Protokoll der Sitzung vom 03.04.2012

Das ehrt Sie. Es gibt auch einige wackere Genossen, die für die Deutsche Einheit gekämpft haben, genauso, wie es schon manches CSU-Bürgermeisterchen gab, das ebenfalls mit dem Soli gehadert hat. Aber was mich irritiert – das muss ich auch sagen –, ist die lange Kette des WestSPD-Störfeuers gegen die Deutsche Einheit, das es gab.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Antje Hermenau, GRÜNE: Er ist inzwischen bei der LINKEN!)

Ich erinnere mich an 1987, an das SPD-SED-Papier. Das war damals für mich glatter Verrat. Ich erinnere mich an Schröder/Lafontaine, die der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion nicht zustimmten. Hannelore Kraft ist jetzt nur die Fortsetzung davon. Hier ist meine Bitte: Werben Sie einmal innerhalb der West-SPD mehr für den Osten!

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dazu muss ich sagen: Hier ist die CDU schon mehr die Partei der Deutschen Einheit.

(Jürgen Gansel, NPD: Total!)

Das ist für mich ein Grund mehr, stolz zu sein, CDUMitglied zu sein.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir uns dem Thema einmal inhaltlich noch näher widmen: Die Länder insgesamt haben sieben Umsatzsteuerpunkte bekommen, um die Westländer sozusagen von den Folgen der Einbeziehung der Ostländer in den Länderfinanzausgleich zu entlasten. Das waren allein für NRW im Jahr 2011 2,5 Milliarden Euro.

Wir haben, meine Damen und Herren, im September 2011 über den Fortschrittsbericht gesprochen. Wir sagten noch, wie richtig und wichtig es ist, die Transfermittel richtig zu verwenden, weil es sonst Munition gegen die Transferleistungen liefert. Ich kann nur immer wieder dafür werben: Wir müssen die Mittel richtig verwenden. Unsere Verwendungsquote von 137 % ist richtig.

Aber eines will ich auch noch sagen: Wenn die Transfermittel wegfallen, wenn der Solidarpakt wegfällt, wird es natürlich noch viel akuter. Dann stellt sich nicht die Frage, ob wir gute oder schlechte Kredite haben, wie es Frau Stange heute in der Zeitung titelt, sondern dann steht nur die Frage: Zinsen und Tilgung.

Im zweiten Teil werde ich einmal einen Vergleich zur Kommunalfinanzierung zwischen NRW und Sachsen machen. Dann werden wir sehen, dass wir in Sachsen gut dastehen und dass unser FAG nach wie vor vorbildlich ist.

(Thomas Jurk, SPD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wenn das noch möglich ist, gern.

Wenn Sie noch einen Satz anhängen, ist das möglich.

Danke, sonst hätte ich das noch erwähnt, Frau Vizepräsidentin. – Ich habe jetzt intensiv zugehört. Herr Michel, Sie haben in der Zeit der Regierungsbeteiligung der SPD hier in Sachsen im Finanzministerium gearbeitet. Würden Sie mir nicht recht geben, dass wir in der Zeit der Regierungsbeteiligung der SPD in Sachsen die Solidarpaktmittel entsprechend den Anforderungen verwendet haben?

Ja, unbestritten. Aber ich habe auch nichts Gegenteiliges behauptet. Ich habe mich nur gewundert, dass die Solidarpaktmittel von Ihren westdeutschen Genossen –

(Thomas Jurk, SPD: Es gibt auch CDU-Bürgermeister!)

so ungern in die Länder mit dem Nachholbedarf transferiert werden.

(Johannes Lichdi, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Frau Präsidentin, jetzt möchte ich gern meinen Satz noch anhängen.

Bevor Sie den Satz anhängen, möchten Sie noch eine Zwischenfrage zulassen?

Bitte schön, Herr Lichdi.

Vielen Dank, Herr Kollege Michel. Täusche ich mich in meiner Erinnerung,

(Zuruf von der CDU-Fraktion: Ja!)

dass sich während des Wahlkampfes in BadenWürttemberg – im März 2011 waren dort die Landtagswahlen – etliche Bürgermeister der CDU auch gegen den Solidarpakt gewendet, sich beschwert und damit auch Wahlkampf gegen den Osten gemacht haben? Erinnern Sie sich daran? – Dann frage ich Sie: Wie haben Sie damals als CDU Sachsen Ihren Parteifreundinnen und -freunden in Baden-Württemberg gesagt, dass Sie das nicht gutheißen?

(André Hahn, DIE LINKE: Genau so!)

Ganz einfach, Herr Lichdi. Mir persönlich ist kein CDU-Bürgermeister bekannt, –

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Sie kennen keine CDU-Bürgermeister?)

der das kritisiert hat. Aber ich habe auch gesagt, es ist sicherlich möglich, dass schon einmal ein Unionsbürgermeisterchen das kritisiert hat. Ich sehe nur einen wesentlichen Unterschied, ob es in einer konzertierten Aktion SPD-Oberbürgermeister sind oder ob eine Ministerpräsidentin den Solidarpakt in dieser Art und Weise für mich diffamiert. Es ist schon ein Unterschied, ob das ein Kommunalpolitiker macht.

Ich möchte als Nachsatz noch anfügen: Herr Lichdi, Sie werden sehen, das geschieht nur zur Ablenkung von einer schlechten Kommunalpolitik, die momentan in NRW herrscht. Wir können sehen, dass wir die Solidarpaktmittel solide verwenden und in Sachsen eine ordentliche Kommunalfinanzierung haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Johannes Lichdi, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Herr Lichdi, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich muss jetzt von dem Mittel der Kurzintervention Gebrauch machen, da Kollege Michel seine Rede beenden wollte. Ich hätte ihn gern gefragt, aber ich mache das jetzt als Statement. Ich würde es eigentlich für sinnreich halten, wenn wir über die Parteigrenzen hinweg verteidigen würden, dass wir diese zugesagten Mittel brauchen und dass wir hier keine billigen parteipolitischen Spielchen machen, zumal es hier um die sächsische Landespolitik und nicht um den NRW-Wahlkampf geht. Von daher habe ich den Redebeitrag des Kollegen Michel nicht nachvollziehen können.

Vielen Dank.

Herr Michel, möchten Sie darauf antworten?

(André Hahn, DIE LINKE: Man muss nicht antworten. Man kann das auch stehen lassen.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe versucht, hier sogar meinen Respekt für Herrn Dulig auszudrücken, der versucht hat, den Angriff seiner Mitgenossen abzuwehren. Gleichwohl wäre es für die Finanzierung und die Einnahmen im Freistaat eine große Gefahr, wenn die Solidarpaktmittel anders als vereinbart vorzeitig beendet werden würden. Denn Fakt ist auch: Wir haben einen großen Nachholbedarf, und wir brauchen die Mittel bis 2019, um diesen Abstand, den die deutsche Teilung herbeigeführt hat, noch aufholen zu können.

Wir setzen in der Rednerreihenfolge fort. Ich rufe die FDP-Fraktion auf. Herr Abg. Zastrow, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube in der Tat, dass wir

die Debatte, die von Nordrhein-Westfalen zu uns herübergeschwappt ist, nicht allzu ernst nehmen sollten und müssen. Das ist nun einmal Wahlkampf. Das muss man so sehen.

(Zuruf des Abg. Martin Dulig, SPD)

In Nordrhein-Westfalen geht es um alles.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, DIE LINKE)

Das heißt ja nicht, dass wir nicht darüber reden. Lieber Kollege Hahn, Sie wissen doch, dass wir das trotzdem nutzen wollen. Es waren vier SPD-Oberbürgermeister, die in ihrer Wortwahl etwas derber geworden sind. Darauf muss man sich – gerade wenn man Ossi ist – auch beziehen. Man muss sich wehren. Das ist richtig, auch wenn es Wahlkampf ist.

Ich will nur eines sagen: Die gesamte Frage der Transferleistungen Ost – West ist sehr sensibel. Wir brauchen Solidarität, gerade als im Moment noch Schwächere im Osten. Ich denke, wir sind uns darin einig, dass es niemandem hilft – weder uns noch der Situation im Westen –, wenn wir eine solche Neiddebatte hochziehen. Ich halte das für falsch. Das sollten wir nicht tun. Wir sollten auch alle in unseren jeweiligen Bundesparteien dafür sorgen, dass das möglichst nicht wieder vorkommt, zumal – das müssen wir zur Kenntnis nehmen – diese Debatte sehr von den eigentlichen Gegebenheiten ablenkt. Es ist so.

Wir haben dankenswerterweise sehr, sehr viel Geld aus dem Westen bekommen und bekommen es – wie es vereinbart ist – bis zum Jahre 2019 weiter. Wir müssen uns darauf einstellen, dass es immer weniger wird. Es werden pro Jahr 200 Millionen Euro weniger. Dass das für viele schwierig nachvollziehbar ist, die zum Beispiel im Ruhrgebiet leben, kann ich verstehen. Trotzdem muss man die Fakten zur Kenntnis nehmen, wie es Jens Michel hier vorn schon sagte. Wir erhalten das Geld, um die teilungsbedingten Nachteile in den Griff zu bekommen. Wir bekommen es, weil unsere Steuerkraft immer noch viel, viel geringer ist als selbst in den schlechtesten westdeutschen Großstädten. Wenn man die schlechtesten westdeutschen Städte mit den besten ostdeutschen vergleicht, ist die Steuerkraft immer noch sehr niedrig.