Protokoll der Sitzung vom 04.04.2012

Herr von Breitenbuch, es gibt schon wieder den Begehr einer Zwischenfrage. Lassen Sie sie zu?

Bitte, Herr Lichdi.

Vielen Dank, Herr Kollege von Breitenbuch. Darf ich Ihrer Antwort entnehmen, dass Ihnen bekannt ist, dass sich der Herr Ministerpräsident für eine Local-Content-Regelung eingesetzt hat, Sie jetzt aber als energiepolitischer Sprecher der CDU-Fraktion nicht, sodass es in dieser Frage einen Dissens zwischen der CDU-Fraktion und dem Herrn Ministerpräsidenten gibt?

Was ich gesagt habe, habe ich gesagt.

(Allgemeine Heiterkeit und Beifall)

Herr von Breitenbuch, gestatten Sie noch eine Nachfrage?

Ich glaube, dass ich mich klar genug ausgedrückt habe. Ich verzichte auf die Nachfrage.

(Allgemeine Heiterkeit und Beifall)

Wir haben die Probleme von Netzen, Speichern, der Grundlast und neuer fossiler Kraftwerke nicht gelöst und bauen munter weiter. Das ist volkswirtschaftlicher Unfug, meine Damen und Herren. Das Tempo des Zubaus ist zu hoch, einseitig und damit zu teuer.

Zu drittens. Keine Ermächtigungen für die Bundesregierung, von sich aus nachzusteuern. Dieser Punkt ist nach den Verhandlungen mit Bundestagsfraktionen und den Bundesländern im Sinne ihres Antrages erfüllt. Sie alle dürfen dann bei der Kürzung mitreden. Ob die Möglichkeit, zeitnah nachzusteuern, nicht auch sinnhaft gewesen ist, ist in der Abwehrschlacht für die Solarindustrie untergegangen.

In Ergänzung der von den LINKEN angesprochenen Punkte möchte ich noch kurz weitere Punkte aus der Debatte „Aktuellere Dinge des Berliner Solarkompromisses“ ansprechen, weil sie zum heutigen Gedankenaustausch passen.

Erstens, Vertrauensschutz. Durch die zeitliche Streckung wurde diesem Punkt Rechnung getragen, auch wenn jeder Tag später ein teurer Tag für die Stromkunden ist.

Zweitens, atmender Deckel. Die Anpassung der Preise soll monatlich erfolgen. Politische Anpassung der Preise – ja, wir hören richtig, wir sind in der Planwirtschaft, was für uns bedenklich ist und bleibt.

Drittens, Speicherförderung. Dieser Punkt kann für uns in Sachsen und für unsere Speicherhersteller wichtig sein. Er liegt auch ordnungspolitisch richtig. Hier hat das Nachverhandeln wirklich einen Sinn gemacht, und insofern sind wir dafür auch der Staatsregierung dankbar.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Klar und deutlich sage ich heute gerade auch nach den Erfahrungen der letzten Wochen und Tage rund um die Solarindustrie – und ich schließe die Insolvenz von Q-Cells in Thalheim bewusst ein –: Das EEG gehört abgeschafft. Der Ausstieg muss umgehend erfolgen.

Das EEG hat sich als Förderinstrumentarium nicht mehr bewährt. Es läuft komplett aus dem Ruder und kann in jeder Volkswirtschaftsvorlesung als Beispiel verfehlter Wirtschaftspolitik herhalten. Es fördert Mengen an Ökostrom, ohne Rücksicht auf Kosten und Effizienz. Es setzt falsche Rahmenbedingungen und greift in die Märkte ein. Das im EEG implantierte Umverteilungssystem vom wehrlosen Stromkunden zum risikolosen Investor ist fatal. Sicherheit und hoher Zins – eigentlich ein Widerspruch in sich, in der Geschäftswelt nicht üblich. Wir haben es in Deutschland möglich gemacht.

(Zuruf des Abg. Thomas Kind, DIE LINKE)

Die deutsche Solarindustrie hat sich dadurch zu Tode gesiegt, weil die Berliner Politik nach 2005, aber auch nach 2009 nicht die Kraft hatte, die Förderstrukturen grundsätzlich zu verändern.

Ich möchte ein Bild aus der Landwirtschaft gebrauchen. Pflanzen, denen es in ihrer Jugend zu gut geht, weil Nährstoffe und Wasser im Überfluss vorhanden sind,

machen zu geringe Wurzeln und vertrocknen leicht, wenn dann später einmal Trockenheit längere Wurzeln erfordert.

(Andreas Storr, NPD: Das gilt für die Menschen auch!)

Nein, das EEG ist nicht die richtige Förderstruktur für die Energiewende in Deutschland. Nein, das EEG ist nicht geeignet und kann nicht ausreichend nachgebessert werden, auch wenn das gerade wieder einmal versucht wurde. Warum gibt es denn nur in diesem Bereich diese Förderstruktur? Warum haben das nicht andere Branchen übernommen oder gefördert?

(Zuruf: Sie leben doch sehr gut davon!)

Wenn wir schon fördern wollen, müssen wir schleunigst zu klassischen Investitionsförderungen, Innovationsförderungen und der Förderung von Forschung und Entwicklung in Deutschland kommen. Dieser Ab- und Umbau der Förderstruktur gehört essenziell zur Energiewende, sonst reichen die Wurzeln nicht aus.

Das EEG ist ein Luxus der letzten zwölf Jahre, den wir uns als wohlhabende Industrienation leisten konnten. Energie-, aber auch industriepolitisch müssen wir umgehend umsteuern.

Das EEG ist nicht generationengerecht. Die heutigen Investitionsentscheidungen werden auf Kosten der nächsten 20 Jahre gefördert, anstatt heute mit Investitionsförderungen zu arbeiten, die sich dann allein auch ohne Förderung im Marktgeschehen bewähren müssen. Süßes Gift – der Ausdruck ist hier passend.

Raus aus dem EEG – Sachsen sollte das in Deutschland, nachdem der Pulverdampf um die Solarkürzung verzogen ist, klar und deutlich sagen, bevor der Stromkunde und unsere gesamte Volkswirtschaft, unser ganzes Leben in Deutschland weiterhin über Gebühr und perspektivlos belastet werden.

Am Ende noch etwas Nachdenkliches: Prof. Sinn äußerte sich kürzlich in einem Interview: „Deutschland war immer idealistisch. Das Land neigt seit der Romantik dazu, Ziele jenseits aller ökonomisch-technischen Wirklichkeit zu verfolgen.“

(Dr. Monika Runge, DIE LINKE: Es ist aber bisher sehr erfolgreich damit gewesen!)

Die erneuerbaren Energien, das EEG, sind in den letzten Jahren moralisch und ethisch so unterbaut worden, dass es manchem schwerfallen wird, dieses Denkmal einzureißen. Vielleicht eine deutsche Eigenschaft, Dinge in Debatten moralisch zu überhöhen,

(Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

um auf andere Argumentation herabschauen zu können und andere Wege, andere Lösungen in dem Abwehrkampf zuvor völlig aus dem Blick und aus dem Bereich der Möglichkeiten zu verlieren.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Nico Tippelt, FDP)

Aber genau das ist die Aufgabe: in möglichen Alternativen zu denken, zu handeln und diese auch parallel zu verfolgen. Die Energiewende, insbesondere die Solarförderung mit dem EEG, ist keine Einbahnstraße. Wir sollten den Rückwärtsgang wiederfinden und einlegen – und ich habe bewusst „wir“ gesagt.

(Enrico Stange, DIE LINKE: Gleich beginnen!)

Es war die Union, die unter Klaus Töpfer als damaligem Umweltminister begonnen hat, erneuerbare Energie in Deutschland zu fördern.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Nico Tippelt, FDP – Zuruf der Abg. Dr. Monika Runge, DIE LINKE)

Und es ist wieder die Union, die hier offen sagt, dass wir neue Wege einschlagen müssen, wenn es die Entwicklungen erfordern. Dies ist für die Förderstruktur des EEG der Fall; sie ist nicht mehr zeitgemäß.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir lehnen daher den Antrag der LINKEN ab. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Wir fahren fort. Für die SPD-Fraktion spricht Herr Jurk.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es gut, Herr von Breitenbuch, dass Sie hier eine sehr klare Position formuliert haben – eine Position, die ich ausdrücklich nicht teile. Die Frage, welche Alternativen Sie tatsächlich benennen wollen, was die Umsetzung der Energiewende betrifft, ist mir etwas zu kurz gekommen.

Ich habe mit Genuss vor genau einer Woche im WillyBrandt-Haus dem von Ihnen gerade genannten Klaus Töpfer zugehört, der dort den Hauptvortrag zum Thema Energiewende vor Anhängern, vor Sympathisanten, aber auch vor Mitgliedern der SPD gehalten hat. Er hat dort sehr klar und deutlich seine Kritik an der derzeitigen Bundespolitik geäußert; er hat aber nicht diese Kritik geäußert, die Sie gerade formuliert haben, sehr verehrter Herr von Breitenbuch, sondern eher deutlich gemacht, dass viel mehr getan werden muss – vom Fahrplan angefangen über konkrete Umsetzungsschritte, wie tatsächlich das hohe Gut der Versorgungssicherheit, verbunden mit Klimaschutz und mit auskömmlichen Preisen, gelingen kann. Dafür war ich Klaus Töpfer sehr dankbar; es war ein sehr guter Vortrag und ich fand es gut, dass man an dieser Stelle einen hochrangigen CDU-Politiker mit einer großartigen Biografie gewinnen konnte, auch Mitgliedern der SPD die Energiewende aus seiner Sicht darzustellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 8. März haben wir hier letztmalig auf Grundlage eines Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema

Solarförderung diskutiert und debattiert. Seinerzeit hat Herr Ministerpräsident Tillich die Debatte verfolgt. Ich hatte auch den Eindruck, dass er zugehört hat. Warum? Herr von Breitenbuch, es scheint Ihnen tatsächlich entgangen zu sein, aber der Medienservice Sachsen kann Ihnen da helfen, dass Herr Ministerpräsident Tillich am 12. März der Nachrichtenagentur dpa ein Interview gegeben hat. In diesem Interview hat er sechs klare Punkte formuliert, wozu ich sagen kann: Ich freue mich darüber.

Als Opposition muss man vorsichtig sein, ob es von der Regierung am Ende auch übernommen wird. Mitunter stellt man fest, da wird einem das Thema weggenommen. Ich hatte fast den Eindruck, Herr Tillich hat sich jetzt zum Vorkämpfer für die Solarwirtschaft nicht nur in Sachsen, sondern in ganz Deutschland profilieren wollen.

Um das zu beweisen, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich Ihnen wiedergeben, was der Ministerpräsident in seinen sechs Punkten formuliert hat, um deutlich zu machen, wie wenig ich verstehe, dass der Freistaat Sachsen im Bundesrat am 30. März zur letzten Bundesratssitzung leider einem Entschließungsantrag der Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz nicht folgen konnte. Ich will Ihnen verdeutlichen, was die Position des Ministerpräsidenten am 12. März war und was am Ende im Bundesrat zur Abstimmung stand, dem sich Sachsen leider nicht angeschlossen hat.

Das Erste, was Herr Tillich formuliert hat, war, dass wir in Deutschland bei der Solarförderung Planungssicherheit und Verlässlichkeit brauchen, und zwar für Verbraucher, für die Wirtschaft, aber auch für die Fotovoltaikindustrie. Der Entschließungsantrag hatte genau dies zum Inhalt. Wesentlicher Schwerpunkt war, jene Investitionssicherheit und Planbarkeit wieder herzustellen, die leider aufgrund der übereilten und kurzfristigen Kürzungsbeschlüsse der Bundesregierung, aber auch der sie tragenden Koalitionsfraktionen in Berlin abhandengekommen

Weiter ging es darum, eine Vereinbarung in einer angemessenen Übergangsfrist insbesondere für Handwerks- und Installationsbetriebe herzustellen. Mein geschätzter Nachredner, Herr Hauschild, kommt ja aus dem Handwerk. Ich habe wirklich sehr viele Handwerker gehört. Ich war kürzlich wieder in Zittau, wo sich einer beklagt und deutlich gemacht hat, er muss jetzt seine Leute in Kurzarbeit schicken, weil die Aufträge, die er schon fest eingeplant hatte, im Moment nicht kommen, weil die Finanzierung für die Fotovoltaikanlagen eben nicht mehr gesichert ist.

Der Antrag, der im Bundesrat zur Abstimmung stand, hatte genau das zum Inhalt. Ziel war die Anpassung der EEG-Vergütung mit ausreichenden Übergangsregelungen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, gerade was Investitions- und Planungssicherheit betrifft.