Protokoll der Sitzung vom 13.06.2012

Dazu hat ja die Fraktion DIE LINKE bereits am 03.12.2009 einen Antrag mit der Drucksachsennummer 5/702 mit der Überschrift „Sofortige Intervention der Staatsregierung zur Unterbindung der weiteren rechtlichen militärischen Nutzung des Flughafens Leipzig/Halle für Kriegseinsätze in Afghanistan …“ gestellt.

(Klaus Bartl, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, danke. – Dieser Antrag war Gegenstand einer öffentlichen Anhörung hier im Hause im Februar und der Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss hat in seiner 6. Sitzung am 17.03. diesen Antrag abgelehnt und festgestellt, dass eine rechtswidrige Benutzung bzw. eine nicht genügende Betriebsgenehmigung nicht vorliegt.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Da war keine militärische Nutzung drin!)

Der Planfeststellungsbeschluss zum Aufbau des Flughafens und auch die Betriebsgenehmigung erlauben demnach die Ablehnung von derartigen Sonderverkehren aufgrund militärischer Anforderungen bzw. zur Erfüllung von Bündnisverpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil vom 27.07.2008 bestätigt, dass für diese Flüge ein unabweisbarer Bedarf besteht. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 15. Oktober 2009 stützt diese Aussage. Entsprechende Verfassungsbeschwerden – das wissen Sie auch, Herr Bartl – hat das Gericht abgewiesen.

Eigentlich lassen diese Fakten keinen Spielraum zur Interpretation zu.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Thema verfehlt!)

Dass Sie es dennoch wiederholt tun, zeugt für mich von einer gewissen Realitätsferne.

Zu Punkt 2.1 des besagten Antrages lässt sich zusammenfassend sagen, dass der Flughafen mit Schreiben vom 16. Mai 2008 vom Sächsischen Staatsministerium des Innern einige bautechnische Sicherheitsempfehlungen bekommen hat. Diese Empfehlungen sind in Abstimmung mit dem Landeskriminalamt, der Bundespolizeidirektion und dem Ministerium für Wirtschaft und Arbeit des Freistaates Sachsen umgesetzt worden. Das war im Jahr 2009, meine Damen und Herren.

Eine Gefährdungslagebewertung erfolgte also erstmalig 2008 und wird seitdem regelmäßig fortgeschrieben; zuletzt erfolgte dies im Jahre 2011. Dabei sind jeweils keine Erkenntnisse zutage getreten, aus denen sich eine „öffentlich bekannt gewordene immense Gefährdung“ – wie es im Antrag beschrieben wird – des Flughafens Leipzig ableiten ließe.

(Klaus Bartl, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Nein, Herr Bartl. – Gegenstand der Bewertung war im Übrigen auch die Zwischenlandung der US-amerikanischen Streitkräfte sowie die Stationierung der AN 124 im Rahmen des SALIS-Projektes.

Es ist bezeichnend für die Qualität des benannten Fernsehbeitrages, dass eine darüber hinausgehende Gefähr

dungsanalyse scheinbar nur dem MDR-Team bekannt ist. Außerdem sind weder die Mitteldeutsche Flughafen AG noch das Landeskriminalamt oder die Bundespolizei von diesem Team zum Sachverhalt befragt worden. Eine saubere Recherche, meine Damen und Herren, sieht anders aus. Ich bitte auch die Verantwortlichen derartiger Beiträge zu bedenken, dass mit einer solch verzerrenden Berichterstattung einzig und allein die Bevölkerung verunsichert wird.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Ha! Das ist Putin-West!)

Gleiches gilt auch für diesen darauf konstruierten Antrag.

Aus all diesen Gründen empfehle ich meinen lieben Kolleginnen und Kollegen, diesen Antrag abzulehnen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Johannes Lichdi, GRÜNE: „Die Partei, die Partei, die hat immer recht!“)

Die SPD-Fraktion; Herr Abg. Mann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren, insbesondere die Herren Kollegen Ulbig und Morlok! Ich möchte hier vorab eines klarstellen: Es geht hier und heute nicht um die Frage, ob und in welchem Maße zivil genutzte Flughäfen in Deutschland auch militärisch genutzt werden dürfen.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Richtig!)

Es geht auch nicht um die Frage, ob deutsche Soldaten im Einsatz in Afghanistan oder anderswo sein sollten. Beides wird im Bundestag, in Berlin entschieden.

Im Übrigen ist beides auch nicht Gegenstand des heutigen Antrages.

Berechtigt ist aber das Anliegen des Antrages, etwas für die Bürgerinnen und Bürger, die im Umfeld des Flughafens leben, und die zivilen wie militärischen Passagiere, die den Flughafen Leipzig/Halle nutzen, zu tun.

Die erste Aufgabe eines Staates ist, seine Bürger zu schützen; eine andere, sie ordentlich und transparent zu informieren. Dafür, sind wir der Meinung, muss endlich offen und klar über das Gefährdungspotenzial am Flughafen Auskunft gegeben werden. Das Versteckspiel, das die Ministerien in den vergangenen Jahren und Monaten betrieben, sorgt zunehmend für Misstrauen. Seit Jahren werden Informationen zur militärischen Nutzung des Flughafens nur scheibchenweise auf den Tisch gelegt – immer nur das, was sich ohnehin nicht mehr verbergen lässt und sowieso schon jeder weiß. Erst ist es nur die U.S. Army mit harmlosen Versorgungsflügen, später kommen bewaffnete US-Soldaten hinzu, bis zu guter Letzt zugegeben werden muss: Auch die Bundeswehr nutzt den Flughafen in nennenswertem Umfang. Zuletzt dann die schon angesprochene, am Personalmangel gescheiterte Sicherheitsmaßnahme der Bundespolizei.

Ein Versteckspiel der Landesregierung hinter den breiten Schultern des Bundes zeugt nicht von Souveränität und verantwortungsvollem Umgang mit den besorgten Fragen der Bevölkerung, meine Damen und Herren. Auch das Land Sachsen ist in der Pflicht. So streitet das Staatsministerium des Innern noch in seiner aktuellen Stellungnahme ab, die in der MDR-Sendung „Exakt“ vom 21. März zitierten Passagen aus der Gefährdungsanalyse zu kennen. Was dem SMI tatsächlich vorliegt, wird mit dem Hinweis auf die Einstufung „Vertraulich – Nur für den Dienstgebrauch“ nicht gesagt. Lapidar wird nur verwiesen: „Es lagen keine konkreten Erkenntnisse für eine unmittelbare Gefährdung vor.“

Meine Damen und Herren, uns reicht das nicht – und ich hoffe, Ihnen auch nicht; denn das heißt doch zunächst nur, dass keine sicheren Erkenntnisse über einen unmittelbar geplanten Anschlag vorliegen. Nachdem am 2. März letzten Jahres zwei Angehörige des US-Militärs am Frankfurter Flughafen ermordet wurden, dürfte dies nun niemanden beruhigen. So bleiben Widersprüche, Fragen über Fragen und berechtigte Sorgen der Bürgerinnen und Bürger.

Während Herr Minister Morlok noch im Dezember 2009 zu Militärtransporten erklärte: „Wir haben hier vom Landeskriminalamt deutlich gesagt bekommen, dass durch die Tatsache, dass diese Transporte im Flughafen Leipzig/Halle stattfinden, keine erhöhte Sicherheitsgefahr ausgeht“, antwortet das SMI auf die Kleine Anfrage 5/8688 meiner Kollegin Deicke – ich zitiere wiederum –: „Auf der Grundlage der dem SMI vorliegenden Gefährdungsanalyse 2008 wurde durch das LKA Sachsen eine baulich-technische Sicherungsempfehlung für den Flughafen Leipzig/Halle erarbeitet. Die darin empfohlenen technischen Sicherheitseinrichtungen wurden in ihrer Gesamtheit umgesetzt.“

Meine Damen und Herren, was denn nun? Existierte nach Einschätzung des LKA eine erhöhte Gefährdungslage oder nicht?

Auf die Kleine Anfrage 5/8699 zur Sicherheitsanalyse am Flughafen antwortete die Staatsregierung dieser Tage schlicht nicht auf meine Frage, ob es Pläne für eine räumliche Trennung des zivil und des militärisch genutzten Teils gibt oder gab. Erst gestern teilte uns die Redaktion von „MDR Aktuell“ mit, dass sie Dokumente habe, die nachwiesen, dass diese Pläne der Flughafengeschäftsführung schon 2008 bestanden hätten.

Herr Minister Ulbig, meine sehr verehrten Damen und Herren, viel lauter schweigen kann man nicht mehr, wenn man als Staatsregierung zur Auskunft gegenüber Parlament und Öffentlichkeit verpflichtet ist.

(Beifall des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

Wir fordern Sie deshalb auf: Hören Sie auf zu schweigen und gehen Sie offensiv mit der Lage um! Schauen Sie endlich genau hin! Informieren Sie die Bevölkerung über die Gefährdungsanalyse und -lage! Legen Sie ein Sicherheitskonzept vor, das seinen Namen verdient und in dem

die räumliche Trennung zwischen militärisch und zivil genutztem Bereich Bestandteil ist!

Das sind unsere Forderungen. Deshalb unterstützt die SPD-Fraktion den Antrag der Fraktion DIE LINKE.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Für die FDPFraktion Herr Abg. Biesok, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir führen heute zum wiederholten Male eine Debatte über die Thematik „Militärische Nutzung des Flughafens Leipzig/Halle“, diesmal auf Antrag der LINKEN. Wir haben darüber schon auf der Grundlage anderer Anträge gesprochen und werden uns jetzt wieder mit der Situation auseinandersetzen.

In Ihrem Antrag fordern Sie die Staatsregierung auf, sie möge den Landtag unverzüglich über eine Gefährdungsanalyse des Landeskriminalamtes unterrichten. Sie stützen sich dabei – das wurde schon ausgeführt – auf die Sendung „Exakt“ vom 21. März 2012, in der über diese Analyse berichtet wurde.

Ich habe ein sehr ungutes Gefühl bei dieser Debatte, weil ich den Eindruck habe, dass man versucht, die Erkenntnisse, die – in welcher Form auch immer – 2008 vorlagen, auf die heutige Situation zu transformieren. 2008 hatten wir in Leipzig eine andere Situation. Dort hat man offensichtlich eine Analyse vorgenommen. Es ist meines Erachtens eine ureigene Angelegenheit der Staatsregierung, das regelmäßig zu tun. So, wie ich die Stellungnahme der Staatsregierung verstanden habe, wird diese Analyse regelmäßig vorgenommen, um jeweils den aktuellen Stand zu sehen.

Ich habe der Stellungnahme der Staatsregierung ebenfalls entnommen, dass man Konsequenzen aus dieser Analyse gezogen und entsprechende bauliche Anpassungen vorgenommen hat. Ich finde es in Ordnung, dass man eine Situation analysiert, Konsequenzen daraus zieht und dann die Umsetzung einleitet.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Biesok?

Ja, gestatte ich.

Bitte schön.

Vielen Dank! – Herr Kollege, ich habe vorhin tatsächlich aus der Darlegung des Vertreters der Flughafenholding in einer öffentlichen Anhörung dieses Parlaments zum damaligen Antrag zitiert, dass sich aus der militärischen Mitnutzung keinerlei Veranlassung zu besonderen Sicherheitsmaßnahmen ergebe. Wenn aus den von „MDR Aktuell“ gestern benannten Unterlagen hervorgeht, dass 2008 bereits der Geschäftsführer der Holding einen getrennten militärischen Bereich ins Auge gefasst hat – ist das dann eine korrekte Information des

Parlaments? War das 2008 eine korrekte Information? Wie erklärt sich, dass 2011 dieses gepanzerte Fahrzeug stationiert werden sollte?

Zunächst einmal habe ich es so verstanden, dass die Anhörung im Dezember 2009 stattfand. Das habe ich auch so in Erinnerung; ich war ja selbst dabei.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Februar 2010!)