Alle Projekte zur Qualitätsverbesserung in der frühkindlichen Bildung, aber auch der beste Bildungsplan bleiben Makulatur, wenn wir nicht mehr Geld in die Hand nehmen und den Betreuungsschlüssel verbessern. Die Qualität in der Bildung und Erziehung von Kindern in den Tageseinrichtungen bis 2020 hängt unmittelbar von den Ressourcen ab, die den pädagogischen Fachkräften in den Kindertageseinrichtungen der Zukunft zur Verfügung stehen. Den Widerspruch zwischen den steigenden Anforderungen und den mangelnden Umsetzungsmöglichkeiten müssen wir unbedingt auflösen. Das ist in unserer Verantwortung, und nur wir können sozusagen Anspruch und Wirklichkeit in den Kitas wieder zusammenbringen.
Ein weiterer Punkt, den wir in unserem Antrag aufgreifen, betrifft die Fortbildung. In diesem Zusammenhang möchte ich aussparen, inwiefern eine vollständige Akademisierung der pädagogischen Fachkräfte im frühkindlichen Bereich langfristig gesehen wirklich zwingend notwendig ist. Unstrittig ist, denke ich – und das hat auch die Evaluation gezeigt –, dass es zumindest einer Fortbildungsoffensive in Bezug auf die Umsetzung des Bildungsplanes bedarf. Der Umfang, den die Evaluatoren hierfür jedoch vorschlagen, ist nicht ohne Weiteres von den Kitas zu stemmen. Daher unterstützen wir die Forderung des Landesjugendhilfeausschusses, das SMK zu beauftragen, gemeinsam mit einem Expertengremium über einen
Orientierungsrahmen für diese Fort- und Weiterbildung zu beraten und danach konkrete Handlungsempfehlungen vorzulegen.
Meine Damen und Herren, wir sind uns einig: Auf den Anfang kommt es an. Ich glaube, mit dem Sächsischen Bildungsplan sind die Weichen durchaus richtig gestellt. Jetzt geht es darum, auch realistische Rahmenbedingungen für seine Umsetzung zu schaffen, das heißt angemessener Betreuungsschlüssel, ausreichend Vor- und Nachbereitungszeit sowie eine Fortbildungsoffensive zur Weiterqualifikation des Personals. Ich bitte Sie um Zustimmung.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kindertagesstätten sind Bildungsstätten. Es sind Bildungsräume, die es den Kindern ermöglichen sollen, ihre Lebenswelt zu entdecken und kindgemäß zu verstehen. Es sind keine Schulen für ganz Kleine, aber sie sollen den Kindern den Weg in die Schulzeit bereiten.
Davon konnte ich mich heute Morgen überzeugen. Ich war heute früh in der Kita „Taka-Tuka-Land“ in Frankenberg zu Gast. Das ist ein Haus der kleinen Forscher. Dort hat heute der Kindergarten sein Forscherfest gefeiert. Was man dort erlebt, ist richtig gut. Ich denke, darüber können wir uns in Sachsen freuen, und das ist auch ein Stück unserer Arbeit. Ganz prima!
Für die Umsetzung von Bildung auch bei den ganz Kleinen braucht es einen Plan, und es braucht Profis, die in der Lage sind, diesen Plan umzusetzen. Diesen Plan haben wir mit dem Sächsischen Bildungsplan. Er bildet die Grundlage für die pädagogische Arbeit, und er gilt für die Kinderkrippen, für die Kindergärten, für die Kindertagespflege und für die Horte und hat die Bildung der Kinder im Alter von null bis etwa zehn Jahren im Fokus. Im Primarbereich, also in der Grundschule, betrifft er den Hort und steht damit neben dem Grundschullehrplan.
Das Sächsische Staatsministerium für Kultus hat nun den Fachbereich Elementar- und Grundschulpädagogik der Uni Bremen beauftragt, eine erste Evaluierung der Umsetzung des Bildungsplanes durchzuführen. Dieser Evaluationsbericht ist Gegenstand der Anträge. Er liegt seit März vor. Ich habe mir die Mühe gemacht, ihn durchzuarbeiten, und ich muss sagen: Es gibt darin sehr ausführliche und sehr gute Ergebnisse, die diesen Untersuchungszeitraum von November 2009 bis 2010 wiederspiegeln. Neben der Analyse des Istzustandes geben die Verfasser zu jedem Untersuchungsbereich selbstverständlich auch wertvolle Handlungsempfehlungen.
Ich möchte an dieser Stelle dem Team und Frau Prof. Carle für ihre Arbeit recht herzlich danken, denn der
Bericht ist für uns eine gute Ausgangsbasis für die Fortentwicklung der frühkindlichen Bildung in unserem Land.
Die SPD-Fraktion und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legen uns Anträge vor, die sich in weiten Teilen sehr ähneln. Besonders der SPD-Antrag lässt leider dem Ministerium gar keine Gelegenheit, selbstständig Schlussfolgerungen zu ziehen und geeignete Maßnahmen vorzuschlagen. Er stammt nämlich vom 21. März, und im Monat März ist der Evaluationsbericht gerade frisch auf unseren Tisch gekommen. Aber okay.
Gut. – Der Antrag der GRÜNEN ist inhaltlich sehr viel differenzierter. Er greift vor allem die Stellungnahme des Landesjugendhilfeausschusses auf.
Trotzdem haben beide Fraktionen im Wesentlichen die Empfehlungen des Berichts in ihre Anträge gepackt. Das wären zum einen: Der Betreuungsschlüssel soll angepasst werden. Mindestens fünf Stunden für Vor- und Nachbereitung sind zu gewähren. Der Freistellungsanteil für Leitungsaufgaben ist zu berücksichtigen. Die Landespauschale ist zweckgebunden für Fachberatung um 30 Euro zu erhöhen. – Darüber hinaus fordern sie zehn Weiterbildungstage pro Fachkraft und Jahr und all das ist im Haushaltsplan 2013/2014 ausreichend zu finanzieren.
Bis 2013 soll die Staatsregierung erklären, wie sie den Betreuungsschlüssel noch weiter absenken wird. Die noch fehlenden Bereiche der Kindertagespflege und des Hortes sind zu evaluieren, der Bildungsplan ist weiterzuentwickeln und noch einiges mehr.
Frau Dr. Stange, ich war ein wenig traurig darüber, dass Sie in der Begründung zu Ihrem Antrag hauptsächlich negative Worte finden. Sie formulieren zum Beispiel: „Es werden deutlich Schwachstellen aufgezeigt, die sowohl in der dafür zur Verfügung gestellten Zeit und in Unterstützungssystemen liegen, in der Qualifizierung der Erzieherinnen und Leiterinnen und auch in den Rahmenbedingungen, zum Beispiel der ungünstigen Fachkraft-KindRelation.“
Da werden sicherlich einige Erzieherinnen schlucken, wenn sie hören, dass unter anderem ihre Qualifikation Ursache für deutliche Schwachstellen sein soll. Ich meine, dass in den sächsischen Kitas in den vergangenen Jahren sehr viel für die frühkindliche Bildung und Betreuung getan worden ist und ganz besonders bei der Qualifikation. Das gilt es anzuerkennen und das tut der Evaluationsbericht. Dort heißt es nämlich: „Der Bildungsplan ist durch die flächendeckenden Fortbildungsangebote gut bekannt. Er wird überwiegend positiv bewertet. Insbesondere das vermittelte Bild vom Kind wurde von den Einrichtungen und von den Erzieherinnen sehr positiv aufgegriffen. Das überstrahlt in gewissem Sinn die Rezeption und Umsetzung von Details des Planes. Sie reicht von kleinschrittiger Arbeit mit vorgefertigtem Material bis hin zu offener Arbeit mit Projekten oder Ateliers.“
Es stimmt, die Art und Weise, wie der Bildungsplan in den Kitas umgesetzt wird, ist im Lande differenziert. Aber es gibt eine solide Basis, auf der es weiter aufzubauen gilt, und in diese Richtung gehen die Empfehlungen der wissenschaftlichen Evaluation. Zum einen ist der Bildungsplan selbst weiterzuentwickeln, und dann geht es um die Qualifizierung und hier vor allem um die Professionalisierung der Fachkräfte, aufbauend auf dem erworbenen Wissen und dem Erfahrungspotenzial.
Diesbezüglich regt die Evaluierungskommission an, vertiefende Fortbildungsangebote zu schaffen, und empfiehlt Lernwerkstätten als ein geeignetes Mittel dafür. Sie hält einen Weiterbildungsumfang von zehn Tagen pro Fachkraft im Jahr für notwendig. Dies jedoch wäre eine Verdoppelung des gegenwärtig im Kitagesetz festlegten Umfangs.
An Fortbildungsangeboten mangelt es wahrlich nicht. Schauen Sie sich die Liste der Fortbildungsangebote auf dem Kita-Bildungsserver an. Ich bin sicher, man kann da noch bei der einen oder anderen Fortbildung das Format verändern und hin zu Werkstätten weiterentwickeln. Doch zur Vertiefung des Profils bzw. zur Professionalisierung gibt es eine ganze Reihe von Angeboten, zum Beispiel die Arbeit mit Portfolios, Beobachten und Dokumentation. Diese Bildungsangebote stehen allen Bildungsträgern offen.
Nein. Ich möchte weitermachen. – Einen besonders wertvollen Beitrag zur Professionalisierung leisten seit Jahren die Konsultationseinrichtungen. Die Konsultationseinrichtungen sind Kitas, die vorangehen. Sie sind im ganzen Land verteilt und sie bieten dem pädagogischen Fachpersonal anderer Kitas eine Plattform, Erfahrungsaustausche vorzunehmen. Ich erkenne darin eigentlich schon einen Teil bzw. eine Grundlage eines trägerübergreifenden Unterstützungssystems, das der Bericht auch empfiehlt. Diese Konsultations-Kitas stehen ebenfalls allen Trägern offen und ich hoffe, dass recht viele es nutzen.
Handlungsbedarf sehe ich in der Tat beim Übergang von der Kita zur Grundschule. Hier gilt es, die Anschlussfähigkeit an den Grundschullehrplan herzustellen und die Gestaltung des Schulvorbereitungsjahres wie der Schuleingangsphase noch besser aufeinander abzustimmen.
Nein, auch nicht. – Gleiches gilt für das Nebeneinander von Grundschullehrplan und Bildungsplan für den Hort. Das ist, denke ich, eine Aufgabe für die Weiterentwicklung des Bildungsplanes.
Was die Berücksichtigung von Kindern mit Behinderung betrifft, so ist unser Bildungsplan auch dafür gut anwendbar. In vielen Kitas werden Kinder im Vorschulalter integrativ betreut und gefördert. Hier gilt es ebenfalls, den Übergang in eine geeignete Grundschule zu gestalten. Dazu bedarf es verbesserter Rahmenbedingungen, vor allem aber der Bereitschaft zur Inklusion in den Schulen und der Qualifikation der Pädagogen. Eine Expertengruppe befasst sich zurzeit umfassend mit dem Thema Inklusion. Ich bin sehr gespannt auf den Bericht dieser Gruppe. Ich möchte, dass wir diese Empfehlungen und diesen Bericht abwarten, bevor wir uns dazu weiter befassen und bevor wir dort etwas festlegen.
Selbstverständlich wird auch die Frage nach der notwendigen Personalausstattung im Evaluationsbericht gestellt. Doch mehr Personal ist nicht der alleinige Garant für Qualität. Ich darf noch einmal einen Satz zitieren:
„Die Fachkraft-Kind-Relation ist nicht per se ausschlaggebend für eine qualitativ hochwertige Arbeit in Kindertageseinrichtungen und Schulen. Gerade für die Schule ist das Kriterium der Schülerinnen und Schüler pro Klasse als Qualitätsmerkmal ebenso umstritten wie die Üppigkeit des Raumangebots und des Materials. Es lässt sich jedoch sagen, dass gute Quantität eine wesentliche Bedingung der Möglichkeit qualitativ hochwertiger Arbeit darstellt.“
Auch die Koalition hat die Absenkung des Betreuungsschlüssels bereits vor Jahren ins Auge gefasst. Wir sehen es sehr deutlich: Kleine Gruppen und mehr Zeit für die Erzieher haben Vorteile für die Umsetzung des Bildungsplanes und sind besser für die Kinder. Das ist so. Aber – das gehört zur Wahrheit dazu – die Kindertagesbetreuung ist eine Pflichtaufgabe der Kommunen und das wissen Sie ganz genau. Wenn man hier Veränderungen treffen will, dann geht das eben nur mit den Kommunen. Dieses Miteinander, dieses Einvernehmen war bisher noch nicht zu erreichen.
Ich bin im Kreistag, und wenn ich im Kreistag zu diesem Thema mit Bürgermeistern spreche, dann sagen diese mir sehr deutlich, dass sie eine Absenkung des Betreuungsschlüssels rundweg ablehnen, weil sie dadurch höhere Personalausgaben hätten, die einerseits die kommunalen Haushalte überfordern und andererseits die Elternbeiträge in die Höhe treiben würden.
Darüber hinaus steht derzeit für viele Kommunen im Vordergrund, erst einmal ausreichend Betreuungsplätze zu schaffen, um den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab 1. August nächsten Jahres erfüllen zu können. Auch dafür bedarf es der Einstellung von Fachpersonal, das zunehmend schwieriger zu finden ist.
Ich denke, wir müssen weiterhin Gespräche mit der kommunalen Ebene führen und sie von dem Mehrwert überzeugen, dass Investitionen in die frühkindliche Bildung uns allen etwas nützen, und müssen dann gemeinsam mit der kommunalen Ebene Wege suchen, wie
wir die Qualität in den Kitas weiter verbessern können. Da bin ich vollkommen bei Ihnen und das sollten wir gemeinsam tun. Unabhängig davon sehe ich jedoch ein Problem, dass wir versuchen, mit einem Antrag in erheblichem Umfang Vorfestlegungen für den kommenden Doppelhaushalt zu treffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frühkindliche Bildung liegt uns allen hier sehr am Herzen, und wir sind froh, dass wir mit dem Evaluierungsbericht eine wertvolle Grundlage zur weiteren Verbesserung der Bildung unserer Kinder in der frühen Kindheit an der Hand haben. Die Evaluation erfolgte auf Initiative des SMK. Es ist logisch, dass das Ministerium nun die Ergebnisse auswerten und an der Weiterentwicklung arbeiten wird, gegebenenfalls unter Einbeziehung von weiterem externem Sachverstand.
Die Notwendigkeit der Evaluation der noch fehlenden Bereiche Kindertagespflege und Hort hatten wir ja bereits im vergangenen Plenum im Zusammenhang mit der Debatte zur Kindertagespflege diskutiert. Wir können Ihnen versichern, dass wir diesen Prozess im Ausschuss konstruktiv begleiten und dort auch die Empfehlungen des Jugendhilfeausschusses einbeziehen werden.
Bildung genießt in Sachsen eine hohe Priorität. Deshalb wird dieser Bereich in den kommenden Haushaltsverhandlungen eine herausgehobene Rolle spielen – das steht fest. Was möglich ist, werden wir tun, gern mit Ihnen gemeinsam. Doch wir stellen keine Schecks zulasten nachfolgender Generationen aus, auch heute nicht. Deshalb können wir Ihren Anträgen leider nicht zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Große Sprünge für die Kleinen“ – das war das Motto der Demonstration heute Nachmittag hier vor dem Landtag. Doch leider macht die Staatsregierung im Bereich der Kindertagesbetreuung weder große Sprünge und noch nicht einmal kleine Hüpfer, sondern die Staatsregierung geht in die Grätsche und setzt die Tarnkappe auf, wenn es um Fragen wie Betreuungsschlüssel, Fachkräftesicherung und Inklusion geht. Man verlässt sich bei CDU und FDP darauf, dass die Erzieherinnen und Erzieher es wohl noch eine Weile aushalten und die Kinder trotzdem betreuen werden, bei Krankheit, Urlaub, Fehltagen, da man – und das ist der Unterschied zum Lehrermangel und zum Unterrichtsausfall – die Kinder aus der Kita nicht einfach nach Hause schicken oder sich selbst beschäftigen lassen kann.
Die Kosten für die Langzeiterkrankungen der pädagogischen Fachkräfte in den Kitas trägt schließlich die Krankenversicherung und nicht der Freistaat.
Wenn wir über Bildung reden, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU – und das macht auch die CDU in
der Staatsregierung oft und gern –, dann müssen wir auch über die Folgen mangelnder frühkindlicher Bildung und Betreuung sprechen. Die Folgekosten für die unzureichende Bildung in den ersten Lebensjahren tragen wir nämlich alle. Die tragen wir als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und über die Sozialkassen für diejenigen, die zusätzliche Integrations- und Bildungsmaßnahmen in späteren Lebensjahren benötigen. Wir hatten das Thema heute früh in der Aktuellen Debatte zu den Berufsfachschulen.
Im Namen der Fraktion DIE LINKE möchte ich mich zunächst ausdrücklich bei der Liga der Wohlfahrtsverbände und insbesondere bei den vielen Kitas mit den Erzieherinnen und Erziehern, aber auch bei den Eltern bedanken, die sich seit Jahren für die Verbesserung des Betreuungsschlüssels in Sachsen starkmachen und die die Kampagne wieder aufgerollt haben.