Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

In Sachsen gibt es diese Anforderungen zur Lebensmittelhygiene im Zusammenhang mit der Prüfung bzw. Erteilung der Pflegeerlaubnis für Kindertagespflegepersonen schon länger. Danach fallen alle Betreuer, die Lebensmittel an Kinder abgeben, nach Artikel 3 Nr. 2 der EUVerordnung unter die Definition der Lebensmittelunternehmer. Ein Merkblatt zur Lebensmittelhygiene in der Kindertagespflege gibt es in Sachsen übrigens schon seit 2009.

Kurz und gut: Wir werden dem Antrag zustimmen. Aber wir werden im Auge behalten, inwieweit die Tagespflege nur als neues Sparmodell der Staatsregierung herhalten wird.

(Beifall bei der NPD)

Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. – Frau Ministerin, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kindertagespflege in Sachsen ist im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr gut aufgestellt. Das wurde von den Vorrednerinnen auch schon betont. Seit der Änderung des Sächsischen Kita-Gesetzes 2005 ist sie ein gleichrangiges Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsangebot zu den Kindertageseinrichtungen. Es gelten die gleichen Finanzierungsregelungen, und für beide Betreuungsformen ist der sächsische Bildungsplan die Grundlage für die pädagogische Arbeit.

Sachsen war seinerzeit das erste Bundesland, das in seinen Bildungsplan Aussagen zur Kindertagespflege aufgenommen hat. Inzwischen haben wir ein Curriculum zur Umsetzung des sächsischen Bildungsplanes in der Kindertagespflege. Frau Firmenich erwähnte es. Auch das ist bislang bundesweit einmalig. In den letzten zehn Jahren hat sich die Kindertagespflege rasant entwickelt. Mehrere Vorrednerinnen haben das bereits betont.

Die Betreuungsquote stieg von 2,2 % im Jahre 2006 auf 5,4 % im Jahr 2011. Der Anteil der betreuten U3-Kinder hat sich also seit 2005 mehr als verdoppelt. Die Weiterentwicklung der Kindertagespflege wird in Sachsen auf vielfältige Weise unterstützt. Auch das klang schon an: die Zahlung des Landeszuschusses in Höhe von 1 875 Euro pro 9-Stunden-Kind, die Förderung von Modellprojekten und Fachveranstaltungen über die Innovationsrichtlinie des Kultusministeriums. Beispielhaft seien hier genannt: die Initiierung der Informations- und Koordinierungsstelle

Kindertagespflege in Sachsen, kurz IKS. Mehrere Vorrednerinnen erwähnten diese Stelle.

Hierzu kann ich Ihnen mitteilen, dass die Fortführung der IKS gesichert ist, und, Frau Dr. Stange: Zudem wird sie im Sommer dieses Jahres um eine weitere pädagogische Fachkraft erweitert. Das war Ihre Anfrage vorhin. Das kann ich Ihnen hier mitteilen. Darüber sind wir sehr froh.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Investitionszuschüsse aus den Bundesmitteln für den U3Ausbau können auch für Kindertagespflege eingesetzt werden, und – auch das wurde bereits erwähnt – die ESFFörderung für die berufsbegleitende Qualifizierung und Fortbildung von Tagespflegepersonen wird rege genutzt.

Aktuell werden außerdem durch ein Fachgremium unter Leitung des Kultusministeriums fachliche Kriterien der pädagogischen Qualität in der Kindertagespflege im Freistaat Sachsen erarbeitet. Zum Thema fachliche Voraussetzungen für diese Tätigkeit formuliert das Bundesgesetz – Frau Firmenich, Sie sagten es – recht allgemeine Vorgaben an die Eignung von Kindertagespflegepersonen.

Demnach sind Personen geeignet, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Tagespflegepersonen auszeichnen und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen. Sie sollen über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen haben.

In der Sächsischen Qualifikations- und Fortbildungsverordnung § 3 haben wir dies näher untersetzt. Die dort formulierten fachlichen, persönlichen und gesundheitlichen Anforderungen an die Tätigkeit als Kindertagespflegeperson sowie das Vorhandensein kindgerechter Räumlichkeiten werden bei uns in Sachsen durch die Jugendämter bzw. durch die von ihnen beauftragen Stellen kontinuierlich geprüft.

Was den Bereich der Qualifizierungs- und Fortbildungsangebote anbelangt, gibt es im Freistaat Sachsen zahlreiche Angebote, die auch rege genutzt werden. Anbieter sind das Landesjugendamt, freie Träger, Volkshochschulen oder auch die Landkreise selbst. Zum Teil ist auch – wie ich schon erwähnte – eine ESF-Förderung möglich, sodass sich die Kosten für die Kindertagespflegepersonen reduzieren. Erwähnen möchte ich, dass die Fortbildungsbereitschaft der Kindertagespflegepersonen generell sehr, sehr hoch ist.

Der Antrag fragt nach der Entwicklung von Kooperationen zwischen Kita und Kindertagespflege. Es gibt sehr viele Ansätze für diese Kooperationen, zum Beispiel der Übergang von der Tagespflege in die Kita, die gemeinsame Nutzung von Spielplätzen, Räumlichkeiten oder die Kita als Vertretungssystem, das sicher noch ausbaufähig ist. Die Praxis bietet bereits gute Beispiele für gelungene Kooperationen. Das wird sicher ausgebaut und vertieft werden.

Meine Damen und Herren! Die Kindertagespflege ist ein wichtiges und flexibles Element, auch um im Bereich der Betreuung der unter Dreijährigen die Versorgung zu sichern. Sie ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Kindertagesbetreuung und hat einen klaren und wichtigen Bildungsauftrag. Die Landesregierung wird sich dafür einsetzen, und setzt sich dafür ein, dass diese Betreuung weiterhin gestärkt und ausgebaut wird.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Wir kommen jetzt zum Schlusswort; Frau Abg. Firmenich, bitte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist relativ selten in diesem Haus, dass wir alle so einmütig der Meinung sind, dass es sich hier um ein sehr wichtiges Thema handelt, von dem wir alle wollen, dass es sich gut weiterentwickelt. Ich möchte noch einmal in Ihre Reihen, Frau Klepsch, sagen: Sie sagten, es sei nichts an Vorschlägen gekommen. – Ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Das ist heute ein Antrag, bei dem es darum geht, erst einmal festzustellen, wie die Situation ist.

Wir wollen gern einen Bericht. Wir wollen einen Blick darauf nehmen, wie es überhaupt aussieht. Wo sind die Probleme? Wo müssen wir nachsteuern? – Ich denke auch, dass ihn uns das Ministerium zeitnah und rechtzeitig vor den nächsten Haushaltsverhandlungen vorlegen wird, damit wir die entsprechenden Schlussfolgerungen daraus ziehen können.

Ich denke, das sind Dinge, die auch Frau Dr. Stange angesprochen hat. Wie funktioniert die Fachberatung? – Vielleicht sollte man darüber nachdenken, ob man doch noch einmal den Auftrag gibt, den Bereich Kindertagespflege einzeln zu evaluieren. Frau Dr. Karle hat in ihrem Bericht als Empfehlung mit auf den Weg gegeben, dass wir uns diesen Bereich noch einmal genauer anschauen sollten. Davon halte ich sehr viel.

Ich möchte gern, dass wir schauen, wie wir diese Standards, die im hygienischen und baulichen Bereich meiner Meinung nach über Gebühr hoch sind, begrenzen können, nicht dass wir auf diese Art und Weise die Kindertagespflege abwickeln. Das sind alles Dinge, die aber erst in einer zweiten Stufe diskutiert werden sollen. Dann machen wir vielleicht einen neuen Antrag. Ich würde mich freuen, wenn Sie dann wieder alle mitstimmen und das unterstützen.

Heute geht es uns darum, erst einmal zu erfahren, wie der Stand ist, wie es aussieht. Ich denke, Frau Kurth, Sie haben das hier sehr emotional vorgetragen. Sie sind ganz bei uns und werden uns mit Ihrem Haus zeitnah einen Bericht vorlegen. Insofern, meine ich, bedarf es auch nicht dieses Änderungsantrages der GRÜNEN.

(Zuruf der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Ich würde mich freuen, wenn Sie alle unserem Antrag zustimmen, und bedanke mich sehr für die Debatte und für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Annekatrin Klepsch, DIE LINKE, steht am Mikrofon)

Bitte, eine Kurzintervention.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Eine Kurzintervention auf Frau Firmenich. Frau Firmenich, ich glaube, es wäre zielführender für uns alle und für die Kindertagespflege gewesen, wenn der Bericht des SMK schon zum Antrag vorhanden gewesen wäre – Frau Stange hat es gesagt – und wenn wir dann über die genauen Bedarfe diskutiert hätten.

Ich will es noch einmal sagen: Es reicht nicht, wenn das SMK den Ausbau der Kindertagespflege stärken will, sondern das SMK und die Staatsregierung müssen den Ausbau der Krippen in Sachsen stärken.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Ich habe jetzt einen Fehler gemacht. Sie haben großes Glück gehabt, dass Sie reden konnten. Ich möchte es aber gleich noch einmal sagen: Nach dem Schlusswort geht keine Kurzintervention. Aber der Fehler lag bei mir. Ich hätte es nicht zulassen dürfen.

(Gitta Schüßler, NPD: Glück gehabt!)

Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt noch den Antrag der GRÜNEN einbringen. Oder wird das nicht mehr gewünscht? – Gibt es zum Änderungsantrag der GRÜNEN noch Diskussionen? – Das ist nicht der Fall. Dann können wir darüber abstimmen. Wer gibt die Zustimmung zum Änderungsantrag? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist dennoch der Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Wir kommen jetzt zum Ursprungsantrag, Drucksache 5/8279. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen ist der Antrag dennoch mit Mehrheit angenommen worden.

Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt ist beendet. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Bildungslandschaft Sachsen sichern und weiterentwickeln

Drucksache 5/8987, Antrag der Fraktionen

DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hierzu können die Fraktionen wieder Stellung nehmen. In der ersten Runde beginnt DIE LINKE, dann die SPD, GRÜNE, CDU, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Herr Prof. Besier, bitte schön

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich ausnahmsweise mit einer persönlichen Bemerkung beginnen. Als ich vor neun Jahren nach Dresden kam und nach einer Schule für meine Kinder suchte, fiel mir als erstes der elende bauliche Zustand der Schulgebäude auf. Kinder – das wissen wir alle – lernen am besten in hellen, freundlichen Räumen, nicht in dunklen, abgenutzten Klassenzimmern, die noch den Geist einer düsteren Zeit atmen.

(Christian Piwarz, CDU: Da sind Sie gerade für die Linkspartei im Landtag?)

Ich bin für DIE LINKE im Landtag und übe trotzdem auch Kritik, an dem, was vorher war. Die Kontinuität, die Sie immer suggerieren, besteht nicht. Jetzt sollen also die Landesfördermittel für den Schulbau auch noch empfindlich reduziert werden. Das ist ein erhebliches Problem.

Im Bereich der Universitäten sah es nicht viel besser aus. Bis vor Kurzem unterrichteten einige Professoren an der

TU Dresden noch in alten, heruntergekommenen NVABaracken. Als ich über diese Verhältnisse das Gespräch suchte, erlebte ich etwas, was mir manchmal bis heute begegnet und geradezu eine Besonderheit sächsischer Lebensart zu sein scheint: Man leugnete schlichtweg die offenkundigen Missstände und verwies stattdessen auf die Schönheiten der Stadt.

Obwohl sich inzwischen gewiss vieles verändert hat, sind die Probleme in beiden Bildungsbereichen nun doch so drängend geworden, dass Realitätsverleugnung und der Verweis auf die frisch renovierten Vorzeigefassaden kaum mehr darüber hinwegtäuschen können, wie lange wir die Augen verschlossen und die gravierenden Probleme schöngeredet haben.

Im Schulbereich war der Rücktritt des Ministers eine Art Fanal. Eine ähnliche Funktion könnte im Hochschulbereich der Brandbrief des CDU-geführten Ministeriums für Bildung und Forschung haben. In dem geplanten Stellenabbau sieht man in Berlin einen Verstoß gegen die Vereinbarungen zum Hochschulpakt 2020 und droht mit einer Reduzierung der Fördergelder. Wenn die 300 Stellen bis 2015 und die insgesamt 1 042 Stellen bis 2020 tatsächlich gestrichen werden, könnte Sachsen etwa 185 Millionen Euro verlieren.

Anscheinend setzt die Staatsregierung darauf, dass die 150 Lehrkräfte für besondere Aufgaben, die dieses Jahr zeitlich befristet eingestellt werden sollen, und die weiteren 300 im nächsten Jahr in Berlin als Kompensation akzeptiert werden. Die Opposition hat in den vergangenen zwei Jahren immer wieder – und wie ich meine, konstruktiv, sachlich und detailliert – auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die sich mittel- und langfristig durch die Sparpolitik im Hochschulbereich ergeben. Während der Anhörungen im Rahmen des Wissenschaftsausschusses bestätigten die Sachverständigen in den allermeisten Fällen, und zwar quer durch die Bank, die Bedenken und Einwände der Opposition. Von vornherein haben wir darauf hingewiesen, dass die Prognosen über die Studierendenzahlen mit Vorsicht zu betrachten seien. Dennoch ruht beispielsweise der Hochschulentwicklungsplan zu einem Gutteil auf diesen längst überholten Zahlen.