Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Abwarten!)

Es geht darum, dass wir das Bestmögliche für Sachsen herausholen, und zwar gemeinsam.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die einreichende Fraktion GRÜNE wurde vertreten von Herrn Weichert.

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz über die Ausschreibung und

Vergabe öffentlicher Aufträge im Freistaat Sachsen (Sächsisches Vergabegesetz) an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, federführend, an den Haushalts- und Finanzausschuss sowie an den Innenausschuss zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an diese Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist die Überweisung beschlossen und der Tagesordnungspunkt 2 beendet.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 3

1. Lesung des Entwurfs

Gesetz zur Neufassung des Vergaberechts im Freistaat Sachsen

und zur Änderung weiterer Vorschriften

Drucksache 5/9013, Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE und der SPD

Es liegt nach § 44 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Es sprechen nur die einreichenden Fraktionen DIE LINKE und SPD. Diese müssen sich in die 8 Minuten Redezeit teilen. Dieser Hinweis sei gestattet. Wer spricht zuerst? – Bitte, Herr Kollege Zais für die Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Viele von Ihnen haben es schon erlebt: Der Ministerpräsident ist oft im Freistaat unterwegs und wenn er bei den Firmen ist, vergisst er nicht, für höhere Löhne einzutreten. Er appelliert an die Unternehmen, aufgrund der demografischen Entwicklung, die Fachkräfte durch eine bessere Bezahlung zu sichern. Ja, er weiß, dass Sachsen für seine Zukunft an sozialen Mindeststandards nicht vorbeikommt.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Das hat lange genug gebraucht!)

Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion – sehr wenige jetzt hier im Saal –, haben in den nächsten Monaten die Chance, den Worten endlich Taten folgen zu lassen. Richten Sie bitte Herrn Krauß aus – ich hoffe, er kann jetzt einmal Farbe bekennen. Im Rahmen der Kampagne des DGB „Billiger kommt teurer“ haben sich DIE LINKE und die SPD auf den vorliegenden Entwurf des Vergabegesetzes mit den Gewerkschaften geeinigt. Am Titel der Kampagne können Sie erkennen, dass dieses Gesetz konsequent einer ökonomischen wie ökologischen Begründung folgt und so den sozialen Erfordernissen gerecht wird.

Der Gesetzentwurf wird im Kern zwei Grundsätzen gerecht. Erstens. Von seiner Hände Arbeit muss man ohne staatliche Hilfe leben können. Und zweitens. Es befördert

einen sparsamen Umgang mit Steuergeldern, die Nachträge und Nachforderungen in dem gewohnten Ausmaß ausschließen. Gerade darauf soll inhaltlich der Vergabebericht ausgerichtet werden. Wir wollen einen fairen Wettbewerb über Qualität, keinen über den Missbrauch von Billigjobs, Leiharbeit und schlechte Arbeitsbedingungen. Das setzt eine Vorbildwirkung der öffentlichen Hand voraus. Der vorliegende Gesetzentwurf verbietet die staatliche Unterstützung von Billiganbietern. Auf Ihre Antwort, liebe Kollegen der CDU-Fraktion, bin ich gespannt.

Möglich wird das durch die Tariftreue und Mindestentgeltregelungen. Damit fördern wir den hiesigen Mittelstand, folgen dem Gedanken der Nachhaltigkeit durch umweltgerechte Beschaffung, begünstigen die Gleichstellung der Geschlechter und von Menschen mit Beeinträchtigungen. Ein Mindestlohn von 8,50 Euro ist wahrlich keine hohe Hürde. Es ist aber für DIE LINKE ein Anfang, die Abwanderung junger Menschen aus Sachsen wenigstens zu senken.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist eine beabsichtigte logische Folge im Ergebnis der Anhörung des Vergabeberichts 2010 auf Antrag der Fraktion DIE LINKE. Die Kollegen der CDU-Fraktion erinnern sich daran, anderen im Hohen Haus fällt das schwerer. Damals sah der Wirtschaftsminister keinen Handlungsbedarf. Er trieb es noch toller, Herr Morlok. „Mindestlohn ist unsozial“, so lautete seine Presseerklärung. Themen der öffentlichen Auseinandersetzung, insbesondere wie Sachsen reagiert, haben wir also genug. Ich bin gespannt, wie lange sich eine solche Arroganz noch halten kann.

Meine Damen und Herren! In zwölf von 16 Bundesländern gibt es neue Vergabegesetze, in sieben Ländern mit einem Mindestlohn und in neun Ländern mit einer Ta

riftreueregelung. Zwei weitere Länder, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt, sind dabei, ein Gesetz auf den Weg zu bringen. Schauen Sie sich mal die Regierungen dieser elf Länder an. Sie werden feststellen, dass dort, wo die FDP aus der Regierung flog, Tariftreuegesetze mit Mindestlohnregelung umgesetzt werden. Ja, dieses Thema kann Wahlen entscheiden.

In diesem Sinne freue ich mich auf die Entwicklung der kommenden Monate und hoffe auf eine politische Diskussion mit Sachverstand.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Das war für die miteinbringende Fraktion DIE LINKE Herr Kollege Zais. – Die restlichen 4 Minuten der Einbringungszeit nutzt Herr Kollege Brangs für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man könnte es auf eine Formel bringen, die jeder kennt: Wer billig kauft, kauft zweimal. Wer billig baut, baut zweimal. Das verbirgt sich hinter diesem Gesetzentwurf. Wir wollen, dass überall dort, wo eine öffentliche Vergabe stattfindet, soziale und Umweltstandards sowie Tarife angewandt werden. Wir wollen, dass gute, faire Arbeit bezahlt wird, damit eine gute Qualität an Leistungen erbracht wird.

Wir haben in Sachsen die Situation, dass leider nur noch rund 30 % der Unternehmen tarifgebunden sind. Damit haben wir leider auch die Situation, dass wir nach Mecklenburg-Vorpommern in Sachsen die niedrigste Entlohnung haben. Manche der Konservativen in diesem Land behaupten ja, das sei ein Wettbewerbsvorteil. Ich sage eher, es ist eine Schande, dass wir 20 Jahre nach der Wiedervereinigung eine solche Lohnsituation in Sachsen haben.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Wer auf der einen Seite über Fachkräftemangel jammert, der muss auf der anderen Seite eine Antwort darauf geben, warum wir 122 000 Aufstockern, die wir auch durch Transfers der öffentlichen Hand finanzieren, die Antwort geben sollen: Bleibt hier, ihr bekommt ja Geld vom Staat und niedrige Löhne, das ist eure Zukunft! Wir müssen dazu beitragen, dass wir den wenigen Unternehmen, die uns sagen, dass es endlich Zeit wird, das Lohndumping zu beenden, helfen. Das heißt, Unternehmen, die faire Löhne und gute Qualität anbieten, sollen zum Zuge kommen und nicht die Unternehmen, die glauben, sich mit Lohndumping über Wasser halten zu können.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb setzen wir diese sozialen „Leitplanken“ ein. Das ist ein Beitrag, der kleinen und mittelständischen Unternehmen in unserer Region hilft. Ich bin fest davon überzeugt, dass Tariftreue und Sozialstandards bei Vergabe von öffentlichen Aufträgen dazu führen werden, dass in regionalen Kreisläufen in Sachsen spürbar wird, dass dieses Gesetz Sinn macht.

Jetzt ein Wort zu den Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN. Es ist ein bisschen abenteuerlich, wenn ich die Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN höre, die sagt, die GRÜNEN hätten dazu beigetragen, dass wir endlich handeln. Richtig ist, dass es im Jahr 2007/08 in der alten Koalition bereits einen Entwurf gegeben hat, der mit dem Rüffert-Urteil nicht mehr zusammengepasst hat. Wir hatten aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr die Möglichkeit, ihn einzubringen. Deshalb ist die Frage auch an den geschätzten Kollegen Michael Weichert, was der Hintergrund ist, dass die GRÜNEN sich nach einmaligem Treffen mit dem DGB und den Einzelgewerkschaften von dieser gemeinsamen Überlegung zurückgezogen haben.

Es gibt – soweit ich es zumindest beurteilen kann – durchweg Kopfschütteln beim DGB. Es gibt in der Presse schon seltsame Kommentierungen. Wenn die GRÜNEN glauben, dass sie damit einen besseren Entwurf haben, dann denke ich, dass sie diese Meinung exklusiv in diesem Land haben.

(Sabine Friedel, SPD: Die GRÜNEN sind immer besser!)

Wahrscheinlich liegt es aber auch daran, dass es einen Konflikt in der eigenen Fraktion gibt – das kann sein –, dass die einen vielleicht lieber etwas Gemeinsames mit dem DGB machen wollen; die Fraktionsvorsitzende, die eher mit der CDU auf Schmusekurs ist, hingegen vielleicht sagt: Dann wollen wir es uns mit der CDU doch lieber nicht ganz so doll verscherzen. Also machen wir es nicht mit dem DGB. Machen wir es mal allein. Denn bekanntlich ist die CDU nicht die Spitze der Arbeiterbewegung, sondern das sind ja eher andere.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Moment, leider nicht. – Ich weiß auch, dass sich diese Koalition, gerade was die gewerkschaftsfreundliche Politik anbelangt, nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

(Zuruf von den GRÜNEN: So ein Feigling!)

Kollege, das hat nichts mit Feigling zu tun, sondern ich musste in noch 16 Sekunden etwas zu Ende bringen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Jetzt gestatte ich eine Zwischenfrage.

Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Ja. Ich sagte ja: Jetzt, nachdem ich den Satz vollendet habe, gestatte ich eine Zwischenfrage.

Okay. Entschuldigung. – Bitte.

Herr Kollege Brangs, nachdem Sie unsere Fraktion in solch kämpferischer Manier angegriffen haben, können Sie mir vielleicht

eine Frage beantworten: Wenn Sie die beiden jetzt vorliegenden Entwürfe sehen, könnten Sie sich dann vorstellen, dass sich diese beiden Entwürfe, die die gleiche Zielrichtung haben – nämlich soziale und ökologische Kriterien in die Vergabe zu bringen und diese Zielrichtung auch unterschiedlich auszuformen –, in dieser gemeinsamen Zielrichtung, mit unterschiedlichen Schwerpunkten sehr gut ergänzen und damit insgesamt zeigen, dass das Thema Vergabe in Sachsen dringend gelöst werden muss?

(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN)

Lieber Kollege, ich könnte mir gut vorstellen, dass die von den GRÜNEN genannten Ansätze in einen gemeinsamen Entwurf hätten einfließen können, damit ein größerer Druck und eine größere Kraft entfaltet worden wären, und das gemeinsam mit uns als Opposition zu machen. Das haben die GRÜNEN nicht getan. Ich behaupte, das hat Gründe, die in ihrer Fraktion liegen.

Insofern ist meine Antwort ganz klar: Ich hätte mir gewünscht, dass die GRÜNEN mit uns gesprochen und wir einen gemeinsamen Entwurf eingereicht hätten, der all die genannten Kriterien erfüllt.

Vielen Dank.