi, lassen Sie noch eine Nachfrage zu?

Die drei Beschlüsse des Gerichts vom 25.02. sind auf meiner Homepage im Wortlaut nachzulesen, –

(Zuruf von der CDU: Eh!)

weil es wichtig ist, dass man zur Kenntnis nimmt, wie der tatsächliche Wortlaut für diese Funkzellenüberwachung gelautet hat. Im tatsächlichen Wortlaut der drei Beschlüsse kommt nur das Verfahren vom August 2010 wegen Schlägerei zwischen vermeintlichen linken – –

Herr Nolle, Sie möchten Ihre Frage stellen.

Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass diese drei Beschlüsse den Bezug haben?

Sehr geehrter Herr Nolle. Das habe ich leider bisher noch nicht zur Kenntnis genommen, aber ich bin gern bereit, es zur Kenntnis zu nehmen und werde Ihre Homepage konsultieren.

(Karl Nolle, SPD: Dann schauen Sie darauf!)

Meine Damen und Herren! Der Kollege Modschiedler, der in diese Debatte eingeführt hat, hat so getan, als ob es eigentlich schon überfällig wäre, dass diese Debatte beendet ist. Diese Debatte ist mitnichten beendet. Das wünschen Sie sich. Sie wollten diese Debatte von Anfang an nicht und Sie tun jetzt so, als ob sie beendet wäre. Diese Debatte ist erst dann beendet, wenn Gerichte – vielleicht nicht sächsische Gerichte, aber irgendwann werden wir in Deutschland noch ein Gericht finden – die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen werden festgestellt haben und vor allem, wenn Sie auch bereit sind, in der Praxis der Polizei und der Staatsanwaltschaft, Herr Staatsminister Dr. Martens, tatsächlich etwas zu ändern.

Herr Ulbig, der jetzt der Debatte nicht folgt, hat eine Handreichung vorgelegt, die noch nicht einmal den Standards des von Ihnen hochgepriesenen Gesetzentwurfes – Novellierung der StPO – entspricht. Herr Staatsminister Dr. Martens weigert sich, seine eigenen, im Bundesrat vorgelegten Standards für seine Staatsanwaltschaft verbindlich zu machen. Er sagt: Das interessiert mich nicht. Den Herrn Generalstaatsanwalt kümmert das auch nicht.

Nein, meine Damen und Herren, so können Sie glaubwürdig diesen Skandal sächsischer Demokratiegeschichte nicht bewältigen. Ich kann Ihnen versprechen: Wir als demokratische Opposition werden dran bleiben, und wir werden das vollständig aufklären.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Wir fahren fort in der ersten Runde der allgemeinen Aussprache. Herr Storr spricht für die NPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, die NPD hat den Bericht des Sächsischen Datenschutzbeauftragten und die Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses zur Kenntnis genommen.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Und nicht verstanden!)

Wesentliche Veränderungen zu der bereits im letzten Jahr geführten Debatte, als die linken Fraktionen versuchten, aus dem damaligen Sonderbericht des Datenschutzbeauftragten medienwirksam eilbedürftige Rechts- und Datenschutzforderungen heraus zu interpretieren, sind eigentlich nicht hinzugekommen. Das, was ich damals in diesem Hohen Hause als Standpunkt meiner Fraktion, der NPD, vorgetragen habe, hat gleichfalls in allen wesentlichen Teilen einer genauen Überprüfung standhalten können.

Aber immer dann, wenn die linke Opposition einen Schaufensterantrag stellt oder Klientelismus betreibt, dürfen, ja dann sollen auch wir etwas dazu sagen. Wenn man sich die Aktenordner ansieht, die mit Kleinen Anfra

gen, zahllosen Anträgen, den Meldungen, Berichten und Analysen der nicht weniger beeindruckend aufmunitionierten linken Presse und so weiter prall angefüllt sind, wird man Ihnen neidlos zugestehen müssen, dass Sie es verstanden haben, das nachvollziehbare Ansinnen von Polizei und Staatsanwaltschaft und das Grundrecht der Versammlungsfreiheit in einem ohrenbetäubenden Gefecht verbundener Waffen so unterlaufen zu haben, dass für einen nicht eingeweihten Durchschnittsbürger der Eindruck entstehen muss, nicht die widerwärtigen, vermummten Gewalttäter der Antifa seien eine Bedrohung für die bürgerliche Ordnung hier im Freistaat Sachsen, sondern Polizei, Staatsanwaltschaft und volkstreue Deutsche, die friedlich der Opfer des alliierten Bombenterrors gedenken wollten.

Ich bin nun der Letzte, der sich hier als legislativer Schutzpatron der Exekutive und der Judikative aufspielen möchte. Davon halten mich schon eigene Erfahrungen mit politisch missbrauchten, aber auch mit grundlos missgünstigen Polizeibeamten ab. Aber ich sage es trotzdem noch einmal in aller Deutlichkeit: Wann soll denn eine präventive Funkzellenabfrage erforderlich sein, wenn nicht am 19. Februar 2011, als sich bereits im Vorfeld deutlich abzeichnete, dass hier massive Gewalt ausgeübt werden würde. Das aber, was dann tatsächlich an linksextremistischer Zusammenrottung und linkem parlamentarischem Politmob auflief, das Ausmaß der Zerstörung und der Gewalt gegen Andersdenkende und vor allem gegen die Polizeibeamten zwischen den Fronten, das war einmalig hier in Sachsen, obwohl man auch in den Jahren zuvor schon einiges von Ihrer Seite gewohnt war.

Meine Damen und Herren! Es bleibt dabei: Trotz der nachvollziehbaren rechtlichen Einwände durch den Sächsischen Datenschutzbeauftragten vertritt die NPD immer noch die feste Überzeugung, dass die Kenntlichmachung und das juristische Zur-Verantwortung-Ziehen dieser geballten Ansammlung von schweren Landfriedensbrechern und sonstigen Kriminellen Vorrang haben muss vor Datenschutzbelangen. Dies gilt umso mehr, als ich weder Polizei noch Staatsanwaltschaft unterstelle, dass sie sich aus Jux und Tollerei der Durchsicht von Hunderttausenden von Daten unterzogen haben oder diese missbräuchlich verwenden wollen.

Wir glauben, dass die nachträgliche Benachrichtigung der durch die technische Besonderheit der Funkzellenabfrage unschuldig ins Raster geratenen Betroffenen und die sofortige überprüfbare Löschung von deren Daten ausreichend sind. Wer sich hier hinter juristischen Spitzfindigkeiten versteckt oder verstecken muss, hat den Ernst der Lage nicht erkannt, oder er ist durch das mediale Trommelfeuer so eingeschüchtert worden, dass er sich nicht mehr traut, das Notwendige und das Gebotene zu vertreten.

Der umstrittene Innenminister Markus Ulbig und die bedauernswerte CDU sind solche Kandidaten. Anstatt offensiv mit dem erforderlichen Nachdruck das eigene Handeln zu rechtfertigen und damit insbesondere die

ihnen anvertrauten Beamten in Schutz zu nehmen, hat man beispielsweise den Dresdner Polizeipräsidenten wegen einer Lappalie medienwirksam geschlachtet.

Noch peinlicher ist der Kotau vor den konzentrierten linken Kräften, indem die Staatsregierung einen Gesetzesantrag Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der nichtindividualisierten Verkehrsdatenerhebung auf den Weg gebracht hat – ein Gesetzesantrag, der nichts anderes als ein schamhaftes, aber unbegründetes Schuldeingeständnis darstellt und die weitere Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft beeinträchtigen soll und wird.

Meine Damen und Herren, noch einmal in aller gebotenen Kürze: Die NPD schätzt die Person und Funktion des Datenschutzbeauftragten hier in Sachsen. Höher als die informelle Selbstbestimmung des Einzelnen, die noch nicht einmal durch die gespeicherten, aber nicht ausgewerteten Funkzellendaten verletzt worden ist, stehen für uns allerdings das Grundrecht für alle Deutschen, sich friedlich zu versammeln, und das Recht auf Leib und Leben der Polizeibeamten.

(Beifall bei der NPD)

Wir nehmen also den Bericht zur Kenntnis, sehen aber die gröberen Grundrechtsverstöße außerhalb des Berichtsgegenstandes des Datenschutzbeauftragten. Dass die vereinte Linke im Sächsischen Landtag einschließlich der Staatsregierung die Außerkraftsetzung der Versammlungsfreiheit bis zum heutigen Tag nicht thematisiert hat, zeigt nur zu deutlich, dass dieses Grundrecht nur für den gelten soll, der die vermeintlich richtige, das heißt linke Gesinnung hat. Die Außerkraftsetzung gesetzlicher Normen zugunsten einer angeblich legitimen Gesinnung, die damit über dem Recht steht, bedeutet die Außerkraftsetzung des Rechtsstaates.

Aus welchem Geist sich diese Haltung speist, kann man sehr leicht dadurch kenntlich machen, dass man den Namen der rechtswidrigen Demo-Blockierer, „Dresden Nazifrei!“, durch die Abwandlung „Dresden Judenfrei!“ ersetzt.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Herr Storr, hier gilt das Gleiche wie das, was ich Herrn Schimmer schon auf den Weg gegeben habe: Wir werden anhand des Protokolls prüfen, ob Ihre Aussagen angemessen sind. Entsprechend werde ich dann nach der Prüfung als amtierender Präsident entsprechend der Geschäftsordnung handeln.

(Zuruf des Abg. Andreas Storr, NPD)

Darauf können Sie sich verlassen, Herr Storr.

Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Die Fraktionen CDU, SPD, FDP und NPD haben noch Redezeit. Ich frage: Möchte ein Abgeordneter in der zweiten Runde das Wort ergreifen? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister

Dr. Martens, Sie möchten sprechen. Dazu haben Sie jetzt Gelegenheit.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt heute Abend hier sicherlich genügend Möglichkeiten, um sich über die politischen Bewertungen der verschiedenen Maßnahmen von Polizei und Staatsanwaltschaft im Umfeld des 18. und 19. Februar 2011 auseinanderzusetzen. Diese Auseinandersetzung ist ja hier auch in Teilen geführt worden, auch wenn heute wieder festzustellen war, dass die notwendige Differenzierung in vielen Bereichen gerade seitens der Opposition nicht vorgenommen wird, und das macht eine sachliche Auseinandersetzung mit den Fragen, die der Datenschutzbeauftragte angesprochen hat, nicht leichter.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Für die Staatsregierung möchte ich gleichwohl ebenfalls dem Datenschutzbeauftragten meinen Dank für den Bericht vom 6. September 2011 zum Thema der Funkzellenabfragen in Dresden aussprechen. Wie in der Vergangenheit bereits wiederholt ausgeführt, hat die Staatsregierung diesen Bericht nicht einfach nur zur Kenntnis genommen, sondern sie hat auch im Hinblick auf das Ergebnis dieses Berichtes gehandelt. Meine Damen und Herren, wenn die Opposition versucht, einen anderen Eindruck zu erwecken, dann ist das schlicht unrichtig.