Protokoll der Sitzung vom 09.05.2012

(Volker Bandmann, CDU: Hört, hört!)

diese Meinung zum Thema Osteuropaerweiterung, genau wie Sie das hier jetzt schildern, erlebt.

Sie haben natürlich, rein wirtschaftlich betrachtet, recht. Aber wenn man einen Ex-Ministerpräsidenten Milbradt im Untersuchungsausschuss fragt, wann denn in irgendeiner Form und irgendeiner Weise das Geschäftsmodell dieser Landesbank politisch in der damals alleinregierenden CDU-Fraktion diskutiert worden ist, und nach mehrmaligem Nachfragen das Eingeständnis „niemals“ hört und man weiß, dass dieses Geschäftsmodell zu über 3 Milliarden Euro Schaden geführt hat, dann sei es doch zumindest erlaubt, nachdenklich zu werden, wenn wir in Sachsen ein Sparkassengesetz machen wollen, das genau dieselben Möglichkeiten wieder eröffnet, nämlich über eine SFG im Zweifelsfall mit privater oder Ownerbeteiligung. Es wird mir richtig angst, wenn ich höre, dass Sie hier wieder neue Geschäftsmodelle preisen.

Sie sagten, das Abendland gehe davon nicht unter. Nein, in Sachsen ist es fast untergegangen. Wir sind an 40 Milliarden Euro Schaden vorbeigeschrammt und bei 3 Milliarden Euro hängen geblieben.

(Zuruf von der CDU)

Das brülle ich auch hier ins Mikrofon: Das will ich nicht wieder! Das fehlt nämlich bei unseren Sportvereinen, im Ehrenamt, in der gesellschaftlichen Infrastruktur, im ÖPNV oder beim Stadtumbau!

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Das sind 3 Milliarden Euro, die uns fehlen! Ich möchte nicht noch einmal, dass der Freistaat dafür haftet!

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Herr Biesok.

Herr Pecher, auch wenn es laut wird, wird es dadurch nicht richtiger.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Biesok, ich darf Sie fragen, ob Sie eine Kurzintervention machen wollen.

Die zweite.

Ich habe gerade von einer Bank gesprochen, die in der Realwirtschaft in neuen Märkten, die unmittelbar an unserer Grenze liegen, aktiv ist. Ich habe nicht von einer Landesbank gesprochen – das habe ich ausdrücklich kritisiert –, die sich wie die Sachsen LB, weil sie kein Geschäftsmodell hat, in synthetischen Produkten bewegt und dadurch Risiken begründet, die nicht mehr handhabbar sind. Ich habe nicht von einer Bank gesprochen, die wie die Sachsen LB eine Gewährträgerhaftung hat, sodass die ganzen Risiken auf den Freistaat übergewälzt werden, und die deshalb einer politischen Kontrolle bedarf. Ich habe von einem Spitzeninstitut der Sparkassenorganisation gesprochen, das in einer privaten Rechtsform als Aktiengesellschaft eigenständig agiert und sich ihren notwendigen Kapitalbedarf an der Börse holen kann, wie es die Erste Bank der Österreichischen Sparkassen machen kann. Das ist der entscheidende Unterschied.

Wir sollten öfter perspektivisch diskutieren und nicht nur über den letzten Halbsatz in einer Gesetzesvorlage. Wenn wir dann diskutieren, sollten wir deutlich machen, dass wir hier über zwei ganz unterschiedliche Paar Schuhe sprechen. Die Pleite der Sachsen LB sollte uns nicht den Blick darauf verstellen, dass es auch andere Geschäftsmodelle im öffentlich-rechtlichen Kreditsektor und im Sparkassensektor gibt, die wir hier ergebnisoffen diskutieren sollten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Pecher, Sie möchten erwidern? – Am Mikrofon 1, bitte

Ich möchte zwei Dinge entgegenstellen.

Die SFG war ja nicht einfach mal so da. Es waren die Dollarzeichen bei manchem Sparkassenvorstand, der die kommunalen Sparkassen in diese SFG geführt hat. Das war mit dem klaren Ziel verbunden, über die Landesbank Ausschüttungen zu generieren. Das ist eine Tatsache.

Herr Biesok, mich treibt folgende Frage um: Wer verhindert bei der jetzigen SFG, dass nicht anstatt der damaligen Landesbank ein neues Modell gesucht wird?

Ich will ein zweites Argument bringen, weil Sie davon sprachen, dass wir über eine Bank als Aktiengesellschaft reden, die dort und dort agiert und vielleicht Glück und Erfolg gehabt hat.

Ich glaube, dass, ausgehend von den ersten Sparkassen in Oldenburg und Hamburg, gerade die konservative Grundhaltung der Sparkassen in Deutschland diese davor bewahrt hat, in den Strudel der Finanzkrise gerissen zu werden. Ich bin stolz darauf, dass diese Grundhaltung weiter besteht. Das zeigt sich aus meiner Sicht im Bereich der SFG in diesem Gesetz nicht. Deshalb lehnen wir dieses Gesetz ab.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich frage jetzt in die Runde. Hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch Redebedarf? –

(Antje Hermenau, GRÜNE: Nein!)

Nein. NPD-Fraktion? – Nein. Es liegen mir noch Wortmeldungen für eine dritte Runde vor. – Das ist nicht mehr erforderlich. Dann frage ich die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Es wird gewünscht. – Herr Staatsminister Prof. Unland, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei nüchterner Analyse der weltweiten Situation können wir feststellen, dass viele Staaten nach wie vor mit den Auswirkungen der Finanzmarktkrise beschäftigt sind. Insbesondere besteht ein erheblicher Änderungs- und Anpassungsbedarf im Finanzsektor. Dieser Bedarf gilt auch für den Bankensektor.

Wie die Lösungen letztendlich aussehen werden, kann heute noch nicht verlässlich abgeschätzt werden. Die intensiven nationalen und internationalen Diskussionen sind ein Zeugnis des Ringens um die besten Lösungen.

Auch der Freistaat wird stark durch die Finanzkrise tangiert. Eine große Last sind beispielsweise die Auswirkungen, die mit dem notwendigen Verkauf der damaligen Sachsen LB verbunden waren und sind, so zum Beispiel die Garantiezahlungen in jedem Quartal. Eine weitere Konsequenz ist das Ausscheiden des Freistaates aus der Sachsen-Finanzgruppe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Sie wissen, hat der Sächsische Landtag bereits im letzten Jahr dem Ausscheiden des Freistaates aus der Sachsen-Finanzgruppe zugestimmt. Aufgrund des Ausscheidens des Freistaates wurde Änderungsbedarf im GörK, also dem Gesetz über die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute im Freistaat Sachsen und die Sachsen-Finanzgruppe, notwendig, der durch den vorliegenden Gesetzentwurf umgesetzt werden soll.

Der Gesetzentwurf beinhaltet keine Neuordnung des Sparkassenwesens. Vielmehr sollen den Anteilseignern der mittlerweile rein kommunalen Sachsen-Finanzgruppe unterschiedliche Optionen für die Zukunft ihrer Sparkassen eröffnet werden. Die Anteilseigner sollen daher künftig selbstständig darüber entscheiden können, ob sie:

1. aus der Sachsen-Finanzgruppe durch Kündigung austreten,

2. diese einvernehmlich auflösen oder

3. gemeinsam eine bindungsintensivere Zusammenarbeit innerhalb der Sachsen-Finanzgruppe eingehen wollen. Dabei möchte ich nochmals betonen, dass die nunmehr ausschließlich kommunalen Anteilseigner selbst über die Zukunft ihrer Sparkassen und der Sachsen-Finanzgruppe entscheiden sollten. Dies entspricht dem verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrecht.

Aus diesem Grund dürfte auch eine zwangsweise Auflösung, wie sie zum Beispiel in der Anhörung am 21. März 2012 von sachverständiger Seite dargetan wurde, aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken nicht möglich sein.

Der Gesetzentwurf sieht des Weiteren verschiedene sparkassenrechtliche Änderungen vor. Besonders erwähnen möchte ich zum einen die Regelung einer einheitlichen Vorwegzuführungspflicht für alle sächsischen Sparkassen zur Stärkung ihrer Eigenkapitalausstattung. Damit reagiert der Gesetzgeber auf die stetig steigenden Eigenkapitalanforderungen und die verschärften Herausforderungen aufgrund der Finanzmarktkrise. Zum anderen sieht der Gesetzentwurf einen Fortbildungsanspruch für Verwaltungsratsmitglieder gegenüber ihren Sparkassen vor. Das wurde bei manchen Wortbeiträgen vorhin nicht korrekt geschildert; denn die fachlichen Anforderungen an Verwaltungsratsmitglieder werden sich deutlich erhöhen.

Im Bereich der Kreditinstitute – hierzu gehören auch die Sparkassen – kommt es immer zu neuen Entwicklungen. Es ist ein sehr dynamischer Bereich. Hier gilt es, die Verwaltungsratsmitglieder stets auf den neuesten Kenntnisstand zu bringen.

Ich möchte an dieser Stelle nochmals allen Beteiligten im schriftlichen Anhörungsverfahren und an den parlamentarischen Beratungen danken.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, sicher.

Herr Staatsminister, würden Sie mir recht geben, dass bereits jetzt – es ging um die Verwaltungsräte – den Sparkassen von der BaFin vorgegeben wird, dass die Verwaltungsräte an den entsprechenden Schulungen teilzunehmen haben und die Zertifikate für Verwaltungsräte der BaFin vorzulegen sind, dass es also schon gesetzlich geregelt ist?

Ja, sicher. Das habe ich auch eben versucht, deutlich zu machen. Deshalb war die vorgebrachte Kritik diesbezüglich auch nicht angebracht.

Ich bitte deshalb um Zustimmung zum Gesetzentwurf in der vom Haushalts- und Finanzausschuss beschlossenen Fassung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Meine Damen und Herren, die Aussprache ist beendet. Wir kommen zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute im Freistaat Sachsen und die Sachsen-Finanzgruppe, Drucksache 5/8491,

Gesetzentwurf der Staatsregierung. Abgestimmt wird auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses, Drucksache 5/8897.

Zunächst entscheiden wir jedoch über vorliegende Änderungsanträge, Drucksachennummer 5/9069. Es handelt sich hierbei um einen Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Hermenau, ich habe vorhin gehört, dass Sie ihn schon eingebracht haben, oder wünschen Sie jetzt noch einmal das Wort?