Protokoll der Sitzung vom 13.06.2012

(Jens Michel, CDU: Nein!)

Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Aufgerufen ist das Gesetz zur Verdoppelung der Investitionspauschale für die kreisfreien Städte und Landkreise im Jahr 2012, Drucksache 5/7777, Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der genannten Fraktion. Änderungsanträge liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung über Artikel 1, Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gewährung einer Investi

tionspauschale an die kreisfreien Städte und Landkreise in den Jahren 2011 und 2012 sowie über die Gewährung einer Straßenbaupauschale. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Danke sehr. Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist dem Artikel 1 mehrheitlich nicht entsprochen worden.

Wir kommen zur Abstimmung über Artikel 2, Inkrafttreten. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Danke sehr. Bei zahlreichen Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist auch dem Artikel 2 nicht entsprochen worden.

Da keinem der Teile des Gesetzentwurfes entsprochen wurde, erübrigt sich eine Schlussabstimmung. Das Gesetz ist nicht beschlossen und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 7

Erkenntnisse der Staatsregierung zu bestehender Terrorgefahr

sowie eklatanten Sicherheitsmängeln und -risiken aufgrund

der militärischen Nutzung des Flughafens Leipzig/Halle

Drucksache 5/8669, Antrag der Fraktion DIE LINKE,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Die Aussprache erfolgt in der Reihenfolge DIE LINKE, CDU, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht. Wir eröffnen die Debatte. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Abg. Bartl. Herr Bartl, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Anlass für den jetzt zur Behandlung vorliegenden Antrag waren – das ergibt sich auch aus dessen Begründung – die im Beitrag des MDR-Nachrichtenmagazins „Exakt“ vom 21. März 2012 an das Licht der Öffentlichkeit gebrachten offensichtlich eklatanten Sicherheitsrisiken aus der zu erheblichen Teilen militärischen Nutzung des Flughafens

Leipzig/Halle und der nonchalante Umgang der sächsischen Staatsregierung mit diesen.

Im selben Sendebeitrag, der übrigens ausdrücklich auf die terroristischen Mordanschläge von Anfang März 2011 auf dem Flughafen Frankfurt am Main auf US

Militärangehörige Bezug nimmt, behauptet „Exakt“, offensichtlich gut recherchiert und faktengestützt, dass dem Sächsischen Staatsministerium des Innern wie offensichtlich auch der Flughafenleitung eine als Verschlusssache eingestufte, also geheim gehaltene Gefährdungsanalyse des Landeskriminalamtes Sachsen aus dem Jahr 2008 vorläge, aus der sich ganz erhebliche Schwachstellen der Flughafensicherung und hieraus resultierende Risiken für die Sicherheit von zivilen Flugpassagieren,

den Flughafen nutzenden Militärangehörigen sowie Anwohnern ergeben.

In selbiger Analyse zu „Exakt“ werde unter anderem die Anschlagsgefahr auf US-Militärangehörige, die als Transitpassagiere den Flughafen für Zwischenstopps nutzen, als „wahrscheinlich“ eingestuft. Weiter heißt es in dem Dokument, „es sei kein größeres Problem, die völlig unvorbereiteten US-Truppen mit einem Anschlag zu treffen“. Das LKA habe deshalb den an sich für ausschließlich zivilen Flugverkehr gewidmeten Verkehrsflughafen Leipzig/Halle bereits 2008 als mögliches Angriffsziel terroristischer Straftäter eingestuft. In der Sendung wurden im Weiteren zu Teilen erhebliche vom LKA genannte Schwachstellen bei der Flughafensicherung aufgelistet wie etwa zu wenig Kameras für eine Überwachung, unzureichende bauliche Substanz von Sichtschutz, eine zu nahe am Außenzaun des Flughafens erfolgende Stationierung des Großraumtransporters des Typs Antonov, der dadurch ziemlich leicht zu möglichen Angriffszielen werden könne, und dergleichen mehr.

In der Konsequenz – so „Exakt“ weiter – habe nach der dem Nachrichtenmagazin vorliegenden Information die Bundespolizei bereits 2011 wegen dieser Sicherheitsmängel in ihrer Brisanz die Stationierung eines gepanzerten Fahrzeuges vom Typ 94 auf dem Flughafen geplant. Dies sei jedoch an Personalmangel, an fehlenden Richtschützen, an Funkern und Fahrern gescheitert. Generell sei entgegen dieser offensichtlich erkannten eklatanten

Sicherheitsrisiken der Einsatz von Angehörigen der Bundespolizei wie auch der Einsatz der sächsischen Landespolizei in den letzten Jahren auf dem Flughafen zurückgefahren, also abgebaut worden.

Dass wir nach dieser Sendung, nämlich zwei Tage später, mit diesem Antrag gestartet sind, hat nicht zuletzt seinen Grund darin, dass just im Jahr 2010 durch die Sächsische Staatsregierung bei der Behandlung unseres damaligen Antrages „Sofortige Intervention der Staatsregierung zur Unterbindung der weiteren rechtswidrig militärischen Nutzung des Flughafens Leipzig/Halle für Kriegseinsätze in Afghanistan“ – das war die Drucksache 5/702 – qua Stellungnahme und durch Vertreter des Flughafens in der öffentlichen Expertenanhörung am 24. Februar 2010 stupide erklärt und suggeriert wurde, dass sich aus der seit 2006 sukzessive, immer höher gefahrenen militärischen Nutzung des Flughafens Leipzig/Halle keinerlei besondere Sicherheitsrisiken ergeben.

So erklärte der in der Expertenanhörung im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss am 24. Februar 2010 gehörte Vorstand der Mitteldeutschen Airport Holding, Markus Kopp – ausweislich des stenografischen Protokolls, das den Abgeordneten vorliegt: „Wie Sie alle wissen, sind die Sicherheitsvorkehrungen an den Flughäfen insgesamt nicht nur seit den Anschlägen 2001 exorbitant gestiegen. Ich denke mir, der Luftverkehr ist einer der sichersten Verkehre. Das beweisen auch zahlreiche Statistiken. Die Angehörigen der Bundeswehr und die Fracht, die auch über den Standort Leipzig/Halle transportiert wird, unterliegen den gleichen Bestimmungen wie sonstige Frachtstücke und sonstige Passagiere, und alle, die schon einmal geflogen sind, wissen, dass das sehr hohe Sicherheitsanforderungen sind. Ansonsten hat gerade dieser Verkehr dazu geführt, dass natürlich auch die Kunden, in diesem Fall die Bundeswehr, diesen Standort noch einmal betrachtet haben. Dort stellte sich heraus: Er erfüllt alle Sicherheitsanforderungen.“

Die gleichen Antworten – alles im grünen Bereich, keinerlei besondere Gefährdungslagen aus der militärischen Mitnutzung, keinerlei Veranlassung, einen gesondert abgegrenzten militärischen Nutzbereich auf dem Airport Leipzig/Halle zu schaffen – erhielten Abgeordnete dieses Hohen Hauses, die hellhörig wurden und seinerzeit entsprechende Anfragen stellten.

Als wir nun die Stellungnahme der Staatsregierung auf unseren heute hier vorliegenden Antrag erhielten – die Mitglieder des Innenausschusses Ende April 2012, die anderen Abgeordneten des Hohen Hauses, nachdem der Antrag auf die Tagesordnung kam, am 8. Juni, also vor wenigen Tagen –, war ich beim Lesen schon der ersten Antwort auf die in Ziffer 1a dieses Antrages erbetenen Stellungnahme einfach baff. Wörtlich heißt es hier, in der Drucksache zu Seite 2 nachzulesen: „Die vom MDR am 21. März 2012 veröffentlichte Gefährdungsanalyse liegt in der zitierten Fassung dem Sächsischen Staatsministerium des Innern vor.“

Hoffentlich, Herr Staatsminister Ulbig, haben Sie sich diese Antwort gut überlegt, die Sie im Parlament gegeben haben. Nach allem, was wir nämlich wissen, ist diese Gefährdungsanalyse des LKA, im Konkreten wohl des Staatsschutzbereiches, durch Erlass des SMI vom 6. März 2008 mit dem Betreff „Maßnahmen für gefährdete Personen und Objekte Gefährdungslagebewertung für das sich im Transit befindliche US-amerikanische Militärpotenzial und die Stationierung russischer AntonovGroßraumflugzeuge auf dem Flughafen Leipzig/Halle, Aktenzeichen 31, Trennung 113.10, Trennung Flughafen Leipzig/Halle. Vertrauliche Verschlusssache. – Nur für den Dienstgebrauch“ angefordert worden, also vom SMI mit dem Betreff und mit der Zielstellung.

Nach all dem, was wir wissen, hat das LKA auf entsprechende Medienanfrage nach der Sendung „Exakt“ ausdrücklich bestätigt, dass Grundlage der besagten und bestellten Ist-Analyse genau das genannte Prozedere war und genau diese Ergebnisermittlung und Ergebnismitteilung an das SMI gegangen sind. Sie haben uns mithin nicht nur 2010 bei der Behandlung des seinerzeitigen Antrages über die längst vorliegenden Erkenntnisse zum Bestehen einer realen Terrorgefahr auf dem Flughafen Leipzig/Halle im Unklaren gelassen. Nein, Sie wiegeln jetzt weiter ab, werfen jetzt weiter Nebelkerzen sowohl in der Stellungnahme auf unseren Antrag als auch in den Antworten etwa auf die Kleinen Anfragen der Abgeordneten des Hohen Hauses Gisela Kallenbach, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vom 22. März 2012 zu den Sicherheitsrisiken am Flughafen Leipzig/Halle oder von Kollegin Dr. Liane Deicke von der SPD-Fraktion: Sicherheitsrisiken am Flughafen Leipzig/Halle in Folge militärischer Nutzung.

Wenn am gestrigen Tag von der Redaktionsleitung „Aktuell“ des MDR in einer Medienmitteilung unter der Überschrift „Geheime Planspiele für zivilen Verkehrsflughafen Leipzig/Halle – Flughafenbetreiber wollten eigenen Militärbereich einrichten“ erklärt wird, dass es nach Recherchen des MDR bereits im Jahr 2008 entsprechende Pläne der Flughafengeschäftsführung gab, einen eigenen abgeschirmten Militärbereich zu schaffen, was sich ebenfalls aus einem geheimen Protokoll des sächsischen LKA ergebe, setzt das noch einen drauf. Wörtlich soll es in diesem Protokoll heißen: „Durch die steigende Anwesenheit militärischen Equipments und Personals bestehen seitens der Flughafengesellschaft Überlegungen, in den kommenden Jahren einen militärischen Teil für den Flughafen Leipzig/Halle zu schaffen.“ Warum ist uns das 2010 nicht gesagt worden? Warum ist das in der Expertenanhörung vom Vertreter der Holding gänzlich anders dargestellt worden? Warum ist das von Ihnen, Herr Staatsminister, im Parlament nicht gesagt worden? Laut Protokoll kommt diese Aussage vom damaligen Flughafengeschäftsführer Eric Malitzke.

Da frage ich Sie schon, wofür Sie das Parlament eigentlich halten. Wie, glauben Sie eigentlich, können Sie mit diesem Hohen Hause umgehen? Wenn im Parlament von Fraktionen Anträge oder von Abgeordneten Anfragen

gestellt werden, die expressis verbis Auskunft verlangen, ob und in welcher Weise der Freistaat Sachsen als Mit- und Mehrheitseigentümer an der Mitteldeutschen Flughafen AG und der Mitteldeutschen Flughafen Holding seiner aus luftfahrtgesetzlichen Bestimmungen resultierenden konkreten Pflichten zur Gewährleistung der Sicherheit des Flughafens bzw. diesen nutzender Flughafengäste und sonstiger Vertragspartner erfüllt, blank weggeschwiegen wird, dass sie nach der berichteten Gefährdungslage an der Einrichtung militärisch genutzter Sonderbereiche des Flughafens basteln, ist das eine unerträgliche Brüskierung des Parlaments und nach der verfassungsrechtlichen Verpflichtungslage ein dieser völlig widersprechender Umgang mit diesem Parlament. Geringer geht es nicht.

(Beifall bei den LINKEN)

Was wir jetzt erwarten, ist die vorbehaltlose Aufklärung seitens der Staatsregierung. Legen Sie wenigstens heute die Karten auf den Tisch und berichten Sie im Parlament. Berichten Sie angesichts der Dimension dessen, worum es hier geht, gegenüber der Öffentlichkeit die Wahrheit, einfach schlicht die Wahrheit. Erklären Sie, wie es sein kann, dass die Bundesregierung auf die schriftliche Anfrage der Abg. Monika Lazar, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, also der Bundestagsabgeordneten, vom 22. März 2012, Arbeitsnummer 312 erklärt – Zitat: „Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um Gefährdungslagen durch Terrorismus am Flughafen Leipzig/Halle, die durch dessen militärische Nutzung gegeben sind, abzuwenden?“ antwortet – Zitat: „Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, wonach der Flughafen Leipzig/Halle durch eine etwaige militärische Nutzung einer Gefährdungslage unterliegt, die besondere Maßnahmen erfordert.“

Einmal ganz abgesehen von der Unbedarftheit der Bundesregierung, die von „etwaiger“ militärischer Nutzung schwadroniert: Warum verrät der Freistaat Sachsen oder die Bundespolizei der eigenen, die Dienstaufsicht führenden Bundesregierung, respektive dem Bundesinnenministerium, nicht, dass es just aus 2011 ganz offensichtlich nach der nach wie vor anerkannten Sicherheitsbedenken- bzw. Gefährdungsgradeinschätzung laut Gutachten des sächsischen LKA die Absicht gab, einen Schützenpanzerwagen zu stationieren mit voller Bewaffnung? Beantworten Sie die Frage, ob, durch wen, in welcher Form und mit welcher Correctness die mitbetroffene US

amerikanische Seite informiert worden ist, ob sie in Kenntnis gesetzt wurde von diesem LKA-Gutachten.

Sagen Sie dem Landtag auch, wie Sie es rechtfertigen wollen, dass in sicherer Kenntnis der Gefährdungsrisiken das im Revier Flughafen Leipzig/Halle eingesetzte Personal der sächsischen Polizei seit 2008 sukzessive verringert worden ist und nach dem Plan und im Rahmen der Polizeireform allen Ernstes aus dem jetzt noch bis zum 31.12.2012 bestehenden Status als Polizeirevier der Kategorie 2 ab 01.01.2013 ein Polizeistandort mit einem Büro und gegebenenfalls einem Streifenbereich des Polizeireviers Nord der PD Leipzig werden soll.

Es ist nahezu ein Anachronismus, wenn sich angesichts dieser Zustände laut allgemeiner Meldelage der Flughafen Leipzig/Halle jetzt darum bewirbt, Fluglinien und Passagierverkehr für den aus Sicherheitsgründen nicht rechtzeitig fertiggestellten Flughafen Berlin/Brandenburg zu übernehmen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Karl Nolle, SPD, sowie Gisela Kallenbach und Johannes Lichdi, GRÜNE)

Für die CDUFraktion Herr Abg. Seidel, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE basiert also auf einem Bericht des MDRNachrichtenmagazins „Exakt“, der am 21. März ausgestrahlt worden ist. Zunächst möchte ich zu diesem Bericht sagen – und das ist nicht der erste Bericht, zu dem ich das sagen kann –, dass er schlecht ist, um nicht zu sagen, Unsinn. Es ist nicht zum ersten Mal, dass in dieser Sendung im MDR-Magazin „Exakt“ Unsinn verbreitet worden ist.

Ihr Beitrag, Herr Kollege Bartl, strotzt vor Eventualitäten und Vermutungen und daraus gezogenen Schlussfolgerungen,

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Er strotzt vor Zitaten!)

und das haben Sie in langer Rede hier dargelegt, aber etwas Konkretes haben Sie uns nicht mitteilen können.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der Opposition)

Dass Sie, meine Damen und Herren auf der linken Seite, einen derartigen Bericht erneut zum Anlass nehmen, die Nutzung des Flughafens für Sonderverkehre infrage zu stellen, liegt wohl in der Natur der Sache, denn Sie versuchen ja aus allem Möglichen und Unmöglichen politischen Honig zu saugen. Deshalb komme ich zuerst zum Punkt 3 Ihres Antrages.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: „Sonderverkehre“ …! – Klaus Bartl, DIE LINKE: Einsatz in Afghanistan!)

Sooft Sie es auch versuchen, Herr Bartl, sich selbst und auch den Sachsen etwas anderes einzureden, fest steht doch eines: Der Flugbetrieb am Flughafen Leipzig findet auf gesicherter rechtlicher Grundlage statt.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Wie die Rente!)

Dazu hat ja die Fraktion DIE LINKE bereits am 03.12.2009 einen Antrag mit der Drucksachsennummer 5/702 mit der Überschrift „Sofortige Intervention der Staatsregierung zur Unterbindung der weiteren rechtlichen militärischen Nutzung des Flughafens Leipzig/Halle für Kriegseinsätze in Afghanistan …“ gestellt.